Lena Christ
Mathias Bichler
Lena Christ

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Um die Essenszeit begann es in der stillen Werkstatt plötzlich lebendig zu werden, und die Schweigsamen Gesellen fingen an zu scherzen und zu singen, zu lachen und zu pfeifen, bis es ringsum von den Kirchen und Kapellen zum Mittag läutete.

Da stellten sich alle auf einen Haufen zusammen, wandten sich gegen Aufgang der Sonne, da in der Ecken ein mattes Öllicht vor einem dornengekrönten Herrgott an der Geißelsäule brannte, und beteten laut den Angelus Domini und das Tischgebet.

Darnach rief einer dem andern einen guten Tag zu, wünschte ihm einen gesegneten Appetit und wusch sich in einem Schaff voll Lauge die Händ, worauf man sich der Arbeitskleider entledigte und zum Tisch ging.

Da trat man zu ebener Erd in eine geräumige Stuben, darin in der Mitte ein endsgroßer Tisch aufgedeckt war. Ringsum standen schwarze Lederstühle, und an der Wand neben dem Kachelofen war ein ledernes Kanapee, darauf der Meister saß und in der Zeitung blätterte.

Ein Kommodkasten, darauf eine Stockuhr, ein Christkind unter einem Glassturz, ein Arbeitskorb und ein Zinnkrug standen, ein Wandschränklein und ein Spinett machten die Einrichtung fertig.

Man wünschte also dem Meister guten Appetit und setzte sich, nachdem er zuerst Platz genommen, rings um die Tafel.

Lächelnd trug die Frau Meisterin eine endsgroße Schüssel voll aufgeschmelzter Brotsuppe mit Zwiebeln auf, wünschte, man möcht sichs schmecken lassen, und schöpfte sich darnach ein wenigs in einen zinnernen Teller, während der Meister mit uns gleich aus der Schüssel aß.

Da gings in schönem Takt und guter Ordnung: erst der Meister, dann der Gregori; darnach der zweit Altgsell, die Junggsellen, dann ich und drauf die Lehrbuben. Den letzten Löffel hatte noch der Meister.

Nun brachte die Meisterin jedem einen hölzernen Teller und stellte eine Schüssel voll Knödel, eine Platte mit dünnen Fleischschnitzeln und einen Hafen voll Kraut auf den Tisch.

Dazu ging der Brotlaib und der Wasserkrug die Runde, und schweigend hielt man seine Mahlzeit, bis der Meister das Wort ergriff und etwas über den Tisch fragte. Da durfte ein jeder schwatzen und wohl auch einen Spaß treiben, bis die Hausfrau an ihren Teller klopfte, aufstand und mit singender Stimme den Dank für Gottes Gaben betete.

Nach diesem sagte ein jeds »Gelts Gott« und begab sich gemächlich wieder in die Werkstatt, da dann geschafft wurde bis um drei Uhr. Drauf wurde gevespert und darnach der Tag mit fleißigem Tun beendet.

Nach Feierabend gings an ein großes Waschen und Kämmen; denn die Meisterin als eine adrette Frau liebte nichts Ungepflegtes und hätte gewißlich jeden, der unsauber zum Nachtkaffee gekommen wär, vom Tisch gewiesen.

Mein Altgsell, der Gregori, hatte gleich Freundschaft mit mir geschlossen und schlug mir nun einen kleinen Spaziergang vor, dazu ich gern ja sagte.

Noch etliche waren dabei, und so gingen wir unter heiteren Gesprächen ein wenig hinters Haus, durch einen schönen Garten mit barocken Sandsteinfiguren, Brunnen und Bänken, vorbei an einem kleinen Pavillon mit einem Eisengitter um den Balkon, wie Filigran so fein und durchsichtig; über einen schmalen Fußweg durch eine Wiese und zu einem Bach, daselbst wir die Füß ins eisige Wasser hingen und die andern mein bisherigs Leben und Treiben aus mir herausfragen wollten. Da wurde leider mein eingeschlafens Gewissen wieder erweckt, und ich gedacht mit großer Trauer meines Leichtsinns, diese Schwindelfetzen vom Magister angenommen zu haben.

Kunnt auch in der Folg nicht gar froh werden trotz aller Lieb des Meisters und der Freundschaft meiner Kameraden; denn es bedrückte mich, daß alles dies nicht mir, sondern einem Fremden galt, der vielleicht in Wirklichkeit irgendwo am Galgen baumelte oder noch gar nicht zur Erden geboren war.

Und ich nahm mir wohl hundertmal vor, dem Meister alles zu beichten; dazu es aber leider Gottes niemals kam aus feiger Furcht, es möcht mich die Achtung der andern und die Lieb des Meisters kosten.

Zudem arbeitete ich mich täglich besser ein in mein Handwerk und tat es schier dem Gregori gleich. Hatte auch wieder angefangen zu schnitzen und schenkte bald dem einen, bald dem andern ein geschnittenes Schächtlein, einen Rahmen oder ein Figürl.

Und da ich einst mit dem Gregori zu einem Bildhauer in der Hundskugel kam, betrachtete ich mit heißer Gier die Werkstatt und die Geräte, die Modelle und Zeichnungen und bat schließlich den Meister Birchmayer, der eben aus einem Haufen Lindenstöck etliche aussuchte, er mög mir doch ein Scheitlein schenken, weil ich auch diese Kunst probieren möcht.

Worauf mich der Künstler einen Augenblick streng prüfend ansah, darnach lächelte und sagte: »Gerne! – Wenn du glaubst, du kannst es, so mach nur einmal was Rechtes! Aber ich fürcht, es wird dir doch nicht so fein von der Hand gehen, wie du es im Kopf hast!«

Damit gab er mir verschiedene weiche Hölzer, fragte, ob ich auch Werkzeug hätt, und meinte zum End: sehen möcht ers aber doch schon ganz gern, was ich zustand brächt.

Heißa! Da saß einer von nun ab jeden Tag nach Feierabend bei seinen Klötzen, schnitzte und schabte, linste und paßte und hielt sein Werk alle Augenblick prüfend vor sich hin, ob alles recht würd!

Und nach Verlauf etlicher Wochen stand ich mit klopfendem Herzen wieder beim Meister Birchmayer und hielt ihm das Tuch hin, darein ich meine Schöpfungen sorglich gewickelt hatte: eine Statuette der Madonna, einen Christus am Kreuz und zwei Leuchter.

Starr sah mich der Meister an, schüttelte nachdenklich den Kopf, betrachtete die Dinge lange und sagte schließlich, indem er den Christus in der Linken hielt und leise mit den Fingerspitzen der Rechten darüberstrich: »Wer hat dich denn das gelehrt?«

»Niemand«, erwiderte ich ihm; »ich hab schon als kleiner Bub geschnitzelt; – und mein Kathreinl...«

Erschreckt hielt ich inne, und eine heiße Röte stieg mir ins Gesicht. Der Künstler aber sagte lachend: »So so! Auch schon verliebt! – Na – ist ja deine Sache! – Also – dein Kathreinl...?«

Voller Verlegenheit sagte ich ihm nun, daß die schon einen Haufen solcher Dinge von mir hätt und daß ich schon oft gedacht hätt, ich möcht einmal auch was ganz Großes, Gutes zuwegbringen.

Da legte der Meister meinen Christus wieder hin und sagte: »Ich will dir dazu helfen. Laß die Stücke hier liegen, bis mein Freund Boos hier war, dann sehen wir weiter. Und komm am Sonntag wieder. – Übrigens: wie heißt du denn eigentlich, und wer sind deine Eltern?«

Mir war, als hätt mich ein Schlag gerührt bei dieser Frag. – Starr und hilflos blickte ich auf meinen Herrgott und die Madonna, – und dann kams mir plötzlich wie Wasser von den Lippen: »Eltern hab ich keine. Mathias Bichler heiß ich und aus Sonnenreuth bin ich. Meine Zieheltern waren die Meßmersleut von Sonnenreuth. Beim Weidhofer hat mans gheißen. Und mein Kathreinl ist jetzt die Lackenschusterin von Sonnenreuth. Bei der hätt ich als Viehbub dienen sollen und bin davon.«

Und erzählte ihm meine Schicksale bis dahin, wo ich die Komödiantenbrut kennengelernt hatte.

Aber da kam ein hochbetagter Herr mit einer ältlichen Mamsell, ein Freund des Meisters, wie es schien, und ich mußte gehen.

Mit herzlichen Worten reichte er mir noch die Hand und sagte zuletzt: »Komm ja wieder! Du freust mich. – Und nimm dir wieder ein paar Holzklötze mit!«

Band mir also etliche in mein Tuch und geleitete mich hinaus.

Leichten Herzens lief ich heim und tat, was ich seit langem nicht mehr getan, – sang und jodelte, juchzte und pfiff aus übergroßer Freud.

In den nächsten Wochen aber schnitzte ich meiner Meisterin eine zierliche Madonna und dem Meister einen feinen, verschnörkelten Rahmen zu seinem Bild, das ihm der Gregori als Silhouette geschnitten hatte; darüber groß Lob und eitel Freud im Hause herrschte.

Es mocht jetzt so ein halbs Jahr sein, daß ich in dem Haus des Malers lebte und die Heiligen anstrich; hatte auch eine fröhliche Weihnacht daselbst gefeiert und mich gut eingewöhnt.

Da rief mich eines Sonntags der Bildhauer Birchmayer zu sich und erklärte, ich kunnt bei ihm ohne jedes Lehrgeld als Jünger eintreten, sobald ich wollt. Seine Freunde Muxl und Kobell sowie der alte Professor Boos, der neulich mit seiner Tochter grad dazugekommen wär, als ich ihm meine Werke überbracht hätte, seien gern bereit, mich zu unterstützen, damit was Ordentlichs aus mir würd.

Mit Tränen in den Augen erfaßte ich seine Händ und brachte doch kein Wort des Danks hervor.

Und dann lief ich davon und eilte heim, meinem Meister sogleich die Botschaft zu bringen und ihm zugleich die Wahrheit über meine Person zu sagen.

Aber es war leider kein Mensch zu Hause, und ich mußts bleiben lassen.

Ging also langsam durch die Stadt, bis mir mein Ziehbruder und die andern zwei Gesellen einfielen; denn der Magister hatte sich noch nicht einmal bei mir blicken lassen, und auch ich war die ganze Zeit über niemals mit einem oder dem andern zusammengekommen aus eben der Ursach, mein wirklicher Name möcht dadurch an den Tag kommen.

Und so überlegte ich grad vor dem Kaffeehaus zum schönen Turm, ob ich nicht einen von ihnen – etwan den Fritz – aufsuchen sollt, als mir unser Gregori auf die Schulter klopfte und sagte: »He, Hansl! – Bist auch alleinig? – Magst nit mitgehen in die Tanzschul? – Menuett und Deutsch lernen? – Kost bloß zwei Gulden fürs Jahr!«

War mir nicht bsunder angenehm, daß ich sollt da mitgehen; aber ich fragte doch, wo es wäre, darauf der Gregori sagte: »Drunten beim Kosttor, – in der Arch Noe. – Gibt allerhand Leut und Madeln dort: Bäcken, Müller, Knecht und Mägd, Kocherln, Nahterinnen und halt allerhand. – Is ganz lustig dort; – der Gerstenegger Hiasl, ein Schustergsell, hat die Gschicht über sich. – Also, was ists? – Gehst mit?«

Und schob also seinen Arm in den meinen und nahm mich mit durch die Stadt, da wir hinab zur Kosttorkasern mußten, wo auch der Falkenturm, ein hartes Zuchthaus, und die churfürstlichen Hofställe standen.

Auch hier floß ein Wasser durch, der Kainzmüllerbach geheißen; eine Brucken führte grad vor dem Wirtsgarten drüber, und über eine kleine Stiegen hinab kam man in das Haus, auf dessen Fassade eine gut gemalte Arche Noe prangte.

Wir begaben uns erst in die vollbesetzte, allgemeine Wirtsstube, einen dunklen, verräucherten Raum, über dessen Wände sich uralter Epheu hinspannte und den vielen Heiligenbildern samt dem Gemäld des verstorbenen Churfürsten Carl Theodor eine feine Zierde gab. Von der Weißdecke hingen an Ketten etliche Glaskästen, darin die Wahrzeichen verschiedener Zünfte in überaus zierlicher Darstellung prangten. So sah man in dem einen die getreue Nachbildung eines churfürstlichen Prunkwagens samt Pferden und Kutschern, Dienern und Lakaien. In einem andern waren eine Menge winziger Hüte aller Zeiten und in allen Formen und Farben aufgeschichtet, und wieder ein anderer enthielt einen ganzen Bienenkorb aus Wachs, mit feinen wächsernen Blumen verziert, darauf Bienen von der gleichen Materie saßen.

Rings an den Wänden waren Rehköpfe aufgemacht, daran die Gäst ihre Hüt und Hauben hingen.

An einem der niederen Fenster saß ein kleiner Affe mit einer Miene wie ein alter, verkümmerter Schulmeister, wiegte sich auf der schaukelnden Stange und klopfte dazu, so oft er draußen jemand kommen sah, an die Scheiben.

Ab und zu sprang er von seiner Stange, kletterte, so weit ihn seine Kette ließ, am Epheu entlang und schaute neugierig und interessiert hinüber zum andern Fenster, da wohl leichtlich an die dreißig Vögel in einem geschnitzten, mit Türmen und Fähnlein gezierten Flughaus sangen und lärmten.

Plötzlich stieß er einen quiksenden Schrei aus und kehrte hastig wieder zurück auf seinen Platz.

Indem ich den wunderlichen Burschen noch betrachtete, zupfte mich der Gregori am Ärmel und sagte: »Gehn wir wieder, – es ist niemand da, den ich kenn.«

Und führte mich also hinauf über eine Stiege in den Tanzsaal, wo männiglich beieinanderstand, fein in Paare gericht und auf den Beginn der Musik harrend.

Nun gab der Tanzmeister mit seinem langen, bandgeschmückten Stab ein Zeichen in die Ecke, wo auf einem Podium zwei Bläser und ein Geiger saßen, zählte: »Eins – zwei – drei – eins!« und der Reigen begann.

Wir drückten uns unbemerkt in einen Winkel und sahen zu, indes die Paare stampfend oder schleifend, wirbelnd oder drehend an uns vorübertanzten und der Meister bald diesem, bald jenem Paar einen Wink gab.

Nach beendetem Reigen rief der Lehrmeister etliche Tänzer beim Namen und sagte: »Oh! Oh! – Was war das für ein Gehopse, Jungfer Gertraud! – Sag ich Euch nicht immer, Ihr sollt nicht so konfus herumhüpfen! – Und Ihr, Mosjö Engelbert! – Wo habt Ihr denn Euern linken Arm wieder hinplaziert! – Mamsell Kuni! – Nicht doch – nicht doch! – Ihr verdreht ja die Augen beim Walzen, als seien sie Wagenräder! – Und Ihr da hinten – Mosjö Benno! Nicht so stampfen, sag ich! – Muß denn wirklich alle Welt wissen, daß Ihr ein Bräuknecht seid! – Eleganter, sag ich, – eleganter! – Nun noch einmal!«

Und der ganze Reigen wurde wiederholt.

Diesmal gings zur Zufriedenheit des Meisters; denn er lächelte freundlich, nickte beifällig bald diesem, bald jenem Paar zu und rief entzückt: »Scharmant! – Ich applaudiere! – Admirabel! – Grandios! – Es ist gut, – wir wollen pausieren!«

Während der Pause stellte mich der Gregori dem Meister Gerstenegger vor und sagte, daß ich die Absicht hätte, bei ihm das Tanzen zu lernen; darüber der Geck schier krumm wurd vor lauter Katzbuckeln und sagte: »Ah! Scharmant! – ich habe die Ehre, Mosjö, Herr Baron! – Meine Referenz! – Freut mich, freut mich! – Mit Vergnügen zu dienen, Euer Gnaden! – Aber – pardon – für heute, bitte ich, bloß gefälligst zuzusehen! – Pardon! – Gehorsamster Diener, meine Herren!«

Er verbeugte sich noch einmal und schwänzelte darnach durch den Saal an einen kleinen Tisch, daselbst er sich mit Bier und Käs erfrischte. Wir machten uns nun an eine der Gruppen an, die längs der Wand auf ledergepolsterten Bänken Platz genommen hatten, aßen und tranken und sich lachend und scherzend unterhielten.

Hier packte eben ein schwarzhaariges Kocherl ein feistes Ganshaxl aus und legte es ihrem Tänzer mit süßem Lächeln auf die Knie; dort steckte ein Bäcker in lichtblauer Uniform seiner Partnerin eine feuerrote Nelke aus Papier an die Brust; wieder andere stießen auf ihre Gesundheit an und machten allerhand Witze, die der Gregori münchnerisch nannte.

Eine große, blasse Jungfer aber saß ganz allein bei einem Gläslein Met und hatte niemand, der sich mit ihr unterhielt.

Zu dieser setzte ich mich nun und wünschte ihr einen guten Tag.

»Seid Ihr ganz allein da, Jungfer?« fragte ich.

»Jawohl«, erwiderte sie; »meine Freundin, die sonst immer mit mir hergeht, ist leider Gott krank.«

»Lernt Ihr auch tanzen – mit Verlaub?« kam ich wieder.

»Ei freilich!« lachte sie; »sonst wär ich wohl nicht da!«

»Ganz richtig«, meinte ich verlegen; »darf man vielleicht wissen, – wer und was?...«

»Ei, sieh da!« rief das Mädchen auf solche Red hin aus,»wie kommt Ihr mir vor, Mosjö! – Hat eins schon so was erlebt! – Fragt mich der Gimpel um meine Privatsachen und sagt nicht einmal, wie er heißt! – Ein sauberer Kavalier!«

Und machte also, daß ich vor Verlegenheit nicht mehr aus noch ein wußte.

Aber mein Kamerad war derweil wieder zu mir getreten und half mir aus der Klemm: »Oho! Jungfer Lisbeth! Nit so aufbegehrn! – Der Jungherr ist mein Kamerad – ist ein zermer Künstler und ein feiner Bursch! – Der kriegt andere auch noch, wie so eine einschichtige Flickmamsell! Gell, hat dich dein Schorschl heut versetzt! – Da drüben hockt er, – schau! – Bei der schönen Christl – bei deiner Freundin!«

Nun erbarmte sie mir doch; denn sie wurde erst rot, dann bleich und sagte bloß halblaut: »Geh zu, – boshafter Mensch!«

Worauf sie der Gregori noch einmal spöttisch ansah und dann zu einer der Gruppen trat, bei denen es am lautesten zuging.

Ich aber blieb nun bei der traurigen Jungfer, setzte mich neben sie und fing ein Gespräch mit ihr an.

Sie war nun recht freundlich, und wir unterhielten uns gar gut, indes ihre bleichen Wangen langsam wieder Farbe bekamen.

Und ehe der Tanz wieder begann, fragte ich sie noch schnell um ihre Häuslichkeit und versprach, sie zum nächsten Sonntagskurs abzuholen; darüber sie gar nicht ungehalten war. Mittlerweil wurde es gemach Zeit, daß wir ans Heimgehen dachten, und der Gregori nahm meinen Arm und zog mich aus dem Saal.

Und also trabten wir gemütlich durch die matt erleuchteten Gassen und gingen heim, da schon die andern in weißen Hemdsärmeln um den Tisch in der Eßstube saßen und diskutierten, bis die Frau Meisterin im Sonntagsstaat mit Locken und silbernen Nadeln, mit gesticktem Mieder und goldener Riegelhaube eintrat und eine große Platte mit Würsten auftrug, jeden fragte, ob er auch in der Vesper oder im Rosenkranz gewesen wär, und daneben eine Schüssel voll Kraut herumreichte, indes der Meister am Kanapee lag, die Stirn in Falten zog und nach dem Bierkrug rief. Darauf ihm die Meisterin sein gottslästerliches Saufen vorhielt und ihn zu Bett brachte.

So ging also der Tag um, der letzte, den ich als ein Malergsell verlebte; denn schon der ander Morgen brachte mir ein Ereignis, das die Wahrheit des Sprichworts wieder einmal klar bewies: So sich einer die Suppen einbrockt, soll er sie auch auslöffeln.


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