Sagen aus Schwaben
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Das Nägelinskreuz

Um das Jahr 1300 trug es sich zu, daß Andreas Nägelin, ein Bauer aus dem Spaichinger Tal, nach Villingen ging, um da den Markt zu besuchen. Unterwegs, in der Gegend der Schonwiesen, sah er ein Kruzifix auf der Straße liegen und war sehr erstaunt über den seltsamen Fund. Er hob ihn auf und verbarg ihn einstweilen in einem nahen Gebüsch. Auf deni Rückwege nahm er dann das Kruzifix mit sich nach Hause und verrichtete täglich zwei Jahre lang seine Andacht vor ihm. Nach dieser Zeit wurde er sehr krank und versank in Bewußtlosigkeit, so daß niemand mehr mit seiner Genesung rechnete. Plötzlich aber erlangte der Kranke sein Bewußtsein wieder und sagte laut folgende Worte: »Laßt dieses Kreuz durch einen zuverlässigen Mann nach Villingen tragen mit der Botschaft, man solle zu Ehren dieses Kreuzes ein Kirchlein erbauen. Villingen wird dann von großen Übeln und Bedrohungen verschont bleiben.« Man erfüllte Nägelins Wunsch, aber der Bote fand in der Stadt kein Gehör und kehrte mit dem Kruzifix unverrichteter Dinge wieder zurück. Einem zweiten Boten ging es ebenso. In der Nacht nach dessen Rückkehr hörte Nägelin deutlich die Worte: »Steh auf, Andreas Nägelin, nimm dies Kreuz und trag es selbst nach Villingen zur Bekräftigung der Gnadenverheißung!« Da fühlte sich Nägelin mit einem Schlag von aller Krankheit und Schwäche befreit. Am Morgen machte er sich mit dem Kreuz auf den Weg nach Villingen. Und ihm ward nun Glauben geschenkt. Die Bürgerschaft baute vor dem Bickentor eine Kapelle, in der das Kreuz aufbewahrt wurde. Es entstand eine Wallfahrt zu dieser Kapelle. Und von nun an geschahen durch das Nägelinskreuz zahlreiche Wunder, auch ließ es der Stadt, besonders während der schweren Belagerung im Jahre 1633, seinen Schutz angedeihen.

 


 


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