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XVII.

… All das ist vorüber.

Wochen sind darüber hingegangen …

Ich bin allein auf der Ruxa-Farm mit sechs schwarzen Dienern, einem chinesischen Koch und einem Niggerboy, der für die Pferde sorgt.

Gestern sind Ethel und Dingo nach Sydney abgereist. Dort werden sie heiraten, und ganz Australien wird sich empören über diese seelische Verwirrung einer Europäerin … Ganz Australien mit Ausnahme der Farbigen, deren Abgott Bell Dingo ist. Gestern noch hatte ich mit Bell eine lange Aussprache, als wir das Kreuz der Steppe an Ort und Stelle verbrannt und die Gebeine R. B.'s in aller Stille im Mausoleum beigesetzt hatten. Da hatte Bell unter anderem gesagt: »Abelsen, wenn die Weißen gewünscht hätten, daß sie ihr Übergewicht über die farbigen Völker für immer behielten, dann hätten sie niemals Neger, Inder, Siamesen, Indianer am Weltkrieg aktiv teilnehmen lassen sollen. All diese Hunderttausende, die das große Morden mitgemacht haben und lebend heimkehrten, hatten den lächerlichen Respekt vor den Europäern verloren und wurden zu Aposteln der neuen Zeit, wo es keine Farbenunterschiede mehr geben wird … Gebe Gott, daß niemals die dunkle Farbe sich gegen die helle blutig empört …! Wer dabei unterliegen würde, wissen Sie!«

Er, Bel Dingo, Apostel der Schwarzen des fünften Erdteils, wird nächste Woche Ehemann sein …

Ich bin allein auf der Ruxa-Farm, und ich lebe, wie es mir gefällt … Ich werde die Schmalspurbahn wieder herstellen, ich werde … nein, – ob ich es so lange hier aushalte, ist doch fraglich. Es ist zu viel Kultur ringsum …

Wenn ich diese Zivilisation plötzlich hasse, dann gehe ich in das Tal hinab hinter dem Parke, wo das Negerdorf liegt und nackte schwarze Rangen mit prallen Bäuchlein wie die Trommeln mir entgegenrennen und … um Süßigkeiten bitten … Kinder sind überall gleich, auch was die Bäuche betrifft. Und aus den Hütten des Dorfes dringt Gestank hervor, und Weiber und Männer in äußerst spärlicher Bekleidung grüßen mich und fragen in unglaublichem Kauderwelsch nach Bell Dingo.

… Ich sitze am Ufer des Weihers, in dessen Tiefen wundervolle Leuchtfische hin und her huschen wie ruhelose Seelen …

Aber Robb und Paloma haben den Frieden gefunden, – meine Insel ward ihnen ein Sarg, wie ihn kein Liebespaar mehr besitzt, und dieser Sarg liegt in zweihundert Meter Tiefe in einer Bucht des trügerischen Golfes von Carpentaria.

Wochen sind verstrichen …

Wochen, seit ich mit der Papptafel, die Ethels bebende Hand bemalt hatte, in die Tiefe fuhr.

Paloma sei gnädig!!

Nichts weiter stand auf dem mit Fett getränkten Pappstück.

Ich fand das Fenster, und die Blende stand offen. Lichtschein drang mir entgegen, ich drückte die Tafel und mein Gesicht an das Glas und sah mitten im erleuchteten Raum zwei innig umschlungene Gestalten stehen …

Sie küßten sich, und meine Faustschläge gegen die Scheibe blieben unbeachtet.

Die Luft ward mir knapp, ich mußte wieder empor zum Licht, und kaum hatte Dingo mich an Bord des Kutters gezogen, als …

… ja, als beide Trossen gleichzeitig rissen und der Sarg mit den lebenden Liebenden hinabfuhr in die grüne Dämmerung …

Ungeheure Blasen stiegen dann auf … Der Wasserdruck hatte sicherlich das Fenster zerstört, und – – das Ende war da, und das Meer beruhigte sich über der Gruft.

Ethel hatte das Furchtbare dank Dingos zarter Fürsorge überwunden. Immer wieder habe ich ihr beteuern müssen, daß es auch wirklich wahr sei, wie ich Robb und Paloma geschaut hatte: Eng umschlungen – zwei Liebende – ohne Haß, ohne Todesfurcht …

Und das hat Ethel aufgerichtet, und bald konnte sie einsehen, daß das Schicksal hier vielleicht die beste Lösung gefunden hatte.

… Im Weiher gleiten helle Schatten – ruhelose Seelen …

Ruhelos wie ich …

Alles, was das Leben mir schenkte, waren nur Seifenblasen.

Eines Tages wird auch dieses Idyll auf der Ruxa-Farm vorüber sein, und ich werde neue Pfade suchen, die wieder in die Straße abseits des Alltags münden … –

Mein schwarzer Boy kommt und erzählt mir schlotternd eine seltsame Geschichte …

Man müßte der Sache eigentlich auf den Grund gehen …

Ich werde es tun.

*

 


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