Henrik Ibsen
Gedichte
Henrik Ibsen

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Vogel und Vogelfänger

Knabenhaft aus Tannensprossen
Baut' ich eine Vogelfalle.
Eins, zwei, drei, – im engen Stalle
Saß der Vogel eingeschlossen.

Und mit grausamem Vergnügen
Trug ich ihn ins Kinderzimmer,
Schreckt' ihn mit erzürnten Zügen,
Kam ihm grimm und immer grimmer.

Bis mir meine spielerische
Folter keinen Spaß mehr machte.
Drauf entfernt' ich mich vom Tische,
öffnete das Türchen sachte.

Ei, wie braucht er seine Schwingen!
Nun fahrt wohl, ihr Angstgespenster!
Freiheit lockt zu neuem Singen;
Doch da prallt er – widers Fenster! –

Armes Tier, du bist gerochen!
Selbst nun sitzt der Bursch gefangen;
Seine Schwinge, fast gebrochen,
Schlägt umsonst des Gitters Stangen.

Auch vor ihm die Fratze lauert
Eines feindlichen Geschickes;
Und er zittert und erschauert
Vor den Tücken dieses Blickes.

Und vermeint er, endlich schiebe
Sich zurück des Fensters Bügel,
Büßt er, mit geknicktem Flügel,
Bums, des Lichts verbotne Liebe.


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