Ferdinand Freiligrath
Neuere politische und soziale Gedichte
Ferdinand Freiligrath

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Der Wüstenkönig

Auf eine Karikatur des Löwenritts, den Dichter als Löwen darstellend.
Mel.: Der ich von des Daipheus Leben.

Augen rollend, wellenmähnig
Der bekannte Wüstenkönig,
Oft auch Mohrenfürst genannt,
War an zwanzig Jahr verbannt.

Dieses bringt ihm keine Schande:
Manchen König man verbannte;
Manchen Fürsten gibt es itzt,
Welcher nicht zu Hause sitzt.

Das ist einmal nicht zu ändern!
Also bei den Engelländern
Saß der Fürst vom Quell des Nils,
Aß das Beefsteak des Exils.

Ale und Porter sind dort flüssig,
Dennoch kriegt' er's überdrüssig,
Schüttelte sein kraus Genick,
Brüllte: jetzt geh' ich zurück.

Niemals rückwärts, wohlverstanden!
Nur zurück zu meinen Landen! –
Und so ist er denn jetzt da,
Aber nicht in Afrika!

Denn, o seht den alten Knaben,
Unterwegs kam er nach Schwaben,
Kam nach Stuttgart in die Stadt,
Wo es gleichfalls Löwen hat.

Nämlich jenen, der bei Werner
Hinterm Gitter liegt, – und ferner
Jenen auch, der als Poet
In den Blumenlesen steht.

Feodor ist er geheißen!
Warum also weiter reisen?
Bin ich, spricht der Wüste Sohn,
Ja doch hier zu Hause schon!

Bin schon hier bei meiner Sippe!
Überdies von jeder Lippe
Auf und ab den Neckar grüßt
Mich das traute Wörtlein: wüst!

Holdes Wörtlein! Klang der Klänge!
Wandelst diese Rebenhänge,
Dieses Weintal frank und frei
Mir zur schönsten Wüstenei.

Drum, wollt ihr mich anders haben,
Bleib' ich bei euch jetzt, ihr Schwaben!
Sagt nur immer: gut gebrüllt! –
War das nicht ein schönes Bild?


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