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3. Kapitel – An den Ufern von Batimar

… Es ist für heute genug. Ich lege die Feder weg und greife nach der erloschenen Zigarre. Gedankenvoll reibe ich das Zündholz an und rauche still und blicke durch das kleine Fenster der Heckkajüte auf die schlanken Palmen und zerrissenen nackten Felsen, die diese schmale Meeresbucht, gleichzeitig Mündung eines armseligen Flüßchens, einrahmen. Sie türmen sich hier am Nordufer hoch empor, sie schwellen an zu einem von Kugelkakteen und anderen ungemütlichen Pflanzen dicht bedeckten Berge. Er hat keinen Namen, und auch das Flüßchen ist namenlos. Wir befinden uns hier mit dem Schoner »Astarte« in dem gottverlassensten Küstenstrich des südwestlichen Roten Meeres. Das nächste Hafennest heißt Batimar.

– Nehmen wir an, es heißt so. Ich habe Käpten Bolk meine Diskretion zugesichert, und ich will selbst in diesen Tagebuchblättern Peter Bolks Vertrauen nach Möglichkeit gerecht werden. Also … Batimar. Hafennest.

Gestern abend sind wir in diesem Versteck der Astarte angelangt. Zwei abgehetzte müde Reiter, sechs Dromedare, ein Fennek. Es war kein Vergnügungsritt von Patumengis fernem Reich bis hierher. Es war Erleben, Leben, Wagen, Jagen – es war doch ein Vergnügen!

Meine Zigarre brennt, und wenn ich in die Rauchwölkchen emporstarre, formen sie sich zu gelbbraunen Zwergengesichtern, zu riesigen Bäumen und Bambushütten, die wie Nester in den Kronen hängen.

Patumengis Reich …

Es war.

Auch das liegt hinter mir. Wochenlang dort Gast, wochenlang dort die Schönheiten der weiten Steppen genossen und die Gastfreiheit der Doko, die meine Freunde sind – noch immer.

In all diesen Wochen hat meine Feder geruht. Zum Schreiben gehört Tinte. Tinte war nicht da, aber … Trägheit auf meiner Seite. Ich faulenzte voll Behagen, ich ließ mir von Patumengi alles zeigen, was die Umgebung bot, wir ritten, jagten, redeten, und wenn ich wollte, könnte ich hier aus des Sagenschatz des Zwergenvolkes manches so recht Ursprünglich-Schöne berichten. Es ist erstaunlich, wie ein so kleines Völkchen von Gnomen an seinen Märchen festhält, und wie die Fetischmänner, die Herren Priester, den neuen Generationen diese Märchen und Sagen geradezu einhämmern, damit nichts in Vergessenheit gerate.

Und dann kam eben Peter Bolk, der Waffenschmuggler.

Der Punkt ist geklärt. Der kleine uralte Patumengi als weitsichtiger Herrscher wollte seine Untertanen mit den neuesten Erzeugnissen der Waffenindustrie versehen, lernte Bolk in Batimar kennen und zeigte ihm heimlich einen Sack voll tropfenförmiger Goldkörner. Auch der Käpten brauchte Geld, und Peter wartete – volle zwanzig Jahre.

Worauf?!

… Das hängt mit Malmotta zusammen.

Mehr weiß ich nicht. –

Wie gesagt – Ruhepause in dieser Arbeit des Niederschreibens unvergeßlicher Erinnerungen. Hinaus ins Freie, empor auf den Berg mit dem Fernrohr, damit ich mir Batimor auf diese Weise anschaue.

Fennek trabt vor mir her durch die Dornen. Auf dem Schoner lümmeln sich nur Chinesen herum – Peter und die übrigen sind heimlich hinein nach Batimar, den Proviant zu ergänzen. Nachts wollen sie zurück sein – wenn alles gut geht.

Fennek-Mukki findet diese Bucht ideal. Es ist ein Mäusequartier. Fennek stört dieses Paradies und mordet und frißt. Datteln sind ihm ja lieber. Mäuse sind nicht sein Hauptgericht. Er ist halb Vegetarier, halb Fleischfresser. Wie alle Wüstenfüchse aus Ägypten.

So erreichen wir dann den Berggipfel. Wir nehmen uns nicht weiter in acht, denn diese öde Landschaft birgt keine Gefahren. Nur im Süden, wo sich des abessinischen Herrschers Polizei und Zöllner und Spürnasen in Batimar breitmachten, ist windiger Boden.

Desto erstaunter bin ich, als ich, um ein letztes Gestrüpp biegend, durch Mukki energisch gewarnt werde.

Ich pflege nie und nirgends hart aufzutreten. Ich bin kein Leisetreter. Aber die Wildnis, meine Heimat, fördert das Federn des Schrittes und das stete Wachsein.

Ich luge um den Busch, ich sehe zehn Schritt vor mir auf einem Stein im Schatten einer verkrüppelten Palme eine Frau in Weiß, nur ihren Rücken.

Sie sitzt gebeugt, die Hände um die Knie geschlungen, neben ihr liegen vier Dinge, die allerlei erraten lassen: eine kleine Pistole im Futteral, eine Reitgerte und … eine Thermosflasche, deren Becherdeckel abgeschraubt ist.

Eine rasche Ideenverbindung bringt diese Miß mit der eleganten Privatjacht in engste Beziehung, die in Batimar ankern soll, wie Li, der Koch der Astarte, uns gestern nacht gleich nach der Ankunft erzählt hat.

Immerhin: Eine Kühnheit für eine Dame, sich hier in diese Einsamkeit zu wagen. Das Küstenland von Abessinien ist keine Luxuspromenade der Riviera.

Ich hüstele …

»Entschuldigen Sie die Störung, Miß …«

Man bleibt doch immer noch Kulturmensch, und der neue weiße Anzug nebst Zubehör, den ich seit heute früh trage, macht mich zum Gentleman.

Äußerlich.

Sie dreht langsam den Kopf, greift aber sehr flink nach der Pistole.

Unter dem hellen Strohhut mit Nackenschleier blickt mich ein stark gepudertes, stark getuschtes, trotzdem hübsches und vielleicht junges Wesen an und mustert mich lange und … lächelt.

Ihr Blick – die Augenbrauen sind nur getuschte Striche – ruht auf Mukki.

»Was ist das für ein Tier, Sir?«

Die Stimme ist weich … die englische Sprache klingt näselnd – es ist schade, daß diese wundervoll geformten Lippen so knallrot, so aufdringlich in Herzform gefärbt sind. Noch mehr bedaure ich, daß die Miß so außerordentlich hochmütig dreinschaut und für meinen Fennek mehr Interesse zeigt als für mich.

Sie ist hübsch.

Sie hat einen weichen Glanz in den dunklen Augen …

»Es ist ein Fennek, Miß … » erklärte ich ihr, und dann fügte ich, Gentleman, hinzu: Mein Name ist Lensen, Miß …«

Namen sind billig. Mancher Name wird im Steckbrief allerdings je nach Sachlage höher bewertet.

»Ein Fennek?« – Ich kam nicht in Frage. »Ist er verkäuflich? Er gefällt mir, Sir.«

Jetzt lachte ich. »Und wenn Sie mir Millionen bieten würden! Mukki ist für nichts zu haben – es sei denn, ich stürbe …«

Sie erhob sich … Der Umriß ihrer schlanke Figur zeichnete sich gegen den glasklaren Himmel ab.

»Wie töricht, Mr. Lensen … Geld ist Macht. Sind sie so reich?!«

Sie spottete meiner.

»Allerdings … Reicher als ein Milliardär, denn – ich bin frei, Miß, mich bindet nichts, die Welt ist meine Heimat, die Einsamkeit mein Palast, die Wildnis mein prunkvolles Gemach … – Sie werden das nicht verstehen … » setzte ich achselzuckend hinzu. »Ich bin eben … Abenteurer aus Neigung.«

»Schade!« Ihre Blicke streiften abermals meinen Mukki … Dann erschienen um ihren Mund, auf der Stirn ein paar harte Falten. »Nur ein Tier – wie lächerlich. Überlegen Sie es sich … sofort!«

Das war ein sehr merkwürdiges Gebaren. Das war beinahe eine Drohung.

»Sofort?!« Ich bückte mich und nahm meinen Freund in die Arme. »Gut – sofort, nämlich – nie!!«

Zwischen den halbgesenkten Lidern traf mich ein noch drohendes Aufblitzen dieser dunklen Rätselaugen.

Sie schaute auf ihre Armbanduhr.

»Zwei Minuten … » sagte sie kühl. »Hundert Pfund, Mr. Lensen – das sind zweitausend Mark. Zwei Minuten – bitte!«

Ich konnte nur den Kopf schütteln. »Miß, Sie scheinen mich sehr wenig zu kennen, ich …«

Sie hatte sich schon wieder gesetzt, drehte mir den Rücken zu und blickte gen Osten auf das Rote Meer hinab.

Ich war Luft.

Seltsame Dame!! Mir war doch bereits so manches rare Exemplar des anderen Geschlechts über den Weg gelaufen … dies hier?! Englische Lady in Reinkultur, aber Lady mit etwas Asphaltduft …

Ich hatte meinen Freund Mukki noch immer im Arm. – Ich – mich von ihm trennen?! Das Tierchen war im Verlauf von abenteuerlichen Jahren ein Stück meiner selbst geworden.

Ich streichelte ihn, setzte ihn auf die Erde, nahm mein Fernrohr, lehnte mich an einen spitzen Steinblock und zog das Rohr auseinander, stellte es auf die fernen Häuser von Batimar ein, sah den Turm der uralten Jesuitenkirche, sah die helle Linie der gekrümmten Mole und die ankernden arabischen Küstensegler, einen kleinen Frachtdampfer und die weiße schöne Jacht.

Ich sah die elenden Hütten, ein paar Steingebäude, Wellblechschuppen …

Das war das Hafennest, in dessen Kneipen Peter Bolk sich das lohende Hirn durch Fusel betäubt hatte …

Und dann … legte sich eine Hand auf meine Schulter …

»Mr. Lensen, vier Minuten – hier ist das Geld!«

Ich schnellte herum … Das war denn doch eine Anmaßung, eine Frechheit, die …

Meine Gedanken stoppten …

Wo war Fennek?!

Und dort hinter der Frau – zwei Kerle in Matrosentracht, zwei stämmige Kerle … grinsend, in den Pfoten die Pistole …

Oho!! War's so gemeint?!

Die Frau wiederholte kühl: »Hier ist das Geld!«

Sie streckte mir die Scheine hin. Und ich – packte zu …

Hatte ihr Handgelenk packen wollen, hatte mich verrechnet … Aalglatt war sie, blitzschnell war sie hinter ihren Leuten …

»Mr. Lensen,« sagte sie ohne jede Erregung, »Ihr Fennek ist bereits unterwegs nach Batimar. Wollen Sie ihn wiederhaben, finden Sie sich samt ihrem Gepäck sieben Uhr abends auf der Molenspitze ein! Sie verstehen mich: Punkt sieben Uhr – Molenspitze. Und sollten Sie vielleicht die Absicht haben, die Polizei zu verständigen – ich rate Ihnen entschieden ab. Ihr Freund Bolk wird gesucht, das wissen Sie … !

Mir war doch in all diesen Jahren, seit zwei schwankende Drähte mich über eine Zuchthausmauer ins Freie getragen hatten, schon so manches begegnet. Im Grunde gab es nichts, was ich nicht schon kennengelernt hatte – so glaubte ich bisher.

Dies hier: Was sollte es?! Der Frau kam es ja gar nicht auf meinen Fennek an. Mich wollte sie haben! Mit Gepäck – sieben Uhr – Molenspitze!! Das war eindeutig genug. – Was lag ihr an mir?!

Mir?!

Ich …

Olaf Karl Abelsen, Freund eines Coy Cala, Freund von Kerlen mit Eisennerven und stählernen Seelen!

Mich – so fangen?!

»Ich … werde kommen, Miß,« erklärte ich höflich. »ich nehme an, daß sie ein ganz besonderes Interesse an meiner Person haben … Weshalb soll ich einer Dame nicht gefällig sein? – Nur, ließe sich das nicht schon hier erledigen, Miß?!«

Ich lächelte harmlos …

Und mit diesem Lächeln schoß ich vorwärts …

Meine Fäuste können Schmiedehämmer sein. Meine Fäuste trafen – zwei Matrosen flogen hintenüber in das dornige Gestrüpp – meine Hände schnellten zur Seite, umkrallten die Gelenke der Frau – sie schrie leise auf, aber der Schrei war noch nicht verhallt, als sich auch schon der Riemen der Thermosflasche um ihre Gelenke wand …

»So, Miß!«

Ein Blick traf mich … Flammen lohten aus diesen Augen …

Ich … lachte, hob die Pistolen der armen Schächer auf, befahl den Japsenden, nach Luft Ringenden:

»Vorwärts – geht vor mir her! Und – wer zu fliehen wagt – ich schieße wirklich nie daneben!«

Stark zerschunden krochen sie aus den Disteln.

Ich … lachte …

»… Ihr hättet anderswo in die Lehre gehen müssen – marsch – auch Sie, Miß!!«

Der kleinere der beiden flüsterte stockend:

»Mr. Lensen … die … die Dame ist die Herzogin von Bellcastle!!«

»… Und wenn es die Königin von England in Person wäre: Mit mir spielt man nicht!!«

»Bravo!« sagte da halb hinter mir eine vergnügte Männerstimme. »Bravo, Mr. Lensen! Die Frau Herzogin liebt kleine Scherze mit Männern … Gestatten Sie: Alfred Eversham ist mein Name, Doktor Alfred Eversham, bis heute mittag Schiffsarzt der Jacht »Star of London«, heute mittag fristlos entlassen mit halbem Jahresgehalt, weil ich mich weigerte, dieses Banditenstückchen mitzumachen. Von mir haben sie nichts zu fürchten, im Gegenteil, Ihre Hoheit die Frau Herzogin sieht mich nun auf der Gegenseite …«

Alfred Eversham war ein Prachtkerl. Auch äußerlich. Ein Gentleman, den das Monokel im braungebrannten Gesicht tadellos kleidete, ein überschlanker jungen Mann, vielleicht Nähe der dreißig – überschlank, weil kein Lot Fett vorhanden.

In der Linken hielt er seine Zigarette, in der Rechten eine kleine Momentkamera. Er hielt sie vor die Brust, visierte – es knackte …

»Das Bild hebe ich mir auf,« meinte er belustigt. »Ihre Hoheit mit gefesselten Händen, die Stewards John und Jack als zahme Hündchen, man wird sich in London totlachen!«

Jane Bellcastle kniff die Lippen ganz schmal.

»Sie … Sie sind ein …«

»… ein Mitglied der schottischen Linie der Evershams von Grandballay – stimmt!« kam er ihr zuvor. Ein Sohn Lord Evershams, ein Sohn Lady Evershams, geborene Lady Farferlan-Wendmore … Das ist alles amtlich abgestempelt. Neues brauchen Sie nicht hinzufügen. Es genügt vollauf.«

Jane Bellcastle drehte ihm schroff den Rücken zu …

»Auch die Teilansicht ist schön,« nickte er bissig. »Mr. Lensen, ich verhalte mich hier natürlich vollkommen neutral. Was beabsichtigen Sie zu tun?«

»Meinen Fennek zurückholen, Mr. Eversham,« und ich lächelte ihn an. »Zunächst werde ich diese drei Herrschaften auf den Schoner nötigen, das weitere findet sich schon … Kommen Sie mit?«

»Gern, sehr gern …«

»Dann – vorwärts, John and Jack – keine Dummheiten!! Bitte, Hoheit, schließen Sie sich freundlichst an … Es bleibt Ihnen wirklich nichts anderes übrig. Die Partie haben Sie endgültig verloren.«

»Es scheint so,« nickte Eversham todernst. »Es scheint durchaus so …«

Die beiden Stewards, sicherlich Vertraute dieser sehr unternehmungslustigen Dame, marschierten unter dem sanften Zwange zweier Pistolenmündungen voraus.

Jane Bellcastle sprach kein Wort mehr.

So langten wir unten am Buchtstrande an, schritten über die Laufplanke, und Li und Fu, Koch und Steuermann, versorgten die Stewards mit einigen haltbaren Stricken und sperrten diese Gäste vorn in die Segelkammer ein.

Jane durfte in die Heckkajüte, und mit einem »Entschuldigen Sie meine Härte,« nahm ich ihr den Flaschenriemen ab.

Sie war von grenzenlosem Hochmut auch jetzt –, sie setzte sich in den einzigen Korbsessel und sagte nur: »Schicken sie John nach Batimar zur Jacht … Unsere Pferde stehen noch an der Südseite des Berges. John wird meinen Kammerdiener Aristide noch einholen, hoffe ich, Aristide soll den Fennek zurückbringen …«

Ich stand so, daß ich durch die offene Tür das Deck übersehen konnte …

»Hallo, Li!!«

Der Koch wackelte herbei.

»Li, bringe den Gefangenen herbei, der John heißt – etwas fix, bitte!«

John kam, und die schöne eigenwillige Dame mußte ihm ihre Wünsche vortragen. Ich fügte hinzu:

»Halt John – noch etwas … Solltet ihr das Versteck des Schoners verraten, so seht ihr eure Hoheit nicht wieder! Merk dir das, Bursche!«

»Sehr wohl, Sir …« Dieser John hinkte noch immer stark.

Eversham hatte sich in die Sofaecke gesetzt. Aber Jane Bellcastle erklärte, daß sie unsere Gegenwart entbehren könne … »Verlassen Sie beide die Kajüte – bitte!! Ihr Anblick langweilt mich … Wir haben uns nichts mehr zu sagen …«

Von mir aus – ich war einverstanden, ich winkte Eversham, wortlos gingen wir an Deck, drückten die Tür zu und nahmen unter dem Sonnensegel Platz. Der Schoner Astarte besaß zwei Bordstühle, und Eversham wählte bedächtig den bequemeren, hielt mir dann sein Zigarettenetui hin und meine leise:

»Es ist das erste wirklich komische Abenteuer, das ich erlebt habe, Mr. Lensen. – Bitte, hier ist Feuer …«

»Danke … – Finden Sie es wirklich nur komisch?!«

»Ja – wenn ich Sie und mich ausschalte, das heißt, wenn die Dinge von einem Außenstehenden beurteilt werden könnten. Es war sehr komisch, wie John und Jack in die Dornen flogen und wie Sie diese Frau, die ungeheuer trainiert und kräftig ist, gleichfalls abfertigten. Ein Dämpfer schadet ihr nichts …«

Alfred Eversham betrachtete mich eingehend.

»Sie … sind ein Prachtkerl, Mr. Lensen!«

»Hm – wollen Sie mich anpumpen?«

»Nein. Aber warnen …«

»Wovor?!«

»Vor dieser Frau und … » er zögerte … »und ihrem Haß! Jane Bellcastle haßt Sie aus irgendeinem Grunde.«

»Da müssen Sie sich doch wohl irren, Herr Doktor. Ich habe noch nie von ihr gehört, sie nie gesehen – bis heute. Woher der Haß?!«

Er rauchte bedächtig, machte eine unbestimmte Handbewegung und erwiderte: »Trotzdem kennt sie Sie sehr genau, Mr. Lensen, das ging aus der Szene von heute vormittag auf der Jacht hervor, als sie mich bat, ihr zu helfen, Sie an Bord zu locken oder zu … zwingen. Sie hatte einen längeren Jagdausflug unternommen, kehrte erst heute früh nach Batimar zurück.« Er zögerte abermals … »Als ich mich weigerte, warf sie mich hinaus, verbot mir, an Bord zu bleiben … Was sie von Gefühlen für Sie verriet, war … kalter Haß, glauben Sie mir. Und noch eins: Kapitän Bolk und seine Leute sitzen im Gefängnis, Jane hat sie angezeigt, Jane muß hier sehr viele bezahlte Spione haben.«

Ich setzte mich aufrecht …

»Bolk verhaftet?«

»Es stimmt leider … Die alte Jesuitenkirche ist jetzt Gefängnis geworden – ich wollte mir den uralten Bau ansehen, der Herr Gefängnisdirektor zeigte mir gegen eine Fünfpfundnote seine neuesten Pensionäre: Bolk und sechs Mann von der Astarte! Er flüsterte mir noch zu, daß Peter Bolk wegen Waffenschmuggels harte Strafe erhalten würde … Leider wüßte niemand, wo der Schoner steckte …«

Ich war mit einem Male sehr nachdenklich geworden.

»Wie lange war denn Jane Bellcastle auf der Jagd?« fragte ich gespannt

»Etwa drei Wochen – mit eingeborenen Führern – mit einer ganzen Karawane, die sie weiter im Innern in der Stadt Ali Baggo zusammengestellt hatte …«

Ich überlegte einiges, rechnete etwas, verglich und fragte schließlich nach:

»Hat Jane Bellcastle je die Namen Joicker, Mortison und Petersen erwähnt?«

Eversham nickte eifrig: »Aber natürlich … Das waren ja die Kerle, die sie hier auftrieb und die die Jagdexpedition vorbereiten mußte …«

Ich pfiff leise durch die Zähne.

»So … so. – Und – kennen Sie auch den Namen Jan Terpe, Doktor?«

»Nein, Lensen, den habe ich nie gehört«

Das war für mich eine große Enttäuschung. –

Steward John erschien am Ufer mit Fennek am Riemen.

Ihre Hoheit Jane Bellcastle verließ gleich darauf die Astarte ohne jeden Gruß mit ihren beiden Getreuen, nachdem sie ihr Wort verpfändet hatte, uns hier nicht weiter zu behelligen und uns nicht zu verraten.

Ich glaubte damals, ich würde sie niemals wiedersehen.

Es war der größte Irrtum, dem ich je anheimgefallen war. –

Eversham blieb bei mir.


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