Ferdinand Freiligrath
Neuere politische und soziale Gedichte
Ferdinand Freiligrath

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Trinkspruch

Zur Kindtaufe in Neckarsulm am 28. Februar 1869.Täufling: Hermann Ganzhorn.

Die Becher gefüllt! Er lebe!
Dem Helden des Tages ein Hoch!
Ein Hoch in dem Safte der Rebe,
Die sein Vater, der kundige, zog!
Dem Kleinen, dem Guten, dem Frommen,
Der gelassen sein Schläfchen jetzt hält,
Ein Hoch und ein fröhlich Willkommen
In der schönen, der fröhlichen Welt!

In der Welt, die von Wonnen und Tonnen,
Von Lauben und Trauben so voll;
In der Welt, drin er lustig sich sonnen
Und lustig heranwachsen soll!
In der Welt, auf dem ird'schen Theater,
Das er mutig beschreite fortan;
Das er schmücke, wie vor ihm sein Vater,
Als ein tapf'rer, ein »trinkbarer« Mann!

Nicht ratlos beginnt er die Reise,
Der Knabe von wackerer Art;
Drei Räte, drei würdige Greise,
Sie wünschen ihm Glück auf die Fahrt;
Ein Baurat (wie der gibt es wen'ge!),
Ein Hofrat, ein Freiligrath, –
Sie sind, schier wie heil'ge drei Kön'ge,
Der Wiege des Kindleins genaht.

Und freu'n sich, und sehen es liegen,
Und segnen's mit Wort und mit Blick,
Und sagen den Schwestern: Hübsch wiegen!
Und wünschen der Mutter Glück.
Und reden mit feurigen Zungen,
(Der Vater heizt' ihnen ein!)
Und lassen leben den Jungen
In des Alten Kometenwein!

Ja, die Becher gefüllt! Er lebe!
Dem Helden des Tages ein Hoch!
Ein Hoch in dem Safte der Rebe,
Die sein Vater, der gastliche, zog!
Hoch, hoch, – es rufen's die Räte!
Hoch, hoch, – es läutet's mein Reim!
Und unter dem Haus der Komete,
Der flammende, leuchtet uns heim!


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