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Dreizehntes Kapitel.

Das Motto zu Kapitel 35 (in dieser Übersetzung Band 2, Kapitel 13):

Non, je ne comprends pas de plus charmant plaisir
Que de voir d'héritiers une troupe affligée
Le maintien interdit, et la mine allongée,
Lire un long testament où pales, etonnés
On leur laisse un bonsoir avec un pied de nez.
Pour voir au naturel leur tristesse profonde
Je reviendrais, je crois, exprès de l'autre monde.
Regnard: Le Legataire Universel.


Als die Thiere paarweise die Arche Noäh betraten, machten die vereinigten Artenpaare vermuthlich sehr viele Glossen eines über die anderen und fanden wahrscheinlich, daß unter den mannigfachen auf einen und denselben bestimmten Vorrath von Futter angewiesenen Gestalten sehr viele höchst überflüssig seien, indem sie nur dazu dienten, die Portionen zu schmälern (die Rolle, welche die Geier bei jener Gelegenheit gespielt haben, zu schildern, würde, fürchte ich, eine zu peinliche Aufgabe für die darstellende Feder sein. Da diese Vögel um den Schlund herum von unvortheilhafter Nacktheit sind und augenscheinlich keinerlei feierliche Gebräuche und Ceremonien beobachten).

Aehnliche Empfindungen beseelten die christlichen Fleischfresser, welche das Leichengefolge Peter Featherstone's bildeten, da die Meisten unter ihnen ihr Absehen auf einen beschränkten Vorrath gerichtet hatten, von welchem Jeder gern den größten Theil für sich behalten hätte. Die seit lange anerkannten Blutsverwandten und die angeheiratheten Verwandten machten schon eine hübsche Anzahl aus, welche mit ihrer noch möglichen Vervielfältigung ein reiches Feld für eifersüchtigen Argwohn und hoffnungsvolle Erwartungen darbot.

Eifersucht gegen die Vincy's hatte eine Gemeinsamkeit feindseliger Gefühle bei allen Gliedern der Featherstone'schen Familie hervorgerufen, so daß sie, in Ermangelung irgend eines bestimmten Anzeichens dafür, daß einer von ihnen mehr als die Uebrigen erhalten würde, vorwiegend von der Furcht, der lange Bursche, Fred Vincy, möchte den Landbesitz erben, beherrscht waren, ohne daß diese Furcht einen Ueberfluß an anderen Empfindungen und unbestimmtere Regungen der Eifersucht, ähnlich denen, wie sie sich gegen Mary Garth geltend machten, ausgeschlossen hätte.

Salomon fand Zeit zu erwägen, daß doch Jonah ein unwürdiger Mensch sei, und Jonah fand Zeit, Salomon der Habgier zu beschuldigen; Jane, die ältere Schwester, war der Meinung, daß Martha's Kinder nicht so viel erwarten dürften wie die jungen Waule's, und Martha, welche weniger strenge Grundsätze in Betreff der Erstgeburt hatte, dachte nur mit Schmerz daran, daß Jane so viel habe.

Diese nächsten Verwandten waren natürlich von der Unverständigkeit der Erwartungen von Vettern und Großvettern durchdrungen und verwendeten ihre Kenntniß der vier Species dazu, die großen Summen zu berechnen, auf welche sich kleine Vermächtnisse belaufen möchten, wenn ihrer allzuviele sein sollten.

Außer Herrn Trumbull waren noch zwei Vettern und ein Großcousin gekommen, der Verlesung des Testaments beizuwohnen. Dieser Großcousin war ein Middlemarcher Krämer mit höflichen Manieren und einer ziemlich uncorrecten Aussprache. Die beiden Vettern waren ältliche Männer aus Brassing, von denen der Eine auf Grund großer Ausgaben, welche ihm Geschenke in Gestalt von Austern und anderen Eßwaaren an seinen reichen Vetter Peter verursacht hatten, Anspruch auf eine Berücksichtigung im Testamente zu haben glaubte, während der Andere, der, die Hände und das Kinn auf seinen Stock gestützt, schwermüthig dasaß, seine Ansprüche nicht auf kleinliche Gefälligkeiten, sondern auf allgemeine Verdienste gründete. Beide waren tadellose Bürger von Brassing und würden es lieber gesehen haben, wenn Jonah Featherstone dort nicht gewohnt hätte. Der Witzling in einer Familie erfreut sich gewöhnlich einer besseren Aufnahme bei Fremden als bei seinen eigenen Verwandten.

»Trumbull kann ziemlich sicher auf fünfhundert Pfund rechnen; darauf könnt ihr Euch verlassen, es sollte mich nicht wundern, wenn unser Bruder ihm diese Summe versprochen hätte,« sagte Salomon laut denkend vor sich hin, als er am Abend vor dem Begräbnisse mit seinen Schwestern zusammen war.

»Du lieber, lieber Himmel!« sagte die arme Schwester Martha, deren Fähigkeit, sich in der Vorstellung von Hunderten zu ergehen, durch lange Gewohnheit auf den Betrag ihrer regelmäßig unbezahlten Miethe reduzirt war.

Aber am nächsten Morgen machte die Anwesenheit eines wunderlichen Leidtragenden, der unter die Versammelten hereingeschneit war, als wäre er vom Monde herabgefallen, einen unerwarteten Strich durch alle auf die weitest gehenden Vermuthungen begründeten Rechnungen. Das war der Fremde, den Frau Cadwallader als Froschgesicht bezeichnet hatte, ein Mann von ungefähr zwei bis drei und dreißig Jahren, welchem seine hervorstehenden Augen, seine an den Mundwinkeln herabgezogenen dünnen Lippen und seine von der Stirn, die unmittelbar über den Augbrauen plötzlich zurückwich, glatt weggebürsteten Haare in der That eine froschartige Unbeweglichkeit des Ausdrucks gaben.

Das war offenbar ein neuer Erbe; warum wäre er sonst als Leidtragender entboten gewesen? Hier boten sich also neue Möglichkeiten, die Alles in neuer Ungewißheit schweben machten und fast jede Bemerkung in den Trauerkutschen verstummen ließen. Wir Alle fühlen uns durch die Entdeckung einer neuen Thatsache gedemüthigt, welche schon lange ein ganz behagliches Dasein geführt und uns vielleicht im Geheimen in die Augen gesehen hat, während wir, ohne sie im mindesten in Rechnung zu ziehen, uns unsere eigne Welt construirten.

Niemand hatte bis dahin diesen fragwürdigen Fremden gesehen außer Mary Garth, und auch sie wußte weiter nichts über ihn, als daß er zu der Zeit, wo Herr Featherstone noch sein Schlafzimmer verlassen konnte, zweimal in Stone Court gewesen war und stundenlang allein bei Featherstone gesessen hatte. Sie hatte Gelegenheit gefunden, dies gegen ihren Vater zu erwähnen, und außer dem Advocaten war Caleb vielleicht der Einzige, der den Fremden mehr mit prüfendem Blicke als mit den Augen des Widerwillens oder des Argwohns betrachtete.

Caleb Garth, der wenig für sich hoffte und noch weniger begehrte, war wesentlich nur auf die Bestätigung seiner Vermuthungen gespannt und die Ruhe, mit welcher er vor sich hinlächelnd sich das Kinn strich und ab und zu bedeutungsvoll umherblickte, gerade als ob er mit der Abschätzung eines zum Fällen bestimmten Baumes beschäftigt wäre, bildete einen frappanten Gegensatz zu der Unruhe und dem Spott, die sich auf den übrigen Gesichtern malten, als der unbekannte Leidtragende, dessen Name, wie es hieß, Rigg war, das getäfelte Empfangszimmer betrat und neben der Thür Platz nahm, um der bevorstehenden Verlesung des Testamentes beizuwohnen.

Eben vorher waren Salomon und Jonah mit dem Advocaten hinausgegangen, um das Testament zu holen, und Frau Waule hatte, als sie die beiden Plätze zwischen sich und Herrn Borthrop Trumbull leer sah, den Muth gehabt, sich dicht neben diesen Mann von großem Ansehen zu setzen, der mit seinen Petschaften spielte und sein Gesicht in eine Verfassung brachte, welche dem Entschlusse entsprach, nichts von den für einen bedeutenden Mann so compromittirenden Gefühlen des Erstaunens oder der Ueberraschung zu verrathen.

»Sie wissen gewiß Alles, was mein armer Bruder verfügt hat, Herr Trumbull,« sagte Frau Waule in dem leisesten ihrer wolligen Töne, während sie ihren mit schwarzem Krepp überschatteten Hut in der Richtung von Herrn Trumbull's Ohr bewegte.

»Meine gute Frau Waule, was ich weiß, ist mir unter dem Siegel des strengsten Geheimnisses anvertraut worden,« erwiderte der Auctionator, indem er die Hand vor den Mund hielt, um dieses Geheimniß nicht laut werden zu lassen.

»Die Leute, die sich auf ihr gutes Glück verlassen, können noch enttäuscht werden,« fuhr Frau Waule, welche in der vertraulichen Mittheilung des Herrn Trumbull einigen Trost fand, fort.

»Hoffnungen sind oft trügerisch,« sagte Herr Trumbull noch immer in demselben vertraulichen Ton.

»Ah!« hauchte Frau Waule, indem sie nach den Vincy's hinüberblickte und sich dann wieder neben ihre Schwester Martha setzte.

»Es ist merkwürdig, wie verschlossen der arme Peter war,« sagte sie in demselben leisen Ton. »Keiner von uns weiß, was er eigentlich gewollt hat. Ich hoffe nur zuversichtlich, daß er nicht schlechter war, als wir glauben, Martha.«

Die arme Frau Cranch war dick und asthmatisch und hatte daher noch einen besonderen Grund, ihre Bemerkungen allgemein und so zu halten, daß nichts daran auszusetzen war; denn selbst ihr Flüstern war laut und immer in Gefahr von Ausbrüchen unterbrochen zu werden, die wie die Töne einer verstimmten Drehorgel klangen.

»Ich bin nie habgierig gewesen, Jane,« erwiderte sie, »aber ich habe sechs Kinder, und ich habe drei begraben, und ich habe keinen wohlhabenden Mann geheirathet. Der Aelteste, der da sitzt, ist erst neunzehn Jahr alt, weiter brauche ich Dir wohl nichts zu sagen. Und dabei bin ich immer knapp an Geld, und mein Stück Land liegt in einer sehr schlechten Gegend. Aber wenn ich je gebettelt und gebeten habe, so war es nur bei Gott im Himmel, obgleich, wenn ein Bruder ein Junggeselle ist und der andere nach zweimaliger Ehe kinderlos ist – jeder Mensch wohl auf den Gedanken kommen könnte!«

Inzwischen hatte Herr Vincy einen Blick auf das passive Gesicht des Herrn Rigg geworfen und hatte dabei seine Schnupftabacksdose herausgezogen und auf dieselbe geklopft, hatte sie aber dann, ohne sie geöffnet zu haben, wieder in die Tasche gesteckt, da das Schnupfen, trotz seiner wohlthätigen Wirkung auf die Klarheit des Urtheils, ihm doch bei der gegenwärtigen Gelegenheit nicht passend erschien.

»Es sollte mich nicht wundern, wenn Featherstone sich besser zeigen sollte, als einer von uns ihm zugetraut hat,« flüsterte er seiner Frau ins Ohr. »Dieses Leichenbegängniß zeigt, daß er an Alle gedacht hat; es macht sich gut, wenn ein Mann wünscht, daß alle seine Verwandten ihm das letzte Geleit geben, und, wenn sie in bescheidenen Verhältnissen leben, sich ihrer nicht schämt. Mir sollte es nur um so lieber sein, wenn er eine Menge von kleinen Vermächtnissen gemacht hätte. Sie können für Leute in beschränkten Verhältnissen von größtem Nutzen sein.«

»Alles ist so schön, wie es nur sein könnte; der Krepp und die seidenen Schärpen und Alles,« sagte Frau Vincy in einem sehr befriedigten Ton.

Leider muß ich aber bekennen, daß Fred in der unangenehmen Lage war, ein Lachen unterdrücken zu müssen, das doch noch unpassender gewesen sein würde, als die Schnupftabacksdose seines Vaters. Fred hatte zufällig gehört, wie Jonah eine Vermuthung in Betreff eines »natürlichen Kindes« Featherstone's ausgesprochen hatte, und in dem Gedanken an diese Möglichkeit berührte ihn das Gesicht des Fremden, das ihm zufällig gegenüber saß, gar zu komisch.

Mary Garth, welche seine Verlegenheit aus dem Zucken seiner Mundwinkel und seinem gemachten Husten erkannte, kam ihm geschickt zu Hülfe, indem sie ihn bat, seinen Platz mit dem ihrigen zu vertauschen, so daß er in einer dunkeln Ecke zu sitzen kam.

Fred war so wohlgesinnt wie möglich gegen Jedermann, Rigg mit einbegriffen, und hätte sich, da ihn das Bewußtsein, glücklicher zu sein als alle diese Leute, besonders milde gegen dieselben stimmte, um keinen Preis unschicklich benehmen mögen; aber gleichwohl hatte es seine großen Schwierigkeiten, nicht zu lachen.

Aber das Eintreten des Advocaten und der beiden Brüder lenkte die Aufmerksamkeit aller Versammelten auf die nun zu erwartende Verlesung des Testaments.

Der Advokat war Herr Standish, welcher diesen Morgen in der Ueberzeugung nach Stone Court gekommen war, daß er sehr genau wisse, wer befriedigt und wer enttäuscht sein werde, bevor der Tag zu Ende gehe. Das Testament, dessen Verlesung ihm, wie er meinte, obliegen werde, war das letzte von dreien, welche er für Herrn Featherstone entworfen hatte. Herr Standish war ein Mann, der in seinem Benehmen keine Unterschiede machte; er übte gegen Jedermann dieselbe selbstbewußte, von einer tiefen Stimme getragene Höflichkeit und sprach vorzugsweise von der Heuernte, »die bei Gott sehr schön ausfallen werde,« von den letzten Bülletins über das Befinden des Königs und von dem Herzog von Clarence, der mit Leib und Seele ein Seemann und just der rechte Mann sei, um über eine Insel wie Großbritannien zu herrschen.

Der alte Featherstone hatte oft vor dem Kamin sitzend, bei sich gedacht, wie sehr sich Standish eines Tages wundern werde. Zwar würde er, wenn er seinen im letzten Augenblick gefaßten Entschluß ausgeführt und das von einem andern Advokaten entworfene Testament verbrannt hätte, jenen Nebenzweck, Standish zu überraschen, nicht erreicht haben; aber doch hatte er bei der Verfolgung desselben seinen Spaß gehabt.

Und in der That war Herr Standish überrascht, – aber durchaus nicht ungehalten; im Gegentheil ergötzte ihn der Reiz, welchen seine eigene kleine Neugierde dem voraussichtlichen Erstaunen der Featherstone'schen Familie über die Entdeckung eines zweiten Testaments noch hinzufügte.

Salomon und Jonah konnten über ihre eigenen Empfindungen nicht recht ins Reine kommen; sie vermutheten, daß das alte Testament doch noch eine gewisse Gültigkeit haben und daß sich vielleicht eine so unlösbare Verschlingung der früheren und der letzten Absichten des armen Peter herausstellen würde, daß es endlose Prozesse geben müsse, bevor ein Jeder zu dem Seinigen gelangen könne – eine Unannehmlichkeit, die wenigstens den Vortheil haben würde, daß sie Alle gleich empfindlich davon betroffen würden.

Daher malte sich auf den Gesichtern der Brüder eine durchaus neutrale Ernsthaftigkeit, als sie mit Herrn Standish wieder ins Zimmer traten. Aber Salomon zog doch alsbald wieder sein weißes Schnupftuch hervor; denn er sagte sich, daß doch in dem Testamente unter allen Umständen rührende Stellen vorkommen würden, und ein, wenn auch noch so trockenes, Weinen fand bei Begräbnissen hergebrachtermaßen seinen Ausdruck in feinen weißen Schnupftüchern.

Unter allen Anwesenden war vielleicht Mary Garth in diesem Augenblick am tiefsten aufgeregt; denn sie war sich bewußt, daß sie es war, welche die Producirung dieses zweiten Testaments, das vielleicht von den wichtigsten Folgen für einige der Anwesenden sein würde, thatsächlich herbeigeführt habe. Kein Mensch außer ihr wußte, was in jener letzten Nacht vorgefallen war.

»Das Testament, welches ich in Händen halte,« begann Herr Standish, welcher, an dem in der Mitte des Zimmers befindlichen Tische sitzend, sich in Allem die gehörige Zeit ließ und sich, ehe er fortfuhr, gründlich räusperte, um seine Stimme klar zu machen – »dieses Testament wurde von mir entworfen und von unserm verstorbenen Freunde am 9. August 1825 vollzogen. Ich finde aber, daß ein späteres, mir bisher unbekanntes Testament vorhanden ist, welches das Datum des 20. Juli 1826 trägt, also kein volles Jahr jünger ist als das vorhergehende. Und es findet sich ferner« – bei diesen Worten richtete Herr Standish durch seine Brillengläser noch einmal einen langen prüfenden Blick auf das Dokument – »zu diesem letztern Testamente ein vom 1. März 1828 datirtes Codicill.«

»O du lieber Gott,« seufzte Schwester Martha, die sich unter der Last dieser Daten eines Ausrufs nicht erwehren konnte, in der Meinung, daß es Niemand hören werde.

»Ich werde zunächst das frühere Testament verlesen,« fuhr Herr Standish fort, »indem ich damit der Absicht des Verstorbenen, welcher dieses Dokument nicht vernichtet hat, ersichtlich entspreche.«

Die Einleitung wurde allgemein etwas lang gefunden und nach dem Vorgange Salomons schüttelten mehrere der Anwesenden mit zu Boden gesenkten Blicken pathetisch die Köpfe; alle Augen vermieden es, anderen Augen zu begegnen, und hefteten sich vorzugsweise auf die Flecke im Tischtuch oder auf Herrn Standish's Glatze.

Eine Ausnahme machte nur Mary Garth. Als alle Uebrigen sich Mühe gaben, ihren Blick möglichst auf keine bestimmte Stelle zu richten, konnte sie sich die Versammlung ruhig betrachten, und als das erste: »Ich schenke und vermache« erscholl, konnte sie sehen wie auf den Gesichtern aller, ausgenommen dem des Herrn Rigg, eine plötzliche, wie durch ein leises Zittern hervorgerufene Veränderung vorging.

Herr Rigg saß in unerschütterlicher Ruhe da, und in der That hatte die Versammlung, welche durch wichtigere Probleme und durch die eigenthümlich complicirte Aufgabe in Anspruch genommen war, die Verlesung von Vermächtnissen mit anzuhören, von denen es zweifelhaft war, ob sie widerrufen werden würden oder nicht, aufgehört, sich mit ihm zu beschäftigen.

Fred erröthete und Herr Vincy fand es, um seine Fassung zu behalten, unerläßlich, seine Schnupftabacksdose, wenn auch geschlossen, in der Hand zu halten.

Die kleinen Vermächtnisse machten den Anfang und selbst die Thatsache, daß noch ein anderes Testament vorhanden war und die dadurch gegebene Möglichkeit, daß »der arme Peter« sich eines Bessern besonnen haben könne, vermochten die steigende, mit Widerwillen gepaarte Entrüstung über die Kleinheit der Vermächtnisse nicht zu beschwichtigen.

Die Menschen mögen sich gern in jedem Tempus, im Perfectum, Präsens und Futurum gut behandelt sehen, und hier wurde es offenbar, daß Peter vor fünf Jahren im Stande gewesen war, seinen eigenen Brüdern und Schwestern jedem nur zweihundert Pfund und jedem seiner Neffen und Nichten nur hundert Pfund zu hinterlassen. Die Garths waren gar nicht bedacht; aber Frau Vincy und Rosamunde sollten eine jede hundert Pfund erhalten. Herr Trumb erhielt den Stock mit dem goldenen Knopfe und fünfzig Pfund; die andern Großcousins und die anwesenden Vettern waren ein jeder mit derselben hübschen Summe bedacht, die, wie der schwermüthige Vetter bemerkte, einen Menschen nicht weiter bringen.

Und mit solchen durch ihre Kleinheit beleidigenden Gaben waren noch viele, nicht anwesende Personen, – problematische und, wie zu fürchten stand, einer niedern Gesellschaftsklasse angehörende entfernte Verwandte, – bedacht. Im Ganzen war nach oberflächlicher Schätzung mit diesen kleinen Vermächtnissen über dreitausend Pfund disponirt.

Wem hatte denn nun Peter das übrige Geld und seinen Landbesitz hinterlassen? Und was war widerrufen und was nicht widerrufen? Und war der Widerruf eine Verbesserung oder eine Verschlechterung? Alle durch das bisher bekannt Gewordene rege gemachten Gefühle bedurften daher eines Vorbehalts, insofern sie sich schließlich als ganz unberechtigt erweisen konnten.

Die Männer waren stark genug, diesem verwirrenden Aufschub gegenüber ihre Fassung zu behalten und ruhig zu bleiben; je nach der Gewöhnung ihrer Gesichtsmuskeln ließen einige die Unterlippe hängen, während andere den Mund spitzten. Aber Jane und Martha vermochten der mit überwältigender Wucht auf sie eindringenden Masse von Fragen nicht Stand zu halten und fingen an zu weinen; die arme Frau Cranch war halb durch die tröstliche Aussicht, überhaupt ein Paar hundert Pfund zu erhalten, ohne für dieselben arbeiten zu müssen, gerührt, halb von dem Bewußtsein erfüllt, daß ihr Antheil nur dürftig sei, während Frau Waule's Gemüth ganz von dem Gefühle überfluthet war, daß sie eine rechte Schwester sei und nur wenig, jemand Anderes aber viel erhalten solle.

Allgemein erwartete man jetzt, daß das »Viel« Fred Vincy zufallen werde, aber die Vincy's selbst waren überrascht, als ihm zehntausend Pfund in specificirten Belegungen vermacht wurden, – würde der Landbesitz nun auch noch folgen? Fred biß sich auf die Lippen: es wurde ihm schwer nicht zu lächeln, und Frau Vincy hielt sich in diesem Augenblick für die glücklichste Frau in der Welt; denn vor der glänzenden Aussicht, die sich ihr eröffnete, verlor sie die Möglichkeit eines Widerrufs ganz aus dem Gesicht.

Es erübrigten noch Verfügungen über einen Rest beweglichen Eigenthums und über den Landbesitz; aber dieses ganze noch übrige Vermögen wurde einer Person hinterlassen und diese Person war – o über die Unberechenbarkeit der Möglichkeiten! über die Unsicherheit der Erwartungen, die sich auf die Gunst engherziger alter Männer gründen! O über die endlosen Vocative, die gleichwohl keinen zureichenden Ausdruck für die Maßlosigkeit menschlicher Thorheit gewähren! – Der Erbe des ganzen übrigen Vermögens war Joshua Rigg, der zugleich zum alleinigen Testamentsexecutor ernannt und von nun an den Namen Featherstone anzunehmen verpflichtet wurde.

Es entstand im Zimmer ein Rascheln, wie wenn ein Schauder die ganze Versammlung durchliefe. Aller Augen richteten sich jetzt wieder starr auf Herrn Rigg, der allem Anscheine nach keine Ueberraschung empfand.

»Eine höchst merkwürdige testamentarische Disposition!« rief Herr Trumbull, der es in diesem Falle ausnahmsweise vorzog, als ununterrichtet zu erscheinen. »Aber da ist ja noch ein anderes Dokument – ein späteres Testament. Wir haben noch nicht den letzten Willen des Verstorbenen gehört.«

Mary Garth mußte sich sagen, daß das Testament, welches jetzt verlesen werden sollte, in Wahrheit nicht den letzten Willen des alten Featherstone enthalte.

Das zweite Testament widerrief Alles bis auf die Vermächtnisse für die obenerwähnten geringen Leute (einige Veränderungen in Betreff Dieser verfügte das Codicill) und bis auf die Bestimmung, vermöge welcher Joshua Rigg das gesammte im Kirchspiele Lowick belegene Landeigenthum mit dem gesammten Inventar und Mobiliar erhalten sollte. Das übrige Vermögen sollte zur Errichtung und Ausstattung von Armenwohnungen für alte Männer verwendet werden, und diese Armenwohnungen sollten den Namen »Featherstone-Stift« führen und auf einem in der Nähe von Middlemarch belegenen Stück Land erbaut werden, welches der Erblasser, in dem Wunsche – so besagte das Testament – ein Gott dem Allmächtigen gefälliges Werk zu thun, bereits zu diesem Zweck angekauft habe. Keiner der Anwesenden erhielt einen Heller; nur Herrn Trumbull verblieb der Stock mit dem goldenen Knopf.

Die Versammelten brauchten Zeit, ihre Sprache wiederzufinden. Mary wagte es nicht Fred anzusehen. Herr Vincy war der erste, der sich wieder vernehmen ließ, nachdem er sich nachdrücklich seiner Schnupftabacksdose bedient hatte, und er sprach mit lauter Entrüstung:

»Das unerklärlichste Testament, von dem ich je gehört habe! Ich sollte denken, er könne nicht recht bei Sinnen gewesen sein, als er es machte. Ich sollte meinen, dieses letzte Testament sei nichtig,« fügte Herr Vincy in dem Bewußtsein hinzu, daß dieser Ausdruck die Sache in das rechte Licht setze. »Wie, Standish?!«

»Ich glaube, unser verstorbener Freund wußte immer, was er that,« erwiderte Herr Standish. »Es ist Alles vollkommen in Ordnung. Dem Testamente liegt ein Schreiben von Clemmens aus Brassing bei, einem sehr respectabeln Advokaten, der es entworfen hat.«

»Ich habe bei dem verstorbenen Herrn Featherstone niemals eine Spur von Geistesabwesenheit oder gar von Irrsinn beobachtet,« sagte Borthrop Trumbull, »aber ich nenne ein solches Testament excentrisch. Ich war dem Alten immer gern gefällig und er gab mir ziemlich deutlich zu verstehen, daß er sich mir in seinem Testamente dankbar erweisen werde. Der Stock mit dem goldenen Griff ist, wenn er als ein Zeichen der Erkenntlichkeit gelten soll, eine Albernheit; aber glücklicherweise bin ich über gewinnsüchtige Gedanken erhaben.«

»Ich kann nichts besonders Ueberraschendes in der Sache finden,« bemerkte Caleb Garth. »Man hätte vielmehr Grund gehabt sich zu verwundern, wenn das Testament dem entsprochen hätte, was man von einem offenen gradsinnigen Mann erwarten würde. Ich für meine Person wünschte, es gäbe überhaupt keine Testamente!«

»Das ist, bei Gott, eine sonderbare Ansicht für einen Christen!« rief der Advokat. »Ich möchte wissen, wie Sie diese Ansicht begründen wollen, Garth!«

»O!« sagte Caleb, indem er vorüber gebeugt die Fingerspitzen der beiden Hände genau an einander hielt und die Blicke nachdenklich auf den Boden heftete. Ihm erschien das Reden immer als der schwierigste Theil bei jedem Geschäfte.

In diesem Augenblick aber ließ sich Herr Jonah Featherstone vernehmen. »Nun, er war ja sein Lebelang ein feiner Heuchler, mein Bruder Peter. Aber dieses Testament übersteigt doch Alles. Wenn ich das geahnt hätte, mich hätte kein Wagen mit sechs Pferden vom Brassing hergebracht. Morgen setze ich einen weißen Hut auf und ziehe einen hellgrauen Rock an.«

»Ach, du lieber Gott,« weinte Frau Cranch, »und dazu haben wir noch Reisekosten gehabt und der arme Junge, der hier so lange müßig hat sitzen müssen; das ist das erste Mal, daß ich etwas davon höre, daß mein Bruder Peter so lebhaft wünschte, Gott zu gefallen. Aber wenn mich der Schlag rühren sollte, ich muß sagen: ›es ist hart‹ und ich kann nicht anders denken.«

»Es wird ihm da, wo er hingekommen ist, zu nichts helfen, das ist meine Meinung,« sagte Salomon mit einer Bitterkeit des Ausdrucks, die etwas merkwürdig Aufrichtiges hatte, obgleich sein Ton doch unwillkürlich hinterhältig klang. »Peter war ein sündhafter Mensch, und Armenwohnungen werden es nicht verdecken, daß er die Unverschämtheit gehabt hat, seine Schlechtigkeit bis zum letzten Augenblicke zu beweisen.«

»Und hat doch immer seine eigene rechte Familie gehabt – Brüder und Schwester und Neffen und Nichten – und hat mit ihnen in der Kirche gesessen, so oft es ihm gut schien, in die Kirche zu gehen,« sagte Frau Waule. »Und hätte sein Vermögen doch so respectabel an diese Verwandten hinterlassen können, die sich niemals auf irgend eine Weise Verschwendung oder Unsolidität haben zu Schulden kommen lassen und die nicht so arm waren, daß sie nicht manchen Shilling gespart und ihr kleines Vermögen damit vermehrt hätten. Und ich – die Mühe, die ich mir gegeben habe, Gott weiß es, wie ich hergekommen bin und mich schwesterlich seiner angenommen habe – während er sich die ganze Zeit mit Gedanken trug, bei denen jeden Menschen eine Gänsehaut überlaufen muß. Aber wenn der Allmächtige das zugelassen hat, hat er gewiß die Absicht, ihn dafür zu strafen. Bruder Salomon, ich möchte fortgehen, wenn Du mich fahren willst.«

»Ich habe kein Verlangen, meinen Fuß noch ferner in dieses Haus zu setzen,« entgegnete Salomon. »Ich habe selbst mein Land und Geld, was ich wegtestiren kann.«

»Es ist eine traurige Geschichte, wie das Glück in der Welt geht,« sagte Jonah. »Es hilft Einem nie etwas, ein Bischen Geist zu haben. Man thäte besser, ein neidischer Hund zu sein. Aber die Ueberlebenden sollten etwas davon lernen. An dem Testament eines Narren, ist es genug in einer Familie.«

»Es giebt mehr als eine Art, wie ein Narr zu handeln« entgegnete Salomon. »Ich werde mein Geld nicht in die Gosse werfen und es nicht an Findlinge aus Afrika vermachen. Ich lobe mir die Featherstone's, die als solche geboren und es nicht erst dadurch geworden sind, daß sie sich den Namen angeklebt haben.«

Salomon richtete diese Bemerkungen in einem lauten »bei Seite« an Frau Waule, indem er aufstand, um sie zu begleiten.

Jonah war sich der Fähigkeit, viel schärfere Witze zu machen als Salomon, bewußt. Er sagte sich aber, daß es unverständig von ihm sein würde, den neuen Herrn von Stone Court zu beleidigen, bis er sich überzeugt haben werde, daß derselbe durchaus keine gastfreundlichen Gesinnungen gegen witzige Leute hege, deren Namen er anzunehmen im Begriff stehe.

In der That schien sich Herr Joshua Rigg sehr wenig um Anspielungen irgend welcher Art zu kümmern, in seinem Benehmen aber zeigte sich eine merkliche Veränderung, als er ruhig auf Herrn Standish zuging und ebenso ruhig verschiedene geschäftliche Fragen an ihn richtete. Er hatte eine hohe, zirpende Stimme und eine gemeine Aussprache.

Fred, dem er jetzt keine Veranlassung mehr zum Lachen gab, hielt ihn für das gemeinste Ungeheuer, das ihm je vorgekommen sei; aber Fred war recht schlecht zu Muthe. –

Der Middlemarcher Strumpfwaarenhändler wartete auf eine Gelegenheit, Herrn Rigg in eine Unterhaltung zu verwickeln; man konnte ja nicht wissen, für wie viele Paar Beine der neue Eigenthümer vielleicht Unterhosen brauchen würde, und auf guten Verdienst im Geschäfte war mehr Verlaß als auf Vermächtnisse. Auch war der Strumpfwaarenhändler als entfernter Verwandter frei genug von leidenschaftlicher Aufregung, um dem Gefühle der Neugierde Raum geben zu können.

Herr Vincy hatte sich nach seinem ersten Zornesausbruch in ein stolzes Schweigen gehüllt, war aber durch unangenehme Gedanken zu sehr preoccupirt, um an Fortgehen zu denken, bis er bemerkte, daß seine Frau an Fred herangetreten war, die Hand ihres Lieblings in der ihrigen hielt und schweigend Thränen vergoß. Sofort stand er auf, sagte, indem er der Versammlung den Rücken zukehrte, leise zu seiner Frau:

»Laß Dich nicht so gehen, Lucy; zeige Dich doch nicht vor diesen Leuten so schwach, liebes Kind,« und fügte dann mit seiner gewöhnlichen lauten Stimme hinzu: »Geh und laß den Wagen vorfahren, Fred, ich habe keine Zeit zu verlieren.«

Mary hatte sich schon vorher fertig gemacht, um mit ihrem Vater nach Hause zu gehen. Sie begegnete Fred auf dem Vorplatze und fand jetzt zum ersten Male den Muth, ihn anzusehen. Sein Gesicht hatte jene welke Blässe, die jungen Gesichtern bisweilen eigen ist, und seine Hand war sehr kalt, als er sie ihr reichte. Auch Mary war sehr aufgeregt; sie war sich bewußt, unabsichtlich einen verhängnißvollen Einfluß auf Fred's Loos geübt zu haben.

»Leben Sie wohl,« sagte sie in einem zärtlich traurigen Ton. »Seien Sie brav, Fred. Ich glaube aufrichtig, daß es Ihnen besser ist, das Geld nicht zu haben. Was hat es Herrn Featherstone genützt?«

»Das ist Alles sehr schön,« erwiderte Fred verdrossen. »Was soll aber ein Mensch anfangen? Jetzt muß ich ja Geistlicher werden.« Er wußte sehr wohl, daß Mary damit sehr unzufrieden sein würde, nun wohl, so mochte sie ihm sagen, was er anderes beginnen solle. »Und ich hatte gedacht, ich würde nun Ihrem Vater meine Schuld bezahlen und Alles in Ordnung bringen können: Und Sie selbst haben nicht einmal hundert Pfund bekommen. Was werden Sie nun beginnen, Mary?«

»Ich werde natürlich, sobald ich kann, eine andere Stelle annehmen. Mein Vater hat schon ohne mich genug zu thun durchzukommen. Leben Sie wohl.«

In sehr kurzer Zeit war Stone Court von allen echten Featherstones und anderen altgewohnten Gästen geräumt.

So hatte sich also in der Nähe von Middlemarch wieder ein Fremder niedergelassen; aber die Anwesenheit des Herrn Rigg Featherstone erregte mehr Unzufriedenheit über unmittelbar zu Tage tretende Folgen, als Reflektionen über den Einfluß, welchen seine Anwesenheit möglicherweise in Zukunft üben werde. Kein Gemüth war prophetisch genug, um eine Ahnung von dem zu haben, was das Erscheinen Joshua Rigg's nach sich ziehen sollte.

Und hier fühle ich mich sehr natürlich veranlaßt, über die Mittel, einen niedrigen Gegenstand zu erheben, zu reflectiren. Historische Parallelen sind für diesen Zweck sehr förderlich. Der Haupteinwand gegen dieselben ist der, daß es dem fleißigen Erzähler leicht an Raum für solche Parallelen gebrechen werde, oder, was oft auf dasselbe hinausläuft, daß er nicht im Stande sein werde, ihre Anwendbarkeit auf den besondern Fall nachzuweisen, wenn er auch eine noch so feste Zuversicht hege, daß diese Parallelen, wenn sie bekannt wären, ein helles Schlaglicht auf den fraglichen Fall werfen würden.

Leichter und kürzer scheint sich die Würde der Erzählung durch die Bemerkung retten zu lassen, daß, da jede wahre Geschichte sich in einem Gleichniß erzählen läßt, in welchem ein Bär als Prinz oder umgekehrt ein Prinz als Bär figuriren kann –, alles was ich von »geringen Leuten« erzählt habe oder noch erzählen werde, geadelt erscheinen wird, sobald man es als ein Gleichniß betrachtet; so daß, wenn schlechte Gewohnheiten mit ihren häßlichen Wirkungen dem Leser vorgeführt werden, dieser sich mit dem Gedanken, daß so ungentile Dinge nur bildlich zu nehmen seien, trösten und sich thatsächlich in der Gesellschaft von »feinen Leuten« zu befinden glauben kann.

Wenn ich daher ordinäres Volk auftreten lasse, braucht sich die Phantasie meiner Leser darum noch nicht aus der Sphäre der besseren Gesellschaft ausgeschlossen zu wähnen, und die lumpigen Summen, mit denen sich kein vornehmer Mann bankerott erklären möchte, können ja leicht, ohne alle Kosten, durch Hinzufügung einiger Nullen auf die Höhe bedeutender, zu großartigen commerciellen Transactionen verwendbarer Summen gebracht werden.

Eine Geschichte aus dem Leben der Provinz, in welcher alle auftretenden Personen sich einer sehr lauteren Moral erfreuen würden, müßte einer viel spätern Zeit als den Tagen der ersten Reformbill Die Wahlrechtsreform vom 7.6.1832 ( 1. Reformbill) beseitigt in England das Wahlmonopol der Aristokratie, gewährt allen städtischen Hausbesitzern das Wahlrecht und stärkt auf diese Weise das Bürgertum. Die Zahl der Wahlberechtigten erhöht sich von 220 000 auf 500 000 (1832) bzw. 625 000 (1833). Mit der Reformbill passt die britische Regierung die politischen Verhältnisse vorsichtig dem gewachsenen wirtschaftlichen Einfluss des Bürgertums an und vermeidet durch diese Politik Revolutionen wie in Frankreich 1830/1848 bzw. Deutschland 1848. – Anm.d.Hrsg. angehören; Peter Featherstone war aber, wie man bemerkt haben wird, bereits mehrere Monate, bevor Lord Grey Charles Grey, 2. Earl Grey (1764-1845), britischer Adliger und Staatsmann; Mitglied der Whig-Partei. Er trat Ende 1830 als Premierminister an die Spitze einer Regierung, die sich u.a. die Parlamentsreform zum Ziel gesetzt hatte, die zwar 1832 vom Unterhaus angenommen, vom Oberhaus jedoch abgelehnt wurde. Im Juni 1832 konnte sie jedoch nach Grey geschicktem Taktieren in Kraft treten. – Anm.d.Hrsg. in's Cabinet trat, todt und begraben.



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