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Jerusalem

Buch Hiob

An den Tieren leuchtet Gottes unerforschliche Weisheit hervor.
Hiob bekennt seine Fehler.

Weißt du die Zeit, wann die Gemsen auf den Felsen gebären? Oder hast du gemerkt, wann die Hirsche schwanger gehen?
Hast du erzählet ihre Monate, wann sie voll werden? Oder weißt du die Zeit, wann sie gebären?
Sie beugen sich, wann sie gebären, und reißen sich, und lassen aus ihre Jungen.
Ihre Jungen werden feist, und mehren sich im Getreide, und gehen aus, und kommen nicht wieder zu ihnen.
Wer hat das Wild so frei lassen gehen, wer hat die Bande des Wildes aufgelöset?
Dem ich das Feld zum Hause gegeben habe und die Wüste zur Wohnung?
Es verlachet das Getümmel der Stadt; das Pochen des Treibers hört es nicht.
Es schauet nach den Bergen, da seine Weide ist, und suchet, wo es grün ist.
Meinest du das Einhorn werde dir dienen, und werde bleiben an deiner Krippe?
Kannst du ihm dein Joch anknüpfen, die Furchen zu machen, daß es hinter dir brache in Gründen?
Magst du dich darauf verlassen, daß es so stark ist? und wirst es dir lassen arbeiten?
Magst du ihm trauen, daß es deinen Samen dir wieder bringe und sammle in deine Scheune?
Die Federn des Pfauen sind schöner denn die Federn und Flügel des Storchs,
Der seine Eier auf der Erde lässet, und läßt sie die heiße Erde ausbrüten.
Er vergisset, daß sie möchten zertreten werden, und ein wild Tier sie zerbreche.
Er wird so hart gegen seine Jungen, als wären sie nicht sein, achtet es nicht, daß er umsonst arbeitet.
Denn Gott hat ihm die Weisheit genommen, und hat ihm keinen Verstand mitgeteilet.

siehe Bildunterschrift

Ägyptisch. Katze im Papyrusdickicht.

Zu der Zeit, wann er hochfähret, erhöhet er sich, und verlachet beide, Roß und Mann.
Kannst du dem Roß Kräfte geben, oder seinen Hals zieren mit seinem Geschrei?
Kannst du es schrecken wie die Heuschrecken? Das ist Preis seiner Nase, was schrecklich ist.
Es strampfet auf den Boden und ist freudig mit Kraft und ziehet den Geharnischten entgegen.
Es spottet der Furcht, und erschrickt nicht, und fliehet vor dem Schwert nicht,
Wenn gleich wider dasselbe klinget der Köcher, und glänzen beide, Spieß und Lanze.
Es zittert und tobet, und scharret in die Erde, und achtet nicht der Trompeten Hall.
Wenn die Trompete fast klinget, spricht es: Hui! und riecht den Streit von ferne, das Schreien der Fürsten und Jauchzen.
Flieget der Habicht durch deinen Verstand, und breitet seine Flügel gegen Mittag?
Flieget der Adler aus deinem Befehl so hoch, daß er sein Nest in der Höhe macht?
Im Felsen wohnet er und bleibet auf den Klippen am Felsen und in festen Orten.
Von dannen schauet er nach der Speise und seine Augen sehen ferne.
Seine Jungen saufen Blut, und wo ein Aas ist, da ist er.
Siehe, das Nilpferd, das ich neben dir gemacht habe, frißt Heu, wie ein Ochse.
Siehe, seine Kraft ist in seinen Lenden und sein Vermögen im Nabel seines Bauchs.
Sein Schwanz streckt sich wie eine Zeder, die Adern seiner Scham starren wie ein Ast.
Seine Knochen sind wie ein festes Erz, seine Gebeine sind wie eiserne Stäbe.
Er ist der Anfang der Wege Gottes; der ihn gemacht hat, der greift ihn an mit seinem Schwert.
Die Berge tragen ihm Kräuter und alle wilde Tiere spielen daselbst.
Er liegt gerne im Schatten, im Rohr und im Schlamme verborgen.
Das Gebüsch bedeckt ihn mit seinem Schatten, und die Bachweiden bedecken ihn.
Siehe, er schluckt in sich den Strom, und achtet es nicht groß; läßt sich dünken, er wolle den Jordan mit seinem Munde ausschöpfen.
Noch fänget man ihn mit seinen eigenen Augen, und durch Fallstricke durchbohret man ihm seine Nase.
Kannst du das Krokodil ziehen mit dem Hamen, und seine Zunge mit einem Strick fassen?
Kannst du ihm eine Angel in die Nase legen, und mit einer Stachel ihm die Backen durchbohren?
Meinest du, er werde dir viel Flehens machen oder dir heucheln?
Meinest du, daß er einen Bund mit dir machen werde, daß du ihn immer zum Knechte habest?
Kannst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel? oder ihn deinen Dirnen binden?
Meinest du, die Gesellschaften werden ihn zerschneiden, daß er unter die Kaufleute zerteilet wird?
Kannst du das Netz füllen mit seiner Haut und die Fischreusen mit seinem Kopf?
Wenn du deine Hand an ihn legst, so gedenke, daß ein Streit sei, den du nicht ausführen wirst.
Siehe, seine Hoffnung wird ihm fehlen; und wenn er seiner ansichtig wird, schwinget er sich dahin.

Der Wildochs

M. J. bin Gorion

Gelobt und gepriesen sei der Name des Königs aller Könige, welcher König ist über alle Könige der Erde, Herr und Herrscher über alle Bewohner der Welt. Der Himmel aller Himmel ist sein Stuhl, und die Erde ist seiner Füße Schemel. Sein Reich ist in der Höhe, und seine Herrschaft ist in der Tiefe. Aller Welt Geschehen ist seinen Augen sichtbar, und des Menschen Heimlichstes liegt vor ihm offen; er erforscht die Wege eines jeden Menschen und prüft die Schritte eines jeden Wesens; er weiß, was Verborgenes in den Nieren ist, und versteht, was Heimliches in den Herzen wohnt; er sieht die Gedanken, da sie noch gedacht werden; allüberall schauen die Augen des Herrn und sehen die Guten und sehen die Bösen.

Gelobt sei der Name des Herrn und verherrlicht sei sein Angedenken, der die ganze Welt ernährt und erhält von den Hörnern des Wildochsen bis zu den Eiern der Laus.

Der Wildochse ist ein reines Tier, und nur zwei davon sind in der Welt, ein Männlein und ein Weiblein; das eine ist im Morgenland und das andere im Abendland, und nur einmal in siebzig Jahren kommen die beiden zueinander; dann aber dreht das Weiblein den Kopf, beißt das Männlein und schlägt es tot. Und das Weiblein geht zwölf Jahre mit der Leibesfrucht umher. Bis zu dem zwölften Jahre hält sie sich noch auf den Füßen und frißt das Gras und trinkt das Wasser. Aber zu Anfang des zwölften Jahres fällt sie hin auf die Seite, denn die Füße tragen sie nicht mehr. Aber der Herr ernährt sie dennoch in seiner Barmherzigkeit; er läßt aus ihrem Munde einen Speichel fließen, der sprudelt wie ein Quell, und von diesem Wasser sproßt aufs neue Gras aus der Erde, dem Riesentiere zur Rechten und zur Linken, und es hat nun wieder seinen Fraß zwölf Monate lang; es dreht sich bald nach der einen Seite, bald nach der andern und pflückt das Gras.

Und am Ende des zwölften Monats wird der Leib des Tieres aufgerissen, und zwei Junge gehen heraus, ein Männlein und ein Weiblein; eines geht nach Morgen, das andere geht nach Abend, und es wird ihrer nicht mehr, bis wiederum siebzig Jahre um sind, sonst würde die Welt durch sie zerstört werden.

 

Die Ungeheuer

Drei seltsame Geschöpfe schuf noch der Herr, welche unterschiedlich sind von den übrigen Geschöpfen, die der Herr machte. Dies sind der Maulwurf, die Schlange und der Frosch.

Da ist der Maulwurf; wenn er das Tageslicht erblickt, so kann kein Wesen vor ihm bestehen. Da ist die Schlange; hätte sie Füße, sie täte dem Rosse nachrennen und würde es töten. Da ist der Frosch; hätte er Zähne, kein Tier im Wasser könnte vor ihm am Leben bleiben.

*

Ein Reisender in den Zeiten des Talmuds sah einen Frosch, der war so groß, wie eine Stadt von sechzig Häusern groß ist; da kam eine Schlange und verschlang den Frosch; dann kam eine Krähe und verschluckte die Schlange und setzte sich auf den Ast eines Baumes nach der Vögel Art. Wie groß und stark muß da der Baum gewesen sein!

Derselbe Reisende sah einen Vogel, der stand im Wasser bis zu den Knöcheln, sein Kopf aber reichte bis zum Himmel. Da sprach der Reisende und seine Begleiter: Nicht tief wird hier das Wasser sein –, und sie wollten drin baden, denn der Tag war heiß. Aber eine Stimme rief: Steigt nicht ins Wasser, denn hier ist vor sieben Jahren einem Zimmermann die Axt versunken, aber bis jetzt hat sie den Grund nicht erreicht, so reißend sind die Fluten.

Der Vogel aber, das war der große Adler des Herrn!

 

Der Fuchs und das Wiesel

Abermals fragte Nebukadnezar Jesus, den Sohn Sirachs: Wessenthalben ist von jedem Tier auf Erden ein Ebenbild im Meere, nur nicht vom Fuchs und vom Wiesel?

Und der Sohn Sirachs erzählte:

Es geschah, daß, nachdem der Todesengel die Tore hinter Mileham geschlossen hatte, der Herr zu ihm sprach: Wirf ins Meer von jeglichem Geschöpf je ein Paar, und über die anderen sollst du die Herrschaft haben. Da tat der Todesengel also und fing an, von allen Tieren je ein Paar ins Wasser zu werfen. Als der Fuchs dies sah, stellte er sich vor den Engel hin und begann zu weinen. Da fragte ihn der Todesengel: Wessenthalben weinst du? Der Fuchs antwortete: Ich weine über meinen Genossen, den du ins Meer geworfen hast. Der Todesengel fragte: Wo ist denn dein Genoß? Da stellte sich der Fuchs an das Ufer des Meeres, und der Todesengel sah seinen Schatten im Wasser und meinte, er hätte einen Fuchs schon ins Wasser geworfen. So sprach er denn zum Fuchs: Nun gut, so kannst du gehen. Da lief der Fuchs davon und war entronnen. Und er traf unterwegs das Wiesel und erzählte ihm alles, was geschehen war und was er getan hatte. Da ging das Wiesel und stellte es mit dem Todesengel ebenso an, und so war auch dieses Tier entronnen.

Und es geschah nach Jahresfrist, da versammelte Leviathan alle Geschöpfe, die im Meere wohnten, um sich; aber es fehlten der Fuchs und das Wiesel, die nicht in das Meer gekommen waren; da fragte Leviathan nach den beiden, und die Tiere erzählten ihm, was der Fuchs getan hatte und wie er und das Wiesel durch ihre Klugheit dem Wasser entronnen waren; sie sprachen vom Fuchs, er sei der Weiseste von allen.

Als Leviathan vom Fuchs erfuhr, wie findig er sei, beneidete er ihn um seine Klugheit und schickte die großen Fische nach ihm aus; er befahl ihnen, ihn zu überlisten und ihn herzubringen. Da gingen die Fische; sie kamen ans Ufer und sahen den Fuchs, wie er auf und ab spazierte. Der Fuchs sah die Fische ans Ufer kommen; er wunderte sich und ging auf sie zu; da fragten ihn die Fische: Was bist du für einer? Und der Fuchs erwiderte: Ich bin der Fuchs. Die Fische sprachen: Weißt du nicht, welch große Ehre dir widerfahren ist, und weswegen wir hierhergekommen sind? Der Fuchs fragte: Was ist's? Die Fische antworteten: Unser Herr, Leviathan, ist erkrankt und ist dem Tode nahe, und er hat bestimmt, daß keiner nach ihm König werde außer dir, denn er hörte von dir, du seiest weiser und verständiger denn alle anderen Tiere; und nun sind wir ausgesandt worden, dich zu ihm zu bringen. So fahre denn mit uns, die wie dir zu Ehren gekommen sind. Da sagte der Fuchs: Ja, wie kann ich aber ins Wasser kommen und nicht ertrinken? Darauf antworteten die Fische: Du wirst auf einem von uns reiten; wir werden dich über das Meer tragen, und dir wird nichts geschehen. Wirst du aber den Ort des Königs erreichen, so werden wir dich dort hinsetzen, und du wirst König sein über alle und wirst alle deine Tage froh sein; du wirst um deine Nahrung nicht mehr in Sorge sein, und die bösen Tiere, die größer sind als du, werden dir nichts tun können.

Als der Fuchs die Worte der Fische hörte, glaubte er ihnen; er setzte sich auf einen von ihnen und ritt auf ihm durch das Meer.

Als aber die Wellen des Meeres an ihn schlugen, da ward dem Fuchs bange; aller Wahn wich von ihm, und er sprach bei sich: Weh mir, was hab' ich getan? Gewißlich haben mich die Fische zum Narren gehabt, weil ich andere Tiere genarrt habe; und nun bin ich in ihre Gewalt geraten; wie soll ich mich erretten? Und er sprach zu ihnen: Seht, ich bin mit euch gegangen, und in eurer Gewalt bin ich nunmehr; sagt mir die Wahrheit, was soll ich euch? Da antworteten die Fische: Wir wollen dir die Wahrheit gestehen; Leviathan hörte von dir, daß du überaus klug seist, und da sprach er: ich will seinen Leib aufmachen und sein Herz verzehren, auf daß ich ebenfalls weise werde. Da sprach der Fuchs zu den Fischen: Warum habt ihr mir das nicht gleich gesagt? Dann hätte ich mein Herz mit mir genommen, hätte es dem König Leviathan gegeben, und er hätte mich geehrt; aber jetzt seid ihr übel daran. Da fragten die Fische den Fuchs: Wie, so ist denn dein Herz nicht bei dir? Der Fuchs erwiderte ihnen: Nein, denn also ist es Brauch bei uns, wir lassen unser Herz an unserem Orte liegen, und wir gehen hin und gehen her; wenn wir aber seiner bedürfen, so holen wir's, wenn nicht, so bleibt es an seinem Orte liegen. Da sprachen die Fische: Was sollen wir nun machen? Der Fuchs erwiderte: Der Ort und mein Nachtlager ist am Ufer des Meeres; beliebt es euch, so bringt mich wieder dorthin, wo ihr mir begegnet seid; ich will mein Herz holen, mit euch wieder ins Meer gehen und Leviathan mein Herz geben; so wird er mich und auch euch ehren. Bringt ihr mich aber so, ohne Herz, zu ihm, wird er euch zürnen und wird euch aufessen; ich aber fürchte mich nicht, denn ich werd's ihm gerade heraussagen: Herr, sie haben mir dein Begehren nicht vorher erzählt, und als sie mir die Wahrheit sagten, sprach ich zu ihnen: kehrt mit mir zurück, so werde ich mein Herz holen, sie aber wollten nicht umkehren.

Alsbald sprachen die Fische: Er hat wohl gesprochen. Und sie kehrten um und kamen zurück an das Ufer und an den Ort, von wo sie den Fuchs geholt hatten. Da sprang der Fuchs vom Rücken des Fisches, warf sich in den Sand und tanzte und hüpfte vor Freude. Die Fische sprachen: Beeile dich und hole dein Herz, dann wollen wir weitergehen. Der Fuchs antwortete: Ihr Narren, wißt ihr's nicht? Könnte ich mit euch ins Meer gehen, wäre mein Herz nicht bei mir? Ist denn ein Geschöpf auf Erden, das herumgehen könnte ohne ein Herz? Da sagten die Fische: Du hast dein Spiel mit uns gehabt. Darauf erwiderte der Fuchs: Ihr Narren! Wißt, ich habe den Todesengel zu trügen gewußt, um wieviel mehr denn euch.

Da kehrten die Fische mit Schande zurück und erzählten alles Leviathan. Leviathan sprach: Wahrlich, er ist der Listige, ihr aber seid die Toren, und von euch ist gesagt worden: Der Unverständigen Dummheit, das ist ihr Tod. Und er aß sie alle auf.

Seit der Zeit sind von jeder Art Geschöpfe im Wasser vorhanden, sogar von dem Menschen und seinem Weibe ist ein Ebenbild im Wasser da, allein der Fuchs und das Wiesel sind im Meer nicht zu finden.

Das Neueste vom Neuesten

Talmudisch

Einst lief durchs Dorf ein toller Hund,
Das ging noch lange von Mund zu Mund.

Bis seinem Führer entsprang ein Bär,
Da sprach vom Hunde niemand mehr.

Doch als der Wolf das Schaf gefressen,
Da waren Hund und Bär vergessen.

(Deutsch von M. Weinberg)

 

Talmudisch, Böser Lohn

Als einst ein Ochs im Joche Schaden nahm,
Ein artig Roß ihm flugs zu Hilfe kam,
Und da es ein anstellig Tier,
Hielt man's im Joche für und für,
So muß es nun für sein Bemühn
Für alle Zeiten Lasten ziehn.

(Deutsch von M. Weinberg)

 

Talmudisch, Des Löwen Dank

Dem Löwen war vom fetten Braten
Ein Knochen in den Schlund geraten,
Und lange wollt' es nicht gelingen
Ihn wieder daraus fortzubringen.

Da ließ er kundtun und betonen,
Er werde königlich belohnen,
Wer ihm hier Linderung bereite
Und von dem Knochen ihn befreite.

Dem Hofrat Storch mit langem Sabel,
Ich meine seinen langen Schnabel,
Gelang es nun nach vielen Mühen
Den Knochen wieder 'rauszuziehen.

Doch als er spricht von seinem Lohne,
Da sagt man ihm in kaltem Tone:
Wer Löwenrachen heil entgangen
Hat wohl des Lohns genug empfangen.

(Deutsch von M. Weinberg)


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