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Italien.

I.
Beatrice Cenci.

(Geschrieben am Schlosse Cenci in den Albanergebirgen 1838.)

Die Rosen.

Zephyr, wohin denn so schnell?
Zu den Mädchen, die plaudernd den Quell
Mit kupferner Konka umschlossen,
Wo am Fuße des Berges die Reben
Den Oelbaum kräftig umgeben,
Und empor der Cactus geschossen?
Sie trafen sich eben, d'rum plaudre nur hier
Mit uns, und sieh, wie geschmücket wir!
Du weißt ja, sie haben sich Viel zu vertrauen,
Denn Giovanni ging eben vorbei,
Blies ein Lied auf seiner Schalmei,
Bekannt in den Albaner-Auen; –
Kommst noch zurecht, mit den Schönen zu kosen,
Wenn sich ihr Busen erröthend hebet.
Nein, wie er schwebet!
Achtet nicht auf uns kleine Rosen!
– Was fehlt Dir, Zephyr? Wo schwärmtest Du hin?
Deine Schwinge ist naß, und betrübt Dein Sinn.
Tauchtest wohl unter dort in den Fluß,
Zu küssen des badenden Mädchens Fuß?
Schlauer hat es der Maler getrieben:
Belauscht sie im Haine drüben.

Zephyr.

Nicht Wellen haben die Schwinge benetzt,
Es sind Thränen der Brüder und meine!
Dort waren wir jetzt,
Wo sie saß die Holde, die Reine,
Umdrängt von der gaffenden Menge Wogen,
Aufschauend zum blauen Himmelsbogen.
Hin knie'te sie fromm und unerschrocken,
Da blitzte des Henkers Schwert – ihre Locken
Färbten mit ihrem Blute sich roth –
Beatrice ist todt!

Die Rosen.

Todt! und in Schmach! –
Sie, die Nichts verbrach! –
Nimmer sehen wir unter den Weiden
Ihr Lächeln mehr, ihre kindlichen Freuden,
Hören nicht mehr ihre frommen Gebete,
Wenn sie knie'te im Strahle der Abendröthe,
Und die Lieder der Kinder zu uns drangen,
Die vor dem Bild der Madonna sangen.
Todt! und in Schmach!
Sie, die Nichts verbrach!
Im Vater hat sie die Sünde gerichtet –
Als Sünderin wird sie darum vernichtet?!

II.
Wanderung auf dem Vesuv.

(Die Eruption am 24. Februar 1834.)

Träumend zwischen blauen Bergen,
Schneebedeckt Neapel ruht;
Ischia schwimmt dort auf dem Meere,
Eingehüllt in Purpurgluth.

Weißgekleidet das Gebirge
Wie ein Heer von Schwänen glänzt;
Schwarz erhebt Vesuv das Antlitz,
Das die Flammenlocke kränzt.

Vorwärts auf gewund'nem Pfade,
Eh' die Nacht uns überfällt!
Zwischen Gräsern, Büschen starret
Eine ausgebrannte Welt.

Mühvoll klimmt das Maulthier aufwärts,
Langsam und mit klugem Späh'n;
Roth wie Blut und Feuer schimmern
Lavasterne von den Höh'n.

Wählen wir den Steg dort drüben:
Unser Thier kommt nicht vom Ort;
Hier versinken wir in Asche;
Steine stürzen! Fort, nur fort!

Vor dem Sturme wirbelt Asche –
Unten schwarz, schwarz in der Höh';
Heiß Sirocco-Dämpfe steigen
Aus dem Erdreich, wo ich steh'!

Vorwärts, vorwärts! Fort, hinüber!
Sieh nur, nach dem tiefen Thal
Rinnt im Strom, doch ohne Wellen,
Flüß'ges, glühendes Metall! –

Seht den Mond gleich einer Gluthfrucht
Auf des Kegels Spitze steh'n;
Schwarzer Rauch entquillt dem Krater,
Ringsum Brand, wohin wir seh'n!

Schweigend steh'n wir, Nacht umgiebt uns
Und verhüllt des Mondes Schein,
Feuer spei't der Berg, mit Donnern
Nieder rollt der glüh'nde Stein!

Cherubim mit feur'gem Schwerte
Singen, Herr! ein Loblied Dir! –
Sichtbar thront hier Deine Allmacht,
Dich verehrend knieen wir!

III.
Lebewohl an Italien.

(Geschrieben 1834 auf der Heimreise über die Alpen, als ich das erste Mal Italien verließ.)

Ich sah das Land, deß Athem schwillt vor Lust,
Wo unter Pinien Amor tanzt mit Nymphen,
Wo Feuer sprudelt aus der Berge Brust,
Und Städt' aufsteigen aus Avernus' Sümpfen.

Im Marmorkleid steh'n Götter hoch und hehr,
Duft weht und Ton in jedem Hauch der Lüfte,
Wie azurblaues Oel erscheint das Meer,
Und sieben Farben kleiden Berg und Klüfte.

Ja, dort bezaubert Bild an Bild den Sinn,
Man sieht des Schöpfers Liebe sonder Schranken;
Im Bauergärtchen – Lorbeer wächst darin,
Sammt hohem Kaktus, traubenreichen Ranken.

Kind ward mein Herz, Mann mein Gedanke dort;
Dort lernt ich erst Natur und Kunst versteh'n.
Der Farb' und Form reizvoller Heimathsort,
Leb wohl! Mein schöner Traum wird nun vergeh'n.

IV.
Dritter Besuch Italiens.

(Geschrieben auf St. Lucia im Sommer 1846.)

Ich seh' auf's neu, Vesuv, Dein Haupt sich heben,
Das Meer zu Füßen Dir blau, wie der Himmel,
Des Fischers rothe Flamm', das Volksgewimmel.
Ein Traum am Tag' erscheint bei Dir das Leben.
Ich seh aufs neu den Duft, den Farbenschimmer,
Worin die wellerbauten Berge steigen.
O selbst des Kindes Phantasie kann nimmer
Mehr Wunder als die Wirklichkeit hier zeigen;
Kein Dichter schaffen Märchen je so sinnig. –
Zum dritten Male in Neapel bin ich!


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