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Viertes Kapitel. Die Bären

Zehn Tage waren etwa verflossen, und die Familie Surof hatte sich von den Stürmen des denkwürdigen Brandtages erholt; es war gegen zwei Uhr, und alles hatte sich im Salon versammelt, weil die Hitze draußen gar zu groß war, als man plötzlich die Gartenmauer entlang Schellengeklingel vernahm. Dasselbe hörte im Hofe auf, und gleich darauf erschien der Diener mit einer Visitenkarte.

»Konstantin Semenof,« las Herr Surof. »Ich kenne niemand dieses Namens. Wer ist es denn?«

»Ein vornehmer Herr.«

»Was will er?«

»Er wünscht, Herrn und Frau Surof seine Aufwartung zu machen und sich als Nachbar vorzustellen.«

»Das muß wohl der neue Besitzer von Kuslo sein,« bemerkte Dosia.

Der Besucher erschien in korrektester Haltung; trotzdem er einen karrierten englischen Sommeranzug trug, machte er in seiner ganzen Erscheinung doch durchaus den Eindruck eines Russen, und zwar eines gebildeten.

»Ach!« rief Agnes halblaut.

Fräulein Titof sah sie etwas überrascht an.

»Das ist der Herr, den ich am Fluß getroffen habe,« erklärte sie ihr leise.

Der Ankömmling schien weder Agnes noch die übrigen Anwesenden bemerkt zu haben; er trat auf Plato zu, nannte seinen Namen und bat, Frau Surof vorgestellt zu werden. Alles geschah in tadelloser Form; Dosia forderte ihn auf Platz zu nehmen, und das Gespräch kam in Fluß.

Es war in der That der neue Eigentümer eines bedeutenden Besitztums, das in einer Entfernung von einigen Werst gelegen war, am andern Ufer des Flusses, der General Baranins Wald begrenzte, näher bei Surowa als des Generals Gut. Er stattete seinen Gutsnachbarn der Reihe nach den üblichen Besuch ab und sprach sich außerordentlich günstig über die Gegend aus.

Semenof hatte viel Takt, das bewies die Art, wie er im Verlauf der Unterhaltung das Nötige über seine Person mitteilte, ohne dem Zuhörer mit Einzelheiten lästig zu werden, und wie er dabei nicht die leiseste Neugierde verriet, etwas über die Familie, bei der er Besuch machte, zu erfahren. Dosia hatte ihm mit einer Handbewegung Agnes und Wera als: »meine Töchter!« bezeichnet, und er hatte schweigend eine wohlgemessene Verbeugung gemacht, die ihm ein Tanzstundenkompliment von Wera und ein leichtes Kopfnicken von seiten ihrer Schwester eingetragen hatte. Der ganze Besuch verlief also in der hergebrachten Weise, als sich der Fremde plötzlich mit der Frage an Plato wandte: »Ist es Ihrem Freund, dem General Baranin, gelungen, den Waldbrand zu ersticken?«

»O gewiß, noch am nämlichen Tag, nach wenigen Stunden war die Gefahr beseitigt. Sie wußten von der Sache?«

Agnes, die sich etwas geärgert hatte, erklärte ruhig und würdevoll: »Dieser Herr hat mir ja durch seinen Kutscher die Wassertonne füllen lassen.«

»Das waren Sie!« rief Dosia lachend. »Das hätten Sie gleich sagen sollen, dann hätte man Sie als Wohlthäter begrüßt.«

»Ich zog es vor, um meiner selbstwillen aufgenommen zu werden,« versetzte Semenof äußerst artig.

Die wenigen Minuten, die der Gast nach dieser Aufklärung noch verweilte, unterhielt man sich unwillkürlich etwas ungezwungener und vertrauter als zuvor. Trotzdem Semenof es mit größter Zurückhaltung vermied, sich direkt an Agnes zu wenden oder mit ihr zu sprechen, ja, obwohl man nicht behaupten konnte, daß er sie nur angesehen, bemerkte Dosia, nachdem er sich verabschiedet hatte, in heiterem Ton: »Der Besuch hat dir gegolten, Agnes. Du hast dir mit deinem langstieligen Schöpfeimer einen Anbeter gefischt.«

»Mama, du weißt, wie unerträglich mir derlei Scherze sind,« stieß das junge Mädchen ärgerlich hervor und hüllte sich für den Rest des Abends in unheilverkündendes Schweigen.

Nachdem er eine schickliche Frist hatte verstreichen lassen und Platos Gegenbesuch empfangen, stellte sich Herr Konstantin Semenof abermals in Surowa ein. Das Familienhaupt hatte Erkundigungen über den neuen Nachbar eingezogen, und da dieselben durchaus günstig lauteten, wurde er in der folgenden Woche zu Tisch gebeten. Er kam, war korrekt wie immer, doch legte er entschieden etwas mehr Aufmerksamkeit gegen Agnes an den Tag.

Diese that, als ob sie es nicht bemerke, aber Wera, die nicht nur ein kugelrundes, wohlerzogenes und für sehr harmlos geltendes kleines Fräulein war, sondern auch ein sehr feines Spürnäschen hatte, bemerkte abends beim Zubettegehen so nebenbei: »Ania, glaubst du, daß dieser Herr Semenof nur zu uns kommt, um geistreiche Gespräche mit Papa zu führen?«

»Ich glaube kaum,« erwiderte Agnes unbefangen, »denn er spricht mit Papa immer nur von den alltäglichsten Dingen, über die er sich mit dem ersten besten ebensogut unterhalten könnte.«

»Ania,« fragte der kleine Schlaukopf verschmitzt weiter, »Ania, kommt Herr Semenof dann vielleicht Mama zuliebe?«

»Wera!« rief Fräulein Titof entsetzt, aber Wera, die mit dieser Bemerkung nichts Schlimmes hatte sagen wollen, fuhr unbekümmert fort: »Ja, wenn es nicht Mamas schönen Augen gilt, dann gilt es sicher den deinigen, und wenn du eine Eisbombe wärst, so hättest du unter der Glut seiner Blicke traurig zergehen müssen!«

»Wera, willst du wohl stille sein!« sagte Fräulein Titof, die in großer Bestürzung solche Randglossen aus dem Mund ihrer unschuldigen kleinen Schülerin vernahm.

Die holde Unschuld sprang auf ihr Bett, setzte sich, versteckte die Füßchen unter ihrem Nachthemd, schlang die Arme um ihre Kniee und stützte ihr Kinn darauf; in dieser Stellung fixierte sie ihre Schwester mit der unverfrorensten Beharrlichkeit, dann wandte sie ihr vor Vergnügen ganz rotes Gesichtchen halb ihrer Erzieherin zu.

»Ich,« ließ sie sich vernehmen, »ich werde schnöde verkannt! Kein Mensch ahnt, wessen ich fähig bin! Aber nichts auf der Welt kann die Thatsache ändern, daß ich Mamas echte Tochter bin ... und Mama, die hat in meinem Alter ganz andre Dinge gesagt, geschweige denn gethan!«

»Wera! Wera!« seufzte Fräulein Titof, der diese neue Tonart ordentlich den Atem benahm.

»Kola, der schlägt Papa nach, der hat kein böses Aederchen, Agnes, na die ist so-so-la-la, etwas Tugend schwimmt als Rahm obenauf, die Milch ist recht säuerlich ...«

»Ist der Unsinn noch nicht bald zu Ende?« bemerkte die erwachsene Schwester wegwerfend.

Wera schüttelte den Kopf und erläuterte weiter: »Und ich, ich bin so ein kleines Teufelchen, das aus seiner Büchse gesprungen ist! Kein Mensch hat eine Ahnung gehabt, was in dem Ding steckte ... nette Ueberraschung das! Aber in meiner ganzen Bedeutung werde ich mich erst offenbaren, wenn meine Schwester verheiratet sein und uns schnöde verlassen haben wird. Sobald entweder dieser Plumpsack von Ermil, oder der neu aufgetauchte hölzerne Herr, oder ein Dritter, was weiß ich, mir die Geliebte entführt haben wird. Das weißt du doch, daß dem Anbeter aus Holz ist? Sein Kopf ist auf den Hals angeschraubt; nachts nimmt er ihn ab und legt ihn beiseite zur Schonung.«

»Wera, aber Wera, bist du verrückt geworden!« rief Fräulein Titof, auf einen Stuhl sinkend.

»O, ganz und gar nicht,« machte die Kleine mit der aufrichtigsten Miene. »Sie würdigen nur meine Liebenswürdigkeit noch nicht genügend! Wenn ich all meine Geistesgaben entfaltet hätte, solange Agnes noch im Hause ist, so würden Sie, mein liebes Fräulein, unter allen Umständen den Kopf verloren haben, während Sie mit einer nach der andern leidlich fertig werden konnten. So, nun bin ich zu Ende und werde schweigen bis zum Hochzeitstag meiner erhabenen Schwester. Gute Nacht!«

Sie schlüpfte rasch unter die Decke und ließ kein Sterbenswort mehr von sich hören, und bald darauf verrieten ihre ruhigen Atemzüge, daß sie fest eingeschlafen war.

Fräulein Titof und Agnes traten ins Nebenzimmer.

»Das nenn' ich einmal eine Ueberraschung!« sagte die Erzieherin, die sich ganz vor den Kopf geschlagen vorkam. »Wer hätte das je hinter ihr gesucht?«

»Es fuhr mir schon hie und da durch den Sinn, daß sie nicht so zahm sei, wie sie aussieht,« erwiderte Agnes, »bin aber trotzdem ebenfalls überrascht. Die wird der Mama zu schaffen machen.«

»Glücklicherweise ist sie kaum zwölf Jahre alt; man kann also noch auf sie einwirken.«

Agnes lächelte unwillkürlich; sie wußte aus Erfahrung, daß gegen derartige Anlagen keine Einwirkung möglich, solange man nicht selbst den festen Willen hat, sie zu bekämpfen. Ihr Lächeln war jedoch nicht frei von Bitterkeit, denn sie war heute nicht geneigt, die Dinge leicht zu nehmen.

»Richtig ist's, daß dieser Semenof aus Holz geschnitzt ist,« dachte sie, als sie sich zur Ruhe legte. »Er ist so steif und langweilig wie eine Marionettenfigur! Glücklicherweise wird man ihn nicht mehr oft zu sehen kriegen; ich hoffe wenigstens.«

Darin täuschte sie sich nun gründlich. Semenof kam oft; mindestens zweimal in der Woche erschien er in tadelloser Toilette, und in der Zwischenzeit erlaubte er sich, Frau Surof Blumen und prachtvolle Früchte zu schicken; er nannte das, gute Nachbarschaft halten.

»Dieser Herr ist ein bißchen sehr artig,« bemerkte Dosia eines Tages, als sie einen Korb mit im Warmhaus getriebenen Weintrauben in Empfang nahm; »und das fängt an, mir peinlich zu werden, da ich seine Aufmerksamkeiten nicht erwidern kann, denn ich habe keine Lust ...«

»In zwei Monaten gehen wir nach Petersburg,« fiel Plato beruhigend ein.

»Zwei Monate, das ist in solchem Fall eine lange Zeit! Ich weiß übrigens nicht recht, weshalb mir dieser Semenof so lästig ist.«

»Lästig sein, ist des Mannes einziges Talent!« sagte Wera halblaut in ihrer Ecke.

Glücklicherweise hörte es ihre Mutter nicht, denn eben trat der Diener mit einem ungeheuren Pack herein.

»Der Kürschner schickt das,« meldete er, seine Last auf den Boden legend.

»Ach, das ist die Mutter von meinen Bären!« rief Agnes. »Mama, die müssen wir gleich besehen!«

Die Schnüre wurden durchschnitten, und der riesige Kopf einer Bärin größter Gattung kam zum Vorschein; bald folgten die Tatzen, und schließlich lag das ganze mächtige Fell ausgebreitet da.

»Was für ein herrlicher Teppich für deines Vaters Arbeitszimmer!« sagte Dosia, den dichten, dunkeln Pelz befühlend. »Aber der Wildgeruch ist noch unerträglich: man muß das Fell ein paar Tage an die Luft hängen, darf aber nicht vergessen, es nachts hereinzunehmen auf den Trockenboden.«

Man trug das Bärenfell sofort hinaus und breitete es auf einem Rasenplatz aus, wo die Septembersonne noch recht kräftig hin schien.

»Wir wollen meinen Bären Besuch machen,« schlug Agnes vor. »Ich habe mich schon so lange nicht mehr um sie bekümmert.«

»Unsre Bären,« berichtigte Wera.

Agnes sah sie scharf an, bedachte aber, daß Wera, da sie nun einmal angefangen sich aufzulehnen und andern Streiche zu spielen, wohl auch ihr Eigentumsrecht an den Bären geltend machen werde, und schwieg wohlweislich.

Dosia folgte den jungen Mädchen langsam und freute sich an allem, was ihr in die Augen fiel; sie hatte sich die wunderbare Fähigkeit, an allem und jedem Interesse zu nehmen, stets frisch erhalten, und das Leben war für sie voll unerwarteter Freuden und reizender Entdeckungen.

»Wie groß sie geworden sind,« sagte Agnes. »Ich bin mindestens vierzehn Tage nicht bei ihnen gewesen. Mischka, Mischka, komm her!«

Aber Mischka, der aufrecht auf den Hinterbeinen saß, schielte mit verdrießlicher Miene nach ihr hin. Sie stützte sich mit beiden Händen auf die Eisenstäbe des Gitters, um sich möglichst weit vorbeugen zu können; plötzlich stieß der andre junge Bär ein Gebrüll aus, streckte gleichzeitig Schnauze und Tatze vor, um nach der zarten weißen Hand zu greifen, die er jedenfalls für einen sehr appetitlichen Leckerbissen hielt.

Ohne einen Laut von sich zu geben, fuhr Agnes zurück, aber die Leichenblässe ihres Gesichts bewies zur Genüge, wie furchtbar sie erschrocken war. Dosia war herbeigeeilt und wusch mit ihrem in den Brunnen getauchten Taschentuch die tiefe Ritze aus.

»Es macht gar nichts, Mama,« versicherte Agnes. »Ich danke dir.«

Die Wunde blutete jedoch ziemlich stark, und alle drei kehrten ziemlich alteriert ins Haus zurück. Plato war eben nach Hause gekommen und sprach auf die Kunde von dem Vorfall hin sofort das Todesurteil über die beiden Tiere aus, und zwar sollte dasselbe noch am nämlichen Tage vollzogen werden.

»Es war sehr unrecht von mir, sie so lange zu behalten,« sagte er. »Die Tiere sind zu nichts nütze, höchstens ein Bärenführer könnte sie gebrauchen, und diese Tierquälerei ist mir zuwider. Sie eingesperrt zu halten, ist grausam und thöricht, wie wir nun genugsam erlebt haben.«

»Ich bitte dich, Papa,« sagte Agnes, »laß nur meinen Bären am Leben; es war der andre, der mich verletzt hat.«

»Damit der deinige morgen jemand anders beißt. Nein, Kind, es bleibt bei dem, was ich gesagt habe. Leiden sollen sie nicht, jeder bekommt eine Kugel durch den Kopf, damit ist alle Gefahr und Unlust beseitigt.«

Agnes war tief verstimmt. Seit ihrem Erlebnis bei dem Waldbrand hatten gefährliche Situationen für sie einen unwiderstehlichen Reiz, und der Schmerz, den ihr der empfangene Tatzenhieb verursachte, wog den berechtigten Stolz über ihr tapferes, würdiges Verhalten dabei nicht auf. Sie faßte den Beschluß ihres Vaters als persönliche Beleidigung auf und verfiel wieder in ihre unnahbare, menschenfeindliche Stimmung.

Gegen Abend erschien Wera, die sie zu trösten bemüht war, mit außerordentlich geheimnisvoller Miene.

»Agnes, thut dir die Hand sehr weh?« erkundigte sie sich.

» Sehr weh gerade nicht; aber sie schmerzt ziemlich stark.«

»Kannst du sie bewegen?«

»Nicht viel.«

»Nun, es ist ja glücklicherweise die linke. Höre, ich brauche deine Hilfe.«

»Wozu?«

»Heute abend kommen Ermil und Kola von ihrem Besuch bei dem alten Herrn Makof zurück; ich werde ihnen einen Possen spielen. Schwöre mir aber zuerst, daß du keinem Menschen etwas verraten wirst.«

»Wenn die Sache gefährlich ist, so werde ich ganz gewiß nicht schweigen.«

»Gefährlich ist sie ganz und gar nicht. Schwörst du?«

»Sage, was du vorhast; wenn es gefährlich ist, wirst du es unterlassen.«

»Gut. Ich vertraue dir. Höre also: die beiden wissen noch nicht, daß der Kürschner das Bärenfell geschickt hat; sie denken gar nicht mehr daran. Man muß ihnen einen Schrecken einjagen.«

»Aber wie?« fragte Agnes, welche sich von dem Gedanken angezogen fühlte.

»Heute abend, solange man beim Thee ist, muß das Bärenfell in ihre Stube gebracht werden. Wenn sie dann zu Bett gehen, wird's einen hübschen Skandal geben! Sie sind im stande und schießen das Fell mit Revolvern tot! Das wäre köstlich!«

Agnes dachte nach; sie hatte so gut wie ihre Mutter einen unüberwindlichen Hang zu derartigen Possen, gab ihm aber nur selten nach; diesmal war die Versuchung groß ... und obendrein grollte sie ihrem Vater noch, weil er ihren Bären zum Tod verurteilt hatte, und der Mutter, weil sie sich nicht zu ihren Gunsten verwendet.

»Das wäre zu machen!« erklärte sie. »Aber wenn wir erwischt werden, setzt es einen Zank!«

»Pah, als ob das was schadete!« erwiderte Wera, die Augenbrauen voll Verachtung in die Höhe ziehend. »Du könntest, meine ich, an derlei Predigten gewöhnt sein; Gelegenheit dich abzuhärten, hast du gehabt; und ich, ich muß mich daran gewöhnen! Wird mir oft genug passieren, das darfst du glauben!«

Agnes nickte beistimmend, es war ja richtig; einmal mehr oder weniger gescholten werden, das machte nicht viel aus, und im Grund ihres Herzens war es ihr nicht unwillkommen, der väterlichen Autorität Trotz zu bieten.

»Abgemacht also,« entschied sie mit ihrer gewöhnlichen Würde. »Um acht Uhr gehen wir ans Werk.«

»Deine Holzpuppe von Verehrer kommt zu Tisch, das stört uns am Ende?«

»Durchaus nicht; sie finden ja die Bärin doch erst, wenn sie zu Bett gehen.«

»Richtig! Gut also, wir werden es ausführen!«

Außer sich vor Freude fiel Wera der Schwester um den Hals und erstickte sie fast mit ihren Küssen, dann ging sie der Thür zu, kehrte aber gleich wieder um.

»Sag einmal, Agnes, wenn wir, statt diese beiden dummen Bengel zu erschrecken, das Ungeheuer in Fräulein Titofs Ankleidekabinett schleppten? Das würde vielleicht noch possierlicher werden?«

»Nein, Fräulein Titof darf nicht geängstigt werden,« sagte Agnes ernst und bestimmt. »Bei den jungen Leuten ist es etwas andres, und Kola hat uns schon ganz genug Possen gespielt, da ist's nur gerechte Wiedervergeltung.«

Der Hölzerne erschien gegen fünf Uhr, und Agnes sah auf den ersten Blick, daß er etwas Ungewöhnliches im Schild führte. Nicht daß Anzug oder Haltung anders gewesen wären als sonst, aber in seinen Bewegungen und seiner Sprache lag etwas besonders Feierliches und Einstudiertes.

»Heute geht's los, Agnes, sei auf deiner Hut!« flüsterte Wera leise, sich dicht an sie drängend.

Glücklicherweise traf gleich darauf auch General Baranin ein mit einem Viergespann von Schecken, auf das er sich um so mehr zu gute that, weil er die Gäule, deren Farbe, schwarz und weiß, eben nicht in der Mode war, um ein Spottgeld bekommen hatte. Man mußte sich das Gespann ansehen, und es ward allseitig belobt. Nur Semenofs Beifall war sehr kühl.

»Sie sind schön,« erklärte er, »und passen gut zusammen, aber das ganze Gespann ist und bleibt doch nur eine Kaprize. Klassisch ist es nicht.«

Kola, der soeben mit Ermil angekommen war, hörte diesen tiefsinnigen Ausspruch in nächster Nähe, und die Grimasse, mit der er sein Lachen zu verbeißen suchte, war so komisch, daß Agnes düstere Stimmung nicht stand hielt. Ueberdies zwickte Wera in ihrem Uebermut sie dermaßen in den Arm, daß sie hätte aufschreien können. Weitere Versuche der Selbstbeherrschung aufgebend, ergriff sie einfach die Flucht, flog in ihr Zimmer und warf sich lachend auf ihr Bett.

»Er ist freilich klassisch!« rief Wera, die ihr nachgeeilt war und sich zur Erhöhung ihrer Heiterkeit auf den Boden gelegt hatte. »Kolas Griechen und Römer sind einfach Lumpen dagegen! Von jetzt an heißt er der »Klassische« und nie anders!«

Die Tischglocke läutete.

»Wir werden gescholten,« rief Wera aufspringend. »Ist mir aber gar nicht unangenehm, ich bilde mir dann ein, so erwachsen zu sein, wie meine Schwester Agnes.«

Von allen Seiten strömte man zusammen in dem großen, taghell erleuchteten, prächtigen Speisezimmer. Dosia warf ihren Töchtern einen strengen Blick zu, der aber leider wirkungslos blieb, da beide die Augen mit rührender Sittsamkeit zu Boden geheftet hielten.

Agnes hatte ihren Platz neben Semenof, der ihre Flucht von vorhin nicht bemerkt zu haben schien. Er war außerordentlich liebenswürdig, und sie außerordentlich höflich. Leider konnte sie nicht umhin zu hören, daß Wera, die ganz ungezwungen mit Ermil oder Fräulein Titofs plauderte, in fünf Minuten mindestens zweimal den Ausdruck »klassisch« gebrauchte, und das während der ganzen Mahlzeit. Dadurch war Agnes in ihren Höflichkeitsbestrebungen etwas gehemmt, denn sie hatte immer Angst, plötzlich in ein unzeitiges Lachen auszubrechen.

Endlich ward die Tafel aufgehoben, und man begab sich in den Salon, um den Kaffee zu nehmen. Der General erklärte, daß er sich sehr bald empfehlen müsse, weil er mit seinem Viererzug, den sein Kutscher heute zum erstenmal fuhr, nicht spät heimkommen möge, zumal die Nacht, trotz des nahen Vollmondes, sehr dunkel sei und Regen drohe.

Die Schwestern tauschten einen vielsagenden Blick aus und machten sich leise aus dem Staub.

Das Bärenfell war auf dem Trockenboden; mit einer kleinen Lampe versehen, gelang es ihnen, dasselbe herauszuziehen, und indem eine den Kopf und die andre die Hinterpfoten anfaßte, schleppten sie es in Kolas Zimmer, das im obern Stockwerk lag. Die Stunde war sehr glücklich gewählt, denn sämtliche Dienstboten waren bei ihrer Mahlzeit in der Küche, die sich, wie gewöhnlich in russischen Landhäusern, in einem etwas entfernten Pavillon befand.

Eine Kerze ward angezündet, und die Mädchen breiteten das Fell auf verschiedene Art aus, bis sie sich endlich für die effektvollste entschieden hatten. Nach unzähligen Versuchen kam Agnes auf den Einfall, es über zwei Stühle zu breiten, so daß der Kopf etwa in Aughöhe des Eintretenden gestützt ward und das übrige dementsprechend aufgebaut. Das riesige Tier machte nun bei dem schwachen Kerzenschein und geschlossenen Vorhängen wirklich einen unheimlichen Eindruck. Nun ward das Licht ausgeblasen, die Thür zugemacht, und leise und vorsichtig schlichen die Missethäterinnen in den Salon zurück.

Die jungen Leute waren aus demselben verschwunden, und das Geräusch der Kugeln verriet, daß sie sich dem Billardzimmer zugewendet. Der General nahm eben Abschied von seinen Wirten, Wera lief eilends, ihrem Bruder dies mitzuteilen, und er und Ermil erschienen die Billardqueues in der Hand, mit denen sie militärisch salutierten, worauf der liebenswürdige Mann mit seinen rasch dahinsausenden Schecken verschwand.

»Könnte ich Sie einige Minuten sprechen?« fragte Herr Semenof in seinem süßesten Ton.

»Gewiß,« erwiderte Plato.

»Kinder,« sagte Dosia, »spielt uns etwas vierhändig.«

»Den Hochzeitsmarsch aus dem Sommernachtstraum?« fragte Wera so unschuldig, daß ihre Mutter sich täuschen ließ und zerstreut hinwarf: »Ja wohl, oder sonst etwas.«

Glückselig darüber, zog Wera die Schwester zu dem Flügel und verführte in ihrem Baß einen solchen Höllenlärm, daß Herr Semenof es einzig seiner etwas scharfen Stimme zu danken hatte, wenn er sich überhaupt verständlich machen konnte. Nach dem Marsch kam das Scherzo, nach dem Scherzo das Notturno. Dieses mußte entschieden pianissimo gespielt werden, und da Herr Semenof darauf nicht vorbereitet war, so vernahm man sehr deutlich den ganz unvorsichtig laut gesprochenen Satz: »Die Vorzüge des Reichtums sind nicht zu verachten. Ueberdies kann ich mich auch hoher Verbindungen rühmen; mein Großvater –«

Etwas unvermittelt schlug Wera einen schmetternden Accord an.

»So, wer sein Großvater war, das wirst du jetzt wohl nie erfahren,« flüsterte sie. »Das bleibt dir wenigstens erspart.«

Semenof hatte die Stimme sinken lassen, als er bemerkte, daß das Konzert keine so unglaubliche Anstrengung seines Kehlkopfs mehr nötig machte. Die Musik war im Begriff, in einem säuselnden Piano zu verklingen, als, dem Instrument gegenüber, eine Thür heftig aufgerissen wurde, ebenso heftig wieder zugeschlagen, und eins der Stubenmädchen, Agnes' Liebling unter denselben, schreiend wie ein wildes Tier hereinstürzte.

»Fräulein! Fräulein! Der Bär!«

Sie flüchtete sich unter den Flügel und umklammerte Agnes' Kniee so krampfhaft, daß sie ihr ordentlich weh that mit ihren scharfen Nägeln. Auch die würdevolle und feierliche Gruppe am andern Ende des Salons war erschrocken aufgesprungen.

»Da haben wir die Bescherung!« sagte Wera vor sich hin.

In der vorsichtig geöffneten Thür ward alsbald der Bärenkopf sichtbar, ein dumpfes Brummen ertönte, eine Tatze kam zum Vorschein, dann eine zweite, schließlich das ganze Ungeheuer und unter dem Fell beruhigenderweise Kola, der nicht ohne Talent brummte, obwohl die Stimme im Verhältnis zu der Größe des Tieres etwas schwach klang. Ermil kam mit ärgerlicher Miene hinterdrein; ersticktes Lachen ertönte aus dem Vorplatz, wo offenbar die ganze Dienerschaft versammelt war.

Hin und her wackelnd ging Kola auf das Klavier zu und warf das Fell vor seinen Schwestern zu Boden; das geängstigte Mädchen stieß einen gräßlichen Schrei aus, rutschte auf allen vieren davon, bis sie, an der Wand angelangt, nicht mehr weiter konnte und mit wirrem Haar und weit aufgerissenen Augen auf dem Boden sitzen blieb.

»Fräulein, Fräulein, der Bär!«

»Das ist wirklich im höchsten Grade unschicklich!« rief Dosia empört. »Derartige Scherze werde ich nie dulden. Geh hinaus, Nikolas!«

»Mama, ich bin schuldig!« erklärte Agnes tapfer. »Ich hatte das Fell in Kolas Zimmer gelegt –«

»Nein, Mama, ich bin schuldig; ich bin auf den Einfall gekommen,« unterbrach sie Wera. »Agnes hat mir nur geholfen und hat mit ihrer verbundenen Hand nicht einmal viel helfen können!«

»Jedenfalls ist alles mein Fehler,« versicherte Nikolas lebhaft, »hätte ich den Bären ruhig auf meinem Zimmer gelassen, so würde kein Mensch –«

Plato und Dosia standen in einiger Verlegenheit vor ihren drei mutigen Kindern, um so mehr als Semenof dem ganzen Auftritt beiwohnte, ohne einen Augenblick seine gewohnte Förmlichkeit und Artigkeit abzulegen. Nur als Agnes sich selbst schuldig bekannte, hatte er sich ein flüchtiges Lächeln gestattet.

»Gut, gut,« sagte Plato, »wir sprechen nachher darüber. Ich bitte Sie, mein Herr, eine Unterbrechung zu entschuldigen ...«

»Die nichts an meinen Wünschen ändert,« erwiderte Semenof sich verbeugend. »Ich halte an meiner Bitte fest, ja ich möchte fast sagen, daß ich mich mehr als je dazu gedrängt fühle. Ich schätze Geist und Humor sehr hoch und freue mich über alles, was aus diesen Eigenschaften hervorgeht,« setzte er mit einer ernsten Verbeugung, zu der fast erstickenden Agnes gewendet, hinzu.

»Daran thun Sie recht, mein Herr,« erwiderte diese, »mir geht es ganz ebenso, und deshalb sind mir Steifheit und Phrasen und alles, was daraus hervorgeht, so zuwider.«

Semenof verzog keine Miene; er wurde nur sehr bleich.

»Was für ein rasches Zünglein!« bemerkte er mit verbindlichem Lächeln zu Dosia. »Ich werde mir die Ehre geben, an einem mir von Ihnen zu bezeichnenden Tage unsre Unterredung wieder aufzunehmen –«

»Ich werde Ihnen schreiben,« fiel ihm Plato, der den Gast im stillen ins Pfefferland wünschte, ins Wort.

»Dafür werde ich Ihnen sehr dankbar sein. Meine Damen, ich habe die Ehre – ach, mein lieber Herr Surof, bemühen Sie sich doch nicht –«

Von Plato begleitet, zog er würdevoll ab, bestieg seinen Wagen und verließ Surowa.

Kola war, dem heftig hervorgestoßenen Wort seiner Mutter folgend, verschwunden, hielt sich aber in der Nähe, um zur Stelle zu sein, falls er gerufen werden sollte; Ermil hatte sich zu ihm gesellt.

»Das ist nett von dir,« sagte der unglückliche Junge zu seinem vernünftigeren Freund, »daß du nicht gesagt hast, daß du mich hast abhalten wollen.«

»Das würde dir nicht sehr zu gute gekommen sein!« erwiderte dieser ruhig.

»Ich habe nun einmal Pech!« rief Kola. »An einem andern Tage hätte Mama einfach gelacht. – Nun muß auch gerade dieser unausstehliche Geck da sein mit seinem Heiratsantrag –«

»Heiratsantrag?« fragte Ermil erschrocken.

»Natürlich, was denn sonst! Wera hat die Geschichte zuerst losgehabt, und sie hatte recht. Du siehst wohl ein, daß der Fall ernst ist, – mit einem Bären mitten in einen Heiratsantrag hereinzuplatzen! Wera wird mindestens acht Tage lang dafür büßen müssen.«

Während Kola sich solch trostlosen Betrachtungen hingab, hatten die Anstifterinnen des Unheils, als Plato in den Salon zurückkehrte, der Mutter schon alles erklärt und gestanden. Das Stubenmädchen, der man über ihre lächerliche Feigheit das Nötige gesagt hatte, war hinausgeschickt worden? Wera, die wie sie nachher sagte, »gründlich gewaschen« worden war, hatte sich zu Fräulein Titof begeben, die den ganzen Tag mit Migräne zu Bett lag, um ihr Herz auszuschütten. So war also Agnes allein mit ihren Eltern, und in ihr gärte eine Widersetzlichkeit, die sie selbst in diesem Maß noch nicht an sich kannte. Der kalte, fremde Ton, in dem die Mutter mit ihr sprach, empörte sie mehr als alles andre.

»Deine unselige Natur zeigt sich sogar jedem Fremden; der Mann kommt hierher, dir seine Hand anzubieten, und du beträgst dich wie ein ungezogener Schuljunge.«

»Der Spaß war an und für sich ganz unschuldig,« versetzte Agnes. »Peinlich wurde die Sache nur durch diesen Antrag, für den ich wahrhaftig nicht verantwortlich bin.«

Die Bemerkung enthielt viel Wahres, aber Dosia war nun einmal gereizt und wurde es durch diese Antwort nur noch mehr.

»Er redet dich höflich, ja respektvoll an, und du antwortest ihm wie ein schlecht erzogenes Kind.«

»Steifheit und Phrasendrechslerei sind mir eben unausstehlich,« versetzte Agnes trotzig und hochmütig.

»Agnes!« rief ihre Mutter empört.

Plato hielt es für angemessen, einzuschreiten.

»Geh auf dein Zimmer, Agnes,« sagte er, »denke heute nacht über dein Betragen nach, morgen früh wollen wir dann alles besprechen.«

Agnes trat zu ihren Eltern, um ihren gewohnten Gutenachtkuß zu erhalten, doch Dosia wandte sich ab. Plato legte dem jungen Mädchen mit einem unsäglich traurigen Ausdruck seine Hand auf ihr Köpfchen und sagte einfach und kurz: »Gute Nacht!«

Der Ernst und die Innigkeit, die in dieser Berührung lagen, bewegten das junge Mädchen aufs tiefste. Ihre Augen füllten sich mit Thränen, und hätte ihre Mutter einen einzigen Blick auf sie geworfen, sie wäre ihr zu Füßen gesunken und hätte ihre Verzeihung erfleht. Aber Dosia war verstimmt und wollte bei ihrem Schweigen verharren, und so ging Agnes mit dem Gefühl fort, eine große Ungerechtigkeit erfahren zu haben.

In ihrem Zimmer fand sie Wera, deren Thränen flossen wie »'s Bächlein auf der Wiesen«, und die, nachdem sie Auge und Nase eben mit Hilfe ihres vierten naßgeweinten Taschentuchs getrocknet hatte, nun leidenschaftlich der eintretenden Schwester an den Hals flog.

»Meinetwegen, alles meinetwegen, Herzensschwester, mein Engel,« schluchzte sie.

Agnes war nur äußerlich hart und stolz; sie erwiderte die Liebkosungen Weras mit einer Zärtlichkeit, die dem schuldbewußten kleinen Wildfang um so wohler that, als sie ihr an der Schwester ganz neu war. Nachdem sie das aufgeregte Kind zu Bett befördert und noch herzlich geküßt hatte, trat Agnes in das nebenan liegende Schlafzimmer Fräulein Titofs. Ein Nachtlicht brannte darin; das arme Fräulein hatte nach einem qualvollen Migränetag noch einen harten Sturm auszuhalten gehabt, als Wera in ihrer Verzweiflung heraufgestürzt war.

»Nun?« fragte sie, sich mühsam ein wenig aufrichtend, Agnes, »wie ist die Sache für dich abgelaufen?«

»Sehr schlecht! Ich bin vollkommen und sehr ernstlich in Ungnade.«

»Wie denn das? O mein Gott!«

»Weil dieser Dummkopf von Semenof sich einfallen ließ, mir seine kostbare Person anzubieten, und ich ihm rundweg die Thür gewiesen habe.«

»Das hast du gethan?«

»Ganz gewiß. Ich möchte wohl sehen, ob ich gezwungen werden kann, mich zu verheiraten, wenn ich nicht will.«

»Aber, Kind, so etwas verlangt ja kein Mensch von dir.«

Agnes griff nach einem in der Nähe liegenden Stückchen Papier und fing in nervöser Aufregung an, es zu zerknittern.

»Ich weiß nicht, was man von mir verlangt. Ich weiß nur, daß man mich behandelt hat, als ob ich ein Verbrechen begangen hätte, und daß ich das nicht verdient habe!«

Das Papier knisterte und krachte unter ihren bebenden Fingern, als ob es Herrn Semenofs Gelenke wären.

»Laß das Papier in Ruhe, mein Liebling,« sagte Fräulein Titof sanft. »Es ist mein Paß, den man mir soeben gebracht hat; er ist ausgefertigt für Moskau. Nächste Woche wollte ich abreisen, aber wenn du in einer so trostlosen Lage bist, wird es besser sein, ich schiebe die Reise auf. Freuen könnte ich mich doch über nichts, solange ich dich bekümmert und gedrückt weiß.«

Agnes hatte das Blatt auf den Tisch gelegt.

»Nun ja,« sagte sie, den Kopf zurückwerfend, »es wird ja alles werden, wie Mama es haben will. Aber ich habe nichts Unrechtes gethan. Wenn meine Eltern geglaubt haben, daß ich die Bewerbung eines so lächerlichen Menschen, wie dieser Semenof, für etwas andres halte, als für eine Beleidigung, so beweist das nur, daß sie mich nicht kennen.«

»Aber, liebe Agnes, sie haben ja nie daran gedacht, seinen Antrag anzunehmen! Dessen bin ich gewiß!«

»Dann ...«

»Dann ist dies noch immer kein Grund, unhöflich gegen ihn zu sein! Ein wenig Klugheit ist im Leben ...«

»O jawohl, nur bin ich eben keine Diplomatin!« warf Agnes hochmütig ein. »Gute Nacht, liebstes Fräulein; es thut mir leid, daß ich Ihnen heute zu Ihren Schmerzen hin noch diese Aufregung Bereitet habe.«

So zog sie sich zurück, ohne daß ihr Trotz gebrochen worden wäre, und die ganze Nacht wiederholte sie sich: »Ich habe nichts Unrechtes gethan, nein, ich habe nichts Unrechtes gethan!«


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