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17. Wozu?

Wozu diente all das Reisen mit Hunden? Was kam heraus bei all den Beschwerden und Gefahren und auch den beträchtlichen Kosten, die damit verbunden waren? Solche Fragen sind gewiß berechtigt.

Wir machten diese Reisen nicht zu wissenschaftlichen Zwecken, wenn auch die Missionare oft merkwürdige Entdeckungen gemacht und die Wissenschaft sehr gefördert haben. Wir reisten auch nicht, um die kostbaren Metalle zu suchen, die die Natur in entlegenen, noch unerforschten Gegenden verborgen hat, obgleich die Kunde von einigen der besten Erzgruben durch Missionare gebracht worden ist. Diese Menschen waren keine Glücksritter. Ihr Los war, unter Leuten zu leben, die so arm waren, daß die reichsten unter ihnen alle ihre Habe, mit Ausnahme der Hunde, auf dem Rücken tragen konnten.

Wenn wir aber die Erfolge betrachten, die vollkommene Umwandlung im Leben und Betragen der Indianer, die Sicherheit des Lebens und Eigentums und die allgemeine Zufriedenheit der Leute, so wäre uns schon das ein Grund zur Dankbarkeit dafür, daß es uns vergönnt war, zu diesen Völkern zu gelangen, wenn auch nur mit dem Hundeschlitten im Winter und dem Boot im Sommer. Daß seit vielen Jahren keine Aufstände der Indianer gegen die Weißen und keine Stammesfehden unter den Indianern selbst ausgebrochen sind, das ist durchaus nicht nur der allerdings weisen und einsichtigen Regierung der Hudson-Bai-Kompanie zu verdanken, sondern noch vielmehr der Anwesenheit und der Arbeit der Missionare.

Wir müssen bedenken, daß es weite Länderstrecken und viele Indianerstämme gibt, zu denen man überhaupt nur mittelst des Hundeschlittens gelangen konnte. Ehe die Missionare zu ihnen kamen, waren sie heruntergekommen, unsittlich und die Beute des schrecklichsten Aberglaubens. Der Indianer ist von Natur religiös angelegt. Für ihn ist alles gute oder böse Medizin. Die beiden feindlichen Mächte, die gute und die böse, sind immer an der Arbeit und er ist der Gegenstand ihrer Liebe oder ihres Hasses.

Ohne die göttliche Offenbarung hält der Indianer sich für das Opfer der kämpfenden Mächte, zwischen denen er wie ein Laub hin- und hergeweht wird. Darum hat er oft große Angst vor kommendem Unglück. Ehe die Mission die Macht der Zauberer oder Medizinmänner brach, lebten die meisten Indianer in fortwährender Angst.

Es ist fast unglaublich, welche Macht und welchen unheilvollen Einfluß einige berühmte Zauberer auf die Masse des Volks ausübten. Sie machten den Leute weis, sie könnten alle erdenklichen Übel über sie bringen, konnten ihnen ihre Angehörigen töten oder sie selbst krank machen. Die Zauberer behaupteten, sie hätten Macht über das Wild im Wald und die Fische in den Seen und könnten machen, daß die Jäger und Fischer Glück hatten oder nichts erbeuteten. Sie hielten das Volk so im Bann, daß sie wie unbeschränkte Herrscher schalteten und das Beste von allem bekamen, was die Leute besaßen. Zur Befestigung dieser abergläubischen Macht diente es, daß die Zauberer das Geheimnis besaßen, todbringende Arzneien zu bereiten, und sie versäumten es nicht, die Leute durch den geheimnisvollen Tod solcher, die sich unterstanden hatten, ihre Ansprüche zu bezweifeln, in Schrecken zu halten. Dieser unheilvolle Stand ist jetzt so gut wie ausgestorben, dank dem Mut und der Selbstverleugnung der Missionare, die jene fernen Gegenden bereisten und durch ihre Unterweisung das Volk von jenem Bann der Furcht und des Schreckens befreiten, unter dem es seit Jahrhunderten gelebt hatte.

Manche von jenen roten Männern, die einst bittere Feinde der frohen Botschaft waren, sind selbst Prediger und Missionare ihres Volkes geworden. Andere sind tüchtige Schullehrer und leisten Großes unter ihrem Volk, indem sie das heranwachsende Geschlecht erziehen.

Viele indianische Christen haben sich auch bemüht, ihre äußere Lage zu verbessern. Sie wollten nicht mehr ganz auf das unsichere und wechselnde Glück der Jagd angewiesen sein, sondern haben sich von der Regierung Land anweisen lassen. Das bebauen sie nun und durch Ehrlichkeit, Geduld und Fleiß haben sie mit ihren Familien ein gutes Auskommen.

Solche Verwandlungen sind nicht leicht und schnell zustande gekommen. Dazu brauchte es lange Jahre anhaltender Arbeit und geduldigen Ausharrens. Man bringt nicht ohne große Mühe ein Volk dazu, seine ganze Lebensweise zu ändern. Aber bei vielen Indianern ist's geglückt und die Verwandlung ist wirklich wunderbar. Behagliche Häuser haben die alten Wigwams ersetzt. Ordentliche Anzüge sind an die Stelle der Fellkleider getreten, und reichliche Nahrung ist jetzt die Regel, während früher für gewöhnlich Schmalhans Küchenmeister war, bis man einmal ein Renntier oder einen Bären schoß und dann eine Weile im Übermaß schwelgte.

Wenn der Missionar zu den Indianern kommt, so findet er, daß die Männer ausgezeichnete Jäger sind, daß aber die Frau die Jagdbeute auf dem Rücken heimschleppen muß, während der Mann mit der Flinte vorangeht. Wenn die geduldige Frau das Wildbret abgezogen und gekocht hat, muß sie abseits bei den Mädchen und den Hunden sitzen, während die Männer und Knaben sich das saftige Fleisch schmecken lassen.

Aber die Schlittenglöckchen der Missionare haben eine bessere Zeit eingeläutet. Das Christentum hat die große Wahrheit von der Gleichheit der Menschen gelehrt und hat auch die Frau in die ihr gebührende Stellung erhoben.

Ich brauche nicht mehr zu erzählen. Diese wunderbaren Verwandlungen, das Vorhandensein so vieler christlicher Familien und alles was damit zusammenhängt an Orten, wo man so etwas nicht einmal dem Namen nach kannte, das ist ein reichlicher Lohn für alles, was wir Missionare auch bei den kältesten, schwersten und leidensvollsten Reisen im Schlitten mit unsern treuen Hunden durchgemacht haben.

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