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Vom Yolufat und seiner rechten und falschen Frau

Yolufat hatte einen Sohn, der wurde zum Unterschied von seinem Vater der Kleine Yolufat genannt. Als er herangewachsen und mannbar geworden war, nahm er sich die schöne Nemegai zur Frau, die Tochter des weithinschauenden Lugeileng. Beide lebten recht einträchtig und zufrieden miteinander, bis sie sich eines Tages darüber ereiferten, wer von ihren Vätern zauberkundiger wäre. Nemegai sagte: »Mein Vater Lugeileng ist mächtiger als Yolufat!« Und ihr Mann entgegnete: »Nein, mein Vater Yolufat ist mächtiger als Lugeileng!« So stritten sie lange hin und her und konnten sich nicht einigen. Schließlich lief Nemegai zum Hause hinaus und zu ihrem Vater. Sie erzählte ihm von dem Zanke. Lugeileng meinte: »Schon gut!« Sprachs und schnitzte stillschweigend aus einem Baumstamm das Ebenbild seiner Tochter; alles formte er nach; nur die Scham vergaß er. Er dachte: »Was soll auch ein Holzbild mit einer Tavol!« Dann legte er es auf eine Matte, deckte es bis obenhin zu, sandte einen Boten zu Yolufat, Vater und Sohn, und ließ ihnen bestellen, Nemegai wäre krank und würde wohl sterben.

Yolufat, Vater und Sohn, kamen eilends herbei; sie traten an die Matte, auf der die falsche Nemegai steif und starr dalag und sich nicht rührte. Da sahen sie, daß sie zu spät gekommen waren und nicht mehr helfen konnten. Traurig nahmen sie von der Toten Abschied und begaben sich wieder nach Hause.

Dort angelangt, meinte Vater Yolufat: »Vermutlich hast du etwas Schlechtes gesagt, was Lugeileng gehört hat, daß er dir Nemegai nahm, vielleicht auch, daß der Schlaue dir nur einen Possen spielen will.« Nun gestand der Sohn den voraufgegangenen Streit.

Yolufat Vater erwiderte nichts; stillschweigend nahm er seine Zaubergeräte und hieß den Sohn mit nach dem Hause des Lugeileng zu kommen. Dort sprach er einen mächtigen Zauber über das Holzbild; wie er mit dem Palmwedel den Kopf, die Arme, die Beine, den Leib berührte, wurden sie der Reihe nach lebendig; schließlich lebte das ganze Holzbild. Nur mit der Tavol hatte er Mißgeschick. Als er sie mit dem Zauberwedel anrührte und den Spruch hersagte, wußte er nicht, daß Lugeileng der Puppe keine Scham mitgegeben hatte. Und nun haftete die Tavol der falschen Nemegai an dem Grasrock, den man ihr umgebunden hatte.

Alle drei gingen nach der Hütte des Kleinen Yolufat. Dort hatte sich inzwischen die richtige Nemegai wieder eingefunden. Sie hatte Vater und Sohn belauscht, als sie vor dem Holzbilde standen und dachten, es wäre die echte Nemegai gewesen. Wie war sie mit dem gelungenen Streich zufrieden gewesen! Als sie nun die drei ins Haus treten sah und ihr Ebenbild, die falsche Nemegai erblickte, das lebende Holzbild, war sie totunglücklich; sie weinte; sie wollte von keiner Nebenbuhlerin etwas wissen; sie wollte ihren Mann verlassen und wieder zum Vater zurück. Nach vielem und langem Zureden gelang es jedoch Vater Yolufat, sie zum Bleiben zu bereden und die falsche Nemegai als dritte in dem Ehebunde aufzunehmen.

So geschah es. – Und in der Nacht trieben die drei ihr Späßchen, bis endlich die echte Nemegai meinte: »Nun wollen wir Mei machen und sehen, wer es am besten kann.« Sie band ihren Schurz ab, legte sich auf die Matte und Yolufat vergnügte sich mit ihr zuerst. Als er aber mit der andern seine Kurzweil treiben wollte, und er ihr den Grasrock abnahm, sah er, daß sie keine Tavol wie seine rechte Frau hatte; die saß am Schurze. Da legte er ihr den Rock wieder um die Hüften, und nun konnten sie sich an dem Spiel zu zweien erfreuen.

Die echte Nemegai hatte alles mit angesehen und baute darauf ihren Plan.

Am andern Morgen bat sie ihre Nebenbuhlerin, doch in das Tarofeld zu gehen und nach den Knollen zu sehen. »Lege aber zuvor deinen Schurz ab und nimm einen von meinen Röcken, sonst schaut jeder deine Tavol und lacht dich aus, daß du nicht einmal die Sitte kennst.«

Da band die falsche Nemegai einen andern Schurz um und tat wie ihr geheißen war.

Während sie im Felde war, nahm die echte Nemegai ihren Rock fort, trug ihn zum Hause hinaus und versteckte ihn dort unter der steinernen Plattform. Als die andere wieder zurückkam und den eigenen Schurz umbinden wollte, suchte sie ihn überall vergeblich. Bis sie schließlich eine Ameise beobachtete, die unter einen Stein kroch. Sie hob den auf, fand auch den Schurz, doch die Tavol war von einer Maus völlig zernagt worden.

Da wurde sie recht traurig. Denn wie sollte sie sich nun wieder jemals im schönen Spiel zu zweien vergnügen können? Sie ging zum Vater Yolufat und bat ihn, ihr zu helfen. Und Yolufat half. Er nahm die Reste der Tavol, setzte sie ihr zwischen die Beine, und nun konnte sie wieder mit Yolufat Sohn ihre Späßchen treiben, so oft sie wollte. Yolufat Vater war mächtiger als Lugeileng gewesen.

*

Falumet schwieg; doch nahm er gleich wieder das Wort und sagte: »Ich weiß euch noch eine wunderliche Geschichte; vielleicht ist sie wahr, vielleicht auch nicht; wunderbar ist sie jedoch! Niemand soll das Mei machen übertreiben. Hört zu!«


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