Henrik Ibsen
Gedichte
Henrik Ibsen

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Das Storthingsgebäude

Königsschloß und Gotteshaus,
Großer Väter Bauten, ragen,
Nun ihr Fürst gelitten aus,
Stumme, steingewordne Klagen.
Norregs rotes Reichspanier
Flog dereinst, das alte, hier,
Bis es sich, zu trübster Zeiten
Zeichen, ließ auf Halbmast gleiten.

Volkspanier, von Berg und Berg
Kommt nun neuer Wind dich mahnen;
Flieg nun auch um unser Werk,
Wie du flogst ums Werk der Ahnen.
Lebensodem tausendfach
Hauch' hinein vom hohen Dach;
Deine Zunge dreigespalten
Sprech' durch sie, die drinnen schalten.

Raun' es ihnen zu: Dies Haus
Baut sich nicht aus toter Erden;
Lehre sie: Jahrein, jahraus
Muß hier Geist geschichtet werden.
Aber achtete dein Thing
Deiner Rede Sinn gering,
Sinke, daß du recht ihm dankest,
Wie du einst bei Swolder sankest!

Findet deiner Vogelschau
Weckruf dort nur taube Ohren,
Laß des Kreuzes tiefes Blau
Sorgenschwer den Mast umfloren,
Laß dein frisches Freiheitsrot
Sich zusammenfalten tot,
Laß dein reines Weiß verrinnen,
Schneewehn gleich, um kahle Zinnen!

Nein, so wird es nie geschehn!
Höhenwind wird für dich wachen,
Wird die Farben stets dir blähn
Und voll Leben leuchten machen.
Unterm hohen Hallendach
Winkt dem Geist ein weit Gemach.
Haralds königliches Träumen
Wird nicht fremd sein diesen Räumen.

Volksburg, Königsburg: die zwei
Hoch sich gegenüber ragen!
Wie zwei Nachbarn schaun sie frei
Sich ins Aug' zu allen Tagen.
Geistesblitz und -funke sprüht,
Wie so Aug' in Auge glüht; –
Sverres, Håkons, Oskars Schatten
Bauen still, doch ohn' Ermatten.

Heldenvorzeit, deine Kraft
Laß den Enkel überkommen;
Schütz' und schirm' ihm, was er schafft
Seinem jungen Staat zum Frommen!
Daß, ob auch der Stein vergeh',
Doch der Tat Granit besteh',
Drauf sich stolz ein Land erhebe,
Dessen Volk im Lichte lebe!


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