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Graf Ladislas Plater (Nekrolog)

Neue Zürcher Zeitung 22. April 1889.

Kilchberg, 22. April. Soeben verschied, mit 80 Jahren, Graf Ladislas Plater auf seinem Gute Broelberg, das er seit mehreren Jahrzehnten bewohnte. Von fester Gesundheit und immerwährend thätig, begann er erst in letzter Zeit das Alter zu fühlen. Den 16. früh erlitt er einen Schlaganfall, der ihm die ganze rechte Seite lähmte und dann das Ende herbeiführte.

Graf Plater nimmt eine ehrenvolle Stelle ein in der Geschichte seines polnischen Vaterlandes, dem er während eines langen Lebens theilungslos gedient und an dessen Wiederherstellung er unerschütterlich geglaubt hat, auf die Stunde harrend, wo die politische Gelegenheit mit der Gerechtigkeit zusammentrifft.

Ausgewandert nach dem unglücklichen Ausgange der Erhebung von 1830-1831 – Plater war das jüngste Mitglied der Landbotenkammer – nahm er im Exil das Interesse Polens unermüdlich wahr, unterstützte und förderte seine Landsleute auf jegliche Weise und war, durch das Mittel der Presse, auch auf geistigem Gebiete tätig. So verdanken wir ihm z.B. die Veröffentlichung der Vorlesungen über slavische Litteratur von Mickiewicz, eines höchst merkwürdigen Buches, das eine jetzt überwundene schwärmerische Richtung des polnischen Gedankens kennzeichnet.

Nach einem langen Aufenthalte in Paris, wo sich der Graf mit Montalembert, dem Haupte des liberalen Katholizismus, eng befreundete, kam er dann in die Schweiz und verwirklichte hier, auf demselben Wege beharrend, den friedlichen und fruchtbaren Gedanken, vorerst das nationale Leben Polens in Kunst und Wissenschaft, seine geschichtlichen Urkunden und Denkmäler zusammenzuhalten und aufzubewahren. So wurde das polnische Museum in Rapperswyl gegründet, dessen Ausbau dem Grafen bis zuletzt viel Mühe und noch mehr Freude bereitet hat.

Jetzt ist die fleißige, stets weit über Mitternacht brennende Studirlampe in der Südecke von Broelberg erloschen, aber nicht allein in den Herzen seiner Landsleute, auch unter uns ist Platers Andenken gesichert, schon durch das Jedem offenstehende werthvolle Museum in Rapperswyl. Dort wird er seine Ruhe halten in einem stillen Hofe des Schlosses, in der Gruft, die er sich selbst erbaute, neben der ihm dorthin vorangegangenen Gattin.

C.F.M.

 


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