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Fürsten

Fürstenpflicht

Nein, Fürst, du bist nicht unser Gott. Von ihm erwarten wir Glückseligkeit; von dir die Beschützung unserer Rechte. Gütig sollst du nicht gegen uns sein; du sollst gerecht sein.

Sire, gestatten Sie Gedankenfreiheit!

Fürst, du hast kein Recht, unsere Denkfreiheit zu unterdrücken: und wozu du kein Recht hast, das mußt du nie tun, und wenn um dich herum die Welten untergehen, und du mit deinem Volke unter ihren Trümmern begraben werden solltest. Für die Trümmer der Welten, für dich und für uns unter den Trümmern wird Der sorgen, der uns die Rechte gab, die du respektiertest.

Gewalt ist kein Überzeugungsgrund

Ich weiß, daß ihr eure Folgerungen durch stehende Heere, durch schweres Geschütz, durch Fesseln und Festungsstrafe unterstützt; aber sie scheinen mir darum nicht die gründlicheren.

In tyrannos!

Ihr unterwieset endlich Millionen, – und das ist das Meisterstück, worauf ihr euch am meisten zugute tut, – in der Kunst, sich auf einen Wink rechts und links zu schwenken, aneinander geschlossen wie Mauern, sich plötzlich wieder zu trennen und in der fürchterlichen Fertigkeit zu würgen, um sie gegen alles zu brauchen, was euren Willen nicht als sein Gesetz anerkennen will.

Korruption an Höfen

Ich übergehe den Einfluß derselben (der Höfe) auf unsere unmittelbare moralische Bildung, ich will euch hier nicht an das sittliche Verderben erinnern, das sich von euren Thronen aus rund um euch her verbreitet, und nach dessen verstärktem Anwachs man die Meilen berechnen kann, die man noch bis zu euren Residenzen zu reisen hat.

Majestätsverbrechen

Und besonders, – lernt doch endlich kennen eure wahren Feinde, die einzigen Majestätsverbrecher, die einzigen Schänder eurer geheiligten Rechte und eurer Personen. Es sind diejenigen, die euch anraten, eure Völker in der Blindheit und Unwissenheit zu lassen, neue Irrtümer unter sie auszustreuen und die alten aufrecht zu erhalten, die freie Untersuchung aller Art zu hindern und zu verbieten.

Luther und die Fürsten

So erhob sich, daß ich euch ein Beispiel anführe, aus der Mitte der Geistessklaverei ein mutiger Mann, den ihr jetzt in eure Grüfte der Lebenden einmauern würdet, wenn er jetzt käme, und entwand das Recht, über unsere Meinungen zu sprechen, der Hand des römischen Despoten und trug es auf ein totes Buch über. Das war für den ersten Anfang genug, besonders da jenes Buch der Geistesfreiheit einen weiten Spielraum ließ.

Die Erfindung mit dem Buche gefiel euch, aber nicht der weite Spielraum. Was einmal geschehen war, ließ sich nicht ungeschehen machen: aber für die Zukunft nahmt ihr eure Maßregeln. Ihr zwängtet jeden in den Raum ein, den bei jenem Aufschwunge der Geister der seinige eingenommen hatte, verpfähltet ihn hier, wie ein beschworenes Gespenst in seinem Banne, mit Distinktionen und Klauseln, bandet an diese Klauseln seine bürgerliche Ehre und Existenz und sprachet: »Da du nun leider einmal hier bist, so wollen wir dich wohl hier lassen, aber weiter sollst du nicht kommen, als diese Pfähle gesteckt sind,« – und jetzt waret ihr unserer Geistessklaverei versicherter als je. Unsere Meinungen waren an einen harten, unbiegsamen Buchstaben gebunden; hättet ihr uns doch lieber den lebendigen Meinungsrichter gelassen! Durch keinen Widerspruch gereizt, wäre er wenigstens in einiger Entfernung dem Gange des menschlichen Geschlechts gefolgt, und wir wären wahrlich heute weiter. – Das war euer Meisterstück! Solange wir nicht begreifen werden, daß nichts darum wahr ist, weil es im Buche steht, sondern daß das Buch gut, heilig, göttlich, wenn wir wollen, darum ist, weil wahr ist, was darin steht, werdet ihr an dieser einzigen Kette uns fest halten können.

Diesem Grundsatze seid ihr hier, ihr seid ihm in allem treu geblieben. Ihr habt nach allen Richtungen hin, die der menschliche Geist nehmen kann, Grenzpfähle, privilegierte Grundwahrheiten zu betiteln, gesteckt und gelehrte Klopffechter dabei gestellt, die jeden, der über sie hinaus will, zurücktreiben. Da ihr nicht immer auf die Unüberwindlichkeit dieser gemieteten Kämpfer rechnen konntet, so habt ihr zu mehrerer Sicherheit einen bürgerlichen Zaun zwischen den Pfählen geflochten, und Besucher an die Pförtchen desselben gesetzt. Daß wir innerhalb dieser Umzäunung uns herumtummeln, mögt ihr dulden, werft auch wohl, wenn ihr bei guter Laune seid, einige Schaupfennige unter uns, um euch an unserer Geschäftigkeit, sie aufzufangen, zu belustigen. Aber wehe dem, der sich über diese Umzäunung hinauswagt, der überhaupt keine Umzäunung anerkennen will, als die des menschlichen Geistes. Schlüpft ja einmal einer hindurch, so kommt das daher, weil weder ihr noch eure Besucher etwas merken. Sonst ist alles, was darauf abzweckt, die Vernunft in ihre unterdrückten Rechte wieder einzusetzen, die Menschheit auf ihre eigenen Füße zu stellen und sie durch ihre eigenen Augen sehen zu lassen, oder, damit ich euch ein Beispiel gebe, das euch auf der Stelle überzeugt, Untersuchungen, wie die gegenwärtige, vor euren Augen eine Torheit und ein Greuel.

Der wahre Regent

Wer sein Zeitalter und die Verfassung desselben zu leiten und zu ordnen übernimmt, der muß über dieselben erhaben sein, sie nicht bloß historisch kennen, befangen in dieser Kenntnis, sondern dieselbe durchaus verstehen und begreifen. Der Regent besitzt zuvörderst einen lebendigen Begriff von demjenigen Verhältnisse überhaupt, worüber er die Aufsicht übernimmt, weiß, was es eigentlich an sich ist, bedeutet und soll. Er kennt ferner vollständig die veränderlichen und außerwesentlichen Gestalten, die es in der Wirklichkeit unbeschadet seines inneren Wesens annehmen kann. Er kennt die bestimmte Gestalt, welche es in der Gegenwart angenommen, und weiß, durch welche neue Gestalten hindurch es dem an sich unerreichbaren Ideale immer mehr angenähert werden müsse. Ihm gilt kein Glied der bestehenden Verfassung für ein notwendiges und unveränderliches, sondern jedwedes nur für einen zufälligen Standpunkt in einer stets zu größerer Vollkommenheit herauf zu steigernden Reihe. Er kennt das Ganze, von welchem jenes Verhältnis ein Teil ist, und von welchem alle Verbesserungen des letzteren Teile bleiben müssen, und behält dieses Ganze bei den beabsichtigten Verbesserungen des Einzelnen unverrückt im Auge. Diese Kenntnis gibt seinem Erfindungsgeiste die Mittel an die Hand, seine Verbesserungen auszuführen; dieselbe Kenntnis verwahrt ihn vor dem Fehlgriffe, durch vermeinte Verbesserungen des Einzelnen das Ganze zu desorganisieren. Sein Blick vereinigt immerfort die Teile und das Ganze, und das letztere im Ideale und in der Wirklichkeit.

Wer nicht mit diesem freien Blicke die menschlichen Verhältnisse betrachtet, der ist niemals Regent, an welcher Stelle er auch stehe, und er kann es nie werden. Seine Ansicht selbst und sein Glaube an die Unveränderlichkeit des Bestehenden macht ihn zum Untergeordneten und zum Werkzeuge derer, welche die Einrichtung machten, an deren Unveränderlichkeit er glaubt. Es trägt sich dies oft zu, und es haben nicht alle Zeiten wirkliche Regenten. Große Geister der Vorwelt herrschen oft noch lange nach ihrem Tode fort über die künftigen Zeitalter vermittels solcher, die nichts für sich, sondern nur die Fortsetzungen und Lebensverlängerungen von jenen sind. Sehr oft ist dies auch kein Unglück; nur soll derjenige, der das menschliche Leben mit tieferem Blicke zu fassen begehrt, wissen, daß diese nicht eigentliche Regenten sind, und daß unter ihnen die Zeit nicht fortgeht, sondern ruht; – vielleicht um Kräfte für neue Schöpfungen zu gewinnen.

Machiavelli

Wert und Grenzen

Machiavelli ruht ganz auf dem wirklichen Leben und dem Bilde desselben, der Geschichte, und alles, was der feinste, umfassendste Verstand und praktische Lebens- und Regierungsweisheit in die Geschichte hinein zu legen und eben darum wieder aus ihr heraus zu entwickeln vermag, leistet er mustermäßig und, wie wir zu glauben geneigt sind, vorzüglich vor den anderen neueren Schriftstellern seiner Art. Ganz aber außerhalb seines Gesichtskreises liegen die höheren Ansichten des menschlichen Lebens und des Staats aus dem Standpunkte der Vernunft.

Wie er zu lesen sei

Er zeigt hinterher von mehreren dieser »Tugenden«, z. B. von der unbegrenzten und unbesonnenen Freigebigkeit, von der Clemenz oder, bestimmter, von der weichen Empfindelei, die sich nicht entschließen kann, an dem Verbrecher die verwirkte Strafe zu vollziehen, daß dieselben mit einem tüchtigen Fürsten nicht zusammenstimmen, und zwar sehr richtig, auch nach unserer Meinung, indem es ja vielmehr Lastet sind.

So benennt er wiederum das, was wirkliche Tugenden sind, eine weise Sparsamkeit, eine Strenge, die unerbittlich über die Ausübung des Gesetzes hält usw., nach der Volkssprache mit den Namen von Lastern, denen der Kargheit, der Grausamkeit usw. Diese Beschränktheit der Einsichten des Mannes in die Moral und die daher entstehende Beschränktheit seiner Sprache, worin er übrigens nur die Schuld seines Zeitalters teilte, keinesweges aber selbst sie verwirkt hatte, muß man vor allen Dingen begriffen haben, um den Mann zu verstehen, um ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen zu können; keinesweges aber muß man ihn richten nach Begriffen, die er nicht hat, und nach einer Sprache, die er nicht redet. Das Allerverkehrteste aber ist, wenn man ihn beurteilt, als ob er ein transzendentales Staatsrecht hätte schreiben wollen, und ihn Jahrhunderte nach seinem Tode in eine Schule zwingt, in welche zu gehen er gleichwohl im Leben keine Gelegenheit hatte.

Lehre vom Fürsten

Als die erste Pflicht des Fürsten steht demnach da die Selbsterhaltung; als die höchste und einzige Tugend desselben die Konsequenz. Er sagt nicht: »sei ein Usurpator«, oder, »bemächtige dich durch Bubenstücke des Regiments«; vielmehr empfiehlt er in Absicht des ersteren, daß man vorher wohl bedenke, ob man es auch werde durchführen können, und von dem letzten spricht er nie empfehlend. Wohl aber sagt er: »bist du denn nun einmal ein Usurpator, oder bist du nun einmal durch Bubenstücke zum Regiment gekommen, so ist es doch immer besser, daß wir dich, den wir nun einmal haben, behalten, als daß ein neuer über dich kommender Usurpator oder Bube neue Unruhen oder Bubenstücke anrichte; man muß daher wünschen, daß du dich behauptest, aber du kannst dich nur auf die und die Weise behaupten.« Es wird auch in Beziehung auf diese Beratungen jeder ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen, daß er immer noch die sanftesten Mittel und diejenigen, bei denen das gemeine Wesen noch am besten bestehen kann, in Vorschlag bringt. In diesem Zusammenhange wird man hoffentlich weniger zurückschrecken, wenn man hört, daß Machiavelli z. B. den Cesar Borgia als Muster aufstellt. Wegen seiner Grausamkeit hatte er ihn schon aus der Reihe der Vortrefflichsten ausgestrichen; worin er ihn aber als Muster empfiehlt, daß er in einer völlig verwilderten Provinz in kurzer Zeit Ruhe, Ordnung und öffentliche Sicherheit eingeführt, daß er sich der Untertanen angenommen usw., das ist in der Tat lobenswürdig, um so mehr, da es höchst selten war in jenem Zeitalter.

Verachtung der Dummheit

Die Weise aber, wie sie vom Cesar sich berücken lassen, faßt Machiavelli in folgende merkwürdige Worte: »Er überredete sie, daß er wolle, daß ihnen gehören solle, was er erworben habe, und daß er mit dem bloßen Titel des Fürsten sich begnügen, das Fürstentum selbst aber an sie abtreten wolle.« Ist es ein Wunder, wenn Machiavelli, nach welchem wohl die Dummheit auch ein Laster sein mochte, und der ohne Zweifel glaubte, wenn man ein großer Bösewicht sei, so müsse man wenigstens nicht noch dazu ein großer Dummkopf sein, nicht sehr geneigt war, die Berückten zu beklagen oder auf ihren Unterdrücker zu zürnen?

Sein Charakter

Jene Konsequenz nun und jene gründliche Besonnenheit, die er dem Fürsten im Leben anmutet, und noch überdies, was er jenen nicht anmutet, treue Wahrheitsliebe und Ehrlichkeit, sind selbst die Grundzüge des Schriftstellers Machiavelli. Was da folgt, das sagt er und sieht sich nach allen Seiten um, was da noch folge, und sagt es alles; besorgt einzig um die Richtigkeit seiner Schlüsse und durchaus keine andere Rücksicht kennend; als ob niemals jemand etwas dagegen gehabt habe, und nie einer etwas dagegen haben werde, daß man, was einmal wahr ist, auch sage. Oft verweilt er gerade bei den paradoxesten Sätzen mit etwas, das man in gutem Sinne kindliche Naivetät nennen möchte, auf daß man doch ja einsehen möge, wie er es meine, und daß er es wirklich also meine.

Wie daher auch jemand über den Inhalt der Schriften Machiavellis denken möge, so werden sie immer in ihrer Form durch diesen sicheren, klaren, verständigen und wohlgeordneten Gang des Raisonnements und durch einen Reichtum an witzigen Wendungen eine sehr anziehende Lektüre bleiben. Wer aber Sinn hat für die in einem Werke ohne Willen des Verfassers sich abspiegelnde sittliche Natur desselben, der wird nicht ohne Liebe und Achtung, zugleich auch nicht ohne Bedauern, daß diesem herrlichen Geiste nicht ein erfreulicherer Schauplatz für seine Beobachtungen zuteil wurde, von ihm hinweggehen.

Sein Vorurteil für Republiken

Im Mittelalter nannte eine Stadt sich frei und Republik, nachdem sie von dem Reiche, das in der Entfernung nie schützte aber dennoch zuweilen lästig wurde, sich losgerissen hatte. So sind die Republiken in Italien und die in Helvetien, welche letzteren durch ihren Bund einige Vorteile vor den ersten hatten, wiewohl derselbe auch innerliche Kriege herbeiführte, entstanden. Der ganze Erfolg dieser Befreiungen lief in der Regel darauf hinaus, daß man, anstatt ein Glied der großen Anarchie zu bleiben, sich eine Anarchie eigens für sich selbst einrichtete und die Streiche, die man haben sollte, sich von nun an mit eigenen Händen erteilte. Daß solche kleine Republiken zwar für vorübergehende Zwecke in dem großen Weltplane gute Dienste leisten können, daß sie aber, wenn sie auch nach Erreichung dieser Zwecke selbstständig bleiben und etwas für sich bedeuten wollen, der Absicht des gesellschaftlichen Vereins und dem Fortschritte des Menschengeschlechts im großen und ganzen widersprechen, und daß sie, wenn dieser Fortschritt erfolgt, notwendig zugrunde gehen müssen, ist hier nicht der Ort zu erweisen. Wie es insbesondere in der florentinischen Republik ausgesehen, davon ist Machiavelli selbst in seiner florentinischen Geschichte der unverwerflichste Zeuge.

Da man jedoch noch bis auf diesen Tag sieht, daß solche, die in dergleichen Republiken aufgewachsen, und die sich von Kindheit an gewöhnt haben, sich für frei zu halten, darum weil sie keinen Fürsten haben, uns andere aber als Diener der Fürsten betrachten, selbst durch Reisen und Aufenthalt in monarchisch regierten Ländern, durch Studium der Geschichte und der Philosophie nur mit Schwierigkeit dahin gebracht werden, das Vorurteil von Republik abzulegen; und da man hieraus schließen muß, daß es selbst dem Weisesten und Verständigsten schwer bleibe, gerade diesen Wahn zu überwinden, so könnte man allerdings vorläufig als möglich annehmen, daß auch dem in diesen Sachen sonst sehr tief sehenden Machiavelli über diesen Punkt etwas menschliches begegnet sei.

Uns scheint nun in der Tat, vorzüglich aus dem Ende des dritten Buchs seiner florentinischen Geschichte und dem Anfange des vierten klar hervorzugehen, daß nicht nur im allgemeinen es sich also verhalte, sondern daß er sogar einer gewissen Partei in seiner Republik seine Vorliebe geschenkt, und daß die Parteilichkeit für diese Partei seiner sonstigen Konsequenz Abbruch getan habe.

Sein Heidentum

Es ist in unseren Tagen von wackern Männern anderen wackern Männern in gedruckten Schriften nachgesagt worden, daß sie eben heidnischen Sinnes gewesen seien, keinesweges in der Meinung, ihnen dadurch etwas Böses nachzusagen. Es wird daher auch wohl einem Schriftsteller, der laut und entschieden sich für das Christentum und gegen das Heidentum erklärt hat, und dessen Gerechtigkeit gegen das letztere den Verdacht der Parteilichkeit nicht gegen sich haben kann, erlaubt sein, dieser einmal vorliegenden Sprache sich zu bedienen, indem er genötigt ist, der erhobenen Anklage gegenüber zuzugestehen, daß er Machiavelli für einen erklärten Heiden halte, ebenso wie Päpste und Kardinäle und andere tüchtige Männer jener Zeit dasselbe gewesen seien.

Das mitten im Schoße des Christentums und in solchen, denen diese Religion angeboten worden, sich erzeugende Heidentum hat die mit noch einer anderen verächtlicheren Sinnesart gemeinschaftliche Quelle des Beruhens bei der bloß sinnlichen Welt, ohne Gefühl des Übersinnlichen und so ohne Takt wie ohne Organ für Metaphysik. Vereinigt sich hiermit ein schwacher und träger Charakter, und ist eben der ganze Geist wirklich von demselben Staube genommen, an den auch allein geglaubt wird, so entsteht die bekannte Plattheit, die in allerlei Exemplaren unserem Zeitalter erschienen ist. Diese zittern doch noch immerfort heimlich vor dem Tempel, an den sie nicht glauben. Ist hingegen der Geist wirklich übersinnlichen Ursprungs, nur daß er seinen Urquell nicht vor das Auge zu bringen vermag, und entsteht, woran es in diesem Falle nicht fehlen kann, ein ehrlicher, gerader und derber Charakter, wirft man sich vielleicht noch überdies in das Studium der alten klassischen Literatur und wird ergriffen und durchdrungen von dem Geiste derselben, so entsteht jene hohe Ergebung in das durchaus unbekannte Schicksal, jenes feste Beruhen auf sich selber, als dem Einzigen, worauf man bauen könne, jenes frische Ergreifen des Lebens, solange es noch da ist, indem wir für die Zukunft auf nichts rechnen können, jene bekannte Prometheische Gesinnung, kurz, das moderne Heidentum. Das Christentum aber wird gehaßt, weil sie glauben, daß es durch täuschende Aussichten auf ein anderes Leben seine Anhänger um den Gebrauch und den Genuß des gegenwärtigen bringe, daß es im kecken, kühnen und frischen Leben störe, kurz, weil sie es nicht kennen noch es zu fassen vermögen, sondern es für einerlei halten mit dem Mönchtum. Da nun das Leben auf alle Fälle mehr Wert hat denn der Tod, und die Geradheit und Derbheit mehr Wert als die kränkelnde Schwäche, so sind diese allerdings denjenigen,, die so beschaffen sind, wie sie meinen, daß das Christentum die Menschen mache, bei weitem vorzuziehen.

Gerade ein solcher war nun Machiavelli, und auch hieraus lassen sich seine Fehler sowie seine Tugenden, seine Beschränktheit sowie seine rücksichtslose Offenheit vollkommen erklären. – –

Ebenso finden sich in seinen Komödien und in Castruccios Leben Züge echt heidnischer Ausgelassenheit und genialischer Gottlosigkeit.

Preßfreiheit einst und jetzt

Die Päpste und die Großen der Kirche betrachteten selber ihr ganzes Wesen lediglich als ein Blendwerk für den niedrigsten Pöbel und, wenn es sein könnte, für die Ultramontaner, und sie waren liberal genug, jedem feinen und gebildeten italienischen Manne zu erlauben, daß er über diese Dinge ebenso dächte, redete und schriebe, wie sie selbst unter sich darüber redeten. Den gebildeten Mann wollten sie nicht betrügen, und der Pöbel las nicht. Ebenso leicht ist zu erklären, warum späterhin andere Maßregeln nötig wurden. Die Reformatoren lehrten das deutsche Volk lesen, sie beriefen sich auf solche Schriftsteller, die unter den Augen der Päpste geschrieben hatten, das Beispiel des Lesens wurde ansteckend für die anderen Länder, und jetzt wurden die Schriftsteller eine furchtbare und eben darum unter strenge Aufsicht zu nehmende Macht.

Auch diese Zeiten sind vorüber, und es werden dermalen, zumal in protestantischen Staaten, manche Zweige der Schriftstellerei, z. B. philosophische Aufstellung allgemeiner Grundsätze jeder Art, gewiß nur darum der Zensur unterworfen, weil es bedenklich sein dürfte, eine auf den Gegenstand der Schriften sich gründende Ausnahme von der allgemein eingeführten Zensur zu verstatten, und schwierig, die Grenzen dieser Ausnahme zu bestimmen und über dieselben zu halten. Da nun bei dergleichen Gegenständen häufig sich findet, daß denen, welche nichts zu sagen wissen als das, was jedermann auch schon auswendig weiß, in alle Wege erlaubt wird, so viel Papier zu verwenden, als sie irgend wollen, wenn aber einmal wirklich etwas Neues gesagt werden soll, der Zensor, der das nicht sogleich zu fassen vermag, und vermeinend, es könne doch ein nur ihm verborgen bleibendes Gift darin liegen, um ganz sicher zu gehen, es lieber unterdrücken möchte, so wäre es vielleicht manchem Schriftsteller vom Anfange des 19. Jahrhunderts in protestantischen Ländern nicht zu verdenken, wenn er sich einen schicklichen und bescheidenen Teil von derjenigen Preßfreiheit wünschte, welche die Päpste zu Anfange des 16. ohne Bedenken allgemein zugestanden haben.

Abschaffung der Artillerie

Machiavelli will alle Schlachten nach Art der Alten in ein Gefecht in der Nähe und in Handgemenge verwandeln und ist in Absicht der Artillerie für das Gerade-darauf-Losgehen, indem ja, wenn man nur an sie heran sei, sie ohne Rettung verloren gehe. –

Und so wäre es denn wohl der Mühe wert, daß von solchen, die nicht die Knechtschaft Europens wollen, sondern seine Freiheit und seine Ruhe, jener Gedanke Machiavellis noch einmal gründlich untersucht würde und entschieden, ob derselbe, der damals ohne Zweifel leicht ausführbar gewesen wäre, noch jetzt nach den Fortschritten, die seitdem die Artillerie genommen, noch ausführbar sei, und auf welche Weise. Nur ist zu wünschen, daß einem solchen nebst den übrigen oben erwähnten Qualitäten ganz besonders die nicht abgehe, daß er ohne Vorurteil sei oder die Kraft habe, ein Vorurteil aufzugeben. Denn ungeachtet wir uns selbst, wie billig, alles Urteils in dieser Sache bescheiden, so erlauben wir uns dennoch zu bemerken, daß wir anderwärts gewiß wissen, daß es in allen Dingen wunderbare Schreckbilder gebe, vor welchen die Gegenwart durchaus nicht vorbei kommen kann, und über welche die Nachwelt lachen wird, und daß wir in Absicht des Kriegswesens des geheimen Verdachts, den wir freilich nicht begründen zu können gestehen, uns nicht erwehren können, daß der Respekt gegen das Schießpulver unter diese wunderbaren Beschränkungen des modernen Denkens und Mutes gehören möge.

Integrität

Er starb, ungeachtet dieser bedeutenden Aufträge und des Vertrauens, welches zwei hintereinander regierende Päpste auf ihn setzten und oft benutzten, und ungeachtet des wichtigen Amtes, das er vierzehn Jahre lang in seiner Republik verwaltet hatte, dennoch in der Armut, deren Ehrwürdigkeit er immer als einen ehrenden Charakterzug einer Republik gepriesen hatte, welches nur als Beweis für seine eigene Integrität und Bescheidenheit angeführt wird, keinesweges aber, um seiner Zeit, seinem Vaterlande und seinen Gönnern darüber einen Vorwurf zu machen.

Politische Moral und ewiger Frieden

Der Hauptgrundsatz der Machiavellischen Politik und, wir setzen ohne Scheu hinzu, auch der unsrigen, und, unseres Erachtens, jeder Staatslehre, die sich selbst versteht, ist enthalten in folgenden Worten Machiavellis: »Jedweder, der eine Republik (oder überhaupt einen Staat) errichtet und demselben Gesetze gibt, muß voraussetzen, daß alle Menschen bösartig sind, und daß ohne alle Ausnahme sie alsbald ihre innere Bösartigkeit auslassen werden, sobald sie dazu eine sichere Gelegenheit finden.« – –

Es wäre daher noch immer zu wünschen, daß unsere Politiker also, daß es ihnen von nun an keinen Augenblick mehr aus dem Gesichte käme, und niemals darüber der geringste Zweifel oder irgend eine Neigung, einmal eine Ausnahme zu gestatten, bei ihnen entstände, sich überzeugten von folgenden zwei Sätzen: 1) der Nachbar, es sei denn, daß er dich als seinen natürlichen Alliierten gegen eine andere euch beiden furchtbare Macht betrachten müsse, ist stets bereit, bei der ersten Gelegenheit, da er es mit Sicherheit können wird, sich auf deine Kosten zu vergrößern. Er muß es tun, wenn er klug ist, und kann es nicht lassen, und wenn er dein Bruder wäre. 2) Es ist gar nicht hinreichend, daß du dein eigentliches Territorium verteidigest, sondern auf alles, was auf deine Lage Einfluß haben kann, behalte unverrückt die Augen offen, dulde durchaus nicht, daß irgend etwas innerhalb dieser Grenzen deines Einflusses zu deinem Nachteile verändert werde, und säume keinen Augenblick, wenn du darin etwas zu deinem Vorteile verändern kannst; denn sei versichert, daß der andere dasselbe tun wird, sobald er kann; versäumst du es nun an deinem Teile, so bleibst du hinter ihm zurück. Wer nicht zunimmt, der nimmt, wenn andere zunehmen, ab. Es geht sehr wohl an, daß ein Privatmann sage: »ich habe genug und will nichts mehr«; denn dieser kommt durch eine solche Bescheidenheit nicht in die Gefahr, auch das zu verlieren, was er hat, indem er, falls jemand in seinem alten Besitztume ihn angreifen sollte, den Richter zu finden wissen wird. Der Staat aber, der die ihm sich darbietenden neuen Kräfte zur Verteidigung seines alten Besitztums sich anzueignen verschmäht, findet, wenn er, und vielleicht mit denselben Kräften, deren Erwerbung er versäumte, in seinem alten Besitztume angegriffen wird, keinen Richter, dem er seine Not klagen könne. Ein Staat, der fortgesetzt diese bescheidene Genügsamkeit übte, müßte entweder durch seine Lage sehr begünstigt oder eine wenig Reiz habende Beute sein, wenn er nicht bald auch um dasjenige kommen sollte, womit er sich bescheiden begnügte, und wenn sich nicht finden sollte, daß die Worte: »ich will nichts weiter haben«, eigentlich die Bedeutung gehabt hätten: »ich will gar nichts haben und will auch nicht existieren«. – Es versteht sich übrigens, daß hier immer von Staaten der ersten Ordnung, die ein selbständiges Gewicht haben im europäischen Staatensysteme, keinesweges aber von untergeordneten die Rede sei.

Es fließen hieraus zwei Grundregeln. Die erste, soeben mit dem zweiten Satze zugleich beigebrachte: daß man ohne Zeitverlust jede Gelegenheit ergreife, sich innerhalb der Grenzen seines Einflusses zu verstärken, und jedes innerhalb dieser Grenzen uns drohende Übel sogleich in der Wurzel, und ehe es Zeit hat heranzuwachsen, ausrotte. – –

Die zweite: daß man niemals auf das Wort des anderen sich verlasse, wenn man eine Garantie erzwingen kann; falls dies aber augenblicklich nicht möglich sein sollte, es von nun an sich zum Hauptaugenmerke mache, diese Garantie sich noch zu verschaffen, damit man wenigstens so kurze Zeit als möglich das bloße Wort zum Pfande habe; daß man sich stets in der Lage erhalte, Treue und Glauben erzwingen zu können; welches voraussetzt, daß man sich als den Stärkeren erhalte, (nicht gerade absolut, welches nicht allemal von uns abhängt, aber doch innerhalb unserer Grenzen, in der nun sattsam bestimmten weiteren Bedeutung des Worts), indem, wer in dieser Rücksicht aufgehört hat, der Stärkere zu sein, ohne Zweifel verloren ist; daß man von dieser Bedingung der Garantie durchaus nicht abgehe und, wenn man in den Waffen ist, dieselben auf jede Gefahr nicht ablege, ehe man es dahin gebracht hat. Mutige Verteidigung kann jeden Schaden wieder gut machen, und wenn du fällst, so fällst du wenigstens mit Ehre. Jenes feige Nachgeben aber rettet dich nicht vom Untergange, sondern es gibt dir nur eine kurze Frist schmählicher und ehrloser Existenz, bis du von selbst abfällst wie eine überreife Frucht. Aus solchem Betragen entstehen jene ehrenvollen Frieden, die nicht einmal den Frieden geben, indem sie dem Feinde die völlige Gewalt lassen, unmittelbar nach geschlossenem Frieden seine Pläne da fortzusetzen, wo er sie vor dem Kriege, der ihm einen Augenblick Stillstand gebot, fallen ließ, und zufolge dessen wir zwar ihn zufrieden lassen müssen, aber er nicht uns Tilsit!. Daher denn auch diese, die es mit solchen Gegnern zu tun haben, mit voller Wahrhaftigkeit ihre Friedensliebe rühmen können Napoleon., da ihnen in der Tat zu glauben ist, daß sie es lieber haben, wenn die Nachbarn der Beraubung ihrer natürlichen, vielleicht angeborenen und blutsverwandten Alliierten und der Ausrottung ihres Einflusses bis an ihre Territorialgrenzen heran ruhig zusehen und sie machen lassen, als wenn sie mit den Waffen in der Hand sich dagegensetzen, indem die erste Weise weit leichter ist und weit sicherer als die zweite. Sie lieben in der Tat den Frieden, den ihrigen nämlich, und sie wünschen wirklich keinen Widerstand zu finden, indes sie gegen alle Welt den Krieg führen, fortsetzen und vollenden.

Man glaube nicht, daß, wenn alle Fürsten so dächten und nach den aufgestellten Regeln handelten, der Kriege in Europa kein Ende sein würde. Vielmehr wird, da keiner den Krieg anzufangen gedenkt, wenn er es nicht mit Vorteil kann, alle aber stets gespannt und aufmerksam sind, keinem irgend einen Vorteil zu lassen, ein Schwert das andere in Ruhe erhalten, und es wird ein langwieriger Friede erfolgen, der nur durch zufällige Ereignisse, als da sind Revolutionen, Sukzessionsstreitigkeiten und dergleichen unterbrochen werden könnte. – Mehr als die Hälfte der Kriege, welche geführt worden, sind durch große Staatsfehler der Angegriffenen, welche dem Angreifer die Hoffnung eines glücklichen Erfolges gaben, entstanden, und sie wären unterblieben, wenn jene Staatsfehler unterblieben wären. Und da gleichwohl die Kriegsübung nicht ausgehen darf, wenn die Menschheit nicht erschlaffen und für den späterhin doch wieder möglichen Krieg verderben soll, so haben wir ja noch selbst in Europa, noch mehr aber in den anderen Weltteilen Barbaren genug, welche doch über kurz oder lang mit Zwang dem Reiche der Kultur werden einverleibt werden müssen. In Kämpfen mit diesen stähle sich die europäische Jugend, indes in dem gemeinsamen Vaterlande selbst keines es wagt, das Schwert zu entblößen, da er allenthalben sich gegenüber ebenso gute Schwerter erblickt.

Diese Regeln werden durch die höhere Ansicht des Verhältnisses des Fürsten zu seinem Volke und zu der gesamten Menschheit, aus dem Standpunkte der Vernunft, bestätigt, verstärkt und zur heiligen Pflicht gemacht. Die Völker sind ja nicht ein Eigentum des Fürsten, so daß er deren Wohl, deren Selbstständigkeit, deren Würde, deren Bestimmung in einem Ganzen des Menschengeschlechts als seine Privatsache betrachten und fehlen könne nach Belieben und, wenn es schlecht geht, sagen könne: »Nun, ich habe geirrt, aber was ist's denn weiter? der Schade ist mein und ich will ihn tragen«; so wie etwa der Besitzer einer Herde, durch dessen Nachlässigkeit ein Teil derselben zugrunde gegangen wäre, sich trösten könnte. Der Fürst gehört seiner Nation ebenso ganz und vollständig an, als sie ihm angehört; ihre ganze Bestimmung im ewigen Rate der Gottheit ist in seine Hände niedergelegt, und er ist dafür verantwortlich. Es ist ihm durchaus nicht erlaubt, nach Willkür von den ewigen Regeln, die Verstand und Vernunft der Verwaltung der Staaten geben, abzugehen. Es ist ihm nicht erlaubt, wenn er z. B. die zweite soeben angeführte Regel zum Schaden seiner Nation vernachlässigt hätte, hinzutreten, und zu sagen: »Ich habe an Menschheit, ich habe an Treue und Redlichkeit geglaubt.« So mag der Privatmann sagen; geht er darüber zugrunde, so geht er sich zugrunde; aber so kann der Fürst nicht sagen, denn dieser geht nicht sich und geht nicht allein zugrunde. Glaube er, wenn er will, an Menschheit in seinen Privatangelegenheiten, irrt er sich, so ist der Schade sein; aber er wage nicht auf diesen Glauben hin die Nation, denn es ist nicht recht, daß diese und mit ihr vielleicht andere Völker und mit ihnen vielleicht die edelsten Besitztümer, welche die Menschheit in tausendjährigem Ringen erworben hat, in den Kot getreten werden, bloß damit von ihm gesagt werden könne, er habe an Menschen geglaubt. An die allgemeinen Gesetze der Moral ist der Fürst in seinem Privatleben gebunden, so wie der geringste seiner Untertanen; in dem Verhältnisse zu seinem friedlichen Volke ist er an das Gesetz und an das Recht gebunden und darf keinen anders behandeln, als nach dem stehenden Gesetze, wiewohl ihm das Recht der Gesetzgebung, d. i. der fortgesetzten Vervollkommnung des gesetzmäßigen Zustandes bleibt; in seinem Verhältnisse aber zu anderen Staaten gibt es weder Gesetz noch Recht außer dem Rechte der Stärkeren, und dieses Verhältnis legt die göttlichen Majestätsrechte des Schicksals und der Weltregierung auf die Verantwortung des Fürsten nieder in seine Hände und erhebt ihn über die Gebote der individuellen Moral in eine höhere sittliche Ordnung, deren materieller Inhalt enthalten ist in den Worten: Salus et decus populi suprema lex esto.

Diese ernstere und kräftigere Ansicht der Regierungskunst tut es nun, unseres Erachtens, not, bei unserem Zeitalter zu erneuern. Die jedesmal herrschende Zeitphilosophie ermangelt, so sehr auch die Weltleute sich gegen die Sache sträuben, und so schwer sie an das Bekenntnis derselben gehen, dennoch niemals, auf irgend einem Wege auch an diese zu kommen und auch sie umzuschaffen nach ihrem Bilde. Diese Zeitphilosophie war in der letzten Hälfte des abgelaufenen Jahrhunderts gar flach, kränklich und armselig geworden, darbietend als ihr höchstes Gut eine gewisse Humanität, Liberalität und Popularität, flehend, daß man nur gut sein möge und dann auch alles gut sein lassen, überall empfehlend die goldene Mittelstraße, d. h. die Verschmelzung aller Gegensätze zu einem dumpfen Chaos, Feind jedes Ernstes, jeder Konsequenz, jedes Enthusiasmus, jedes großen Gedankens und Entschlusses und überhaupt jedweder Erscheinung, welche über die lange und breite Oberfläche um ein weniges hervorragte, ganz besonders aber verliebt in den ewigen Frieden Fichte hatte früher selbst Kants Idee »vom ewigen Frieden« gebilligt und weiter ausgeführt. III, 379 und VIII, 427. In dem Feldzug 1806/7 hat er umgelernt.. Sie hat ihren entnervenden Einfluß recht merklich auch an die Höfe und in die Kabinette verbreitet. – Seit der französischen Revolution sind die Lehren vom Menschenrechte und von der Freiheit und ursprünglichen Gleichheit aller, – zwar die ewigen und unerschütterlichen Grundfesten aller gesellschaftlichen Ordnung, gegen welche durchaus kein Staat verstoßen darf, mit deren alleiniger Erfassung aber man einen Staat weder errichten, noch verwalten kann, – auch von einigen der Unseren in der Hitze des Streites mit einem zu großen Akzente und, als ob sie in der Staatskunst noch weiter führten, als sie es wirklich tun, behandelt, und manches andere, was dahin auch noch gehört, übergangen worden, welche Übertreibung gleichfalls nicht ohne allen störenden Einfluß geblieben. Nun hat man zwar nicht ermangelt, später das Fehlende in mancherlei Formen nachzuholen; aber es scheint, daß diese Schriften, als Schulübungen und Fakultätenware und als nicht würdig, von den Händen der Weltleute berührt zu werden, liegen geblieben. So mag denn nun einer, der nicht unbekannt ist und nicht unberüchtigt, von den Toten aufstehen und sie des Rechten bedeuten!


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