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Tausend und eine Nacht. Band X
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Das gestohlene Halsband

»O König, es kam mir zu Ohren, daß einmal eine fromme, gottergebene, asketische Frau lebte, welche das Schloß eines Königs zu besuchen pflegte, dessen Bewohner durch sie gesegnet wurden und sie hoch aufnahmen. Eines Tages betrat sie wieder nach ihrer Gewohnheit das Schloß und setzte sich neben die Gemahlin des Königs, welche ihr ein Halsband im Werte von tausend Dinaren überreichte und zu ihr sagte: »Frau, nimm dies Halsband an dich und bewahr' es, bis ich mich gebadet habe und es wieder von dir fordere.« Das Bad aber befand sich im Schloß. Wie nun die Königin ins Bad ging, wartete die Frau in der Wohnung der Königin, bis sie wieder aus dem Bade kam, und legte das Halsband unter den Gebetsteppich, worauf sie sich erhob und betete. Da aber raubte ein Vogel das Halsband und versteckte es in einem Mauerspalt in einer der Ecken des Schlosses, während sie gerade eines Bedürfnisses halber herausgegangen war. Als nun, ohne daß die Frau von dem Vorgefallenen etwas ahnte, die Königin aus dem Bade kam und das Halsband von ihr zurückverlangte, fand sie es nicht und konnte auch trotz eifrigen Suchens nicht die geringste Spur von ihm entdecken, worauf sie der Königin beteuerte: »Bei Gott, meine Tochter, niemand ist hier gewesen; als ich das Halsband von dir bekam, legte ich es unter den Gebetsteppich, und ich weiß nicht, ob einer der Diener es sah und es stahl, als ich mit Beten beschäftigt war. Gott, der Erhabene, weiß allein, wohin es gekommen ist.« Als der König den Vorfall vernahm, befahl er der Königin die Frau mit Feuer und harten Schlägen zu foltern.

Fünfhundertundsiebenundneunzigste Nacht

Trotz der verschiedensten Qualen gestand sie jedoch nichts ein und verdächtigte auch niemand, so daß der König sie nunmehr einzusperren und in Fesseln zu legen befahl; und sie thaten nach seinem Befehl. Einige Zeit später saß der König eines Tages mitten im Schloßhof mit seiner Gemahlin ihm zur Seite und rings von Wasser umflossen, als sein Auge auf einen Vogel fiel, welcher das Halsband aus einem Mauerspalt in einer der Ecken des Schlosses herauszog. Da rief er eine Sklavin, die in seiner Nähe war, und die Sklavin fing den Vogel und nahm ihm das Halsband fort. So erkannte der König, daß er der Frau unrecht gethan hatte, und bereute, was er ihr zugefügt hatte. Er befahl, sie ihm vorzuführen, und, als sie vor ihn gebracht wurde, bedeckte er ihr Haupt mit Küssen, bat sie weinend in bitterlichster Reue um Verzeihung und wies ihr viel Geld an, während sie ihm wohl verzieh aber das Geld ablehnte und ihn verließ, indem sie sich gelobte, hinfort niemandes Haus zu betreten, und von nun an bis zu ihrem Tode die Berge und Thäler durchwanderte und Gott, dem Erhabenen, diente.

Ferner kam mir von der Arglist der Männer auch folgende Geschichte zu Ohren:

 


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