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Vom heiligen Kinde Quiriakus und seiner Mutter

Quiriakus war ein zartes Kind von drei Jahren, das einzige Söhnlein einer vornehmen Frau, die, wie wir vermuten, Witwe war und mit ihrem Kinde nach Tarsium in Sizilien kam. Hier wurde dem Richter angezeigt, die Frau wäre eine Christin, und darum wurde sie mitsamt ihrem Söhnlein gefangengenommen und aufgefordert, den Göttern zu opfern. Die Frau, die mit dem Kinde auf dem Arm vor dem Richter erschien, weigerte sich standhaft und bekannte mutig ihren christlichen Glauben.

Da nahm der Richter ihr das Kind vom Arm und hielt es selbst auf dem Schoße, während die arme Mutter vor den Augen ihres Kindes gegeißelt wurde. Als der kleine Quiriakus sah, wie hart man mit seiner Mutter umging, begann er laut und bitterlich zu weinen und streckte seine Händchen nach der armen, mißhandelten Mutter aus. Der Richter suchte das Kind zu beruhigen, halste und herzte es sogar, aber das unschuldige Kind wehrte sich gegen die falschen Liebkosungen des Richters und verlangte weinend nach seiner Mutter. Dieser aber wurde gedroht: wenn sie nicht den Göttern opfern wolle, würde sie viele Marter erdulden müssen und zuletzt müsse sie sterben. Sie aber rief nur immer wieder aus:

«Ich bin eine Christin».

Da begann auch das unschuldige Kind zu rufen:

«Ich bin ein Christ! Ich bin ein Christ!»

Das Kindlein jedoch konnte dieses kaum aus sich selbst bekannt haben, da es noch so jung war und noch nicht verstehen konnte, was gut und böse ist, und es hatte auch noch kaum ein paar Worte sprechen gelernt. Es war der Heilige Geist, der aus dem Kinde sprach, das immer wieder die Worte wiederholte:

«Ich bin ein Christ! Ich bin ein Christ!»

Da wurde das unschuldige Kind geschlagen. Je mehr es aber verletzt wurde, um so lauter rief es:

«Ich bin ein Christ! Ich bin ein Christ!»

Es war das gleiche, was die heilige Mutter bekannte, die grausam vor dem zarten Kinde gefoltert wurde.

Da das Kind nicht aufhörte, sein heiliges Bekenntnis hinauszuschreien, versuchte der Richter es gütlich mit dem Kleinen. Das Kind wandte sich von dem Manne unwillig ab, sah das Martyrium seiner heiligen, heldenhaften Mutter, und als käme ihm auch von ihr eine geheimnisvolle Kraft, rief es noch einmal mit überlauter Stimme: «Ich bin ein Christ!»

Weil aber der Richter die Mutter des Kindes so quälen ließ, war's, als wolle das Kind die Mutter rächen, und es begann den Richter, der es kaum bei sich auf dem Schoße halten konnte, zu beißen und zu kratzen. Das machte den grausamen Mann so zornig, daß er das Kind von seinem hohen Richterstuhl hinabwarf, daß es über die Staffeln stürzte und sein zartes, junges Leben aushauchte. Als die geplagte Mutter dieses sah, begann sie Gott zu loben und ihm zu danken, weil er ihren kleinen Quiriakus zu sich ins Paradies genommen hatte, und da man ihr das Haupt abschlug, eilte sie sogleich ihrem Kinde nach, um in Gott ewig mit ihm vereint zu sein.

O, du heiliges Kindlein Quiriakus, bitt für uns gemeinsam mit deiner heiligen Mutter, daß wir uns immer standhaft zum Glauben an Christus bekennen und in diesem treu verharren. Amen.

*


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