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Der Tag verglimmt, nun zieht die greise Nacht ...

Der Tag verglimmt, nun zieht die greise Nacht
Um Welt und Auge ihre dunklen Hänge;
Die Laute, die zum Wahnsinn uns gebracht,
Verbleichen sanft wie abgestorbne Klänge,
Als ob sich flüchtend ein Gespenst entschwänge,
Das quälend uns zerfressen Mark und Bein,
Verstummt der Stimmen ungezählte Menge ...
Laßt mich bewußtlos wie ein Toter sein!

Verlöscht der hellen Lampen gelbe Pracht!
Mir ist, als ob mein wundes Herz zerspränge –
Nichts mehr gefühlt, gefürchtet und gedacht,
Versunken in der traumlos finstern Enge;
O wenn dem tiefen Schlummer es gelänge,
Auf ewig mir Vergessenheit zu leihn,
In stillen Zeiten nie ermeßner Länge. –
Laßt mich bewußtlos wie ein Toter sein!

Nun sänftigt sich der Atem, wie wenn sacht
Ein kühles Schweigen ganz die Brust durchdränge.
Die gift'ge Öde schläft, die stets gewacht,
Daß sie mit glühndem Auge mich versenge.
Denn eine Wüste ist der Welt Gedränge,
Ein brennendes Gefild, ein Meer von Stein!
Was hülfe es, wenn ich um Rettung ränge?
Laßt mich bewußtlos wie ein Toter sein!

O Nacht, den schmerzenvollsten meiner Sänge
Will bang ich deiner dunklen Süße weihn –
Verhülle tief des Lebens irre Gänge ...
Laß mich bewußtlos wie ein Toter sein!


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