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Danton.

Die revolutionäre Bewegung in Paris, dem Herzen des Umsturzes, beobachten zu können, war für den gründlichen Valfort eine überaus verlockende und belehrende Gelegenheit. Spähend und lauschend ging er durch die Gasse, in der Robespierres Wohnung lag. Er hatte sich wüsten Lärm und drängendes Straßengewühl gedacht. Nun fand er das Gegenteil. Die Gasse war öde. Hie und da eine Gruppe schmutziger Sanscülotten in zerrissenen Kleidern, die ihn beim Vorübergehen argwöhnisch betrachteten und seinen Begleiter, Robespierres Jean, freundlich grinsend, begrüßten. Selten begegneten anständig gekleidete Menschen, und diese eilten mit scheuen Blicken und in sichtlicher Angst vorüber. Bald überzeugte sich indessen Valfort, daß nicht alle Straßen öde waren. Nur die Nähe von Robespierres Wohnung schien Lärm und Getöse zu verbannen.

Pierre folgte dicht hinter seinem Herrn, bis an die Zähne bewaffnet. An der Seite trug er einen Säbel, im Gürtel zwei Pistolen, auf der Schulter eine Pike und im Gesichte die augenscheinliche Geneigtheit, jeden niederzumachen, der seinem Baron in mörderischer Absicht zu nahen wagte.

Valfort blieb vor einem stattlichen Palaste stehen, dessen Äußeres schon die innere Verwüstung andeutete. Aus den geöffneten und teilweise zerschlagenen Fenstern aller Stockwerke drang Schreien, Getöse, Fluchen, Singen und Lachen durcheinander. Da und dort wehten um die Fenster flatternde Fetzen kostbarer Gardinen, zerrissene Tapeten hingen von den Wänden, unheimliche Gestalten steckten die Köpfe durch die Öffnungen zerschlagener Spiegelgläser. Das Ganze machte den Eindruck einer Räuberhöhle.

»Was ist das?« frug Paul seinen Cicerone.

»Eine Herberge der Sanscülotten,« antwortete Jean. »Vormals war's ein Palais des Aristokraten Montpellier, der ein Herzog und großer Tyrann gewesen. Die Guillotine hat ihm und seiner Sippschaft die Köpfe heruntergeschlagen. In Paris und in ganz Frankreich sind jetzt die Herbergen der Sanscülotten in den hübschen Aristokratenhäusern.«

»Darin sich die Sanscülotten eingenistet haben, wie Schweine in Federbetten,« murmelte Pierre.

»Was bedeuten die beschriebenen Tafeln vor jeder Haustüre?« frug Paul.

»Darauf stehen die Namen aller Personen, die in jedem Hause wohnen,« antwortete Jean. Cantu, Bd. XIII. S. 115.

»Eine kluge Maßregel!« rühmte Pierre. »Soll einer geköpft werden, so weiß man doch gleich, wo er zu finden ist.«

»Du hast es getroffen, Bürger!« bestätigte Jean. »Keinen anderen Zweck hat die Maßregel. Alles im Interesse der Luftreinigungsmaschine, wie mein Herr die Guillotine benamset. Und bei der ganzen Geschichte mit den Tafeln hat niemand mehr Profit, als eben wieder die Guillotine. Wird jemand in einem Hause gefunden, dessen Name nicht auf der Tafel steht, so gehört er der Guillotine, – und zwar nicht deshalb, weil man ihn suchte, um ihn zu köpfen, sondern geköpft wird er einfach darum, weil sein Name nicht auf die Tafel geschrieben ist.«

»Daraus folgt, daß nur ganz feste und kopfsichere Leute in Paris wohnen dürfen,« sagte Pierre. »Ich kann mir nicht denken, wie jemand, der an der Festigkeit seines Kopfes zweifelt, eine Minute gemütlich in einem Hause wohnen, viel weniger ruhig schlafen kann, da sein Name für den Henker an der Türe geschrieben steht, oder nicht geschrieben steht. Ist er aufgeschrieben, so wird er geköpft, weil man ihn suchte und fand. Ist er nicht aufgeschrieben, so wird er geköpft, weil er nicht aufgeschrieben war, dennoch aber gefunden wurde.«

»Das hast Du wieder getroffen, Bürger!« sagte Jean. »Die Maßregel wird alle geheimen Verschwörer, Vaterlandsfeinde, Aristokraten und Verdächtige aus der Stadt hinaustreiben. Die Tafeln sind gerade wie Guillotinen, die vor jedem Hause stehen.«

An der gegenüberliegenden Häuserreihe schritt ein junger Mann, dessen Anblick Valfort in hohem Grade überraschte. Schon war er im Begriffe, Rovere anzurufen; denn Gang, Haltung und Größe paßten genau auf den Grafen Henry von Rovere. Allein das verwilderte Gesicht, die schmutzige und geflickte Kleidung, verschlossen Paul den Mund. Unmöglich konnte diese Proletariergestalt dem eleganten Grafen angehören. Dennoch blickte er ihm zweifelnd nach und sah, wie der Sanscülotte in einer dunklen Seitengasse verschwand.

Der Proletarier war in der Tat Graf Henry von Rovere. Charakterlos, frivol, von schlechten Sitten und haßerfüllt gegen die christlichen Ideen, schwamm er mit dem blutigen Strome der Revolution. Im Jakobinerklub zu Limoges führte er das große Wort, hetzte den Pöbel gegen die besseren Stände und speiste die gefräßige Guillotine mit vielen Opfern. Zu den letzteren gehörte Longuet, der greise Pfarrer von Nod. Auch dieser gewissenhafte Priester hatte den Eid verweigert und wurde auf Henrys Antrag enthauptet.

Das stolze Haus seiner Ahnen hatte der Graf in eine Herberge der Sanscülotten verwandelt, mit denen er schwelgte, raubte und mörderische Anschläge ausbrütete. Da er sich viele Feinde gemacht und deren Nachstellungen fürchtete, so strebte er nach einem öffentlichen Amte, weniger aus Ehrgeiz, als zum Schutze seiner Sicherheit. Eine haarsträubende Untat sollte ihm dazu den Weg bahnen; deshalb kam er nach Paris.

Rovere durchschritt eilig die enge Gasse, die nach einer belebten Straße führte. Er bog um die Ecke und stand vor einem hübschen Hause, über dessen Eingang ein Schild hing, angestrichen mit den republikanischen Farben. Auf weißem Grunde stand in roter Fettschrift das Wort »Danton«. Vor dem Eingang lungerten einige Proletarier, mit Piken und Pistolen bewaffnet. Zwei von ihnen standen wie Schildwachen zu beiden Seiten der Türe. Sie kreuzten vor dem Grafen die Piken.

»Wohin, Bürger?« frugen sie barsch.

»Zum Bürger Danton!« antwortete Rovere ebenso barsch; denn Barschheit und rauhes Wesen gehörten zum guten Tone des herrschenden Pöbels.

»Wirst nicht eingelassen,« erklärte eine Schildwache. »Danton kam eben aus dem Konvent. Der Mann will ausschnaufen. In vier Stunden hält er eine Rede bei den Jakobinern, – eine Brandrede gegen die Reichen. Das hungrige Volk will Brot und die Guillotine will Köpfe. Packe Dich!«

»Ihr werdet mich dennoch einlassen, Bürger! Danton erwartet mich.«

Die Piken sanken herab.

»Das wollen wir gleich sehen!« sagte ein Sanscülott, indem er die Türe öffnete und mit Rovere den Flur betrat.

Ein Mensch, mit einer roten Jakobinermütze auf dem Kopfe, kam ihnen entgegen.

»Der da behauptet, von Danton erwartet zu werden,« sagte die Schildwache.

»Bist Du Rovere?«

»Der bin ich!«

»Folge mir, Bürger!« sagte der Jakobiner und stieg eine Treppe empor.

Im Vorplatz des zweiten Stockwerkes wandte er sich nach dem folgenden Grafen.

»Warte hier!« gebot der Mensch, und verschwand durch eine Türe.

Nach wenigen Sekunden kehrte er zurück und hieß Rovere eintreten. Diesen nahm ein großes Zimmer auf, das sich durch Unordnung und Schmutz auszeichnete. An den kahlen Wänden hing kein Gemälde, nirgends ein Zierrat, die kleine Guillotine ausgenommen, auf einem Brett an der Wand so aufgestellt, daß sie, den Raum beherrschend, in die Augen sprang. An den Fenstern hingen Vorhänge von grober Leinwand. Auf Tischen, Stühlen und Boden lagen Papiere und Bücher zerstreut umher.

Die Seitentüre öffnete sich und ein herkulisch gebauter Mann kam herein. Sein Gesicht, von afrikanischer Bildung und dunkler Farbe, war furchtbar von den Blattern zerrissen. Zwei runde Augen rollten unheimlich in den Höhlen. Die beiden Flügel der plattgedrückten Nase arbeiteten angestrengt, der kolossalen Gestalt die nötige Lebensluft einzuführen. Die Lippen waren stark aufgeworfen, nach den Versicherungen der Physiognomen die Merkmale eines sehr leidenschaftlichen und sinnlich glühenden Charakters. Die struppigen, ungekämmten Haare waren von der breiten Stirne zurückgestrichen. Überaus vernachlässigt war der dürftige Anzug. Ein dunkler Frack hing um den Leib, die Beine kleidete eine schmutziggraue Hose. Die Weste fehlte. Das Hemd stand offen und zeigte die nackte Brust nebst einem kurzen muskulösen Hals. Ein langer Hemdekragen, unreinlich und zerknittert, lag über den Schultern. Die ganze Erscheinung machte den Eindruck des Unheimlichen und Furchtbaren. Wachsmuth, Bd. I. S. 175.

Dieser Mann war Georges Danton, damals vierunddreißig Jahre alt, vormals Advokat in Paris, gegenwärtig ein Liebling des Pöbels, mit Robespierre und Marat an der Spitze der Schreckensherrschaft. Gottesleugner und Wüstling, besaß er in hohem Grade jene revolutionäre Tugend der Unmenschlichkeit und Grausamkeit. Das wirksamste Mittel, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu fördern, war ihm der Schrecken. Bluttriefend waren seine Reden. Mitten in den ärgsten Metzeleien schimpfte er dennoch über die Milde und den Moderantismus der Revolution. Voll wilder Tatkraft stürmte er vorwärts über Leichenberge und Ruinen. »Zum Siege braucht es Kühnheit,« rief er oft im Konvent, »Kühnheit und nochmals Kühnheit.« Je tiefer er im Blute watete, desto mehr fühlte er sich in seinem Element. Sittliche Bedenken nannte er unmännliche Schwächen. Kalte Grausamkeit war ihm Genialität. Wer ihn aufhalten wollte in seiner schauerlichen Bahn der Verbrechen und Mordwut, den schalt er Feigling, Memme, Dummkopf. Da er Gott, Unsterblichkeit der Seele und jede sittliche Ordnung läugnete, so fand er im Menschen nur ein Tier, das er ohne Bedenken abschlachtete. Lachend rühmte er sich, niemals Gewissensbisse empfunden zu haben. Nebenbei war Danton bestechlich und käuflich. Er nahm Geld vom Herzoge von Orleans, von La Fayette, vom Hofe und verriet alle. Weilte er als Kommissär bei der Armee im Auslande, so raubte und brandschatzte er für sich. Beim Ausbruche der Revolution befand sich der Advokat infolge seines ausschweifenden Lebens in zerrütteten Vermögensverhältnissen. Die Zügellosigkeiten des Umsturzes entzündeten noch mehr seine Wüstlingsnatur, deren wilde Glut seine Blutgier noch zu steigern schien. Cantu, Bd. XIII. S. 88 f., 102 f.

Der Athletische warf einen durchdringenden Blick auf Rovere, welcher ohne Gruß, die Mütze auf dem Kopfe, steif vor ihm stand. Man konnte glauben, der Graf stehe im Banne des Schreckens, welchen Dantons Erscheinung auf ihn hervorbrachte. In Wirklichkeit handelte er mit Berechnung. Er wußte, daß gerade Danton feine Umgangsformen verachtete, das allgemeine Duzen forderte und die rohen Sitten der Proletarier eingeführt wünschte. Wachsmuth, Bd. II. S. 269.

»Bist Du Rovere?«

»Der bin ich!«

Danton hob vom Boden einen Zettel auf.

»Hast Du geschrieben: »Die schönste Jungfrau der Republik wünscht, dem ersten Bürger der Republik eine Bitte vorzutragen?«

»Ich habe dies geschrieben,« antwortete Henry, indem er sich auf einen Stuhl niederließ.

»Die schönste Jungfrau? – Bürger, Du versprichst viel!«

»Aber nicht zu viel! Glaubst Du mir nicht, so überzeuge Dich. Findest Du meine Behauptung übertrieben, so schelte mich einen Aristokraten.«

»Einen Aristokraten? Sehr gut! Ein größeres Schimpfwort kann es nicht geben. – Wer ist diese Schönste?«

»Meine Schwester Isabella.«

»Was wünscht sie?«

»Das sollst Du gleich hören, Bürger!« antwortete Henry, indem er sich gewaltig räusperte und mit Geräusch in das Zimmer spuckte.

Danton machte große Augen. Ein so kurz angebundener, roher Mensch war ihm noch nicht vorgekommen. Seine Augen rollten um die schmutzige Proletariertracht des Grafen, und das Grinsen eines Tigers spielte um den Mund des Ungeheuers Danton.

»Mein Vater,« hob Henry an, »nennt sich immer noch Graf Wilhelm von Rovere. Er emigrierte mit meiner Schwester nach Coblenz. In der Meinung, die Preußen werden siegreich in Paris einrücken, schloß er sich den Henkersknechten der Alliierten an und kam nach Rovere. Dort fand er nicht mehr das Feudalherrenschloß, sondern eine Herberge der Sanscülotten. Begeistert für die Menschenrechte des Volkes hatte ich das Schloß allen geöffnet, die keine Hütte besaßen und bei mir wohnen wollten. Das gefiel meinem Vater nicht. Mit Schmähungen überhäufte er mich; denn von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit will er nichts hören. Ich tat meine Pflicht und ließ den unverbesserlichen Aristokraten verhaften. Das Revolutionsgericht von Limoges lieferte ihn nach Paris, weil der Konvent dekretierte, alle Emigrierten sollen in Paris verurteilt und guillotiniert werden. Isabella drängte mich, sie nach Paris zu begleiten. Retten wolle sie den Vater oder mit ihm sterben.«

»Demnach wäre Deine Schwester eine Aristokratin?«

»Sie ist es und eine Bigotte dazu.«

»Weshalb wurdest Du nicht ihr Ankläger?«

»Weil Mirabeau gesagt hat: »Schöne Frauen soll man nicht köpfen, es wäre schade.« Hast Du Isabella gesehen und bist nicht gleicher Ansicht mit Mirabeau, so magst Du sie guillotinieren lassen.«

»Bürger, Du gefällst mir!« rief Danton. »Du bist ein tugendhafter Kerl, ein Mensch, der keine Schwächen des Mitleids kennt und bereit ist, Vater und Schwester auf dem Altare des Vaterlandes zu schlachten. – Was brachte Dich auf diese Höhe echt patriotischer Gesinnung?«

»Die Konsequenz.«

»Die Konsequenz? Wieso?«

»Kennst Du Voltaire, Diderot, Lamettrie, kurz – unsere Philosophen?«

»Du frägst einfältig! Ich sollte die Väter der Revolution nicht kennen?«

»Gut, – so wirst Du mich begreifen! Ich hatte einen tüchtigen Lehrer, den Philosophen Pichat, – ein persönlicher Freund Diderots und Voltaires. Er enthüllte mir die Lächerlichkeiten der Religion, lehrte mich die Grundsätze und wissenschaftlichen Ergebnisse der Philosophie. Bei den Kenntnissen blieb ich aber nicht stehen, die Theorie genügte mir keineswegs. Viele Aristokraten und Feudale waren Philosophen, – aber nicht konsequent. Sie zogen nicht die letzten Schlüsse. Ich tat es. Ist der Mensch seelenlos, eine Maschine von Fleisch und Blut, von Knochen und Haut, – wozu engherzige Schranken läppischer Sittlichkeit? Wozu feige Schwächen des Mitleides? Es gibt keine Verbrechen, weil es keinen Gott gibt. Verbrechen sind nur Willkürbestimmungen der Gesetzgeber oder Einbildungen schwärmerischer Gefühle. Und weil ich konsequent dachte, darum wurde ich praktischer Philosoph, nämlich Proletarier; denn im Grunde sind die Sanscülotten weiter nichts als praktische Philosophen.«

»Genug, – wir verstehen uns!« rief Danton. »Ganz meine Ansichten! Du gefällst mir ausgezeichnet, Bürger! Du bist ein Mensch ohne Gewissen, – ich auch! Du verlachst das Mitleid der Dummköpfe und Feiglinge, – ich auch! Dir ist der Mensch eine Maschine, welche man stille stehen läßt, wenn sie nichts taugt, – mir auch! Du bist ein lebenslustiger Gesinnungsgenosse Mirabeaus, – ich auch! Du hast mich in die angenehme Lage versetzt, dem schönsten Mädchen der Republik eine Bitte gewähren zu können, – ich danke Dir! Natürlich, – Gewährung gegen Gewährung!« rief er mit tierischem Grinsen. »Wo wohnt Ihr?«

»Im Hotel ›zur Gleichheit‹, in der Straße Robespierre.«

»Ich kenne das Hotel! Mich drängt es, zur Stelle Dich zu begleiten, – allein es geht nicht. Ich muß heute noch den Gemäßigten, diesen elenden Lumpen und feigen Buben, die Köpfe waschen. Im Konvent sitzen geheime Verräter, Moderantisten, – die Köpfe herunter! Verdächtige Schurken des Rückschrittes, – nieder mit ihnen!« rief er mit glühenden Augen und erschreckenden Geberden.

»Die gleiche Sippschaft haust und herrscht auch in Limoges,« sagte Henry. »Die Gemäßigten sitzen am Ruder. Der Präsident des Revolutionsgerichtes ist ein alter Schwachkopf, will des Tages nur höchstens fünf Köpfe springen lassen. Die Guillotine rostet ein. Ha, – wenn ich Präsident in Limoges wäre!«

»Du bist dazu tauglich, – Du wirst es, ich schwöre es Dir!« rief Danton. »Wir brauchen Männer. Die beste Reinigungsmaschine ist die Guillotine. Nur fünf Köpfe täglich? Der Präsident des Tribunals von Limoges ist ein Schurke! Ich werde ihn vor dem Konvent verklagen und seinen Kopf fordern. Wie heißt der Elende?«

»Lapellier.«

»Bürger, Deine erste Amtsverrichtung als Präsident des Revolutionsgerichtes in Limoges sei, den Schurkenkopf des Lapellier herunter zu schmeißen! Nur nicht viele Umstände, kein schleppendes Gerichtsverfahren. Kurz und bündig. Das Fallbeil der Guillotine entscheidet und beweist alles.«

»Danton, Du entflammst mir den Mut! Präsident des Revolutionstribunals in Limoges wirst eigentlich Du sein; denn ich werde ganz in Deinem Sinne handeln.«

»Ich zweifle nicht. – Morgen früh erwarte mich im Hotel. Du hast viel versprochen und ich erwarte viel.«

»Du willst Dich nach dem Hotel bemühen? Die Aristokratin Isabella könnte füglich zu Dir kommen; denn sie bittet, nicht Du.«

»Ich habe nichts zu bitten, – meinst Du?« versetzte grinsend der Kolossale. »Wer das Glück hat, dem schönsten Mädchen zu begegnen, den sollte es zur Bitte nicht drängen? Was bittet Isabella von mir? Einen alten, abgestandenen Aristokraten. Ich werde ihr die baufällige Maschine schenken und dafür zehn andere köpfen lassen. Was bitte ich von Isabella? Ihr Bestes, – ihre Liebe. Ist die Liebe des schönsten Mädchens nicht einen ganzen Himmel voll Glückseligkeit mehr wert als der lebendige Kadaver eines alten Aristokraten? Mithin gewährt Isabella mir unendlich mehr als ich ihr. Fast nichts schenke ich ihr, – sie schenkt mir alles. Folglich ist es an mir, sie zu besuchen.«

»Nach Deinem Belieben! – Zu welcher Stunde kommst Du?«

»Morgen früh Schlag 11 Uhr. Der Schönsten gegenüber muß man Raison haben. Hoffentlich wird auch sie Raison haben und mich keine Fehlbitte tun lassen.«

»Ich habe Dir gesagt, sie ist eine Bigotte. Hier Nebensache. Du bist Danton und sie ist in Deiner Gewalt.«

»Kerl, Du hast Courage!« rief lachend der Triumvir der Republik. »Jawohl, – ihr Herz oder ihren Kopf! Jetzt gehe!«

Er wandte ihm den Rücken und verschwand durch die Türe des Nebenzimmers.


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