Sagen aus Thüringen
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Vertreibung der Pest

Nach Gera sollen die Pest drei Männer gebracht haben, die aus Rohpeters Haus gekommen seien; darin wurde sie später auch wieder vermauert. Alte glaubwürdige Bürger der Stadt erzählten, daß am Anfang des 17. Jahrhunderts zwei Kerle in einer Stuben beisammen gesessen, darin etliche Personen an der Pest danieder gelegen und gestorben. Da sehen sie von ungefähr in einem Winkel der Stube einen blauen Dunst wie einen Nebel gar sachte aufsteigen, welchem sie mit Verwunderung zusehen und vermerken, daß er sich allmählich in eine Glunze an der Wand hineinverschlichen. Darauf ist einer zugelaufen und hat aus Kurzweil einen Pflock in das Loch geschlagen, nach der Zeit aber nicht wieder daran gedacht, bis nach etlichen Jahren, da man von keiner Seuche mehr gewußt, dieser Mensch in ebenderselben Stuben sich wieder befindet und von ohngefähr gewahr wird, daß der Pflock, den er vor etlichen Jahren in die Wand geschlagen, noch an seinem Orte stecke. Dadurch ist er bewogen worden, indem er nichts Böses vermutet, aus Scherz gegen die Anwesenden zu sagen: »Siehe da, vor etlichen Jahren habe ich einen Vogel darin versperrt; ich muß sehen, ob er noch darinnen stecke«, und ziehet darauf den Pflock aus der Wand. Da denn von Stund an der vorbesagte giftige Dunst aus dem Loch wieder hervorgezogen und alsbald nicht allein etliche Personen im Hause, sondern auch von neuem wieder die ganze Stadt angesteckt hat und zwar viel schrecklicher als zuvor.

 


 


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