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Der Sommer.

Heiß und schwül wie in des Südens glüh'nden Zonen drückt die Luft;
Wie ein türk'scher Sultan will ich ruh'n, umwogt von Blumenduft.
An dem Graben, der geschmückt mit Kaprifolien, lehnt mein Haupt,
Vor der Sonne Strahlen schirmt mich hier die Eiche, dichtbelaubt;
Mit der Wolken Luftgebilden ist die Himmelsdeck' geschmückt,
Und der Teppich, d'rauf ich ruhe, ist mit Blumen bunt gestickt;
Tausendschön und Klee und Veilchen spielen auf dem grünen Grund,
Und der Zweig mit reifen Himbeer'n hängt mir g'rade in den Mund.
Süßes Glück: genießen, träumen! – Sieh! die Biene saugt mit Lust,
Lind berauscht, im Kelch des Blümchens – Bien' und Blume Brust an Brust!
Fröhlich flattern Schmetterlinge, küssen jede Blumendold',
Singend nicht, doch leise flüsternd von der Liebe – o, wie hold!
– Ha! ein kühles Lüftchen zittert säuselnd durch des Waldes Grün,
Und gewitterschwang're Wolken seh' ich her aus Süden zieh'n,
Bald wie ries'ge Segel schwellend, bald gleich einem Felsensaal;
Horch! das starke Echo rollet von dem Fels durch's tiefe Thal.
In den Wipfeln rauscht es bange, und zum Nest das Vöglein flieht,
Während schnellen Flügelschlages tiefen Kreis die Schwalbe zieht.
Eingehüllt in dichten Schleier ward vom Regen Wald und Feld,
Gleich des Genius Gedanken flammt der Blitz vom Wolkenzelt.

Obdach such' ich in dem Forsthaus, das verfallen, alt und klein;
Doch durch die zerbroch'nen Scheiben dringt der Regen auf mich ein.
Drinnen sitzt ein Weibchen, ihren Kleinen säugend – holdes Bild!
Seine runden Finger spielen mit dem Busen, halb verhüllt.
Draußen heult der wilde Sturmwind, rüttelt an des Häuschens Bau,
Knickt in grimmiger Umarmung Aehren, Blümchen auf der Au.
– Doch der Himmel blau't schon wieder und des Sturmes Braus verhallt;
Sieh! mit frischem Grün und Dufte prangen Feld und Flur und Wald!
Purpurroth versinkt die Sonne drüben an des Meeres Strand,
In dem Schooß der Wellen kühlt sie ihres Flammenherzens Brand.
Laue, linde Lüftchen trocknen wiederum des Blümchens Wang',
Heimwärts zieht die Schaar der Schnitter aus dem Feld' mit hellem Sang.
Klettern will die schmucke Dirne über jene Hecke – ei! –
Sie bleibt mit den Röcken hängen, doch die Andern steh'n ihr bei.
Sieh, wie alle Blumen nicken! – was sie meinen, denk' ich mir;
Doch verstünd' ich ihre Sprache, hört' ich wohl gar Schönes hier.


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