Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Entscheidung

Die Kulimulilazipazier-Weiber, verzeiht Hofratsdamen konnten nicht schlafen. Alles Männliche, heißt, was sich Mann nannte, nahm die zweiundvierzig Zentimeter Hausmörser auf den Buckel und eilte zum 151 Stadttor hinaus. Viele der Minister nahmen ihren Zeppelin aus dem Rucksack und ratterten durch die Luft. Dann ließen sie die Scheinwerfer ihres Geistes leuchten, tanzen, strahlen.

Es war ein heißes, blutiges Ringen, es war ein Weltkrieg, sag ich euch, wie ihn der Mond noch nie sah. Es war der Kampf der heiligen kulizischen Ordnung, des mulizianischen Rechts, des geordneten pazilinischen Idiotenstaates mit den satanischen ungezügelten Mächten der Freiheit, der Ehrlichkeit, des Menschentums.

Die Kulimulis fielen zwar wie Fliegen, oder wie Kegelus, wie wir Griechen zu sagen belieben. Kribskraps und seine Legionen erbeuteten zwar alles, was die Heldensöhne und Professoren mit ins Krautfeld der Ehre nahmen. Aber das macht nix. Solang das weltberühmte Universumuniversitätschnapsblatt noch stündlich Siege, gute Siege, prächtige Siege (inklusive Bierkrüge), tausend Siege bringt und singt, solang haben die viehischen Affen des blauen Rittertiers nicht zu siegen, überhaupt nicht zu reden. Und wenn auch, mögen sie siegen, soviel sie wollen, über unsre Druckerschwärze siegen wir. Und solang wir noch Drucktrickdreckschwärze haben, solang gehört uns Europa, überhaupt die ganze Welt.

Doch was ist denn das? Das ist doch unerhört.

Jeder der in der Heimat gebliebenen Minister, Auf- und Abgeordneten, Mädchenturnlehrer, Feldmarschälle, Feldwebelpräsidenten und sonstigen Kriegslieferanten; 153 alle Bäcker- und Metzger- und Konzertmeister; Limonadebe- und Schrift- und Weichensteller hielten gerade noch ein nasses Extrablatt in den Händen:

Sieg! kolossaler, noch nie dagewesner Extrariesensieg! Die ganzen Rebellen, Gott strafe sie und Wir auch, gefangen. Alles nur Erdenkliche durch unsre tapfersten aller tapfern Truppen erstürmt, d. h. gestohlen. Hurra! Hurra! Hurra! Die gesamte feindliche Macht vernichtet Jeder Tritt ein Britt, jeder Stoß ein Franzos, jeder Schuß ein Ruß, jeder Bart ein Mark, jedes Geld ein Held; Hurra! Hurra! Sieg!! windet Jungfernkränze unsern braven schweren Jungen. Zwölftausend Züge feindliches Villengut unterwegs für die trauernden Gattinnen, Göttinnen. Hurra! Gott (Anmerkung der Redaktion: so viel wie wir) hat gerichtet, gerechtet, gefechtet. Lasset uns zum Beten treten, der graue Ritter ging flöten, diese Kröten werden wir alle zertöten. Halleluja! Hoch! Hurra, Hurra!!

Und nun denkt Euch den Schrecken, allen Mulikulis fielen die Extrasiegesextrablätter, sie waren noch naß, aus den Händen und die Herzen in die Hose, den Damen natürlich in den Marktkorb.

Da kam ein wahnsinniges Tschindarada-Bumbum die Straße rauf. Posaunen schmetterten. Auf stolzen weißen Schimmeln ritten Meingehörts, Kribskraps, Lazarus Spiritus, Pfaffenärger und all die andern Edlen. Knaben streuten ihnen weiße und rote Blumen. Ha, wie lustig marschierten ihre treuen Gesellen. Da sah man so recht ihre gewaltige Macht. 155

Aber Freunde, die Gesichter der gefangenen Schmulikulis hättet Ihr sehen sollen. Wie eine Flasche Eau de Cologne, die in eine Heringstunke fällt oder ein Wiener Fiaker, den der euer Gnadn statt mit Talern mit Hosenknöpfen bezahlt. Das war ein sauberer Sieg. So sahn also die zwölftausend Extrazüge feindliches Villengut, auf das die trauernden Göttinnen schon Schulden gemacht, aus!

»Was fang ich nun mit meinen Siegesextrablättern an?« heulte ein kleiner Rektorsjunge.

Herolde verkündeten einen Aufruf Kribskrapsens, wonach alle Nullischnullis, die nicht binnen vierundzwanzig Stunden auf den Saturn auswandern, mit Stumpf und Stiel ausgerottet würden.

Die edlen Retter Lores und Silvesters und all der übrigen zahllosen Bedrückten, Verfolgten hatten im Rathaus ihren Sitz aufgeschlagen. Eben flog der König zum Fenster herein. Er war bereits in seinem Schloß gewesen und hatte sich auf seinem lieben, alten Herd Kaffee gekocht Und nun wollte er für die gefangenen Minister bitten.

»Sind schon geköpft«, sprach sehr majestätisch Lazarus Spiritus, »da liegt noch das Stroh, das herausfiel. Ich ließ sie mir nebst den üblichen Feldmarschällen gerad vors Fenster naushängen.«

Ihr Hab und Gut, und sie hatten sehr viel, verteilte er unter die Armen. –

Die Nacht war grausig schön. Purpurn flammte der 158 Himmel. Fackeln knisterten, Trommeln klirrten, die Musik spielte ihre prächtigsten Märsche, die befreiten Sklaven sangen fröhlich durch die Gassen. Kinder jubelten. Die Armen, Elenden, alle reichst beschenkt, weinten Tränen vor Seligkeit, die Glocken donnerten Freiheit und Erlösung, die Mädchen lachten Arm in Arm auf den alten Plätzen. Die Bäume, die Brunnen rauschten so seltsam, so mailich. Ein alter Invalide nahm sein verstaubtes Posthorn aus dem Kasten und blies: Ein Jäger aus Kurpfalz. Der Hofnarr lud eben alle Handwerksburschen und anderen Waisen in den königlichen Palast ein. Alte Mütterchen stellten ihre Kerzlein ans Fenster. Burschen stimmten ihre Lauten.

Nur ab und zu winselte darein das Gejammer der vielen, nun gänzlich blöde gewordenen kulimulinischen Volksredakteure.

Kribskraps bekam inzwischen ein Telegramm vom Herrn Saturn, daß er sich die Einwanderung der Mistpazischnullis verbitte, er bedanke sich für die Ehre, vielleicht sei am Nordpol Platz.

Mir wurschtig, dachte Kribskraps, dann heiz ich einfach damit die Ziegeleien und pflastere mit ihnen die Landstraßen.

Der Hofnarr und der weise Kasperl Larifari wurden natürlich Kaiser und Minister und Papst Und sie regierten von den Altanen ihre Untertanen zu deren Wohlleben und Zufriedenheit Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch. 161

 


 << zurück weiter >>