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Der Abendhorizont vergangner Stunden ...

Der Abendhorizont vergangner Stunden,
Der zitternd mein ermüdet Auge bannt,
Rankt seine weißen Blüten, zartgewunden,
Aufhellend, um das traumbetaute Land.
Und liliengleich sprießt alles, was entschwand,
Als ob ein fremder Hauch es aufwärts triebe –
Und zitternd flimmern durch die Nebelwand
Der Stern der Sehnsucht und der blassen Liebe.

Wie Weihrauchduft durch fern Gewölb empfunden
Hat sich ein Schleier über ihn gespannt,
Daß fast dem weiten Äther er entschwunden,
In dem er leise knisternd aufgebrannt.
Es ist, als ob auf lieblichem Gewand
Gestreifter Blumen Goldstaub haften bliebe.
So hingeweht perlt er am Himmelsrand,
Der Stern der Sehnsucht und der blassen Liebe.

Ein Dunkel ohne Morgen deckt die Wunden,
Die ich betastet mit entweihter Hand,
Und deren Schmerz so köstlich ich erfunden,
So oft die Sterne scheidend sich gewandt.
Doch wie ein silbern, windentwehtes Band
Hält mich der Strahl, ob alles auch zerstiebe,
Und zaubert über Flut und weißen Strand
Den Stern der Sehnsucht und der blassen Liebe.

Du, Liebste, hast allein mein Herz gekannt;
Und wann der Zukunft Machtwort es zerriebe,
Stets strahlt mir, ein entwichner Diamant,
Der Stern der Sehnsucht und der blassen Liebe.


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