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Ein paar Worte über alte Mädchen.

»Wir unverheiratheten Männer finden selten ein Gespräch von alten Jungfern besonders interessant; und dies kommt davon her, weil solche Damen gewöhnlich einen etwas gezierten und sonderbaren Ton annehmen. Einige sind dem männlichen Geschlechte im Allgemeinen etwas gram, da es sie vergessen zu haben scheint, und benehmen sich deshalb unfreundlich und unartig gegen jeden Cavalier. Andere geben sich sehr zuvorkommend, und bei ihrem Streben, jünger zu erscheinen, als sie sind, erheucheln sie eine übertriebene und kindische Lebhaftigkeit; sie lachen, scherzen und kokettiren auf eine Art, die ihnen durchaus nicht kleidsam ist, wogegen die Meisten aus einem an sich respectabeln, aber übel angebrachten Stolze und einer gewissen Empfindlichkeit jedem jüngeren Manne so viel als möglich ausweichen und ihm, wenn er sie anredet, solche Antworten geben, die in ihrer einsilbigen, oder scheuen und verlegen pikirten Fassung nur darlegen, daß die Patientin ihre Ansprüche an das andere Geschlecht noch keineswegs aufgegeben hat.«

( Schwedischer Roman von einer Dame.)

»Die beiden alten Jungfern hatten, beiläufig gesagt, kleine runde funkelnde Augen, die wie Vogel-Augen aussahen – sie zeigten überhaupt viel Ähnlichkeit mit Vögeln, nämlich ein rasches, munteres, zuckendes, aufhüpfendes Wesen und eine kleine neckische Gewohnheit, ihr Gefieder zurechtzuschütteln, wie Kanarienvögel thun.«

( Kopperfield von Boz Dickens.)

Man nennt heute die Mädchen, welche die Mündigkeit passirt haben, alte Jungfern, und doch haben sie erst in diesem Alter Verstand und Liebenswürdigkeit entwickelt. Nichtsdestoweniger ist der Instinct und der keckliche naturstolze Uebermuth eines siebenzehnjährigen Mädchens für den reifen Mann eine bessere Ergänzung, als der zahm, mürb und liebenswürdig gewordene Sinn und Geist einer Jungfrau von siebenundzwanzig oder dreißig Jahren. Es giebt freilich wenig Männer von fünfunddreißig und vierzig Jahren, die es mit einem so knospig-herben Mädchen, mit einer eben aus dem Ei geschälten Eva wagen; es giebt wenig Männer von fünfundzwanzig und dreißig Jahren, die in so einen fest am Stengel sitzenden Pfirsich mit dem Blüthenstaube hineinbeißen dürfen.

Man muß für dies Experiment etwas vom Adam an sich haben, wenn nicht aus der naturstolzen und inspirirten Eva nach dem ersten Kindbett eine sinnlich-triviale Schlump-Liese werden soll.

Auch ist gewiß, daß man nicht ein reifes Weib von Geist und Race mit einer gewöhnlichen, an Leib und Seele dürftigen, grünen Johannisbeere, oder mit einer Birne vergleichen soll, die auf Stroh nachreifen muß. Aber dasselbe Mädchen, welches mit siebenundzwanzig Jahren Reize des Körpers und der Seele bewahrt hat, war gewiß reizender mit siebzehn Lenzen! Schon weil sie bildsamer war und ihre Fügsamkeit nicht ein Product der Reflexion und Veropferung zu sein brauchte. – Jung gefreit, hat Niemand gereut. Die reine Vernunft thut es bei'm Heirathen noch weniger als das unvernünftige Herz.

Ueber die Prüderie und Narrheit der sogenannten alten Jungfern kann jeder Dummkopf spotten, aber das begreifen selbst die gescheutern Leute nicht, was es für eine herzbrechende Tragödie um ein gealtertes Mädchen ist, und wie impotent nicht blos der Geist, sondern sogar das Herz eines sehr jungen Mädchens sein kann.

Es ist eine Täuschung und Dummheit, welche durch die lüsterne Sinnlichkeit eben der gebildeten Männer verschuldet wird, daß man wähnt: kaum mannbar gewordene Mädchen wären für Liebe und Leidenschaft reif. Sinnlichkeit muß durch Verstand potenziirt und zum Bewußtsein gebracht, in die Seele muß durch Geist eine Perspective hinein gedacht und gekämpft werden, und der Geist selbst will am Gegensatz der Sinnlichkeit und Phantasie zur Entfaltung seines unendlichen Reichthums befruchtet sein: solche Prozesse sind es, welche die Mysterien der Liebe groß ziehen. Die Backfischchen sind (der heiligen Natur sei es gedankt) zu unschuldig, zu naiv-sinnlich, zu elementar, zu wenig polarisirt, um dem Luxus der Sinnlichkeit wie des Geistes gewachsen zu sein; sie sind zu sehr Kinder, um den Bruch von Natur und Geist reflectirt und in dieser Reflexion Seele und Sinnlichkeit potenziirt zu haben: dies fühlt jeder verständige Mann. Daß aber in nordischen Ländern ein achtzehnjähriges Mädchen, zumal aus dem niedern Bürgerstande und auf dem Dorfe, nur ein großer Backfisch ist, das fällt eben den geistreichsten Männern, die zugleich die üppigsten sind, gar zu selten auf's Gewissen und nie auf's Herz; denn sonst würden sie nicht so blind und grundsätzlich für junge Mädchen vor dem zwanzigsten Jahre eingenommen sein. Den blasirten Subjecten gilt ein Frauen-Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren schon für die Wüste, die außerhalb des Paradieses der Liebe und Leidenschaft gelegen ist. Zu einer Ausnahme von der Regel werden nur die conservirten und wohlhabenden Wittwen gezählt.

Ein deutscher Mann, der ein deutsches junges Mädchen geheirathet hat, macht, wenn er kein ganz roher, gemüthloser Ehetyrann ist, die Erfahrung, daß uns die Ehe nicht nur in die geistigen und sittlichen Mysterien der Liebe, sondern durch dieselben auch in die sinnlichen einführt, ohne daß dabei eine andere Verschuldung zu erwachsen braucht, als die, welche in unserer Menschennatur überhaupt beruht. Es ist aber ein Elend, daß gewöhnliche Mädchen, wenn sie sich zu jung einem Manne verbunden sehen, der weder ihren Geist zu entwickeln, noch ihren Körper zu schonen und zu pflegen versteht, verwelken und vermuttern, ohne in irgend einer Periode vollkommen reif und durch den Wechselhauch von Geist und Sinnlichkeit reizend zu sein. Ein Elend ist es, daß die gereiften Mädchen in dem Bewußtsein, dem Manne nicht mehr ein Gegenstand der Leidenschaft zu sein: Unbefangenheit, Heiterkeit, Grazie, Gesundheit und Liebreiz verlieren. Kein verständiger Mann wird dem andern einreden wollen, daß ein ganz verblühtes, aller sinnlichen Reize ermangelndes Mädchen durch Geist, durch Tugend und Hingebung allein dem Manne das erreichbare Ziel eines ehelichen Lebens verwirklichen kann; aber Jugend und Schönheit haben ohne Geist und ohne Schwärmerei keine Kraft. – Die Stetigkeit und Concentration des Geistes verleihen der Liebe erst Treue und Potenz. Ohne Geist bleibt die Leidenschaft ein wetterwendiger Naturalismus, ein April und Mai, dem die Gluth und phantastische Ueppigkeit des Sommers und der fruchtreifende Herbst gebricht.

Blumen haben ihren Duft und ihre Schönheit; aber erst die Frucht ist die Realität der Blüthe; der Wein ist etwas Vollkommeneres als die Traube, und der alte edle Wein unendlich edler als der süßeste Most.

Jugendliebe, Brautliebe kann ein Mousseux von echtem Weine sein, aber der perlende Nectar, welcher nicht mehr süß auf die Zunge fällt und mit sanfter Wärme alle Nerven und Geister belebt, ist das wahre Götter-Getränk. Gewöhnliche Jugendliebe, Studentenliebe, gleicht einem Schaume, wenn's solide und echt hergeht, einem Champagner-Schaume; aber die Geist und Liebe erquickenden Weine zieht man auf dem Faß und versetzt sie mit keinem Liqueur. Nie wird ein vollkommen an Geist und Körper gereiftes Mädchen ihrer Liebe ungetreu werden; sie giebt sich dem Manne, der sie wählt und liebt, mit der ganzen Kraft eines dankbaren Herzens zu eigen; sie vergöttert seinen Geist, wenn sie sich von diesem Geiste geachtet und durch ihn mit Leidenschaft geliebt fühlt. Es giebt keinen Cultus, der dem eines Weibes gleichkäme, für den Mann, der ihrer Gemüths-Schönheit und Geistes-Reife den Vorzug vor sinnlicher Schönheit gab. Sie hängt dem Manne mit unversiegbarer Schwärmerei an, und selbst die Mutterliebe, diese wahrhaftige Natur-Religion, muß einer solchen Gattenliebe nachstehen. Noch steht ein Erfahrungssatz sogar physikalisch fest: Alte Mädchen bringen die an Geist und Körper begabtesten Kinder zur Welt.

Wenn es irgend ein Sprüchwort giebt, welches mit so viel Einschränkungen behaftet ist, daß sie die Regel absorbiren, so gehört das Dictum » Jung gefreit, hat Niemand gereut« in diese Kategorie. Bei den Bauersleuten reparirt sich das » zu früh« dadurch, daß der Knecht gern ein Mädchen heirathet, welches mehrere Jahre älter und ihm an Intelligenz überlegen ist, wiewohl hieraus die Inconvenienz erwächst, daß ein kräftiger Mann sich zuletzt an eine ganz verblühte Ehefrau gebunden sieht.

Wer aber die Beispiele für den Unsegen einer Ehe, die in den Jahren der körperlichen und geistigen Unreife geschlossen wird, in Masse kennen lernen will, der muß sie in südlichen Ländern und bei uns unter den Juden in's Auge fassen. Die geistige und körperliche Corruption so vieler jüdischer Individuen hat ihren Hauptgrund in der orientalischen Sitte einer frühen Heirath, denn sie pflegt sehr natürlich von einem Kindersegen begleitet zu sein, der sich mit einer sorgfältigen Ernährung und Erziehung bei den armen Klassen nicht verträgt. Frühe Heirathen im Volke erzeugen das Proletariat. Die jüdischen armen Ehen sind nichtsdestoweniger glücklicher als die der armen Christen, weil der Jude weniger brutal und ausschweifend, und weil er bei seiner exclusiven Stellung auf ein Familienleben angewiesen ist.

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