Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Ros' âne dorn – ein tube sunder gallen!

Auf der Fahrstraß', die von Frankfurt
Und Stadt Mainz nach Cöllen führet,
Zog mit hochbepackten Wagen
Meister Gottfried, jener Krämer,
Welcher einst auf dem Gescheide,
Gleicherzeit mit Jungfrau Nella
Unfreiwillig Rast gehalten.
Wieder führt der blonde Kutscher
Schweigsam seine strammen Gäule,
Wieder stöhnt und ächzt Herr Gottfried
Und gelobt den lieben Heil'gen
Ungeheuer viele Kerzen,
Wenn sie ihn und seine Waaren
Ungefährdet ziehen ließen. –
Just war er von Goarshausen,
Dieser saub'ren kleinen Rheinstadt,
In der Frühe ausgefahren,
Um die arg verschneite Fahrstraß'
Sich mühselig hinzuschleppen,
Als urplötzlich an dem Wege
Ihn ein alter Klausner ansprach
Und ihn bat, für kurze Strecke
Doch ihn gastlich mitzunehmen.
Gern gewährt's der bie'dre Kaufherr,
Heißt den Alten ihm zur Seite
Ein bequemes Plätzlein suchen,
Hüllt ihn sorglich noch in eine
Pferdedecke, warm und hähern,
Und forscht nun behaglich Kunde
Nach dem Land und nach den Leuten.
Doch der Klausner neigt sich näher,
Flüstert mit geheimnißvoller
Und vertraulich leiser Stimme:
»Heda, wack'res Freundchen, willst Du
Ein gut' Handgeld Dir verdienen
Und noch obendrein viel Freude
Und viel Kurzweil davon haben?«
Jäh erschrocken war der Krämer,
Schaut entsetzt, ob jene Hand nicht,
Die vertraulich auf die Schulter
Ihn geklopfet, Waffen führet,
Und rückt schleunigst etwas abseits.
»Handgeld?« stottert er geängstigt,
»Sanct Virginia! was für Handgeld?«
Leise lacht der Klausner: »Hör' denn,
Laß mich künden, was ich meine!«
Und zum Ohr des Manns geneiget,
Spricht er lang und schnell und eifrig,
Und manch' »ah!« und »oh!« des Staunens
Ringt sich von des Krämers Lippen;
Muthig wieder näher rückend,
Freudig nickend und versprechend,
Lauscht Herr Gottfried höchst verwundert.
»Will es Alles so besorgen,
Seid versichert, frommer Vater!«
Ruft er endlich, »o, die Freude,
Daß ich jenes wunderholde
Edelfräulein wiederschaue!
Auf der Deurenburg, heut' Abend?
Ich versprech' es, ich versprech' es
Und verlang' nicht Eure Batzen,
Thu's schon selber mir zur Freude,
Daß ich dort um Einlaß bitte.
Auch die Mähr von jenem Bischof,
Herrn zu Fulda, will ich künden,
Ganz wie Ihr's von mir verlanget!«
Und der Schnee fällt dicht und dichter,
Und der Himmel spannt' sich bleigrau,
Träg' und düster, hohe Wälder
Ziehen sich am Bergesabhang,
Und der Rhein wälzt Riesenmassen
Tiefgefärbten Wassers seitwärts. –
Endlich steigen aus dem Nebel
Eines Berghaupts Felsconturen,
Und auf diesen, kaum dem Auge
Deutlich unterscheidbar, schlankes,
Thurmgeziertes Burggemäuer. –
»Seht von Deurenburg die Zinnen;
Noch zwei Stunden, und Ihr haltet
An der Zugbrück', Meister Gottfried,
Also vorwärts, wagt's und klopfet!«
Und der Klausner springt zur Erde,
Schüttelt derb die Hand des Krämers
Und ruft heiter: »so lebt wohl denn!« – –
Als die ersten Sternlein blinkten,
Und der Mond mit bleichen Strahlen
Durch die Fensterbogen lugte,
Wie's zu Deurenburg wohl stünde,
Sah er in dem traulich warmen
Burggemach, an dem Kamine,
Ritter Franz beim Humpen sitzen,
Neben ihm den alten Klausner,
Nella und ihr treues Waldkind,
Und an deren Seite Gottfried,
Kaufherrn aus dem Sachsenlande,
Der als Gast hier vorgesprochen. –
Hoch erfreut von dem Besuche,
Fragt jetzt Nella nach der Heimath
Und erzählt vom Abenteuer
Auf der Holzenburg; sie konnte
Satt nicht werden, jenes schwarzen
Ritters Höflichkeit zu preisen
Und zu schwören, daß er wahrlich
Nicht ein Raubgesell gewesen. –
Oheim Franz erfaßt beim Hören
Plötzlich ein fataler Husten,
Daß sich hoch sein Antlitz röthet,
Und der Klausner voll Besorgniß
Ihn bei Seite führt, der Arme!
Doch der Krämer ruft voll Eifers:
»Fräulein! ei, bei Sanct Brigitta!
Habt Ihr's denn noch nicht vernommen,
Daß des Räthsels Spur gefunden?
War jüngst im Johanniskloster
Gastlich aufgenommen; als ich
Nun von jener Nacht erzählte,
Blinzt der Abt mir zu und flüstert:
›Ganz sub rosa, lieber Bruder,
Will ich Dir das Räthsel lösen;
Doch sprich' nicht davon im Lande:
Jener schwarze Ritter, höre,
War der wilde Frankensteiner,
Der verkappt – cui bono? frag' ich,
An der Landstraß' Euch geplündert
Und den Sakristan von Fulda
Um das Testament bestohlen!
Itzo nun kommt ihm die Strafe,
Denn Bertholdus liegt mit Kriegsmacht
Vor dem Mittelstein und Salzung'
Und berennt die festen Schlösser!‹
»Und der Frankensteiner? Gottfried,
Wird er sich behaupten können?«
Bleich, wie Schnee, fragt's Jungfrau Nella.
»Gegen solche Macht, Vieledle,
Kämpft ein Herzog selbst vergebens;
Wird wohl jetzt dem Frankensteiner
Ewiglich die Wildheit legen.
Schad' um ihn! ich hab' im Lande
Gar viel Gutes sagen hören
Von des Ritters Muth und Stärke
Und von seinem treuen Herzen,
Das wohl Uebermuth und Frohsinn,
Doch nicht Schlechtigkeit regiere.
Wie man sagt, hat Haß und Falschheit
Heimlich ihn dem Abt verrathen,
Und um dieser Untreu' willen
Büßt' er nun sein keckes Stücklein
Leicht mit Tod und Untergange!«
»Gott im Himmel mög's verhüten!«
Murmelt Nella starren Blickes,
Greift mit bebend schnellen Händen
Nach der Kanne auf dem Tische
Und eilt hastig, sie zu füllen.
Gudula folgt ihrer Herrin,
Und sie legt, trotz guter Sitte,
Ihren Arm um Nellas Hüften
Und geleitet sie zur Thüre.
Schmunzelnd aber blickt zum Klausner
Ritter Franz und streicht den Schnurrbart:
»War noch halb gefüllt die Kanne,
Warum eilte denn schön Nella?«
Und die Dreie lachen schalkhaft,
Heben schweigend ihre Humpen.
»Katz' und Maus!« nickt Klausner Robert,
Leert' ihn bis zum letzten Tropfen. –
War es nur des Kienes Flamme,
Die so trügerisch beleuchtet?
Als sie kehrte, schien's den Männern,
Als sei Nella's schönes Auge
Trüb' und roth und tief umschattet;
Fröhlich plauderte der Kaufherr,
Gar ergötzliche Geschichten,
Doch das Fräulein drehte schweigend,
Ernst und bleich die flachs'ne Spule,
Und des Klausners Herz erbebet,
Macht zur Qual sein grausam Spiel ihm,
Denn er sieht, daß ihren Faden
Heimlich bitt're Thränen netzen.
Doch er preßt die Hand aufs Herze
Und befiehlt es froh zur Ruhe.
»Jetzo sind der Jungfrau Thränen
Segensreicher Thau des Himmels,
Der die Blüthe Deines Glückes
Schmerzlich süß küßt aus der Knospe;
Doch wenn Du in falscher Weichheit
Dich von ihnen lässest rühren,
Werden sie zum gift'gen Frühreif
Und verderben jeglich Keimen
Deines mühsam, edlen Säens;
Darum fein geduldig, Herze,
Harre standhaft Deiner Ernte!« –

*

In der Klause, auf der Bergfirst
Saß beim trüben Flackerscheine
Eines Kienspans, Junker Robert,
Vor sich einen heißen Glühwein,
Den der wack're Knappe Walter
Ueberm off'nen Feuer braute.
Robert putzte an dem Rüstzeug,
An dem breiten Schwert und Helme,
Prüft des Kettenhemdes Ringe,
Ob sie gar der Rost beschleiche,
Und er dehnt die nerv'gen Arme
Und lacht fröhlich: »Hol' der Kuckuck
Solch' ein träges Klausnerspielen!
Glaub', mir wird der Arm erlahmen
Von dem ew'gen Kreuzeschlagen,
Und kriech' ich dereinst als Ritter
Wieder in die schwere Wehre,
Drückt sie wie ein altes Weib mich
Morsch und kraftlos matt zu Boden.
Wärest Du es nicht, Frau Minne,
Der ich solches Opfer brächte,
Und wär's nicht um Jungfrau Nella
Mit den süßen Veilchenaugen,
Daß ich in die Kutte schlüpfe,
Während sie daheim die Schlösser
Mir verbrennen und verwüsten,
Wahrlich, nicht zehn Teufel sollten
Hier mich auf dem Berge halten!
Heda! Knappe, frisch zur Klinge!
Sollst mir kräftiglich pungieren,
Ohne Rößlein! Brust an Brust wohl
Stapfen wir im Zweikampf, Bursche!
Hei der Wonne! Den Gedanken
Schickte Sanct Georg mir selber,
Also stählen wir die Arme,
Also schweißen wir die Schwerter
Trotz des langen Müßiggehens!« –
Walter saß beim off'nen Feuer
Und sang eine frische Weise,
So im Parzival zu lesen:
»Swer schildes ambet üeben wil,
der muoz durchstrichen lande vil – – «
Jetzo sprang er auf, es blitzten
Seine Augen, und frohlockend
Rief er laut: »O, lieber Junker,
Wie doch lassen Eure Worte
Mir das Herz im Leibe springen,
Haia! mit dem Frankensteiner
Einen flotten Schwertgang machen,
Heißt als wack'rer Kämpe sterben,
Rühmte gern sich mancher Tapf're!«
Und er zieht aus eich'ner Truhe
Hastig vor die blanke Rüste,
Schiebt den Tisch und Schemel seitwärts,
Platz zu schaffen in der Hütte;
Oeffnet weit die nied're Thüre,
Um die Wärme abzudämpfen,
Und dann hört man durch die Nacht hin
Bald ein Dröhnen und ein Klingen
Und ein jubelnd Anruf halten.
Draußen aber heult der Schneesturm,
Pfeift sein Lied wild durch die Klause,
Und das off'ne Feuer flackert
Hell und grell weit durch die Thüre,
Färbt mit rothem Schein die Bäume.
Horch … was keucht und stampfet plötzlich
Hülferufend in dem Buschwerk?
Robert läßt die Klinge sinken,
Eilet hastig an die Thüre
Und lauscht zweifelnd nach dem Thale.
Nein! er täuscht sich nicht … horch, wieder
Klingt es matt und sterbend: »Hülfe! …
Hülfe!« durch den Sturm, und wieder! …
Dann ist's still. Doch Robert reißt den
Kienbrand aus dem Feuer, und er
Stürmt, gefolgt von Walter, hastig
Niederwärts den wald'gen Abhang.
Bald auch kehren Beide wieder,
Stützen einen schlanken Jüngling,
Einen Mönch mit bleichem Antlitz,
Halb erfroren, matt zum Sterben,
Und sie betten ihn fürsorglich
Auf des Ritters nied'res Lager,
Lassen ihn den Glühwein schlürfen,
Reiben die erstarrten Glieder.
Und der Mönch erholt sich langsam,
Oeffnet weit die blauen Augen
Und reicht Robert beide Hände.
»Gott vergelt's Euch, Freunde!« sagt er,
»Kamet just zur rechten Stunde.«
Und er richtet halb empor sich,
Schaut sich um in dem Gemache,
Blicket lang' auf Junker Robert
Und sagt leis: »Dies ist die Klause,
Drinnen eine Katze hauset?«
Und da Robert jach empor schrickt,
Zieht ein glückdurchstrahlet Lächeln
Ueber seines Gastes Züge:
»Wohl mir, daß ich nun am Ziele!
Ritter Robert Frankensteiner,
's ist zu Euch, daß mich der Weg führt,
Denn ich komm' von Sanct Johannis,
Trage einen Brief vom Abte,
Und ich heiß' Gerhardus Rochus.« –
Und er reicht den Pergamentstreif,
Sinkt erschöpft zurück zum Lager
Und schließt abermals die Augen.
Robert aber hält das Schriftstück,
Starrt darauf und kann's nicht lesen,
Und so setzt er sich geduldig
An des jungen Mönches Seite,
Ihn zu pflegen. – Walter schüret
Noch einmal die Feuerbrände,
Stützt das Haupt tief in die Rechte
Und sinnt nach, welch' wicht'ge Kunde
Dieses Schreiben bringen werde,
Grübelt, sinnt und denkt nach Hause,
An die Mittelsteiner Halle,
Wo wohl jetzt die Trautgesellen
Und die schmucken Dirnen sitzen,
Wo die Schaffnerin am Fleischtopf
Gar verlockend flink hantiret.
»Ei, Frau Rösel … wollet freundlichst
Des Jung Walter's nicht vergessen. …«
Also murmelt er, und hierauf
Schnarcht er laut im schönsten Traume.

*

Andern Morgens warf die Sonne
Leuchtend wieder gold'ne Strahlen
Grüßend in die Bergwartklause,
Und sie sah Gerhardus Rochus
Wohl gestärkt und neu bei Kräften
Fröhlich plaudernd neben Robert
Bei dem würz'gen Frühtrunk sitzen.
Er erzählte, daß vom Abte
Seines Eisenacher Klosters
Ihm, als von dem Rhein gebürtig,
Sei ein Botschaftsgang dictiret
Zu dem Mattenburger Kloster,
Daß drauf Wunfried, der's vernommen,
Ihm in ganz geheimer Zwiesprach'
Von der Klause hier erzählet
Und gebeten, dieses Brieflein
An den Frankensteiner Ritter
Recht behutsam abzugeben.
Nun hab' er von Goarshausen
Bald zu Fuß sich herbegeben,
Sei vom Schneesturm überraschet,
Schier vom rechten Weg gerathen
Und im Tann vor Kält' und Hunger
Und Ermattung fast verkommen. –
Doch das Schreiben von Wunfriedus
Brachte keine Freudenbotschaft,
Es erzählte, daß Bertholdus
Schon den Frankenstein zerstöret Hessenl. Beschreib., II. Th. 10. Cap. Antiq. Fuld. I. III, S. 310: »Brouverus schreibt, daß der Abt zu Fulda, Bertholdus II. von Leupolz, im Jahre 1247 das Schloß Frankenstein wegen verübter Räubereyen auf der Landstrassen, unversehens überfallen, zerstöret, und desselben Orts Herrn Roberte von Frankenstein, seinen Feind, seiner Güter und Schlösser beraubt, und ihn in äusserste Armuth geworfen hätte.«
Und anitzt vor Salzung' läge.
»Doch getrost nur, lieber Neffe,«
Schrieb der Abt zum Schluß der Kunde,
»Weißt, was ich in Königs Namen
Dir so sicher hab' versprochen!
Schon schickt' ich ihm treue Boten,
Die Dein Unbill klagen sollen,
Und, vertrau' ihm, König Wilhelm
Wird Dein Land zurückerobern,
Also hat er mir's geschworen.« –
Lange saß der Frankensteiner
Stumm, mit schwer bewölkter Stirne,
Nagte zornig seine Lippen,
Und die Hand, zur Faust geballet,
Zitterte am Griff des Schwertes.
Endlich rang sich's wie ein Stöhnen
Aus der Brust: »Gerhardus Rochus,
Braucht Ihr jemals grausam herbe
Qualen, um im Fegefeuer
Arme Seelen schlimm zu foltern,
Sperrt sie ein in enge Klause
Und erzählt, daß in der Heimath
Ihre liebe, traute Wohnstätt'
Sei von Feindeshand geplündert;
Kann es Euch anitzt versichern,
Daß dies schlimmer brennt wie Feuer!«
Lang' und forschend blickte Gerhard,
Endlich rief er: »Junker Robert,
Wollet es nicht Neugier nennen,
Die mich selbe Frage thun läßt:
Warum weilt Ihr fern und thatlos,
Warum duldet Ihr's gelassen,
Daß man Euch ohn' jedes Hemmniß
In der Heimath macht zum Bettler?
Wahrlich, wäre Euer Ruhm nicht
Längst im ganzen Land verbreitet,
Der Euch nennt von allen Rittern
Den verwegensten und kühnsten,
Ich würd' glauben, Junker Robert – – «
»Sei ein Feigling? – frisch heraus nur!«
Lachte bitter auf der Edle,
»Glaub' es selbst, 's hat so den Anschein:
Aber nein, hört an, Gerhardus,
Welch' ein Tollkopf Euch bewirthet:
Um ein kleines, zartes Mäuslein
Sich mit kluger List zu fangen,
Sitzt der wilde Frankensteiner
Wochenlang auf stiller Lauer,
Und er läßt getrosten Herzens
Einen Wolf im Hirtenkleide
In der Heimath Heerde brechen!
Seht, ich liege hier gefesselt,
Und sind's gleich nur Rosenketten,
Kann sie doch mein starker Arm nicht
Und kein Zorn und Muth zerreißen;
Und will Sanct Georg, der Streiter,
Oft auch kühn aufs Roß mich treiben,
Tritt herzu ein Weib, ein schwaches,
Winkt mir stumm mit süßem Lächeln,
Und ich taumle jäh zurücke,
Sinke kraftlos ihr zu Füßen,
Roß und Klinge stehen herrnlos,
Und ich bin ein Sclave worden,
Sclave jenes Zauberweibes,
Das da heißt die Kön'gin Minne.
Aber höret, Freund Gerhardus,
Hab' ich sie für ew'ge Zeiten
Sicher mir ins Herz gesperret,
Dann frisch auf! dann in die Heimath!
Jenen Wolf will ich dann suchen
Und ihn packen und ihn würgen,
Heil dem Frankensteiner Leuen!«
Lange sprach dann noch Herr Robert,
Sprach von diesem und von jenem,
Auch der Deurenburg erwähnt' er,
Und der Mönch schrak auf und murmelt:
»Kennt Ihr jene Burg? – Gott helf' mir,
Ach, was wißt Ihr von dem Schlosse?«
Und der Frankenstein erzählte,
Trat dann hin zur Fensterluke,
Stieß sie auf und sprach: »Dort liegt sie!«
Tief erregt sprang plötzlich Gerhard
Auf von seinem Sitz und strich sich
Mit der Hand schnell übers Antlitz,
Die Bewegung zu verbergen:
»Kennt Ihr auch Klein Guda, Junker,
Saht Ihr sie gesund und fröhlich?
Helf' mir Gott, ist sie wohl glücklich?«
Und er trat zur Fensterluke,
Schaute starren Blicks hinüber,
Wo die goldne Morgensonne
Auf den weißbeschneiten Thürmen
Deurenburgs wie Feuer brannte,
Und er hob die Arme sehnend,
Stumm und innig ihr entgegen:
»Grüß' Dich Gott, Du Sarg und Wiege
Meines Traums und meines Glückes,
Tod und Leben, Finden, Scheiden,
Lust und Leid trägst Du verschlossen,
Wie an einem Blüthenstrauche
Ros' und Dorn zugleich ersprießen,
Grüß Dich Gott, Du Burg am Rheine,
Nimm mich auf, ob Sarg, ob Wiege!«


 << zurück weiter >>