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XI.

Als ich vor vielen Jahren an der deutschen Hochschule Charlottenburg studiert hatte, wohnte mir gegenüber in einer der Seitengassen der Kantstraße ein jüngerer Mann, der sehr bald meine Aufmerksamkeit erregte. Da ich stets bis spät in die Nacht hinein arbeitete und zuweilen zur Erholung auf den kleinen Balkon hinaustrat, bereitete es mir wohltuende Ablenkung, den eigentümlichen Menschen zu beobachten. Er hatte eine eigene Wohnung mit mir in einer Höhe im zweiten Stock und stand regelmäßig erst um Mitternacht auf. Dann telephonierte er stets eine Weile, kleidete sich an, und seine Fenster wurden dunkel. Wenn er aus dem Hause ging, erkannte ich ihn nur dank meiner scharfen Beobachtungsgabe an seinem eigentümlich knieweichen, schleichenden Gang. Er trug dann eine Verkleidung, die sehr häufig wechselte. Vorsichtige Nachfragen ergaben, daß er Angestellter einer Detektivfirma war oder doch wenigstens als solcher gelegentlich gemeldet war. Als ich dann eines Morgens im Winter beobachtete, wie er nach seiner Heimkehr eine Anzahl Schmucksachen aus den Taschen nahm und in seinen Schreibtisch wegschloß, glaubte ich in meiner jugendlichen Überspanntheit, er habe einem Einbrecher die Beute abgejagt. Eine Woche darauf erzählte mir meine Wirtin, die Polizei habe ihn festnehmen wollen –, der Mann sei einer jener ganz geriebenen Gauner gewesen, auf dessen Konto ungezählte Einbrüche kämen, aber er sei entwischt. – Die Sache beschäftigte die Zeitungen einige Tage, und schließlich entschloß ich mich, der Polizei meine Beobachtungen mitzuteilen. Der Mann hatte hauptsächlich als beste seiner Masken die eines älteren Postbeamten gewählt. Meine Angaben brachten die Polizei auf seine Spur. Er hatte außer dieser einen Wohnung noch drei andere in anderen Stadtteilen gehabt. Vor Gericht sah ich ihn wieder: ein eleganter, junger Mann mit sympathischem Gesicht, bescheiden, liebenswürdig zu den Richtern –, und zu mir sagte er nach meiner ihn vernichtenden Aussage: »Sollten Sie einmal eigene Wege gehen, seien Sie vorsichtiger … Ich hielt Sie für zu harmlos!« Dann nickte er mir zu und wanderte für lange Zeit ins Zuchthaus.

Damals hatte ich zum ersten Male mit den Gerichten und der Polizei etwas zu tun. Den Gentleman-Einbrecher vergaß ich nie, noch weniger seine Warnung. Als ich dann selbst vor den Richtern stand und Freiquartier in dem verwanzten Düsterburg mir winkte, begriff ich, was in ihm vorgegangen sein mußte, als meine Aussage sein Schicksal entschied, und ich empfand unbegrenzte Hochachtung für seine vornehme Art, mit der er sich von mir gleichsam verabschiedet hatte. Die Aussage eines verlogenen Weibes stieß mich in die Kerkerzelle, und ich war unschuldig und ich hätte vielleicht der meineidigen Zeugin anderes zugerufen, wenn nicht sein Bild vor mir aufgetaucht wäre –, ich beließ es bei einer verächtlichen Bemerkung.

An all das dachte ich, als ich zwischen den Stacheldrahtzäunen an verwehten Geleisen entlang davontrabte.

»Sollten Sie einmal eigene Wege gehen, seien Sie vorsichtiger … Ich hielt Sie für harmlos …«

Auch Ethel und Dingo hatten mich gewarnt. Im Grunde war es überflüssig gewesen. Die Buschpolizei würde jetzt sehr rührig sein … –

Das Wäldchen lag hinter mir. Und hier stieß ich auf einen Neger, der in der Krone einer mächtigen Buche hockte. Ich hätte ihn vielleicht nicht bemerkt, aber ich hatte wieder mit Coys Augen sehen gelernt und mein Coy ritt unsichtbar neben mir. Ich hatte die Augen überall, und meine Sinne waren auf jede Gefahr eingestellt.

»Komm herab!!«

Der schwarze Fleck im Baumgrün schien eine Karabinerkugel nicht zu schätzen und kletterte abwärts.

Es war ein Nigger, nur mit einem Fetzen Stoff als Badehose bekleidet, aber trotzdem war es der Diener Kanarra.

»Was tust du hier?«

»Ich wache, Mister Abelsen …«

»Also hat dich Frau Murray hierher geschickt …«

»Nein, Dingo tat's. Er hat zu befehlen.«

»Ihr fürchtet die Polizei?«

Er nickte ernst. »Ich würde Ihnen raten, sich nicht zu weit zu entfernen, Mister Abelsen. Es ist hier nicht alles so, wie es sein soll. Drüben fliegen die Papageien so unruhig …« Er zeigte nach Nordost. Dort etwa mußte das große Kreuz stehen. – Kanarra wußte nicht, daß ich mich … recht weit entfernen wollte. Mochte er vorläufig des Glaubens bleiben.

»Weshalb hat gerade Dingo hier zu befehlen?« fragte ich beiläufig.

Er schaute mich erstaunt an. »Dingo gehört doch die Farm, Mister Abelsen …«

»Natürlich – ganz recht … – Dort, wohin du soeben zeigtest, erblickte ich auf dem Herritt ein Kreuz … Liegt dort Graf Ruxa begraben?«

»Nein«, erklärte er zögernd …

Und dann entschuldigte er sich – er müsse seinen Baumposten wieder einnehmen.

»Warte noch … – Wann kaufte Dingo die Farm? Ist er denn so reich?«

Er schielte mich verlegen von unten an. »Mister Abelsen, Bell Dingo ist der reichste Farbige Australiens …«

Er wollte weiteren Fragen entgehen und kletterte gewandt wie ein Affe wieder nach oben. Ich ritt in ein Tal hinab, übersprang zwei Zäune und galoppierte dann im Busch nach links. Das Kreuz mußte ich mir unbedingt aus der Nähe ansehen.

Dingo – neues Rätsel – so reich, Herr der Farm?! Das warf eigentlich alle meine argen Vermutungen über den Haufen.

Weg mit den Gedanken, weg mit der leisen Reue, Ethel Murray so schlecht behandelt zu haben. Ein Pferderücken ist besser als tausend zärtliche Weiberarme, der Schweißdunst eines Gaules ist Kraftparfüm …

Coy ritt unsichtbar neben mir, und ich hörte seinen gellenden Jagdruf, hörte sein liebes Geschwätz und roch seinen Trandunst. Er war nur ein armer Fischer und Jäger und Dieb von der Gallegosbucht, aber er war ein ganzer Kerl und Enkel eines Königs und Besitzer unermeßlicher Schätze, die er nie anrührte und die niemand mehr finden wird.

Von Coy hatte ich alles gelernt: Reiten, Fährtenlesen, Sich-Orientieren –, jenen sechsten Sinn zu wecken, der auch in pechfinsterer Nacht ein fernes Ziel unfehlbar erreicht.

Ich durchritt einen dünnen Wald, verscheuchte grasende Känguruhs, und mit einem Male lag die weite flache Lichtung vor mir.

Ich sah das Kreuz von der Seite, und ich zügelte den Braunen so jäh, daß er vorn stieg und schnaubte.

Ich hatte Grund dazu:

An dem Kreuz hing ein menschliches Skelett. Das war das Weiße, das ich vorher nicht erkannt hatte.

Davor stand neben einem Maultier mit riesigen Ohren ein Mann in einem grünlichen Reitanzug, über der Schulter ein Schmetterlingsnetz mit Bambusstock, auf dem Rücken eine knallgelbe große Botanisiertrommel.

Der Fremde zeichnete das Kreuz. Er hatte seinen Zeichenblock auf den Sattel des Maultieres gelegt, das wie eine Mauer stand und nur die Ohren spielen ließ. – Er hatte einen fuchsigen Vollbart, eine Hornbrille auf der Wippnase und am Filzhut einen Nackenschleier.

… Eigene Wege – Vorsicht!!

Dieser Gelehrte hier in Nordaustralien unweit des Golfes von Carpentaria gefiel mir nicht.

Ich stieg aus dem Sattel und beobachtete ihn. Er zeichnete …

Dann packte er den Block in die Satteltasche und schritt bis zum Fuße des Kreuzes, reckte sich hoch, befühlte das Skelett und schüttelte mehrmals den Kopf. Er kehrte um und betrachtete nun die Steinreihen im Sande. Wieder das Kopfschütteln.

Der Mann war harmlos. Immerhin –, ich nahm den Karabiner in den Arm und ritt im Schritt hinter ihn. Er kniete jetzt und schlug mit dem Netz nach einem bläulichen Falter. Sein Maultier wandte faul den Kopf. Es war ein hochbeiniges Geschöpf mit tadellosen Formen, sicherlich ein vorzügliches Reittier.

»Was tun Sie hier?« fragte ich, und er, durchaus mit dem blauen Falter beschäftigt, blickte nur flüchtig auf …

»Ist Schmetterlingfangen hier verboten?« meinte er belustigt. »Mein Name ist Lonnel, Professor Conny Lonnel von der Queens-Universität … – Sind Sie der Farmbesitzer?«

Er hatte seinen Falter in eine Blechschachtel getan, nachdem er ihn behutsam durch einen Tropfen Äther getötet hatte.

Er lachte vergnügt. »Wissen Sie, ich bin immer so ein wenig zerstreut … Meine Frage war Unsinn. Die drei Buschpolizisten, die ich morgens dort nach dem Burke-Fluß lagernd antraf, sagten mir ja, daß der neue Besitzer der Ruxa-Farm der schwarze Millionär Bell Dingo sei …«

Ich hatte neugierig die Steinreihen gemustert, ich sah erst jetzt, daß sie einen Namen bildeten, ein Monogramm:

R. B.

Aber auch diese seltsame Entdeckung zerrann in Nichts gegenüber Lonnels Bemerkung über die Polizei.

»So – Beamte trafen Sie …«

»Es war recht interessant …« nickte er schmunzelnd. »Sie haben doch sicherlich schon von der Kruxa gehört. Das muß ein ganz verteufeltes Frauenzimmerchen sein …«

»Die Wegelagerin?!«

»Oh – sie hat Schneid, und es würde mir leid tun, wenn sie gefaßt würde. Aber das hat wohl seine Schwierigkeiten, sie ist überall und nirgends, und ihre Bande verfügt über ungezählte Spione … Die Polizei kommt immer zu spät, und Oberst Bluß – er war mit am Lagerfeuer – hat gewettert und geflucht und …«

»Wie – Colonel Bluß, Mr. Lonnel?!«

»Na ja, wundert Sie das? Sind Sie hier fremd? Bluß ist doch Kommandant der Polizei von Nordqueensland, und man redet so allerlei über ihn … Er soll in diese Paloma Ruxa verliebt sein und will sie trotzdem baumeln lassen … Auf Straßenraub steht hier noch immer der Strang, Mister … – wie war doch Ihr Name?«

»Elsen, Mister Lonnel … Meine Stahljacht ankert an der Küste. Ich befinde mich auf einer Tour um die Welt und wollte nur einmal einen kleinen Abstecher zu Pferde machen.«

»Beneidenswert! – Entschuldigen Sie …« und er rannte hinter einem braunen Riesenfalter her. Ich vermißte ihn nicht. Was hieß das nun wieder? Colonel Bluß an einem Lagerfeuer?! Bluß lag doch schwerverwundet auf der Ruxa-Farm!

Der Professor kehrte atemlos und freudestrahlend zurück. »Ich habe ihn!« meinte er fast kindlich und zeigte mir den armen Falter. »Eine höchst seltene Art, Mister Elsen … Die lateinische Bezeichnung lautet …«

»War es wirklich Bluß, mit dem Sie sprachen?« fragte ich nachdenklich.

»Manula graziosa australis …« erklärte er wichtig. »Diese braune Spielart des …«

»Zum Teufel mit Ihren Schmetterlingen! Der Polizeibeamte kann nicht Bluß gewesen sein …!«

Er blickte mich mißbilligend an. »Sie sind kein Engländer, Mister Elsen. Engländer fluchen anders.«

»Ich bin ein Deutscher«, log ich getrost.

»Natürlich …« murmelte er … Das war eine Frechheit, aber dieses ulkige Männchen war mir zu wertvoll, um gegen sein »Natürlich!« energisch zu protestieren. »Oberst Bluß ist anderswo, sagte man mir …«

»Wo denn?! Ich muß den Colonel wohl am besten kennen, wir sind innig befreundet. Es war Arthur Bluß, und er erzählte mir im Vertrauen, daß er …«

»Halt – lassen Sie doch die armen Viecher in Ruhe!« Ich hatte ihn schnell beim Ärmel gepackt. »Was erzählte er Ihnen?«

»Daß Paloma Ruxa jetzt endlich eingekreist sei –, ich finde Ihren Eingriff in meine Bewegungsfreiheit ziemlich unverschämt, Mister Elsen …«

»Finden Sie, was Sie wollen …! – Also eingekreist … Wo?«

Er lachte ohne jeden Grund. »Sind Sie aber unvorsichtig!! Mann, Ihre Teilnahme für die berüchtigte Kruxa wird Ihnen die Welt von oben zeigen, von einer Hanfschlinge aus!!«

Ehe ich mich's versah, schlug er zu, und sein Hieb saß genau unter dem Herzen, und selbst Bell Dingo hätte nicht ärger seine Muskeln spielen lassen.

Als ich wieder meine fünf Sinne beieinander hatte, war ich sehr kunstvoll gefesselt, lag im Sande zwischen ein paar Sträuchern, und neben mir saßen Professor Lonnel und zwei von den Queensländern.

»Gebt ihm einen Schluck Whisky«, befahl Lonnel. »Lehnt ihn gegen die Kasuarine und beobachtet dann das Gelände.«

Ich trank …

Aber Coy Calas Geist war nicht mehr neben mir. Coy hätte mich gründlich verhöhnt.

»Ich bin Oberst Bluß«, sagte Lonnel zu mir. »Und Sie sind einer von Palomas Bande und werden in zehn Minuten baumeln, wenn Sie nicht jede Frage ehrlich beantworten.«

Ich betrachtete mir sein Gesicht jetzt erst genauer. Er hatte die Brille abgelegt, aber den falschen Bart umbehalten. Der Ausdruck kindlicher Pfiffigkeit, den er den Zügen des Schmetterlingsjägers so vollendet aufgeprägt gehabt hatte, war weggewischt und der echte Arthur Bluß enthüllte sein Gladiatorenhaupt, einen Charakterkopf, von so harten Linien und so überlegener kalter Zielsicherheit, daß sich selbst ein rosenroter Narr, der von Menschen und Dingen nur das Beste herausschürfen wollte, hier unbedingt gesagt hätte: Vorsicht, der schnappt, und zwar gründlich.

Er schnappte auch. »Ich habe Sie bereits durchsucht«, fügte er mit wohlwollender Selbstverständlichkeit hinzu. »Viel war bei Ihnen nicht zu holen. Wo haben Sie den Ring?«

»Ring?!«

»Sie sind ein Dummkopf, mein Lieber. Ihr Hals war nie so unmittelbar in Gefahr wie jetzt. Ich habe Vollmacht vom Gouverneur, jeden Kruxa-Schuft sofort aufknüpfen zu dürfen. Sie wären dann Nummer neun. Vier wurden im Kampf erschossen. Das macht insgesamt zwölf bisher, und Sie hätten die Unglücksnummer dreizehn mithin, alles in allem … Wo ist der Ring?«

Ich zweifelte nicht, daß dies der echte Bluß war. Der andere war diesem so unähnlich, wie ein reinrassiger edler Windhund einem Bullenbeißer.

»Lassen Sie mich nachdenken, Colonel«, erwiderte ich ehrlich. »Obwohl ich kein Bandit bin, möchte ich mich mit Ihnen nicht über Schmuckstücke herumzanken. Ein Ring … Ich sah nur einen, der mir auffiel in diesen letzten Tagen, seit ich hier gelandet, und das war ein Platinreif mit Smaragd, der eine kreuzförmige Trübung hatte. Nachher machte ich noch die eigentümliche Entdeckung, daß dieser Ring unten aufgefeilt war und auseinandergebogen, – er schien einmal für einen weit dünneren Finger gearbeitet worden zu sein, sage ich mir jetzt. Auf meiner Jacht beachtete ich diese Kleinigkeit nicht.«

Bluß schoß einen spitzen Blick in meine kühlen Augen. Plötzlich fragte er in sehr mäßigem Deutsch, während ich die Sprache meiner Mutter vollkommen beherrschte: »Wo liegt denn Ihre famose Jacht, und wie heißen Sie in Wahrheit?«

»Meine Jacht ankert drüben an der Küste, und mein Name ist wie Kaugummi, Oberst: jede Mundbewegung verändert ihn. Bleiben wir aber bei Elsen, Karl Elsen … Es klingt ganz nett.«

Wieder seinerseits der prüfende Polizeiblick. Ein Anflug von Lächeln zuckte um den Mund. »Einem Manne ohne Namen ist schwer zu glauben. – Wo sahen Sie den Ring –, an wessen Hand?«

»Hm, da ich mir jetzt sagen muß, daß der Ring mit der Kruxa etwas zu tun hat, schweige ich lieber. Ich mische mich nicht in interne australische Späße.«

»Späße, die einige Millionen wert sind!« warf er etwas ungeduldig ein.

»Ja, das las ich in dem Paket Zeitungen, die ich von dem Wrack des Dreimasters ›Falkland‹ mitnahm … Sie waren da auch lobend erwähnt, damals hatten Sie erst zwanzig aufgeknüpft, aber Sie haben nun alle Aussicht, einen Rekord als Henker aufzustellen.«

»Scheint so … Sie waren also auf der ›Falkland‹. Wann?«

»Das können vier Tage her sein … Es war zuletzt ziemlich langweilig auf meiner Jacht.«

Wir sprachen noch immer deutsch. Und ich wollte recht deutsch mit ihm reden. Dieser Mann war nur äußerlich ein Wüterich. Meine Menschenkenntnis ging hier kaum fehl.

»Faseln Sie nicht immer von Ihrer Jacht«, lehnte Bluß meine Ehrlichkeit gereizt ab. »Die ›Falkland‹ gehörte Mister Dingo und wir nehmen an, daß La Kruxa sie kapern ließ. Dabei haben Sie wohl geholfen.«

»In diesem Falle nicht, Colonel. Mein Wort darauf. Seeräuberstückchen habe ich schon mitgemacht, zugegeben, aber dann war immer das sogenannte gute Recht auf meiner Seite.« Ich spann dies nicht weiter aus, um mein Inkognito nicht zu lüften. Mit dem Paradies der Sträflinge hing ja ein gut Teil Piraterei zusammen.

Bluß zog eine beschabte Zigarrentasche hervor und begann zu rauchen. Er sah etwas unzufrieden aus.

»Sie werden sich beeilen müssen«, mahnte ich. »Die zehn Minuten sind bald um …«

»Da haben Sie recht. – Wo kommen Sie her?«

»Von der Ruxa-Farm. Ich hatte einen kleinen Ausflug zu Pferde gemacht.«

»Der kleine Ausflug wird in der Hölle enden.«

»Kaum, Oberst. Es sei denn, daß Sie ein Mörder werden wollen.«

»Nicht schlecht gesagt. – Gehört der Karabiner da Ihnen?«

»Nein. Ich fand ihn.«

»Wo?«

»Am Sattel des Pferdes, das ich reite.«

»Hm – Sie sind ziemlich abgebrüht.«

»Es geht, Oberst. Das Leben erzeugt heißen Dampf, das wirkliche Leben. Sie werden das wissen.«

Er beschaute mich lange. »Sie wollen also nichts verraten?«

»Ich verrate niemand, der mir Gastfreundschaft bot.«

»Schade …!!« Er dehnte das Wort bedrohlich und blickte zur Seite. Durch das Gebüsch kam ein Zug Queensländer, zehn Mann in Englischleder, zehn prächtige Kerle. Der vorderste meldete militärisch: »Zur Stelle, Colonel! Die Gebäude sind eingekreist. Wir haben vier Wachen abgefangen.«

»Tot?«

»Nein, Colonel, waren nur Leute der Farm, Nigger.«

Bluß knurrte ärgerlich … »Das Frauenzimmer ist dort … Wer zu ihr hält, baumelt.«

»Das müßte erst erwiesen werden«, meinte der Polizeioffizier etwas kleinlaut.

Bluß sprang auf. »Nehmt den da mit«, befahl er, und ich wurde auf meinen Gaul gebunden.

Meine Kaltblütigkeit war nur Mache. Ich fieberte vor Sorge um Ethel Murray.


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