Ferdinand Freiligrath
Neuere politische und soziale Gedichte
Ferdinand Freiligrath

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Geburtstagsgedicht für Heinr. Köster.

Zum 11. März 1850.

»Des Lebens Unverstand mit Wehmut zu genießen, ist Tugend und Begriff.«

Froh zum Werke der Ernährung
Bei der ersten Frühdämm erung
Hebt der Kustos sein Gebein;
Fährt sodann mit beiden Händen
In des weiten, wohlhab enden
Schlafrocks Ärmel kühn hinein.

Ja, im Aug' des Gähnens Tränen,
Hüllt er sich in den samt enen –
Wie ein Sultan steht er da;
Wirft sich auf den Divan rüstig,
Räuspert sich und schlürft woll üstig
Den gefeierten Mokk a.

Plötzlich lärmt es auf den Stiegen –
Polternd grüßt ihn der lust igen
Busenfreunde wildes Heer:
Eichmann, Stolz der Handelsräte,
Schau'nburg, der Verheirat ete,
Und der sparende Schell er.

»Hurra!« rufen die Fidelen,
Drücken stürmisch des Edelen
Seidelkund'ge Biederfaust;
Bitten ihn mit Wort und Blicken,
Gleich mit ihnen zu frühst ücken,
Wo das Bier vom Zapfen braust.

Er drauf: »Freunde mir auf ewig!
Sei es! führt mich zum Lud ewig!
Sei es! feiern wir den Tag,
Wo, gehüllt in Leingewänder,
Ein dieselben bekack ender
Kustos in der Wiege lag:

»Als ein Knäbchen feist und wählig,
Als ein Kindelein löb elich,
Als ein kaum geborner Sohn!
Ach, wie fliehen die behenden
Jahre einem froh Trink enden –
Dreiundvierzig werd' ich schon!

»In den Ludwig denn! Kommt alle!
(Recht auch ist mir die Bockh allePhilipp Memmingers Restauration.
Philipps Meth verschmäht' ich nie!)
Später dann, um klug zu rasten,
In den trefflichen Malk asten!
Ganz zuletzt in den Ant i!Der Antimusikverein, eine Gesellschaft, zu welcher keine Harfenmädchen usw. zugelassen wurden; dafür wurden Beiträge gegeben, wofür im Winter Brot- und Kohlenkarten an die Armen verteilt wurden.

»Kommt denn, ihr allstündlich Nassen!
Doch, wo habt ihr den Ins assen
Köllens, meinen Ferdinand!
Ihn, der weiland bei Kanale
Sang und Trekschuit: »die Wagsch ale
Schwebt in des Weltr ichters Hand« –?

»Ausgeblieben? Ha, Verwöhnter!
Sah mich nicht noch dein siebz ehnter
Juni vorig Jahr in Köln?
Bracht' ich dir nicht gar ein Bildchen
Von Biskuit? – Schmach dem gleichg ültigen,
Dem vergeßlichen Gesell'n!

»Kommt!« – So nun zum Festbier eilt er!
O, wie falsch doch beurt eilt er
Jenen Edlen und wie hart!
Ihn, den Hehren und den Heros,
Der, (nun merke, Rhinozs eros!)
Eben abdampft von Bopp ard!

Der das erste Lied der Lerchen
Durch das offne Schiebfenst erchen
Der Kajüte fromm geneußt;
Und sodann, gerührt wie keiner,
Sich ein Römerglas Nierst einer
Hinter die Krawatte geußt!

Kann er mehr tun an dem Tage
Dreiundvierzigster Aufl age
Jenes Werks: »der Kinderfreund?«Köster hieß, als beliebter Lehrer, bei seinen Bekannten »der Kinderfreund.«
Ist ein Römer Wein geringer,
Als ein Seidel bei Memm inger?
Ist, wer Römer leert, ein Feind?

Kann, wer oben auf dem Rheine
Bess're kostet als Tischw eine,
Kann er zu derselben Zeit
Schlürfen auch der Düssel Güter –?
Edler Haas,Der Maler Peter Hasenclever, gest. 16. Dez. 1853 sei du Arb iter!
Schlichte billig du den Streit!

Bis ihn dein Verstand, der scharfe,
Ausgleicht, feire die Goldh arfe!
Drum einstweilen jetzt Bast a!
Rast', o raste, weiche Flöte!
Rast', o Zithar auch! Et cete-
Ra! – jawohl: Et cetera!
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