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Der »Schweizerische Miniatur-Almanach« auf das Jahr 1877

(Neue Zürcher Zeitung 27. Januar 1877.)

– Der »Schweizerische Miniatur-Almanach« auf das Jahr 1877, von Rud. Buri, dessen bisher in keinem zürcherischen Blatte Erwähnung geschah, verdient eine nachträgliche Zeile der Anerkennung. Neben einer Novelle und einer Biographie bringt das Büchlein, in welchem uns – ein seltener Kasus – die Poesie besser vertreten scheint als die Prosa, einige ganz vorzügliche Gedichte. Das Kalendarium begleiten zwölf Lieder von G. Keller, alte, liebe Lieder, vom Dichter wieder durchgesehen. Da ist »Winternacht« und »Am Wasser«, so verschieden als möglich gestimmt und jedes in seiner Art vollkommen. In: »Erster Schnee« ändert der Meister – es kostet ihm ein paar Federzüge – vielleicht noch die zwei Schlußzeilen für seine endgültige Sammlung. Eine entschiedene Begabung beweist Adolf Frey. Die »Lieder eines Freiharstbuben aus den Burgunderkriegen« treten brav und frisch und doch in keiner Weise renommistisch auf; auch unter seinen übrigen Gedichten finden sich glückliche Motive, z. B. das: »Oh, wir wissen, was du denkest.« Ein junges Talent reizt die Neugierde. Wird es gegen sich selbst strenge sein? Wird es zu seinem Kerne durchdringen? – Viktor Widmann giebt diesesmal nur ein paar gefühlte Strophen: »Am Grabe J. Frey's.« Was ist aus der schönen epischen Dichtung in Oktaven geworden, deren ersten Gesang uns der Jahrgang 1875 mittheilte? Von den beigegebenen Holzschnitten gefällt uns »der gefährdete Blumenstrauß« am besten, auch die poetische Deutung desselben von R. O. Ziegler ist ganz hübsch.

M.