Franz Grillparzer
Sappho
Franz Grillparzer

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Zweiter Auftritt

Eucharis. Melitta. Sklavinnen mit Blumen und Kränzen.

Eucharis (lärmend).
Ihr Mädchen auf! Mehr Blumen bringt herbei!
Zu ganzen Haufen Blumen. Schmückt das Haus
Und Hof und Halle, Säule Tür und Schwelle,
Ja selbst die Blumenbeete schmückt mit Blumen!
Tut Würze zum Gewürz; denn heute feiert
Das Fest der Liebe die Gebieterin.

Mädchen (ihre Blumen vorweisend).
Hier sieh!

(Sie fangen an die Säulen und Bäume umher mit Kränzen und Blumenketten zu behängen.)

Eucharis.
Recht gut, recht gut! Doch du Melitta,
Wo hast du Mädchen deine Blumen?

Melitta (ihre leeren Hände betrachtend).
Ich?

Eucharis.
Ja du! – Ei seht mir doch die Träumerin!
Kommst du allein hierher mit leeren Händen?

Melitta.
Ich will wohl holen –

Eucharis.
Ich will holen, spricht sie
Du kleine Heuchlerin bekenne nur
Was hast du denn? Was war das heut bei Tisch,
Daß die Gebieterin so oft nach dir
Mit leisem Lächeln schlau hinüberblickte
Und dann die Augen spottend niederschlug?
Sooft sie's tat sah ich dich heiß erröten,
Und mit dem Zittern peinlicher Verwirrung
Des oftversehnen Dienstes dich vergessen.
Und als sie nun dich ruft, den großen Becher
Dem schönen Fremden zu kredenzen und
Du scheu den Rand durch deine Lippen ziehst,
Da rief sie plötzlich aus: Die Augen nieder!
Und ach des großen Bechers halber Inhalt
Ergoß mit eins sich auf den blanken Estrich.
Da lachte Sappho selbst! Was war das alles?
Bekenne nur, da hilft kein Leugnen, Mädchen.

Melitta.
O laßt mich!

Eucharis.
Nichts da, ohne Gnade Kind!
Den Kopf empor, und alles frisch bekannt!
O weh, da quillt wohl gar ein kleines Tränchen! –
Du arges Ding! Ich sage ja nichts mehr!
Doch weine nicht! Wenn du's so öfters treibst,
So werd ich noch so böse – Weine nicht! –
Sind eure Blumen alle? Nun so kommt,
Wir wollen neue holen! – Setz dich hin,
Hier sind noch Rosen, hilf uns Kränze winden.
Sei fleißig Kind! Doch, hörst du? Weine nicht!

(Mit den Mädchen ab.)


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