Ferdinand Freiligrath
Neuere politische und soziale Gedichte
Ferdinand Freiligrath

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Zur Feier der abermaligen Aufweichung des berühmten Afrikareisenden Gerhard Rohlfs

in der Neckarsulmer Aufweichungs-Anstalt für eingetrocknete Wüstenpilger.

Februar 1875

Bei Tunis und weiter südlich,
Querhin durch Afrika,
Da ist es ungemütlich,
Heiß brennt die Sonne da.
Das Land ist sandig und dürre,
Man nennt das Wüstenei;
Der Vogel Strauß, ganz kirre,
Legt häufig dort ein Ei.

Nun Weh' den tapfern Männern
Voll Geist und Mut und Kraft,
Die dort auf staubigen Rennern
Nachjagen der Wissenschaft!
Wohl dürstet sie's nach Wissen,
Doch andern Durstes auch
Sind duldend sie beflissen
Im brennenden Wüstenhauch.

Da fällt kein Tau, kein Regen,
Da wird der Mensch nicht naß;
Da spendet seinen Segen
Kein Brunnquell und kein Faß.
Da klingt nicht Römer noch Seidel,
Da fließt nicht Wein noch Bier,
Da füllt kein sorglich Maidel
Das leere Liter dir!

Da wächst nicht Käs' noch Rettich, –
O traurige Natur!
Da tönt es dumpf: » O hält' ich
Einen Schluck, einen einz'gen nur!
«
Rings Dürsten, Dürsten, Dürsten!
Und ewig ungestillt!
Darob den Mohrenfürsten
Der Kamm vor Freuden schwillt.

Sie grinsen mit Teufelswonne; –
Die Reisenden derweil
Ziehn weiter in der Sonne,
Der Durst ihr einzig Teil.
Auf Dromedar und Pony,
Wie kann es anders sein?
Ereilt sie das Los Tithoni, –
Sie schnorren schimpflich ein.

Und ob man auch Straußenfedern
Auf ihren Hüten schaut, –
Sie verdorren, sie verledern,
Sie kehren nur heim als Haut.
Ja, Mumien schier geworden,
Landen sie bei Triest;
Du schallt eine Stimm' aus Norden:
»Ihr Männer, trinket fest!

»Was gilt's, mit Spritz' und Trichter
Aufweicht euch, unweit Ulm,
Der Oberamtsscharfrichter
Ganzhorn zu Neckarsulm!
Herbei denn, ihr Verkrümbten!
Herbei, und habt es gut
In seinem weltberümbten
Aufweichungsinstitut!

»Schon half es zum Erstaunen,
(Hei, Zapfen, Spund und Schlauch!)
Dem biedern und sehr braunen
Diamantenfinder Mauch;
Und auch dem Reichsgesandten
Beim Ammon, unserm Rohlfs,
Dem gänzlich gelb Gebrannten,
Zu frischem Rot verholf's!

»Auf denn, ihr Ehrenfesten!
Prüft, was ich leisten kann!
Schon stach ich, euch zum Besten,
Zwei neue Fässer an!
Schon kränzen eure Becher,
Und prügeln sich dabei,
Die jugendlichen Zecher:
Meine Söhne, meine zwei!

»In ihren ersten Höslein,
Trinkbar und prügelbar,
Aufblühn sie wie zwei Röslein,
Ein stattlich Brüderpaar!
Der Hermann und der Hämus,
Schenkbuben brav und lieb,
An Romulus mahnend und Remus –
(Heißt das, dem Reim zu lieb!)

»Somit euch nicht gezieret!
Bereit schon steht das Bad!
Auch hab' ich für euch mundieret
Von der Reblaus meinen Traktat!
Den wollen wir besprechen
In den Pausen eurer Kur!
O, dieser wüsten, frechen,
Verderblichen Kreatur!

»Weh, daß sie je entkrochen
Dem Ei!« – Wie er noch spricht,
Hört man bereits ein Pochen
Am Oberamtsscharfgericht.
Herein! Nun Händereichung
Und Schütteln: – »Ja, mir holf's!
Zur zweiten Auferweichung
Stell' ich mich ein, dein Rohlfs!«

»Was, Rohlfs? Hei, Muskateller!
Nicht wahr, die Wüste brennt?
Sofort ein Bad! Zum Keller,
Doktor und Patient!«
In den geheimnisreichen
Mit Jodeln ziehn sie ein
Zu seinen mystischen Bräuchen – –
Da lassen wir sie allein!


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