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Dedication an Chr. Otto.

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Die Absicht dieser geschickten Dedication kann weiter keine sein, als die, Dich auf die Achseln zu klopfen und aufzumuntern, daß Du fortfährst zu lesen. Ich klopfe Dich auf besagte Achseln jetzt am 2. Oktober – mit der nachmittägigen empfindsamen Reise nach Venzka im Kopfe – der Rauch des Kaffees und der die Morgenröthe überschleiernde Nebel sind meine Aussicht und – was mich schon allein beseligen konnte – ich verfiel auf die Dedication und aufs Uebrige.

Wahrlich! Da das verhüllte Schicksal im großen Weltatlas auch das Strömchen meines Lebens auf der Karte durch Wunsiedel, Hof und Leipzig hinpunktirte, so muß es gesagt oder gedacht haben: »wir wollen ein außerordentlich närrisches Wesen backen, das schon dadurch ein Drommetenfest, Luperkalien, Honigmonate und Flitterwochen und alles hat, wenn es nur neben einem Dintenfaß, neben einem Bund Federn aus Hamburg und neben Wunderlichs Papier sitzt.« Und so lange das fortdauert, hat das Schicksal wahrhaftig nichts, was es meinem Glücke geben oder nehmen könnte, ausgenommen Liebe oder Freundschaft, mein lieber Christian!

Da mich die Morgensonne auf dem Papier so blendet, so will ich nur meinen Lichtschirm oder meine Fenster-Tändelschürze, die bekannte Serviette, vorknüpfen und dann Dir folgendes im Schatten schreiben:

Mein neuliches Elaborationen-Projekt, das mich in meinem Bauer auf ein einziges Stengelchen festpichte Da sich das fliegende Blatt von 1790 mit den Projekten einer Anzahl Aufsätze erhalten, so finde es hier im Papierdrachen seine gesicherte Stelle. Die Leser werden einige der hier aufgeführten Titel aus den bereits gedruckten Werken Jean Pauls kennen, andere vielleicht aus dem »Papierdrachen« kennen lernen.
1) Florian Fälbels Reise mit seinen Primanern.
2) Beschreibung der öffentlichen und Privatbibliotheken des Dorfes unweit der See Kuhpanz.
3) Diabolokratie statt der Theokratie.
4) Sprichwörterspiele.
5) Beschreibung der Zimmer, die ich in meinem Leben bewohnt.
6) Ediktalzitation-Steckbrief meiner Frau.
7) Beweis, daß die geforderte Tugend der Keuschheit nur das lutherische Zölibat im weitern Sinne sei.
8) Lavaterische Aussichten in die Ewigkeit bei einem Seleniten, der die Erde für seinen künftigen Himmel ansieht.
9) Pack Apologieen des Ehebruchs, des einfachen und doppelten.
10) Recension der Opera des H. Reichs Herkommen.
11) Daß Monarchen unsre Päpste sind.
12) Die gefrornen Wörter am Nordpol, nach Mandeville.
13) Eine Akademie, die blos aus Ehrenmitgliedern besteht.
14) Gegen die Titularräthe, nebst der Verewigung auf Pfefferkuchen in Schlesien.
15) Daß die Weiber unsre Päpste sind.
16) Meine Magensaftbräuerei.
17) Fratzen.
18) Besondere Fälle aus der Pastoraltheologie.
19) Daß die Bettler unsre jetzigen Barden sind.
20) Gerichtshof der Liebe.
21) Supplik eines Poeten an den Reichshofrath um die Standeserhöhuug zum gekrönten Poeten nebst dem Beweis seiner poetischen Einkünfte.
22) Auch eine eines Barons um den Grafenstand und Beweis seiner gräflichen Einkünfte.
23) Beschreibung der gemalten, geschnitzten Thiere, Begebenheiten etc., die beim Vogelschießen abgeschossen werden.
24) Beschreibung meines Epitaphiums.
25) Erfindung des Essens; Rechtfertigung der Schaugerichte.
26) Verse auf Spitzbuben, Särge, Schüsseln – Inskriptionen der Strumpfbänder.
27) Neue Hypothese aus der Hypothese der Harmonia praestabilita.
28) Daß wahre Tugend nur im Reden bestehe.
29) Anleitung zur mechanischen Schriftstellerei.
30) Daß die Fürsten Götter sind, und zwar böse.
31) Die Gesichtspunkte, woraus der Teufel, der Tod und der Maler die Welt ansehen.
32)Weibliche Ohnmachten.
, will ich wie Kaiser Joseph weniger aufheben als suspendiren, indem ich Dir lieber die Bändchen satirischer Uebungen aufdringe, die ich ohnehin, aber ohne Rücksicht auf einen andern Leser als mich, bisher zu obenhin machte.

Thue mir den Gefallen und ärgere Dich nicht, wenn ich ein Narr bin und mit meinen Blattläuse-Generationen Dir nachlaufe, damit Du sie stundenlang besiehest; aus der menschlichen Natur geht der Fleck nicht heraus, (man muß sie mit zerreiben) daß man das Nest, worin man sitzt und quickt, und über das man mit Schnabel und Hintern hinaussticht, für den Fokus des Universums, für die Frontloge und für eine Rotunde ansieht, die andern Nester hingegen auf den übrigen Bäumen für die Wirthschaftsgebäude seines Fokalnestes.

Im Schwarzenbacher Nest, den 2. Okt. 1790.

 

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