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Elftes Kapitel

. Es war eine traurige Fahrt, die Marigny zurücklegte. Sie erschien ihm doppelt lang wegen der trüben Wintertage, die nicht vor zehn Uhr Morgens anbrachen und gewöhnlich schon in der dritten Nachmittagsstunde wieder der langsam herabdämmernden Nacht wichen. Und was er während der wenigen Tagesstunden durch die kleinen Fenster der Postkutsche zu sehen bekam, war auch wenig geeignet, seinen Sinn zu erheitern. Alles sah grau und trübselig aus: die Landstraße mit ihren Räderspuren und Meilensteinen, das endlose Einerlei der Weinberge, die kahlen Höhenrücken mit ihren verfallnen Burgen und die düstern Seitentäler, die sich hinter schroffen Felshängen in eine ungastliche Öde verloren. Die Landschaft schien sich immer und immer aufs neue zu wiederholen; der Reisende glaubte die unvermeidliche Krümmung des Flußlaufes mit der hinter dem Bergvorsprung auftauchenden ärmlichen Ortschaft wohl zum hundertsten male gesehen zu haben. Immer dieselben Häuschen mit den getünchten Lehmwänden, dem schwarzen Balkenwerk und der grauen Schieferbekleidung nach der Wetterseite, immer dieselben spitzen Türme der winzigen Dorfkirchen, immer dieselben efeuumsponnenen Mauerreste einer längst überflüssig gewordnen Befestigung!

Menschen bemerkte der Marquis auf der Landstraße so gut wie gar nicht, in den Dörfern nur selten. Es war, als hielte die Bevölkerung ihren Winterschlaf, um sich für die mühevolle Winzerarbeit des kommenden Frühlings zu stärken. Und wenn der alte Herr während des Pferdewechsels den Postwagen verließ und wirklich das Glück hatte, einen der Ortseingesessenen zu treffen, mit dem er in seinem gebrochnen Deutsch ein Gespräch anzuknüpfen versuchte, so erhielt er so kurze und unfreundliche Antworten, daß er es meist vorzog, den unliebenswürdigen Eingebornen stehn zu lassen und mißmutig seinen Platz in der Kutsche wieder aufzusuchen. Der gute Marquis ahnte glücklicherweise nicht, weshalb man in dieser Gegend so wenig von ihm wissen wollte. An seiner Sprache erkannte man nämlich den Franzosen, an seinem Wesen und an seiner Kleidung den Aristokraten, und mit französischen Aristokraten hatte man im letzten Sommer hier allenthalben so schlimme Erfahrungen gemacht, daß niemand Neigung verspürte, die Bekanntschaft mit dieser Sorte von Menschen zu erneuern. Die Herrschaften hatten sich schlimmer betragen, als ob sie in Feindesland gewesen wären, hatten requiriert, was ihnen des Mitnehmens wert schien, und sich nicht gescheut, in Gasthöfen und Schenken die Zeche schuldig zu bleiben oder mit falscher Münze zu bezahlen. Von alledem wußte der alte Edelmann, der gewohnt war, seine Standesgenossen für ebenso redlich zu halten, wie er selbst es zu sein sich rühmen durfte, nichts, und er erstaunte deshalb nicht wenig, als in Moselkern ein Mann an den Postwagen trat, eine lange Liste seltsam geschriebner Namen vorzeigte und sich erkundigte, ob der Herr wisse, wo er die Leute, die so hießen, und die aus Koblenz gekommen wären, jetzt wohl finden könne. Als Marigny, der die Namen nicht einmal zu entziffern vermochte, der Wahrheit gemäß erklärte, das sei ihm unbekannt, faltete der Mann das Papier wieder zusammen und entfernte sich mit der Bemerkung, er hoffe, daß sie allesamt vom Teufel geholt worden seien.

In Kochem hatte der Marquis ein andres Erlebnis, das ihn nicht minder peinlich berührte. Es war schon in vorgerückter Abendstunde, als der Wagen vor der Posthalterei hielt, wo man über Nacht bleiben mußte. Beim Aussteigen fragte der Passagier, dessen Uhr stehn geblieben war, einen gerade des Wegs kommenden Bürger nach der Zeit. Statt aller Antwort schlug ihm dieser den Hut vom Kopfe und verschwand darauf in einer dunkeln Seitengasse. Der alte Herr, dessen Geduld nun zu reißen begann, beschwerte sich über das unerklärliche Betragen des fremden Menschen mit bittern Worten beim Postillon.

Was habt Ihr denn zu ihm gesagt, guter Mann? fragte der wackre Schwager, für den es Standesunterschiede nicht zu geben schien.

Ich habe ihn sehr höflich gefragt, wieviel Uhr es sei.

Dann seid froh, daß er Euch nicht das Rebmesser in den Leib gestoßen hat. Das merkt Euch, falls Ihr wieder mal hier durchpassiert: in Kochem darf man die Leute nicht nach der Zeit fragen. Das können sie nicht vertragen. Sind von alters her schon zuviel damit geuzt worden.

Und als ihn Marigny dann um weitere Aufklärung bat, erzählte er geheimnisvoll aber mit großem Behagen, die Kochemer hätten vor Jahr und Tag ihre Sonnenuhr an der Klostermauer mit einem schönen Gehäuse versehen und würden seitdem von den Nachbarn so gehänselt, daß es schon manchen blutigen Kopf gesetzt hätte.

In der Gaststube der Posthalterei, wo ein paar Bürger noch bei ihrem Schoppen saßen und die Pariser Ereignisse besprachen, erregte Marignys Erscheinen erklärliches Aufsehen. Man musterte ihn mit neugierigen Blicken und rückte, als man seine Nationalität erkannte, beiseite. Die guten Leute wußten nicht recht, was sie aus einem Manne machen sollten, der wie ein Aristokrat gekleidet war und dabei mutterseelenallein nach Frankreich hineinfuhr. Einer von ihnen, der ein wenig französisch sprach, redete den seltsamen Reisenden an, in der Absicht, ihn auszuforschen, hatte jedoch mit seinen Bemühungen kein Glück, da der alte Herr, durch die schlimmen Erfahrungen des ersten Reisetages gewitzigt, seine Antworten so knapp wie möglich faßte. Das machte die Gäste noch mißtrauischer. Sie vermuteten, der Fremde sei einer der republikanischen Agenten, die seit einiger Zeit das Ausland bereisten, um auch jenseits der französischen Grenzpfähle für die neue Staatsform und ihre Segnungen Stimmung zu machen. Nun sprach keiner mehr ein lautes Wort, und in weniger als einer Viertelstunde sah sich Marigny allein. Die Frau des Posthalters, die den Verdacht der Männer teilte und ihrerseits von den Aristokraten nicht viel hielt, weil einige dieser Herren vom Sommer her noch bei ihr in der Kreide standen, glaubte den einsamen Gast unterhalten zu müssen, setzte sich zu ihm an den Tisch und gab, während sie dazu eifrig strickte, ihrer Bewunderung für die Helden der Revolution begeisterten Ausdruck.

Als der Marquis sie fragte, ob sie denn kein Mitleid mit dem unglücklichen König empfinde, blinzelte sie ihm zum Zeichen des geheimen Einverständnisses zu und meinte trocken, bemitleiden könne sie überhaupt nur jemand, den sie persönlich kenne, einem König von Frankreich Teilnahme zu schenken, sei jedoch schon deshalb unmöglich, weil es einen solchen gar nicht mehr gebe. Rede der Herr aber vom Bürger Capet, so sei ihre Meinung, daß dieser die bösen Tage getrost mit in den Kauf nehmen dürfe, da er früher ja auch der guten mehr als zuviele gesehen und tausendmal besser als alle andern Bürger gelebt habe.

Und das Schicksal der Königin rührt Sie auch nicht? fragte Marigny, dem bei solchen Tischgesprächen die Bratkartoffeln im Munde quollen und der Landwein doppelt sauer schmeckte.

Was geht mich die Österreicherin an! Wenn die Mitleid braucht, so mag sie sich an ihren Herzallerliebsten, den Kardinal Rohan, wenden. Vielleicht kauft er ihr, um sie zu trösten, ein neues Halsband.

Und die armen Kinder?

Ach – die Kinder! Was verstehn die vom Unglück! Die sind am allerwenigsten zu bedauern. Das muß ich am besten wissen. Als vor zwei Jahren bei uns die Scheune abbrannte – es war am Sankt Annentag, gerad als mein Mann den Roggen eingefahren hatte –, da hätten Sie einmal unsern Dritten, den Clemens, sehen sollen! Außer Rand und Band war er vor Freude über das Feuer, und als unsre alte Magd, die Lena, ihm die Händchen faltete und ihm sagte, er sollte zum Sankt Florian beten, daß der Heilige löschen sollt – was tat der Jung? Heiliger Sankt Florian, hat er gerufen, gelt, du bist so gut und lässest den Säustall auch noch abbrennen! Die wissen nicht, was Unglück heißt.

Der Marquis verzichtete darauf, die Frau eines Bessern zu belehren, und begab sich ermüdet und verstimmt in die kalte Schlafkammer. Das Bett war hart und feucht, weshalb sich der alte Herr völlig angekleidet auf den Strohsack streckte und seinen Pelzmantel als Decke benutzte. Er mochte eine gute Stunde so gelegen haben, als er eine Kutsche vorfahren hörte. In der Posthalterei war schon alles zur Ruhe gegangen, und es währte eine geraume Zeit, ehe sich, gerade über Marignys Kammer, ein Fenster öffnete, aus dem eine weibliche Stimme die Ankömmlinge nach ihrem Begehr fragte. Was sie sagte, und was jene erwiderten, vermochte der Marquis nicht zu verstehn, weil der Hofhund unausgesetzt bellte. Aber dem alten Edelmann war es, als habe er einzelne französische Worte vernommen. Dann verstummte das Gespräch, das Fenster schloß sich wieder, und der Wagen rollte davon.

Am andern Morgen nahm die Wirtin den vermeintlichen Republikaner beiseite und gab ihm zu verstehn, daß er es nur ihrer Geistesgegenwart zu danken habe, wenn er jetzt noch lebe. In der Nacht wären zwei französische Aristokraten vorgefahren und hätten nach ihm gefragt.

Nach mir? Nannten die Herren denn meinen Namen?

Das nicht. Aber es ist gewiß, daß Sie es waren, den sie suchten. Die Beschreibung paßte fast in allen Punkten ganz genau. Nicht wahr, Sie kommen von Mainz?

Nein, von Koblenz.

Die Wirtin lächelte in ihrer listigen Art.

Gewiß, sagte sie, ich verstehe schon. Also Sie kommen von Koblenz. Natürlich, wenn man die Mosel hinauffährt, muß man von Koblenz kommen. Die beiden fragten, ob ein Landsmann von ihnen bei uns zur Nacht eingekehrt wäre. Ich sagte: ja. Aber in der sechsten Stunde sei er wieder abgereist. Ohne Gepäck, wie er gekommen sei. Wahrscheinlich über den Berg nach Eller. Da sind sie denn wieder fortgefahren. Der verfluchte Demokrat, sagte der eine, hetzt uns durch Nacht und Nebel. Und wir glaubten ihn heute ganz sicher zu erwischen. Sehen Sie, wäre mein Mann, der Faulpelz, nicht zu schläfrig gewesen, so wären Sie jetzt wohl schon kalt wie eine tote Ratte. Aber weil ich ans Fenster ging und sogleich begriff, was die beiden im Schilde führten, so ist die Geschichte noch mal gut abgelaufen. Aber nehmen Sie sich in Zukunft in acht. Die Herren tragen nicht zum Spaß Pistolen im Gürtel.

Ich danke Ihnen für Ihre Sorge um meine Person, gute Frau, entgegnete der Marquis, aber ich glaube, Ihre Furcht ist unbegründet. Ich bin nicht der, den jene suchen. Es muß sich hier um ein Mißverständnis, eine Verwechslung handeln. Wenn von einem Demokraten die Rede war, so kann ich unmöglich gemeint sein. Ich bin Royalist, verstehn Sie?

Die Frau zwinkerte wieder mit einem Auge und nickte. Ich verstehe. Sie sind Royalist. Man siehts Ihnen ja auch an. Die weiße Kokarde an Ihrem Hut – haha! – man müßte keine Augen im Kopfe haben, wenn man in Ihnen nicht auf den ersten Blick den Royalisten erkennen wollte! Kleider machen Leute, und an den Federn erkennt man den Vogel. Schön, mein Herr, ich weiß nun, was ich zu sagen habe, wenn wieder einmal ein paar Ihrer Landsleute nach Ihnen fragen sollten. Sie sind Royalist! Und dabei stemmte sie die Arme in die Seiten und schien sich vor Lachen ausschütten zu wollen.

Jetzt erschien der Postillon, um zu melden, daß die Pferde angeschirrt seien, und sich zugleich von seinem Passagier zu verabschieden, da er selbst die von Trier eingetroffne Postkutsche nach Koblenz zu bringen hatte, während sein Trierer Kollege die Weiterbeförderung Marignys übernahm.

Der alte Edelmann empfand es wie eine Erlösung, als er glücklich wieder im Wagen saß und das holprige Pflaster der Moselabderiten hinter sich ließ. Ohne ein besondres Erlebnis gelangte er an diesem Tage nach Kues, wo die zweite Nachtrast gehalten wurde. Das Quartier war hier freilich noch dürftiger als in Kochem, da der Marquis aber der einzige Gast in dem kleinen Dorfwirtshause war, so brauchte er sich wenigstens nicht über die zudringliche Neugier fremder, ihm gleichgiltiger Menschen zu beklagen. Ehe er am nächsten Morgen die Weiterreise antrat, vernahm er durch einen von Trier gekommnen Schiffer, daß in Paris die Verhandlung gegen Ludwig den Sechzehnten begonnen habe. Nun war keine Zeit mehr zu verlieren! Wie langsam die Pferde gingen! Wie endlos sich der Weg dehnte! Umsonst versuchte der ungeduldige Passagier, den Postillon durch Trinkgelder zur Beschleunigung der Fahrt anzuspornen. Der Mann erklärte, daß er vor sieben Uhr nicht in Trier eintreffen dürfe; auch könne er bei der Glätte der Straße – es hatte um die Mittagsstunde zu eiseln begonnen – die Knochen seiner Tiere nicht aufs Spiel setzen. So langte man denn zur vorgeschriebnen Zeit in der alten Metropole des Mosellandes an.

Als Marigny sich auf der Post nach der nächsten Gelegenheit zur Weiterfahrt erkundigte, wurde ihm gesagt, daß schon in der Frühe des andern Tags ein Wagen abgehe, daß es aber wenig Zweck habe, diesen zu benutzen, weil er an der Grenzstation Perl den Anschluß an die Diligence nach Diedenhofen doch nicht mehr erreiche, und die nächste französische Post erst am 26. Januar abginge. Perl sei ein ärmliches Nest, wo kaum etwas zu essen zu bekommen sei. Diese Mitteilung reichte aus, den alten Herrn trotz seiner Ungeduld in Trier zurückzuhalten. Wieviel lieber freilich wäre er weitergereist, wenn möglich noch an demselben Abend! Was würde er darum gegeben haben, wenn er die Nacht anstatt in seinem behaglichen Gasthofsbett auf der harten Schwelle des königlichen Kerkers hätte verbringen dürfen. Aber was nützte alles Klagen? Er mußte eben bis zum 25. in Trier bleiben!

Zum Glück wohnten im »Römischen Kaiser,« wo Marigny abgestiegen war, mehrere seiner emigrierten Landsleute. Man kannte sich gegenseitig zwar nicht, aber die gemeinsame Not und Sorge knüpften jetzt in einer einzigen Stunde festere Bande der Freundschaft als früher ein jahrelanger Verkehr. Wenn der Marquis den Schicksalsgefährten trotzdem den Zweck seiner Reise verschwieg, so geschah es, weil er voraussah, daß sie versuchen würden, ihn von seinem, wie er längst empfand, aussichtslosen Vorsatze abzubringen. Ach, diese Leute ahnten ja nicht, was ihn nach Paris trieb! Sie würden seine Gründe weder verstanden noch gebilligt haben!

Am zweiten Tage nach seiner Ankunft fand Marigny, als er zum Frühstück in das Gastzimmer trat, seine neuen Freunde in großer Erregung. Man erzählte ihm, daß frühmorgens ein französischer Patriot, der schon vor Monaten in der Stadt gelebt und sich den Behörden verdächtig gemacht habe, schwer verwundet und dem Tode nahe am Katharinenufer aufgefunden worden sei. Der Wirt einer kleinen Herberge ganz in der Nähe habe ausgesagt, der Fremde wäre erst am Tage vorher angekommen und nach dem Abendessen noch einmal weggegangen, um einen Bekannten zu besuchen. Von diesem Gange sei er nicht zurückgekehrt. Der Chirurgus, der dem Sterbenden Beistand geleistet und seine Wunden untersucht hätte, sollte auf das bestimmteste erklärt haben, die Verletzungen rührten von einer sehr schmalen Degenklinge her, wie sie die französischen Kavaliere zu tragen pflegten. Nun sei es ja möglich, daß sich der Mörder eines französischen Degens bedient habe, aber damit sei keineswegs erwiesen, daß er selbst ein Franzose sein müsse. Dies sei sogar völlig ausgeschlossen, da man einem Royalisten doch nicht zutrauen könne, er werde an einem wehrlosen und dazu schon bejahrten Manne einen Meuchelmord begehen.

Obwohl die Emigranten den bisher von keinem Menschen ausgesprochnen Verdacht, als könne einer von ihnen der Täter sein, im voraus sehr eifrig zurückwiesen, verrieten sie durch ihr Benehmen, daß jeder von ihnen dem andern die Tat wohl zutraute, wie sie auch den Wirt zum Zeugen dafür anriefen, daß sie in der fraglichen Nacht den Gasthof nicht verlassen hätten.

Marigny machte sich über den seltsamen Vorgang seine eignen Gedanken, glaubte aber nicht fehl zu gehn, wenn er das Gehörte mit den nächtlichen Erlebnissen in Kochem in Verbindung brachte.

Wie vorauszusehen war, stellte die Polizei auch unter den Gästen des »Römischen Kaisers« Nachforschungen an, die freilich nichts andres ergaben, als daß die Herren in der Nacht zum 23. Januar samt und sonders wie gesittete Bürger in ihren Betten gelegen hatten. Als ihre Unschuld erwiesen war, glaubten sie es ihrer Ehre schuldig zu sein, nach Kräften auf die Polizei zu schimpfen, die Mord und Totschlag mitten in der belebten Stadt nicht zu verhindern wisse und hinterher die ehrenwertesten Leute verdächtige. Man erhitzte sich gegenseitig durch solche Reden immer mehr und faßte endlich sogar den Entschluß, dem Kurfürsten eine Beschwerdeschrift einzureichen und die strengste Bestrafung der schuldigen Beamten zu verlangen.

Aber soweit sollte es nicht kommen. Die Nachricht von der Verurteilung Ludwigs des Sechzehnten verursachte, daß alles andre in den Hintergrund trat. Auch die unter den Emigranten, die diesen letzten vernichtenden Schlag gegen das Königtum und die Dynastie vorausgesehen hatten, waren unter dem Eindruck des Geschehenen wie gelähmt. Immer gab es freilich noch Einzelne, die sich mit schwachen Trostgründen über das Unerhörte hinwegzutäuschen versuchten, die sich an die Mutmaßung klammerten, die Nachricht könne falsch sein, oder der Konvent würde sich mit der Tatsache der Verurteilung begnügen und die Todesstrafe in Verbannung umwandeln. Andre sprachen die Hoffnung aus, daß sich die bessern Elemente der Pariser Bevölkerung angesichts eines so unmenschlichen, aller Gerechtigkeit hohnsprechenden Urteils ermannen und den König noch in letzter Stunde mit Gewalt den Händen seiner Feinde entreißen würden. Ach, die Leute, die so sprachen, wußten nicht, daß drei Jahre genügt hatten, aus der Einwohnerschaft der getreuen Stadt Paris eine Meute blutgieriger Wölfe zu machen!

Marigny, der, wie immer, das Günstigste für das Wahrscheinlichste hielt, war davon überzeugt, daß die Revolution, indem sie Ludwig den Sechzehnten dem Schafott zu überliefern gedachte, sich selbst das Todesurteil gesprochen habe. Der Konvent war in zwei sich auf das heftigste bekämpfende Parteien gespalten; eine nur geringe Stimmenmehrheit hatte die Entscheidung herbeigeführt – was konnte näher liegen, als daß die gemäßigtere Minorität das Urteil anfocht und seine Aufhebung durchsetzte? Wäre der Einfluß der extremen Republikaner erst gebrochen, so würden sich auch die königstreuen Elemente wieder an das Licht wagen, und dann müsse es leicht sein, die große Masse, die sich längst wieder nach Ruhe sehne, und die, schon aus dem Bedürfnis nach Abwechslung, ihre demokratischen Tyrannen gestürzt zu sehen wünsche, zu einem Kampfe gegen die Revolution zu organisieren. Jetzt hieß es also: Alle Mann an Bord!

Der arme Marquis von Marigny! Er machte die abenteuerlichsten Pläne, seinen königlichen Herrn zu retten, er berechnete immer wieder von neuem den Tag und die Stunde, wo er in Paris eintreffen könnte, und ahnte nicht, daß der Mann, dem all sein Denken und Sorgen galt, nur noch der Geschichte angehörte, und daß die sterblichen Reste Ludwigs längst unter einer Schicht ungelöschten Kalks auf dem Kirchhof von Sainte Madeleine ruhten!

Seinem Vorsatze getreu, reiste der alte Aristokrat am Morgen des 25. Januar weiter, verbrachte die Nacht schlaflos auf einer Bank in der Gaststube der Posthalterei und wartete sehnsüchtig auf die Ankunft der Post, die ihn nach Frankreich bringen sollte.

Frankreich! Vaterland! Trotz der Stürme, die dort drüben tobten, für Marigny das schönste Land der Erde! Da lagen die sanft gewellten Hügel, mit frischem Schnee bedeckt, im Scheine der Wintermorgensonne, die Hügel, die er einst im warmen Abendgolde eines Oktobertags gesehen hatte, als er, an Marguerites Seite in der bequemen Reisekutsche die Straße nach Deutschland hinabfahrend, hier von der Heimat Abschied genommen hatte. Wie anders sah die Landschaft heute aus! Mit wie andern Gefühlen schaute der Reisende heute zu den Bergen Lothringens hinüber!

Er war, um nach der Post auszuspähen, ein paar hundert Schritte weit zu einer Anhöhe emporgestiegen, von der sich das enge Moseltal bis nach Sierk hin überblicken ließ. Als er dort stand und durch das kleine Perspektiv im Knopfe seines spanischen Rohrs die schwarzen Trümmer der lothringischen Herzogsburg betrachtete, die das französische Grenzstädtchen zu beherrschen schienen, kam die erwartete Kutsche hinter einem Bergvorsprung zum Vorschein, rasselte durch die schmale Dorfgasse und hielt vor dem Posthause. Marigny begab sich, so schnell er vermochte, dorthin zurück und bemerkte schon von weitem, daß sich eine Anzahl Menschen lebhaft redend und gestikulierend um den, wie es schien, betrunknen Postillon versammelt hatte, und daß aus den Häusern ringsumher noch andre herbeiliefen und an der Erörterung teilnahmen. Eine bange Ahnung beflügelte seine Füße.

Was ist geschehn? fragte er die Leute.

Der König ist tot, sagte einer von ihnen.

Montag früh, zehn Uhr und fünfundzwanzig Minuten, fügte der Postillon hinzu, indem er sein Gesicht zu einem Grinsen verzog und mit der flachen Hand durch die Luft hieb, um die Art des Todes anzudeuten. Und um ein Uhr dreißig Minuten schon begraben. Ja ja, bei uns geht jetzt alles schnell. 's kann vorkommen, daß einer des Morgens von Hause weggeht, eine Promenade zu machen, und des Abends werden schon seine Verwandten geköpft, weil sie des Nachmittags sein Grab besucht und dabei geheult haben! Er lachte auf eine widerwärtige Weise und öffnete nicht ohne Mühe den Kasten unter dem Kutschbock, der die Postsachen enthielt.

Zählt sie selber, Postmeister, und seht, obs mit dem Zettel stimmt, sagte er, während er die Päcke und Briefschaften herauswarf, Ihr werdet von einem guten Franzosen heute wohl nicht verlangen, daß er klare Augen hat. Teufel, da fällt mir ein: ich habe ja auch einen Passagier! Eine russische Gräfin oder so etwas. Wenn die nur das Laufen nicht verlernt hat! Ist seit Verdun mit keinem Bein aus dem Wagen gekommen. Aus purer Angst vor den Patrioten. Als ob man bei uns Zeit hätte, sich mit russischen Gräfinnen abzugeben! Ehe wir mit unsern eignen Aristokraten nicht fertig sind, fangen wir mit Ausländern nicht an. Das Hemde ist uns näher als der Rock, und Ordnung ist das halbe Leben.

Er riß den Kutschenschlag auf, dessen Fenster dicht verhängt war, und rief in das Innere:

Madame, nun können Sie sich beruhigen, wir sind auf kurtrierischem Boden. Also heraus, wenns gefällig ist, und wenn Sie nicht wollen, daß ich Sie wieder mit nach Frankreich nehme. Mit Ihrer gütigen Erlaubnis werde ich einen Doppelkorn auf Ihr Wohl und eine glückliche Weiterreise trinken.

Eine alte, vornehm aussehende Dame mit schneeweißem Haar streckte den Kopf aus der Kutsche und fragte, indem sie die Umstehenden mit ängstlichen Blicken musterte: Meine Herren, darf ich Sie um die Gefälligkeit bitten, mir zu sagen, wo ich mich befinde?

In Perl, Madame, antwortete der Postmeister, indem er sich einer Hutschachtel bemächtigte.

Ist das ein deutscher Ort?

Gewiß, Madame. Kurtrierisch.

Sagen Sie mir auch die Wahrheit?

Statt aller Antwort wies der Gefragte auf das Wappen über der Tür der Posthalterei. Die alte Dame folgte mit den Augen der angedeuteten Richtung, nickte lebhaft, als sie das rote Kreuz und den Kurhut wahrnahm, und sagte:

Gott und allen Heiligen sei Dank! Ich bin in Sicherheit. Ach, wenn Sie wüßten, was ich erduldet habe! Ich komme von Paris. Das entsetzliche Volk hat seinen König getötet – bitte auch noch die Reisetasche! –, hingeschlachtet wie ein Opfertier. Ich habe Menschen gesehen, die ihre Hände in sein Blut getaucht hatten und wie Wahnsinnige durch die Straßen tanzten – bitte, holen Sie den Koffer recht behutsam herunter, es sind ein paar Sèvres-Tassen darin! –, durch die Straßen, die an jenem furchtbaren Morgen ein dichter Nebel bedeckte, als hätte der Himmel sein Antlitz verhüllen wollen. Die Toren! Sie dachten einen Feind der Freiheit zu morden und ahnten nicht, daß aus jedem Tropfen vergossenen Bluts ein Tyrann emporwachsen wird, tausendmal schlimmer und grausamer, als der schlimmste Autokrat es sein kann!

Sie war inzwischen ausgestiegen und hatte, während sie eifrig sprach, damit begonnen, ihre Gepäckstücke zusammenzulesen. Aber sie schien niemals fertig werden zu können, bald vermißte sie eine Hutschachtel, bald eine Decke, bald suchte sie ein Riechfläschchen, von dem sie behauptete, daß es hinter das Polster des Sitzes geglitten sein müsse, bald durchwühlte sie das Stroh, mit dem der Boden des Wagens überschüttet war, nach einem verlornen Handschuh. Und dabei wurde sie nicht müde, Einzelheiten aus den Pariser Schreckenstagen zu berichten und dem Himmel für ihre eigne Errettung zu danken.

Der Marquis stand noch immer auf demselben Fleck und sah der beweglichen alten Dame bei ihrer Tätigkeit zu, ohne ein Glied zu regen. Von dem, was sie sprach, und was die andern sie fragten, hörte er nichts. In seinem Ohre klangen die Worte fort: Der König ist tot. Mehr vermochte er nicht in sich aufzunehmen. Er bemerkte nicht, wie die Pferde losgeschirrt und in den Stall geleitet wurden, wie man andre herbeiführte und zu beiden Seiten der Deichsel aufstellte, er schenkte dem Postknechte keine Beachtung, der sein Gepäck aus dem Hause schleppte und sich anschickte, den schweren Koffer aufzuladen, und erwachte erst aus seinem traumhaften Zustande, als ihm der Posthalter auf die Schulter klopfte und ihn fragte, ob er vor der Abreise noch ein Frühstück zu sich zu nehmen wünsche.

Abreise? Wohin?

Nach Diedenhofen.

Richtig! Ich hatte ja einen Platz belegt. Aber ich werde nicht mitfahren. Lassen Sie mein Gepäck wieder ins Haus bringen. Es hat keinen Zweck mehr, nach Paris zu reisen. Der König ist tot –

Mausetot! bestätigte der Postillon, der seine Verpflichtung, auf das Wohl der Russin zu trinken, offenbar sehr ernst genommen hatte und infolgedessen nur mit Unterstützung des Knechts auf den Kutschbock klettern konnte.

Marigny maß den Landsmann mit einem Blicke voll Abscheu und begab sich langsam in das Gastzimmer zurück, wo er die alte Dame zwischen ihren Koffern, Kisten und Schachteln hinter einem Glase Punsch sitzend fand. Sie war entzückt, als sie vernahm, daß sie einen Reisegefährten bekommen sollte, und noch entzückter, als dieser sich ihr als Marquis von Marigny zu erkennen gab.

Bis zur Abfahrt des Trierer Wagens hatte man noch eine Stunde Zeit, und die Gräfin glaubte sich und ihrem neuen Bekannten diese Frist nicht besser verkürzen zu können als dadurch, daß sie ihm so ausführlich wie möglich über die Pariser Ereignisse der letzten Woche berichtete. Der alte Herr hörte schweigend zu oder gab sich wenigstens den Anschein, als ob er es täte. In Wirklichkeit war ihm das, was die Dame zu berichten wußte, ziemlich gleichgiltig, und nicht einmal ihre Schilderung von Verhör und Verurteilung Ludwigs des Sechzehnten vermochte ihn als etwas der Vergangenheit Angehörendes sonderlich zu erregen. Der König war tot – dieses Eine wog so schwer, war so ungeheuerlich, daß alles andre daneben verblassen mußte. Nur als die Russin erzählte, auch der Herzog von Orleans habe für den Tod seines königlichen Vetters gestimmt, ballte Marigny die Faust, beruhigte sich aber sogleich wieder und murmelte nur: Er hat wie ein Orleans gehandelt. Die Orleans sind von jeher Schurken gewesen.

Die Dame hatte diese augenblickliche Bewegung des Zuhörers wohl bemerkt und schwieg, um ihm Zeit zu lassen, seinen Zorn zu verwinden. Wie erstaunte sie, als er plötzlich mit umflorter Stimme die Worte an sie richtete: Madame, Sie sind Russin, nicht wahr? Man hat mir so oft die russische Kohlsuppe gerühmt. Könnten Sie mir nicht sagen, wie dieses Gericht zubereitet wird?

Die Gräfin sah ihr Gegenüber einen Augenblick ratlos an. Sie mochte argwöhnen, daß es mit seinem Kopfe nicht ganz richtig bestellt sei. Da sie aber in seinen Zügen nichts Verstörtes zu entdecken vermochte, entgegnete sie: Kohlsuppe ist etwas sehr Gutes. Ich glaube nicht, daß es auf der Welt irgend etwas gibt, was sich damit vergleichen ließe. Sie ist das Lieblingsgericht der Kaiserin wie des ärmsten Bauern oder Leibeignen. Aber wie man sie kocht, weiß ich nicht. Das überläßt man bei uns der Dienerschaft. Und dann erzählte sie von ihrem Gute bei Tschudowo, das sie seit vier Jahren nicht gesehen hätte, und von Wassilij, ihrem ältesten Sohne, der es bewirtschafte, von Dmitrij, ihrem zweiten, der Rat im Admiralitätskollegium sei und die Gewehrfabrik in Tula leite, und von ihrem dritten, der zu keinem Berufe Lust gehabt habe, aber ganz ausgezeichnet Violine spiele. Zuletzt kam sie auf ihre Leute, auf den Kutscher Iwan, der vierundachtzig Jahre zähle und im letzten Sommer zum fünftenmale geheiratet habe, auf den Jäger Boris Feodorowitsch, der ihrem Manne bei einer Bärenjagd das Leben gerettet, und auf die Kammerfrau Tatjana, die nach französischen Modekupfern die herrlichsten Kleider anzufertigen verstehe. Und je lebhafter sie von den Zuständen ihrer Heimat, die sie bald wiederzusehen hoffte, sprach, desto mehr röteten sich ihre Wangen, desto heller leuchteten ihre Augen. Es war, als ob all die Schrecknisse, die sie in der letzten Zeit erlebt hatte, in das Meer der Vergangenheit versänken.

Der alte Edelmann fand, als er neben der Russin zwischen Hutschachteln, Reisesäcken, Taschen und Pelzen in der Postkutsche saß, daß sich an der Seite einer so mitteilsamen Gesellschafterin ungleich besser reise als allein, und er bedauerte beinahe, so bald schon wieder in Trier anzukommen, wo er sich von seiner neuen Freundin trennen mußte, weil diese hier einige Rasttage zu halten gedachte. Da sie aber bei der Fortsetzung ihrer Reise Koblenz berühren und auch dort einen mehrtägigen Aufenthalt nehmen wollte, so erbat er sich die Erlaubnis, ihr in den »Drei Reichskronen,« die er ihr als Absteigequartier empfahl, seine Aufwartung machen zu dürfen. So trennte man sich denn in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.

Bis Kochem verlief Marignys Weiterreise ohne irgend einen erwähnenswerten Zwischenfall, dafür war aber der Empfang, der ihm hier zuteil wurde, desto seltsamer. Des starken Schneefalls wegen hatte sich die Post unterwegs verspätet und langte, anstatt um neun Uhr Abends, mit dem Schlage der Mitternacht vor der Posthalterei an. Man hatte drinnen im Hause, wiederum infolge des Schnees, von der Ankunft des Wagens nichts bemerkt. Als der alte Herr nun in die Gaststube trat, wo, wie bei seinem ersten Aufenthalt in diesem Quartier, die Bürger beim Schoppen saßen und darüber stritten, ob der Konvent den König freisprechen oder verurteilen werde, fuhren die Gäste bei seinem Anblick wie von der Tarantel gestochen empor, bekreuzten sich und stürmten durch die Küche davon. Die Wirtin, die hier in einer Ecke am Herde gesessen und geschlafen hatte, wurde wach und schaute, um die Ursache des Lärms zu ergründen, in die Gaststube. Als sie Marignys ansichtig wurde, prallte auch sie zurück und suchte mit dem Rufe: Barmherziger Himmel – der tote Demokrat geht um! das Weite.

Nun kam der Postillon herein, und mit ihm kehrten die beherztern der Stammgäste zurück, die ihren Schoppen zu retten gedachten. Und ganz zuletzt erschien auch die Wirtin wieder, hielt sich aber in der Nähe der Tür. Als sich nun der unheimliche Gast auf einen Stuhl fallen ließ und ohne die schreckensbleichen Gesichter seiner Umgebung zu beachten, Rührei mit Schinken bestellte, mochte die brave Frau zu der Überzeugung gelangen, daß ein Mann, der nach so soliden Dingen Appetit verspüre, kein Gespenst, sondern ein Mensch von Fleisch und Bein sein müsse, und so ließ sie sich denn zu der Erklärung herbei, ein Reisender, der von Trier kommend durchpassiert wäre, habe erzählt, dort sei ein Demokrat von Royalisten erstochen worden. Nach dem nun, was an jenem Abend geschehen und was sie ihm auch selbst angedeutet hätte, habe sie annehmen müssen, daß er es gewesen sei, den man in Trier auf eine so schreckliche Weise ermordet habe.

Marigny zuckte die Achseln, ließ sich eine Bouteille Kochemer bringen und wartete geduldig auf das bestellte Essen. Er war von der Wirtin und den Gästen so wenig erbaut, daß er es sogar verschmähte, sie von der Hinrichtung Ludwigs des Sechzehnten zu unterrichten, und sich auch später, als der Postillon die Schreckensbotschaft verkündete, mit keinem Wort an der Unterhaltung beteiligte. So kam es, daß man ihn in Kochem auch weiterhin für einen verstockten Demokraten hielt, und noch nach Jahrzehnten, wenn Kinder und Kindeskinder fragten, wie denn eigentlich ein solcher Revolutionsmann ausgesehen habe, eine Beschreibung entwarf, die sich in allen wesentlichen Punkten mit dem Signalement im Reisepasse des Marquis von Marigny deckte.

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