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VII.
Frauen-Malheur.

»Häßlichkeit entstellet immer
Auch das schönste Frauenzimmer.«

Die Blüthezeit der Frauenzimmer ist zugleich ihr eigentliches Leben. Wie mit glühendem Purpur umsäumt die Jugend alle Gestalten, und ein bunter Frühling schmückt selbst die Dornenhecke der Frauen-Caprice mit süßduftenden Blumen. Nicht besondere Schönheit, nicht ein ungewöhnlicher Verstand, nur jene Blüthezeit, irgend etwas, sei es im Aeußern oder im Ton der Stimme, was an sich kaum eine flüchtige Aufmerksamkeit erregen kann, reicht hin, dem Mädchen überall die Verehrung selbst geistreicher Männer zu verschaffen, so daß sie unter den Ueberreifen ihres Geschlechts als die Königin des Festes auftritt. Aber nach dem unglücklichen Wendepunkte (zwischen der Jugend mit und ohne Blüthenstaub) verschwinden die schimmernden Farben. Mit der mangelnden Gefühlswärme und Einbildungskraft, mit der idealen Leidenschaft verliert sich auch jene Regsamkeit des Geistes, die am jungen Weibe Jeden entzündet, der in ihre Nähe kommt. Keine Frau wird im Stande sein, die Tendenzen zu ändern, welche sie in jener goldenen Zeit der Jugend hatte; war sie damals in Irrthümern des Verstandes oder des Geschmacks befangen, so nimmt sie dieselben in's Grab – sagt Callot Hoffmann – d. h. also mit andern Worten: An Frauen ist Jugendthorheit und Untugend weiser und liebenswürdiger, als Altersweisheit und eine Tugend, die Niemand mehr in Versuchung führen will, wofern dies aber geschieht, hält alte Jungfern-Weisheit so wenig Stand als Schnee, wenn die März-Sonne mit ihm kokettirt.

Ein schönes, herrliches Weib, das unvermählt bleibt, ist eine stille und doch laute Anklage gegen alle Männer.

Ein rechter Mann muß die Kraft, den Witz und Willen haben, ein rechtes Weib um den Preis seines Lebens zu erobern, sie sei eine Kokette oder nicht; denn wo der echte Mann und Adam erscheint, ist die Kokette eben nur Weib und Eva. – Koketterie treibt ein Weib immer nur mit weibischen Mannsbildern; nur sie erschrecken, wenn ihnen das echte Weib einmal naht – im Gefühle ihrer Unmacht und Unmännlichkeit. Die Frau legt immerdar vom Manne am zuverlässigsten Zeugniß ab, und der Standpunkt der Frauenbildung in einem Lande von dem der lebendigen oder todten Bildung daselbst. –

Alt, häßlich, arm und mittelmäßigen Geistes, obenein gebildet und bei universellem Appetit, ja, für Luxuslebensarten disponirt zu sein, ist ein heilloses Recept für einen Mann; für ein Weib aber eine heillose Lächerlichkeit, wenn dies complicirte Malheur durch Sittlichkeits-Prätensionen parirt werden soll. Jugend und Schönheit gehören zum Weibe, wie die Blätter und Blüthen zum Baum, wie Fleisch und Blut zum lebendigen Leibe, wie das Athmen zum Leben. Das Weib ist eine Priesterin, eine Incarnation der Natur, und das kann sie nur bei Jugend und Schönheit sein. Häßliche, dürftig ausgestattete Weiber berauben den Mann von vorn herein der Illusionen, in welchen allein ein Verkehr zwischen den Geschlechtern erquicklich und natürlich sein kann. Jugend und Häßlichkeit ist vollends ein Widerspruch. Ob wir unsere Unschönheit und Misère verschuldet haben oder nicht, ändert das garstige Factum nimmermehr. Der Kretin kann auch nichts für seine garstige Existenz und Façon. Zuletzt gilt doch nur die Frage: bin ich Mensch oder Thier, glücklich oder unglücklich organisirt und in Welt-Scene gesetzt? – Was hilft alle Bildung und Kunst ohne die Gaben des Himmels. – Am Weibe will der Mann eben die Eva, die Gunst der Götter und die Gaben einer durch Kunst veredelten Natur bewundern; er will sich an ihrer Schönheit und Fülle berauschen wie am Duft und an der Farbe der Rose; in ihren Armen vergessen, daß es Schule, Arbeit, Misèren, und langweilige Pflichten giebt.

Ein schönes, aber geistloses Weib kann dem Manne wenigstens einen Naturgenuß gewähren; was fängt aber der geistvolle oder gelehrte Mann mit häßlichen Weibern an, welche die stiefmütterliche Behandlung der Natur durch Geist und Kenntnisse, oder durch die delikatesten Façons aufbalanciren wollen? Alles was ein Weib gelernt hat, ist doch kaum Schulbuben-Kram; was sie mit Worten ausspricht, dilettantisch-trivial, affectirt, ohne scharfe Zeichnung und ohne kräftiges Colorit. – Der lebendige Redestyl braucht philosophische Gedankentiefe, Charakterkraft und volle Verstandesfreiheit. Diese Qualitäten eignen aber nur dem männlichen Geiste. Das Weib darf nicht freigeisterisch sein und am wenigsten sich so äußern. Sie ist nur interessant und in ihrem Element, wenn sie von Liebe und Eitelkeit inspirirt, von dem Bewußtsein ihrer Jugendreize getragen und von einem schönen Naturstolz geschwellt, am Manne ihre tausend kleinen Künste und diplomatischen Wissenschaften probirt, wenn sie ihn mit ihren Natur-Zaubereien umspinnt; – mögen sie dem April, dem Mai, dem Juli oder dem September gleichen, sie sind unendlich schöner als die regnerische oder frostige Gouvernanten-Prüderie.

Ein Mann kann durch Künste und Wissenschaften, durch Weisheit und Verdienst Ersatz für seine verlorene Jugend gewinnen, ja er darf glauben, daß auch das Weib diesen Ersatz vollgültig honorirt, aber für ein gealtertes Mädchen giebt es keine Verjüngung und keine Entschädigung. Sie kann ihr Jugend-Paradies, ihre Jugendscham und die Zeit ihrer Triumphe keinmal vergessen. Diese Grundstimmung muß sich in einer würdigen Haltung bekunden, in einen mehr ernsten als unbefangenen und scherzhaften Ton kleiden. Alter Jungfern-Humor hat etwas unerträglich Abgeschmacktes, schon weil er forcirt und widernatürlich ist. Humor deutet auf einen Bruch zwischen Natur und Geist, zwischen Ideal und Wirklichkeit, auf ein Schisma von Gefühl und Witz, das nur dem reifen Manne, aber nimmermehr dem Weibe kleidsam ist, da sie uns ein Bild des Friedens und der harmonischen Verschmelzung aller Gegensätze sein soll. – Ein Weib, welches die Genugthuung, die Würde und die Freuden der Mutterschaft nicht kennen lernte, ist eine himmlische Tragödin; ihre absolute Unbefangenheit kann nur als Gefühllosigkeit und Flachheit wirken. Ihr Humor aber ist vollends Grimasse und Caricatur.

Es giebt gebildete Weiber, die ungeachtet dessen, daß wir von ihrer Ehrbarkeit überzeugt sind, gleichwohl durch einen Mangel an weiblicher Würde verletzen, der nur die Diagnose der Unjungfräulichkeit ist. Solche Frauenzimmer brauchen nicht eben etwas zu verschulden, was den Anstand beleidigt; unser Gefühl macht ihnen daraus eine Schuld, daß die Schämigkeit sich nicht umduftet und wie ein Flaum umhüllt. Es ist mit der Jungfräulichkeit wie mit Trinkwasser, es muß aus der Quelle geschöpft und eiskalt sein.

Wo die Jungfräulichkeit nicht einen Hauch ausströmt, wie Rosen und Lilien im Morgenthau: da kann nicht mehr von Natur-Mysterien und Entzückungen die Rede sein. Die griechische Phantasie zeigt sich mit ihnen vertraut, indem sie die Göttin der Schönheit und Liebe aus dem Schaume des Meeres geboren werden läßt.

Ein Weib, das seinen Leib nicht als einen Tempel der Natur, als einen Altar empfindet, das weder an seiner Jungfräulichkeit, noch an seiner Liebe und Schönheit, noch an seinen Mutter-Gefühlen ein Heiligthum zu verwalten hat, ist ein säcularisirtes, ein reizloses Geschöpf.

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