Johann Heinrich Jung-Stilling
Henrich Stillings Wanderschaft / 1
Johann Heinrich Jung-Stilling

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Des Morgens früh stund er auf, und setzte sich an die Werkstatt. Meister Nagel hatte keinen andern Gesellen als ihn, aber seine Frau, seine beiden Töchter, und zween Knaben halfen alle Kleider machen.

Stillings Behendigkeit, und ungemeine Geschicklichkeit im Schneiderhandwerk gewann ihm alsofort die Gunst seines Meisters; seine freundliche Gesprächigkeit und Gutherzigkeit aber die Liebe und Freundschaft der Frauen und der Kinder. Er war kaum drei Tage dagewesen, so war er schon zu Hause; und weilen er weder Vorwürfe noch Verfolgungen zu befürchten hatte, so war er vor die Zeit sozusagen vollkommen vergnügt.

Den ersten Sonntag nachmittag verwendete er aufs Briefschreiben, indem er seinem Vater, seinem Oheim und sonstigen guten Freunden seine gegenwärtige Umstände berichtete, um seine Familie zu beruhigen; denn man kann denken, daß sie so lange um ihn sorgten, bis sie wußten, daß er am Brot war. Er erhielt auch bald freundschaftliche Antworten auf diese Briefe, worin er zur Demut und Rechtschaffenheit ermahnet, und vor aller Gefahr im Umgang mit unsichern Leuten gewarnt wurde.

Indessen wurde er bald in ganz Schauberg bekannt. Des Sonntags vormittags, wenn er in die Kirche ging, so ging er nirgend anders als auf die Orgel; und weilen der Organist ein steinalter und ungeschickter Mann war, so getraute sich Stilling während dem Singen und beim Ausgang aus der Kirche besser zu spielen; denn ob er gleich das Klavierspielen nie kunstmäßig, sondern bloß aus eigener Übung und Nachdenken gelernt hatte, so spielte er doch den Choral ganz richtig nach den Noten, und vollkommen vierstimmig; er ersuchte deswegen den Organisten, ihn spielen zu lassen; dieser war von Herzen froh, und ließ ihn immer spielen. Weilen er nun in den Vor- und Zwischenläufen beständig mit Sexten und Terzen um sich warf, und gern die sanftesten und rührendsten Register zog, wodurch das Ohr des gemeinen Mannes, und derer, die keine Musik verstehen, am mehresten gerühret wird, und weilen er beim Ausgang aus der Kirche auch immer ein harmonisches Singestück, das aber allezeit entweder traurig oder zärtlich war, spielte, wobei fast immer die Flötenregister mit dem Tremulanten gebraucht wurden: so war alles aufmerksam auf den sonderbaren Organisten; der mehreste Haufen stund vor der Kirchen, bis er von der Orgel herunter, und zur Kirchentür heraus kam; dann steckten die Leute die Köpfe zusammen, und fragten sich untereinander: was das vor ein Mensch sein möchte? Endlich ward's allgemein bekannt, es war des Schneider Nagels sein Geselle.

Wenn jemand zu Meister Nagel kam, besonders Leute von Kondition, Kaufleute, Beamten, oder auch wohl Gelehrte, die etwas wegen Kleidersachen zu bestellen hatten: so ließen sie sich mit Stillingen, wegen des Orgelschlagens, in ein Gespräch ein; da brachte dann ein Wort das andere. Er mischte zu der Zeit viele lateinische Brocken mit in seine Reden, sonderlich wenn er mit Leuten umging, von denen er vermutete, daß sie Latein verstünden; das setzte dann alle in Erstaunen, nicht daß er eben ein Wunder von Gelehrsamkeit gewesen wäre, sondern weilen er da saß und nähte, und doch so sprach, welches in einer Person vereinigt, besonders in Schauberg, etwas Unerhörtes war. Alle Menschen, Vornehme und Geringe, kamen und liebten ihn, und dieses war eigentlich Stillings Element; wo man ihn nicht kannte, war er still, und wo man ihn nicht liebte, traurig. Meister Nagel und alle seine Leute ehrten ihn dergestalt, daß er mehr Herr als Geselle im Hause war.

Die vergnügtesten Stunden hatten sie alle zusammen des Sonntags nachmittags; dann gingen sie oben ins Haus auf eine schöne Kammer, deren Aussicht ganz herrlich war; hier las ihnen Stilling aus einem Buch vor, das die Frau Nagels geerbt hatte; es war ein alter Foliant mit vielen Holzschnitten, das Titelblatt war verloren, es handelte von den niederländschen Geschichten und Kriegen, unter der Statthalterschaft der Herzogin von Parma, des Herzogs von Alba, des großen Commeters usw., nebst den wunderbaren Schicksalen des Prinzen Moritzens von Nassau; hiebei verhielt sich nun Stilling wie ein Professor, der Lehrstunden hält; er erklärte, er erzählte ein und anderes dazwischen, und seine Zuhörer waren ganz Ohr. Erzählen ist immer so seine Sache gewesen, und Übung macht endlich den Meister.

Gegen Abend ging er alsdenn mit seinem Meister, oder vielmehr mit seinem Freund Nagel um die Stadt spazieren; und weilen dieselbe auf einer Höhe, kaum fünf Stunden vom Rhein abliegt, so war dieser Spaziergang wegen der herrlichen Aussicht unvergleichlich. Westwärts sah man eine große Strecke hin, diesen prächtigen Strom im Schimmer der Abendsonne, majestätisch auf die Niederlande zueilen: rund umher lagen tausend buschichte Hügel, wo überall entweder blühende Bauerhöfe, oder prächtige Kaufmannspaläste zwischen den grünen Bäumen hervorguckten; dann waren Nagels und Stillings Gespräche herzlich und vertraulich, sie ergossen sich ineinander, und Stilling ging ebenso vergnügt schlafen, als er auch ehmalen zu Zellberg getan hatte.

Herr Pastor Stollbein hatte seine herzliche Freude daran, daß sein Landsmann Stilling so allgemein beliebt war, und er machte ihm Hoffnung, daß er ihn mit der Zeit würde anständig versorgen können.

So angenehm verflossen dreizehn Wochen, und ich kann sagen: daß Stilling während der Zeit sich weder seines Handwerks schämte, noch sonsten großes Verlangen trug, davon abzukommen. Um das Ende dieser Zeit, etwa mitten im Julius, ging er an einem Sonntag nachmittag durch eine Gasse der Stadt Schauberg; die Sonne schien angenehm, und der Himmel war hier und da mit einzelnen Wolken bedeckt; er hatte weder tiefe Betrachtungen, noch sonst etwas Sonderliches in den Gedanken; von ohngefähr blickte er in die Höhe und sah eine lichte Wolke über seinem Haupte hinziehen; mit diesem Anblick durchdrang eine unbekannte Kraft seine Seele, ihm wurde so innig wohl, er zitterte am ganzen Leibe, und konnte sich kaum enthalten, daß er nicht darniedersank; von dem Augenblick an fühlte er eine unüberwindliche Neigung, ganz für die Ehre Gottes, und das Wohl seiner Mitmenschen zu leben und zu sterben; seine Liebe zum Vater der Menschen, und zum göttlichen Erlöser, desgleichen zu allen Menschen, war in dem Augenblick so groß, daß er willig sein Leben aufgeopfert hätte, wenn's nötig gewesen wäre. Dabei fühlte er einen unwiderstehlichen Trieb, über seine Gedanken, Worte und Werke zu wachen, damit sie alle gottgeziemend, angenehm, und nützlich sein möchten. Auf der Stelle machte er einen festen und unwiderruflichen Bund mit Gott, sich hinführo lediglich Seiner Führung zu überlassen, und keine eitle Wünsche mehr zu hegen, sondern, wenn es Gott gefallen würde, daß er lebenslang ein Handwerksmann bleiben sollte, willig und mit Freuden damit zufrieden zu sein.

Er kehrte alsofort um, ging nach Haus, und sagte niemand von diesem Vorfall etwas, sondern er blieb wie er vorhin war, nur daß er weniger und behutsamer redete, welches ihn noch beliebter machte.

Diese Geschichte ist eine gewisse Wahrheit. Ich überlasse Schöngeistern, Philosophen und Psychologen, daraus zu machen, was ihnen beliebt; ich weiß wohl, was es ist, das den Menschen umkehrt, und so ganz verändert.

Diesen Sonntag, als obiges geschah, über drei Wochen ging Stilling des Nachmittags in die Kirche, nach derselben fiel ihm vor der Kirchtür ein, den Stadtschulmeister einmal zu besuchen; er verwunderte sich selbst, daß er das nicht eher getan hatte, er ging also stehendes Fußes zu ihm hin; dieser war ein ansehnlicher braver Mann, er kannte Stillingen schon, und freute sich, denselben bei sich zu sehen; sie tranken Tee zusammen, und rauchten eine Pfeife Tabak dazu. Endlich fing der Schulmeister an, und fragte: Ob er nicht Lust hätte, eine schöne Kondition anzutreten? Flugs war seine Lust dazu wieder so groß, als sie jemalen gewesen. »O ja!« antwortete er, »das wünscht' ich wohl von Herzen.« Der Schulmeister fuhr fort: »Sie kommen just als wenn Sie gerufen wären; heut hab ich einen Brief von einem vornehmen Kaufmann erhalten, der eine halbe Stunde jenseit Holzheim wohnt; er ersuchte mich in demselben, ihm einen guten Hausinformator zuzuweisen; ich hab an Sie nicht gedacht, bis Sie eben hereinkommen: nun fällt mir ein, daß Sie wohl der Mann dazu wären; wenn Sie nun nur die Stelle annehmen wollen, so ist gar kein Zweifel mehr, Sie werden sie erhalten.« Stilling jauchzte innerlich vor Freuden, und glaubte fest, jetzt sei nun endlich einmal die Stunde seiner Erlösung gekommen; er sagte also: daß es von jeher sein Zweck gewesen, mit seinen wenigen Talenten Gott und dem Nächsten zu dienen, und er ergreife diese Gelegenheit mit beiden Händen, weilen sie eine Beförderung seines Glücks sein könne. »Daran ist wohl kein Zweifel«, versetzte der Schulmeister: »es kommt nur auf Ihre Aufführung an, so können Sie mit der Zeit freilich glücklich, und befördert werden; nächsten Posttag will ich dem Herrn Hochberg schreiben, so werden Sie bald abgeholt werden.«

Nach einigen Gesprächen ging Stilling wieder nach Haus. Er erzählte alsofort diesen Vorfall Herrn Stollbein, desgleichen auch dem Meister Nagel und seinen Leuten. Der Herr Pastor war froh, Meister Nagel und die Seinigen aber trauerten, sie wendeten alle Beredsamkeit an, um ihn bei sich zu behalten, allein das war vergebens, das Handwerk stank ihm an, Zeit und Weil' wurd ihm lang, bis er an seinen bestimmten Ort kam: doch fühlte er jetzt etwas in seinem Innern, das diesem Beruf beständig widersprach; dies unbekannte Etwas überzeugte ihn in seinem Gemüt, daß diese Neigung wiederum aus dem alten verderbten Grund herrühre; dieses neue Gewissen, wenn ich so reden darf, war erst seit dem gemeldeten Sonntag in ihm aufgewacht, da er eine so gewaltige Veränderung bei sich verspürt hatte. Diese Überzeugung kränkte ihn, er fühlte wohl, daß sie wahr war, allein seine Neigung war allzu stark, er konnte ihr nicht widerstehen; dazu fand sich eine Art von Schlange bei ihm ein, welche sich durch die Vernunft zu helfen suchte, indem sie ihm vorstellte: ›Ja sollte Gott das wohl haben wollen, daß du da ewig an der Nähnadel sitzen bleiben sollst, und deine Talente vergräbst? Keineswegs! du mußt bei der ersten Gelegenheit damit wuchern, laß dich das nicht weiß machen, es ist bloß eine hypochondrische Grille‹; alsdenn warf das Gewissen wieder ein: ›Wie oft hast du aber mit deinen Talenten in der Unterweisung der Jugend wuchern wollen, und wie ist's dir dabei gegangen?‹ – Die Schlange wußte dagegen einzuwenden: das seien lauter Läuterungen gewesen, die ihn zu einem wichtigern Geschäfte hätten tüchtig machen sollen. Nun glaubte Stilling der Schlangen, und das Gewissen schwieg.

Schon den folgenden Sonntag kam ein Bote von Herrn Hochberg, der Stilling abholte. Alle weinten bei seinem Abschied, er aber ging mit Freuden. Als sie nach Holzheim kamen, so gingen sie zu dem alten Brauer, der Stillingen bei seiner Durchreise seine Geschichte erzählt hatte; er erzählte dem ehrlichen Alten sein neues Glück, dieser freute sich, wie es schien, nicht so sonderlich darüber, doch sagte er: »Das ist schon für Sie ein hübscher Anfang.« Stilling aber dachte dabei: der Mann kann seine Ursachen haben, daß er so spricht.

Nun gingen sie noch eine halbe Stunde weiter, und kamen an Hochbergs Haus an. Dieses lag in einem kleinen angenehmen Tal an einem schönen Bach, nicht weit von der Landstraße, die Stilling gekommen war. Als sie ins Haus traten, so kam die Frau Hochberg aus der Stube heraus. Sie war prächtig gekleidet, und eine Dame von ungemeiner Schönheit; sie grüßte Stillingen freundlich, und hieß ihn in die Stube gehen; er ging hinein, und fand ein herrlich möbliertes und schön tapeziertes Zimmer; zween wackere junge Knaben kamen herein, nebst einem artigen Mädchen; die Knaben waren in rote scharlachene Kleider auf Husarenmanier gekleidet, das Mädchen aber völlig im Ton einer jungen Prinzessin. Die guten Kinder kamen, um dem neuen Lehrmeister ihre Aufwartung zu machen, sie bückten sich nach der Kunst, und traten herzu, um ihm die Hand zu küssen. Das war Stillingen nun in seinem Leben noch nicht widerfahren, er wußte sich gar nicht darein zu schicken, noch was er sagen sollte; sie ergriffen seine Hand; da er ihnen nun die hohle Hand hinhielt, so mußten sie sich plagen, dieselbe herumzudrehen, um mit dem kleinen Mäulchen oben auf die Hand zu kommen. Nun merkte Stilling, wie man sich bei der Gelegenheit anstellen müsse. Die Kinder aber hüpften wieder fort, und waren froh, daß sie ihre Sache vollendet hatten.

Herr Hochberg und sein alter Schwiegervater waren in die Kirche gegangen. Die Frau aber war in der Küche, um ein und anderes zu veranstalten, also befand sich Stilling allein in der Stube; er merkte sehr wohl, was hier zu tun war, und daß ihm zwei wesentliche Stücke fehlten, um Hochbergs Hauslehrer zu sein. Er verstund die Komplimentierkunst gar nicht; ob er gleich nicht in dummer Grobheit erzogen war, so hatte er sich doch noch in seinem Leben nicht gebückt, alles war bis dahin Gruß und Händedruck gewesen. Die Sprache war sein vaterländischer Dialekt, worinnen er, aufs höchste genommen, jemand mit dem Wörtchen Sie beehren konnte. Und vors zweite: seine Kleider waren nicht modisch, und dazu nicht einmal gut, sondern schlecht und abgetragen; er hatte zwar bei Meister Nagel acht Gulden verdient; allein, was war das in so großem Mangel? – Er hatte für zween Gulden neue Schuh', für zween einen Hut, für zween ein Hemd angeschafft, und zween Gulden hatte er also noch in der Tasche. Alle diese Anlagen aber waren noch kaum an ihm zu sehen; er fühlte alsofort, daß er sich täglich würde schämen müssen, doch hatte er auch durch Aufmerksamkeit täglich mehr und mehr Lebensart zu lernen, und durch seinen treuen Fleiß, Geschicklichkeit, und gute Aufführung seine Herrschaft zu gewinnen, so daß man ihm vor und nach aus seiner Not helfen würde.

Herr Hochberg kam nun endlich auch herein, denn es war Mittag; dieser vereinigte nun alles, was nur Würde und kaufmännisches Ansehn genennt werden mag, in einer Person. Er war ein ansehnlicher Mann, lang und etwas korpulent, er hatte ein apfelrundes ganz brünettes Gesicht, mit großen pechschwarzen Augen, und etwas dicken Lippen, und wenn er redete, so sah man allezeit zwo Reihen Zähne wie Alabaster; sein Gehen und Stehen war vollkommen spanisch, doch muß ich auch dabei gestehen, daß nichts Affektiertes dabei war, sondern es war ihm alles so ganz natürlich. Sowie er hereintrat, schaute er Stillingen ebenso an, wie große Fürsten gewohnt sind, jemand anzuschauen. Stillingen drang dieser Blick durch Mark und Bein, vielleicht ebenso stark, als derjenige tat, den er neun Jahr' hernach für einen der größten Fürsten Teutschlands empfand. Allein seine Weltkenntnis mochte sich auch wohl zu der Zeit gegen die letztere verhalten, wie Hochberg gegen diesen vortrefflichen Fürsten.

Nach diesem Blick nickte Herr Hochberg Stillingen an, und sprach:

»Serviteur Monsieur!«

Stilling war kurz resolviert, bückte sich so gut er konnte und sagte:

»Ihr Diener, Herr Prinzipal!«

Doch daß ich die Wahrheit gestehe, auf dieses Kompliment hatte er auch eine Stunde her studieret; da er aber nicht voraus wissen konnte, was Hochberg weiter sagen würde, so war es nun auch geschehen, und seine Geschicklichkeit hatte ein Ende. Ein paarmal ging Hochberg die Stube auf und ab; nun sah er wieder Stilling an, und sagte:

»Sind Sie resolviert als Präzeptor bei mir zu servieren?«

»Ja.«

»Verstehn Sie auch Sprachen?«

»Die lateinische so ziemlich.«

»Bon Monsieur! Sie brauchen sie zwar noch nicht, doch ist ihre Connoissance das Wesentliche in der Orthographie. Verstehen Sie das Rechnen auch?«

»Ich habe mich in der Geometrie geübt, und dazu wird das Rechnen erfordert, auch hab ich mich in der Sonnuhrkunst und Mathematik etwas umgesehen.«

»Eh bien, das ist artig! das konveniert mir; ich geh Ihnen nebst freien Tisch fünfundzwanzig Gulden im Jahr.«

Stilling ließ sich das gefallen, wiewohl es ihm etwas zu wenig tauchte, deswegen sagte er:

»Ich bin zufrieden mit dem, was Sie mir zulegen werden, und ich hoffe: Sie werden mir geben, was ich verdiene.«

»Oui! Ihre Conduite wird determinieren, wie ich mich da zu verhalten habe.«

Nun ging man an Tafel. Auch hier sah Stilling, wieviel er noch zu lernen hatte, eh' er einmal Speis und Trank nach der Mode in seinen Leib bringen konnte. Bei aller dieser Beschwerlichkeit spürte er eine heimliche Freude bei sich selbst, daß er doch nun endlich einmal aus dem Staube heraus, und in den Zirkel vornehmer Leute kam, wornach er so lange verlangt hatte. Alles, was er sah, das zum Wohlstand und guten Sitten gehörte, das beobachtete er aufs genaueste, sogar übte er sich in geschickten Verbeugungen, wenn er allein auf seiner Kammer war, und ihn niemand sehen konnte. Er sahe diese Kondition als eine Schule an, worinnen er Anstand und Lebensart lernen wollte.

Des andern Tags fing er mit den beiden Knaben und dem Mädchen die Information an; er hatte alle seine Freude an den Kindern, sie waren wohlerzogen, und besonders sehr zärtlich gegen ihren Lehrer, und dieses versüßte alle Mühe. Nach einigen Tagen zog Herr Hochberg auf die Messe. Dieser Abschied tat Stillingen sehr leid; denn er allein war der Mann, der mit ihm sprechen konnte; die andern redeten immer von solchen Sachen, die ihm ganz gleichgültig waren.


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