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Die Häfnet-Jungfrau.

Vetter, wo simmer doch echterst? Bald glaubi, mer seige verirret.
's schlacht kei Uhr, me hört ke Guhl, es lütet ke Glocke;
Wo me lost, und wo me luegt, se findt me ke Fueßtritt.
Chömmet do das Wegli ab! Es isch mer, mer seige
Nümme wit vom Häfnet-Bugg. Sust grusets mer, wenni
Drüber mueß! jez wäri froh. Der Sunne no möcht es
Schier gar Zehni si. Sel wär kei Fehler, mer chäme
Alliwil no zitli gnueg go Steine bis Mittag. –
Geltet, was hani gseit! Gottlob, do simmer am Häfnet,
Und jez weißi Weg und Steg. Der hent doch au betet
Hütte früeih, wills Gott, und hentich gwäschen und d'Hoor gstrehlt
Mittem Richter? Mengmol müen au d'Finger der Dienst thue,
Und der sehnt mer schier so us. Je, Vetter, i warnich!
Wemmer bi'm Brunne sin, me würdich wäschen und strehle.
's stoht im Wiesethal und in den einseme Matte
No ne Hus, me seit em numme 's Steinemer Schlößli.
's thuet de Hamberchslüten und 's thuet de Buure, wo gfrohnt hen,
Bis es gstanden isch mit sine Stapflen am Giebel,
Au kei Zahn meh weh. Doch liege sie rüeihig im Bode;
D'Häfnet-Jumpfere nit, wo vor undenkliche Zite
In dem Schlößli g'huset het mit Vater und Muetter.
's isch e Zwingher gsi, und 's het des Frohnes kei End g'ha,
Bald ufs Tribe, bald zuem Bauen oder am Acker,
z'Nacht zuem Hüeten ins Feld; und het der Zwingher und d'Zwingfrau
Nüt meh gwüeßt, isch d'Tochter cho, ne zimpferig Dingli,
Mitteme Zuckergsicht und marzipanene Hälsli.
Bald het ein go Basel müeßen oder no witers,
Salbe hole, das und deis zum Wäschen und Strehle,
Schueh mit gstickte Bluemen und chosperi goldeni Chappe
Mit Chramanzlete drum und sideni Hentschen und Bendel.
Meinet der denn, sie wär e mol go Steine in d'Chilche
Uffem Bode gange mit ihre papierene Schuehne?
Oerliger, bi'm Bluest, vom thüürste, wo me cha finde,
Hen sie müeße spreite vom Schlößli bis füren an Steine
Und dur's Dorf an d'Chilchhofthür und übere Chilchhof,
Und am Möntig wäsche. Am nächste Samstig het alles
Müeße sufer si, wie neu vom Weber und Walker.
's isch emol en alte Ma, 's heig niemes si Heimeth
Wüsse welle, neben an dem Örliger-Fueßweg
Gstanden an der Chilchhofthüre. »Loset, i warnich,
»Jumpferli,« heig er gseit, »'s isch mit dem Plätzli nit z'spasse.
»Goht me so in d'Chilchen und über die grasige Gräber?
»Wie heißts in der Bibel? Der werdets jemerst nit wüsse:
»Erde sollst du werden, aus Erde bist du genommen.
»Jumpferen, i förch, i förch!« – Druf seig er verschwunde.
Sel mol uf Oerligertuech in d'Chilche gangen und nümme!
Nei, 's mueß Flanell her am nöchste Sunntig, mit rothe
Bendle rechts und links und unten und obe verbendlet.
O, wie mengmol hen doch d'Lüt im Stille der Wunsch gha:
»Nähm di numme ne Ma im Elsis oder im Brisgau,
»Oder wo der Pfeffer wachst! Es sott der jo gunnt si.«
Aber 's het sie niemes möge. D'Muetter isch gstorbe,
Und der Vater au, sie liege neben enander,
Und 's chunnt z'letzt e Gang, wo 's Töchterli füren in Chilchhof
Au ke Flanell bruucht und eineweg d'Schüehli nit wüest macht.
Hen sie nit im Todtebaum vier Richter ins Grab treit?
's seig nit briegget worde. Ne Vater unser hen frilig
Alli betet und g'seit: »Gott geb der ewige Friede!«
Drum der Tod söhnt alles us, wenn's numme nit z'spot wär.
Aber der alt Ma seig eismols wieder am Chilchhof
Gstanden und heig g'seit mit schwere bidütseme Worte:
»Hesch nie das Plätzli birührt, se soll di das Plätzli nit tole.
»Wo du ane g'hörsch, weiß numme 's Geitligers Laubi.«
's isch so cho. Der ander Morge, women ins Feld goht,
Stoht der Todtebaum vor usse nebe der Chilchmuur.
Wer verbei isch, het en gseh, und 's heißt no dernebe,
's seige Grappe gnueg druf gsessen und heigen am Tuech pickt;
Wie me's macht: wenn näumis isch, so lüegt me no meh dra.
Je, me hets wieder probiert, me het sie no tiefer vergrabe
An en andere Platz. 's het alles nit ghulfen und battet.
Endli seit der Vogt: »Mer müen go 's Geitligers Laubi
»Froge, wo sie ane ghört.« Me rüstet e Wage,
Wettet d'Stieren i, und leit der Todtebaum ufe.
»Laufet, wo der went!« Sie hen si nit zweimal lo heiße.
Uf und furt zum Häfnet-Bugg. Dört blibe sie b'hange,
Z'allernöchst am Brunne (der wüssets), womer verbei sin,
In dem Brunne sitzt sie. Doch stigt sie an sunnige Tage
Mengmol usen ans Land, strehlt in de goldige Hoore,
Und wenn näumer chunnt, wo selle Morge nit betet
Oder d'Hoor nit gstrehlt, und wo si nit gwäschen und putzt het,
Oder jungi Bäum verderbt und andere 's Holz stiehlt,
Seit me, sie nehm en in d'Arm und ziehnen aben in Brunne.
Vetter, i glaub sel nit. Me seit so wege de Chinde,
Aß sie süferli werden und niene näumis verderbe.
Vetter, wär es so gföhrli, bi'm Bluest, euch hätt sie in d'Arm gno,
Wo mer neben abe sin, und gwäschen im Brunne,

Und au wieder gstrehlt emol. – Nei, loset, was höri?
's lütet z'Steine Mittag. Bal simmer dussen im Freie.
D'Zit wird eim doch churz im Laufe, wemmen au näumis
Mit enander z'rede weiß und näumis z'erzähle.
Seigs denn au nit wohr, es isch nit besser, wenns wohr isch.
Sehnt der jez dört 's Schlößli mit sinen eckige Gieble?
Und das Dorf isch Steine. Do füre zieht si der Chilchweg.


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