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Greth Skrabbel

Es muß in den zwanziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts gewesen sein, als in einer stürmischen Herbstnacht eine holländische Kuff auf den Rantumer Strand lief. Die Nacht war schwerdunkel, und die Männer, die den Strand nach antreibendem Gut abliefen, hatten noch kaum das Wrack ausmachen können, ehe der trübe Tag anbrach. Der Himmel lastete tief über der rollenden See; grau und schwarz waren die einzigen Töne, die Unterscheidungsmerkmale im dämmernden Tage schufen. Dunkelgrau wälzten sich die Wassermassen von See und Himmel durcheinander. Dazwischen stach ein schwarzer Mast in den dampfenden Strudel, und auch der Schiffsrumpf, der kaum hundert Schritt hinter der ersten Brandungslinie lag, wirkte schwarz wie ein Höllentor. Schon hatten die Wellen alles bewegliche Schiffsgut davon abgeschwemmt, und die Männer wateten in der auslaufenden Brandung umher, um die rollenden Fässer und schwimmenden Bretter mit Bootshaken aufs Trockene zu ziehen, als ein neuer gewaltiger Brecher den Schiffsrumpf knallend bersten machte. Nun. erst ergoß sich der Segen des Meeres recht auf den Strand: verschiedene Kisten trieben fast unverletzt an, verschnürte Ballen in geteerter Leinwand, die nur hoch auf den Strand gezerrt wurden, ohne daß die Männer sich die Zeit nahmen, ihren Inhalt erst noch zu untersuchen. Dann kamen wieder einige wohlgehobelte Bretter aus dunklem Holz, Tauwerk, zerschlissene Netze, Segelfetzen, eine zerschlagene Schiffskiste, die Leiche eines Mannes und die eines halbwüchsigen Jungen, dem ein schön gearbeitetes Klappmesser am Hosengurt hing.

Allmählich war es über der Arbeit etwas heller geworden. Das Wasser kam nun zum Stehen, und in dem schlappen Augenblick, der die Grenze zwischen Flut und Ebbe kennzeichnet, sah einer der Männer eine mächtige, hoch aus dem Wasser ragende Kiste nach Norden abtreiben. Er rief die Genossen an, die schnell Kette bildeten, ging selbst bis an die Brust in den ziehenden Strom hinein und konnte noch eben seinen Haken in eine Ecke der Kiste schlagen. Freilich schien sie ihm oben offen zu sein und leicht zu schwimmen, aber da er sie einmal fest hatte, ließ er sie nicht wieder los, sondern zog sie an langer Stange auf den sicheren Strand, ehe er seinen Fang recht prüfte. Da sah er nun – und die Genossen traten neugierig näher, als er sich verwundert auf den Schenkel schlug, und sahen es auch – daß er kein Schiffsgut gefischt hatte, sondern eine buntbemalte Wiege, in der in Kissen fest eingestopft ein Kind lag. Es war aber nicht tot, sondern es schrie, daß man es trotz Sturm und Brandung hörte wie den schrillen Schrei einer hungrigen Möwe. Als es die Männer gewahrte, verstummte es, und dann lachte es, daß man die blanken Zähnchen sah, während ihm noch die runden Tränen über die roten Backen liefen. Die Männer lachten auch, und einer von ihnen zog einen getrockneten Fisch aus dem Hosensack, klaubte mit dem Fingernagel ein Stück grätenfreies Fleisch heraus und schob es in das lachende Mäulchen. Das Kind verzog das Gesicht, wälzte mit der Zunge erst die ungewohnte Nahrung aus dem Munde hinaus, doch dann leckte es sie wieder ein und sog schmatzend daran.

»Kuck, es frißt,« sagte ein Dritter und holte auch seinerseits einen Fisch hervor. Doch da wurde dem Berger der Wiege das Spiel zu lang. Er schlenkerte seinen schweren Holzschuh ab und hob ihn auf, um dem kleinen Ding damit den Garaus zu machen; auch die andern wollten sich wieder ihrer Arbeit zuwenden. Da streckte der, der das Kind zuerst gefüttert hatte, die Hand danach aus.

»Laß, ich bringe es Jey.«

Zögernd ließ der Berger den Holzschuh sinken.

»So gib mir die Kiste dafür.«

Wieder traten die andern näher, neugierig, wie dieser Handel ablaufen würde.

»Die Kiste? Nimm den Ballen.«

Einer, der Jeys Bruder war, lachte.

»Das wird Jey wenig freuen, wenn du ihr wieder Kindergeschrei ins Haus bringst; sie sterben doch alle bei euch.«

Ja, es war sonderbar mit den Kindern von Take und Jey: sobald sie aus der Wiege ins Wandbett kamen, fiel ein Helligding sie an mit heißer Haut und roten Flecken über den ganzen Körper. Dann starben sie, in letzter Woche das vierte.

»Ich nehme den Ballen,« sagte der Berger der Wiege hastig, damit Take nicht erst durch die Spottreden der andern auf das Unvorteilhafte des Handels aufmerksam gemacht würde. Gewiß war der Ballen weniger lockend als die schwere Kiste, aber immerhin noch zehnmal wertvoller als die Wiege mit den paar Betten und dem Wurm darin, das nun, da eine schwere Regenbö niederging, wieder aus Leibeskräften zu schreien begann.

Take nickte schweigend, schob ihm mit dem Fuß den Ballen zu und warf ein Stück Segelzeug über die Wiege mit dem schreienden Kinde. Dann ging er gleich den andern noch einmal prüfend den Strand hinunter. Es war nicht mehr viel zu holen, auch an den Leichen fand sich nichts Wertvolles außer dem Klappmesser des Jungen. Da schleppte Take als erstes die Wiege über die Dünen.

So kam wieder ein Kind zu Jey und Take ins Haus, und da die aufgelaufene Kuff »Grethje van Amsterdam« geheißen hatte, und es ein Mädchen war, so nannten sie das Kind Greth. Es wuchs kräftig heran. Freilich fiel es auch dem Helligding in die Klauen, als es ins Wandbett kam, aber es schrie nur um so mehr und verjagte wohl Hel durch sein Geschrei. Danach wurde es nur noch kräftiger. Wohl brachte Jey auch nach und nach noch eine ganze Reihe von Kindern zur Welt, aber die starben alle im Wandbett, und endlich blieb Greth das einzige im Haus. Man merkte aber von diesem einen mehr als in andern Häusern von sechsen. So laut sie schreien konnte, so lustig konnte sie auch lachen, laut, schallend, überquellend, daß Take seinen Spaß an ihr hatte, und auch, die andern Männer sie oft zu Fischfang und Strandgang mitnahmen, als sie Jey erst vom Rockschlippen ging. Im Boot war Greth mehr wert als zehn Buben. Wenn sie sich ans Tau hing, um das Segel hochzuziehen, das doppelt so schwer war wie sie selbst, dann stemmte sie ihre bloßen Füße mit aller Gewalt gegen den Mast, ja, lief oft an ihm hinauf so hoch, daß sie fast wagerecht davon abstand. Aber sie ließ nicht nach, bis sie ihre Aufgabe gelöst hatte, wenn auch ihre Hände bluteten von dem rauhen Tauwerk, an dem sie mit ihrer ganzen Körperschwere hing. Beim Strandgang aber lief sie die Dünen hinauf wie ein gehetztes Häschen, nur um weiter über Strand und See schauen zu können als die großen Männer, und ihre scharfen Augen entdeckten immer noch ein paar Rundhölzer, die Mutter zum mindesten unter den Grütztopf stecken konnte, oder einen schweren Balken, der halb unter Wasser von Zeit zu Zeit nur seinen Kopf hervorstreckte. Am glücklichsten aber war sie, wenn die Männer ihr erzählten: »Sieh, hier haben wir dich in der Wiege aus See gefischt – hier hat Vater dich gegen einen Ballen Tuchstoff getauscht.« Im geheimen war nun jeder von ihnen der Ansicht, daß der Tausch wohl gelohnt hätte; für Greth aber wurden durch diese Erzählungen Meer und Wiege eins.

So wuchs Greth heran. Es kam aber die Zeit, da nicht nur die älteren Männer nach ihr sahen, weil sie der brauchbarste Schiffsjunge und der bestspürende Strandhund war, sondern auch die jungen Männer sahen nun nach ihr hin, denn ihre Glieder waren rund und voll geworden, ihr blondes Haar flog in lustigen Ringeln um ihren Kopf, ihre Augen blitzten und ihr Mund lachte. Aber Greth merkte nicht viel davon, wer nach ihr sah. Jey war dökerig geworden, und Greth wirtschaftete nun in Haus und Stall, bestellte das Feld und melkte Kühe und Schafe, und nun waren es die andern Frauen, die meinten, daß Greth wohl einen Ballen Tuchstoff wert gewesen wäre. Wer etwas auf sich hielt, dem standen neben einer Kuh wohl zwei oder mehr Pferde im Stall, wilde Hengste, die Pflug und Wagen manch liebes Mal zerschlugen, ehe man sie ins Geschirr zwingen konnte. Greth hätte wohl die Kräfte dazu gehabt, Takes Hengste mit Gewalt unter ihren Willen zu zwingen, aber mit Kindern und Vieh hatte sie eine weiche Hand und sanfte Stimme; damit brachte sie mehr noch zuwege als durch ihre Kraft, Es war den Leuten wunderlich, daß sie manchmal bei ihrer Arbeit sang; das kannte man sonst auf Sylt nicht, aber es klang lieblich.

Die Greth war mit sich selbst glücklich, und wenn so ein tappiger Bursche ihr näher kam, als ihr gut dünkte, dann fühlte er wohl unvermutet den Kochlöffel an der Backe oder einen Peitschenhieb über den Kopf. Als aber einmal drei zugleich über sie herfielen, in dunkler Nacht, als sie ein Schaf im Watt gesucht hatte und naß und müde nach Hause kam, da wehrte sie sich so tapfer mit Kratzen und Beißen, daß die drei am andern Tage ihre Kriegswunden nicht verbergen konnten und zum Gespött des ganzen Dorfes wurden. Von dieser Nacht an wurde Greth von den Burschen Greth Skrabbel genannt, und niemand wagte mehr, ihr recht nahe zu kommen.

Unter den jungen Männern von Rantum aber war einer, der nicht recht mitgezählt wurde, wenn die Frauen unter einander darüber sprachen, wer die Greth wohl einmal freien würde. Er hieß Jens, war hoch und dünn wie ein Mastbaum, hatte einen kleinen Kopf und lange Glieder. Seine Eltern waren gestorben, ehe er noch sprechen konnte, da hatte der Pastor, der Vorgänger des jetzigen, ihn zu sich ins Haus genommen. Bei dem war er aufgewachsen unter lauter Mädchen, die anders gehalten wurden als die Dorfkinder. Sie gingen nicht mit auf den Fischfang, und die Außenwirtschaft besorgte der Pastor selbst und Jens, sobald er erst die Zügel fassen konnte. Daneben lehrte ihn der Pastor lesen und schreiben. Ein paar Jahre, ehe aus der Greth eine Greth Skrabbel wurde, starb der Pastor. Sein Nachfolger bekam das Amt nur unter der Bedingung, daß er eine der Töchter freite, die andern aber und ihre Mutter auch im Hause behielte. Als dann nach Jahr und Tag bei den jungen Leuten eigene Kinder kamen, tat der Pastor wenigstens Jens aus dem übervollen Hause hinaus. Da fing der an, mit den andern Rantumern auf Fischfang zu gehen. Aber das Watt und seine Strömungen waren ihm fremder als das Festland, von dem die Pastorsleute oft gesprochen hatten, und wenn er mit den Helgoländern auf Heringe fuhr, wurde er seekrank, wenn das Schiff mit dem Netz nächtelang auf sanfter Dünung trieb. Allmählich freilich gewöhnte er sich, aber da war es den andern schon zur Gewohnheit geworden, über ihn zu spotten.

Für Greth zählte Jens nicht unter die jungen Burschen, gegen die sie sich derb wehren mußte. Ihm gegenüber war sie nicht Greth Skrabbel, sondern für ihn hatte sie eine weiche Hand und sanfte Stimme, als wäre er ein Kind oder ein hilfloses Stück Vieh. Er tat ihr leid und sie half ihm heimlich und freute sich, wenn er es nicht merkte. So hatte sie schon als Kind getan, wenn sie erleben mußte, daß die andern alle zusammen über ein Schwächeres herfielen. Da war sie manchmal öffentlich mit ihren starken Fäusten dazwischen gefahren. Jetzt half sie dem Schwächeren verstohlen, als wäre es ein halbes Unrecht. Eine rote Flamme schlug über ihr Gesicht, als Jens eines Tages zu ihr sagte:

»Dank auch, Greth, daß du mein Boot gestern nacht geborgen hast.«

»Woher weißt du das?«

»Es tut mir niemand Freundliches außer dir.«

Sie schwieg, da setzte er hinzu:

»Könnte ich dir doch auch einmal etwas Gutes antun!«

Die Worte gingen Greth Skrabbel nach. Was kann er mir tun? dachte sie mitleidig. Wenn er mir noch beim Buttfang helfen könnte oder mit dem neuen Hengst; der schlägt uns noch den ganzen Stall zusammen. Aber Jens hat wohl kaum halb die Kräfte wie ich, und im Watt würde er noch irr laufen.

Da kam aber ein Sonntag, an dem Greth Skrabbel zur Kirche ging, wie die andern Frauen auch. Das blonde Haar flog im Winde unter der kleinen Kappe mit den blanken Knöpfen; der kurze vielgefältelte Rock schwappte hin und her über den rotbestrumpften Beinen; sie setzte die Füße, als ginge sie zum Tanz. Aber als sie in die Kirche kam, standen Männer und Frauen in Gruppen: der Pastor war am Tage vorher durchs Watt nach Morsum gegangen und noch nicht zurückgekehrt. Die Flut war hochgesprungen am Abend – mochte sein, daß er die Furt am Steidumsiel verpaßt hatte und ertrunken war. Seine Frau saß im Predigerstuhl und weinte; niemand wußte recht, was anfangen. Da trat Jens an den Altar, schlug die große Bibel auf und sagte:

»So will ich euch, ehe wir allemann ausgehen, unsern Pastor zu suchen, das Evangelium des heutigen Sonntages als des dritten nach Trinitatis lesen.«

Laut und deutlich begann er zu lesen. Die Gruppen zerteilten sich, die Frauen sammelten sich auf der Südseite, die Männer stellten sich ihnen gegenüber auf, wie es der Brauch wollte. Ruhig hörten sie zu, stiller als sonst, da das Schwatzen oft während der Predigt noch nicht aufhörte. Jens hatte aber noch nicht zu Ende gelesen, da trat der Pastor ein, und nun konnte der gleich weiterpriestern.

Um Mittag kam Jens zu Greth, denn sie hatte ihm versprochen, daß Jey sein Netz flicken sollte. Jey hatte es in den Füßen und im Kopfe, aber mit den Händen konnte sie wohl noch schaffen. Das Netz war auch fertig. Jens nahm es und wollte wieder gehen, da hielt Greth Skrabbel ihn zurück.

»Wie konnte das angehen, daß du alles wußtest, was Pastor sonst sagt?« fragte sie, und ihre Augen brannten vor Begierde des Forschens.

»Ich wußte es nicht, ich las es ab,« antwortete er mürrisch, denn er schämte sich seines Tuns, das die andern Männer verspottet hatten, kaum daß sie die Kirchentür hinter sich gelassen hatten.

Aber Greth gab sich damit nicht zufrieden.

»Was ist das: ich las es ab?«

»Weißt du nicht, was Lesen ist?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Sieh so –« er machte den Finger naß und malte ein wunderliches Zeichen an die Wand. »Da habe ich nun deinen Namen geschrieben, und wenn jemand anders das lesen kann, dennso weiß er, daß du Greth heißt.«

Sie atmete tief auf.

»Das ist Zauberei,« flüsterte sie beklommen; »machst du mir auch nichts vor?«

»Dir nicht,« antwortete er ernsthaft, und der Blick seiner Augen machte, daß sie ihm glauben mußte. Wieder atmete sie tief auf und sah noch einmal auf die schnell vergehende Schrift.

»Es sieht mehr aus wie Skrabbel,« meinte sie bedenklich.

Da lachte er plötzlich lustig auf. Das tat er so selten, daß Greth ordentlich erschrak, aber über seine nächsten Worte erschrak sie noch mehr.

»Wenn du magst, will ich es dich wohl lehren,« sagte er.

Sie trat einen Schritt zurück.

»Mich –? Das –?«

»Wohl – Lesen und Schreiben, wenn du willst.«

Einen Augenblick stand Greth wie benommen. Ihre Brust hob und senkte sich und ihre Augen wurden ganz groß. Dann aber entzündete sich in ihnen wieder das Feuer drängender Begierde.

»Ja – ja –« mehr konnte sie nicht herausbringen.

Jens hielt sein Wort. Er lehrte Greth lesen. Aber er lehrte Greth Skrabbel noch ein anderes: in mancher Schwierigkeit seinen Rat suchen. Denn wenn er auch weniger schaffte als andere, so hatte er doch eins vor ihnen allen voraus: er sah, wie ein Ding wachsen mußte. Wenn es ein paar warme Tage um Ostern gab, und die andern Frauen schon ihre Schafe schoren, riet er Greth, noch bis Pfingsten zu warten, und richtig kamen inzwischen immer noch ein paar Schnee- oder Frostnächte, in denen nicht wenige der geschorenen Schafe umkamen. Er riet ihr auch, die wilden Hengste abzuschaffen und gegen Wallachen und Stuten zu tauschen, wie der Nachbar sie hatte und der Pastor. Gern hätte er sie auch veranlaßt, lieber fünf Kühe und nur zwei Pferde zu halten statt umgekehrt, aber dazu konnte er sie doch nicht bereden. Immerhin gewann Jens allmählich einen gewissen Einfluß auf sie, und als dann Take auf See blieb, und sie sich nicht mehr bergen konnte gegen die Männer, denen nun der schöne Hof nicht weniger in die Augen stach als das stattliche Mädchen, da kam sie eines Tages zu ihm und schlug ihm vor, daß sie ihn heiraten wollte.

Er sagte nicht viel dazu, sah sie nur seltsam an und ging ohne ein Widerwort auf ihren Vorschlag ein. Was die Leute von dieser Ehe dachten, zeigte sich daran, daß Greth auch nach der Hochzeit noch allgemein Greth Skrabbel genannt wurde, nicht Greth Jensen, wie sich das wohl gehört hätte; der Mann aber von nun an Jens Grethen so gut wie vordem Jens Pastor. Es war, als ob sie ihm nicht zutrauten, nur er selbst sein zu können. Greth und Jens nahmen das hin als etwas, das nun einmal nicht anders sein konnte, aber heimlich wurmte es sie doch: die Greth, weil ihr Mann nicht mehr, sondern weniger geachtet wurde als sie selbst; und Jens, weil er im Grunde doch nur als der Knecht seiner Frau galt. Was sie beide empfanden, prägte sich nachmalen in ihrem ältesten Sohn Peter aus, der sein Lebtag in einer stumpfen Verdrossenheit dahinlebte. Danach gewöhnten sich die Eltern mehr ein, und die folgenden Kinder wurden nicht anders als der gewöhnliche Rantumer Schlag. Eins der Mädchen erbte die mehr sinnige Art des Vaters, einer der jüngeren Söhne das lustige Lachen der Mutter. Aber der schlug dann ganz ins Derbe um, und das lustige Lachen klang bald roh. Weiter ist von diesen Kindern nichts zu sagen.

*


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