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Windblumen

Impression du matin

Früh wird zur Harmonie in Grau
Der nächt'gen Themse Blau und Gold:
Mit ockerfarbnen Planken rollt
Ein Boot vom Kai; gelbes Gebrau

Kriecht um die Brücken, nebelmatt
Wird jede Hausfront, unbestimmt,
Wie eine ferne Blase schwimmt
Sankt Paul nur ob der Riesenstadt.

Dann plötzlich wird das Leben wach;
Der Troß der Bauernwagen zieht
Die Straßen her, ein Vogel flieht
Und singt vom tagbeglänzten Dach.

Ein blasses Weib nur ganz allein
– im Zwielicht ist ihr Haar so fahl –
Säumt in der Gaslaternen Strahl:
Flamme ihr Mund, ihr Herz von Stein.

Magdalenen-Allee

Zartweißes Gewölk treibt hin durch den Himmelsraum
Und die Flur ist voll Blumengold, wie es der Märzmond bringt,
Die Narzisse bricht unter dem Tritt und es schwankt und schwingt,
Wie die Drossel vorbeifliegt, der quastige Lärchenbaum.

Die Flügel des Morgenwinds tragen uns liebliche Düfte zu,
Die Düfte von Laub und von Gras und eben gepflügtem Land,
Der Vogel singt froh, weil der Frühling nun auferstand
Und hüpft in den schaukelnden Zweigen und hat nicht Ruh.

Und von murmelndem Frühlingslaut lebt es im Waldesgrund,
Und die Knospen des rankenden Rosenstrauchs färben sich rot,
Und das Krokusbeet ist wie ein Mond, der in Feuer loht,
Umschlossen von tief amethystenem Gürtelbund.

Und es flüstert die Flur der Tanne von Liebeslust,
Daß sie lacht im Geräusch des geschüttelten grünen Gewands,
Und die Höhlung der Ulme, die dunkle, leuchtet in Irisglanz
Von dem schillernden Hals einer Taube und ihrer silbernen Brust.

Sieh, die Lerche verläßt nun ihr Lager im Wiesenduft
Und zerreißt der Spinne Geweb und das Netz von Tau,
Und der Eisvogel fliegt, eine Flamme von leuchtendem Blau!
Am Flusse entlang wie ein Pfeil und durchbohrt die Luft.

Athanasia

Zu jenem Kunstpalast, wo alles Große,
Was Menschen vor der Zeit bewahrten, ruht,
Entdeckt in dunklem Pyramidenschoße
Von Arabern, ward als ein köstlich Gut
Die Mumie eines Mädchens einst gebracht,
Gestorben, eh der Welt ihr Lenz gelacht.

Doch da man nun gelöst das Linnenband
Um den ägypt'schen Leichnam, fand man, sieh!
Ein Samenkorn in ihrer dürren Hand,
Das, ausgesät, in unsrem Grund gedieh
Und schneeige Sterne trug und reichen Duft
Ausströmte rings in unsre Frühlingsluft.

Und wie so wundersam die Blüte lockte,
War ganz vergessen bald der Asphodill,
Den Lilienkelch verließ die braungerockte
Biene, die sonst mit ihm nur buhlen will,
Denn irdisch nicht, ein Raub erschien sie nur
Von eines himmlischen Arkadiens Flur.

Umsonst sah die Narzisse trauriglich,
Blaß ob der eignen Schönheit, in die Wellen,
Nicht mehr mit ihrem Gold bestäubten sich
Zum Schmuck die purpurflügligen Libellen.
Wer küßt noch den Jasmin, so hold gewiß,
Streift Regenperlen von der Eucharis?

Die Nachtigall vergaß ihr altes Leid,
Von Liebe voll die leichtbewegte Seele,
Nicht mehr den feuchten Wald zur Blütezeit
Mit Silberschwingen, amethystner Kehle
Durchflog die lichte Taube, wollt allein
Dieser ägypt'schen Blume nahe sein.

Glomm heiß in ihrem blauen Turm die Sonne,
Bot ihr ein Wind von Schneehöhn kühlen Kuß,
Der warme Süd tränkte mit lindem Bronne
Von Tränen ihren Kelch, stieg Hesperus
Aus jenen Himmelshalden auf, meergrün
Mit Spätrotstreifen, die in Scharlach glühn.

Doch schwieg nun ob dem öden Liliengrunde
Der müden Vögel süßer Liederquell
Und hing wie eines Silberschildes Runde
Der Mond im Saphirhimmel hoch und hell,
Bebten die Blätter ihres Kelchs dann nicht
In düstren Rückgedenkens Wahngesicht?

O nein! der Schönen schienen tausend Jahre
Nur wie ein langer Sommertag zu sein,
Nie stürmt auf sie, der goldne Knabenhaare
In Grau verkehrt, der Schwall der Ängste ein,
Nie wünschte schmerzlich sie sich selbst den Tod,
Wußte vom Hinfall nichts, der allem droht.

Denn wir gehn in den Tod mit Spiel und Tanz
Und möchten nicht noch einmal durch die Pforte
Von Elfenbein, wie, müd des öden Lands
Der Alltagsmenschen, am ersehnten Porte
Der Strom ins Meer stürzt wie von Liebe toll,
Glücklich, daß er so glorreich sterben soll!

Wir sehn, wie unser königliches Streben
Nutzlos im Kampf mit Weltgewalten bricht,
Sie kennt nicht Niedergang, sie saugt nur Leben
Aus reiner Luft und klarem Sonnenlicht,
Wir stehn, verfallen ihr, im Bann der Zeit,
Sie ist das Kind der ganzen Ewigkeit.

Serenade

Für Musik

Der Westwind weht so weich und kühl
Und Ägeus' dunkles Meer ist glatt,
O komm von deinem Lilienpfühl!
Die Wächter schlafen in der Stadt.
Komm! an der Marmortreppe hält
Mein tyrisch Boot verborgen hier,
Die Purpursegel schon geschwellt;
Geliebte, komm herab zu mir!

Sie kommt nicht, wenn man Wahrheit sprach!
Verliebter Schwüre lacht sie bloß;
Nicht Gutes spricht man einer nach,
So schön und so erbarmungslos.
Mit wahrer Liebe treibt sie Scherz,
Fühlte der Liebe Qualen nie,
Umsonst, umsonst liebt sie mein Herz,
Und wie ein Knabe liebt ich sie.

Sag, o Pilot, mir, dieser Schein,
Kommt er von goldnem Haare nicht?
Oder wär's Taugespinst allein,
Das Passifloren dort umflicht?
Komm, o Matrose, sag mir wahr,
Ist dies nicht ihre Lilienhand?
Oder glänzt nur der Bug so klar,
Oder so silbern nur der Sand?

Nein! nein! 's ist nicht Gespinst von Tau,
's ist nicht der silberdün'ge Sand,
Sie selbst ist's, meine süße Frau
Mit goldnem Haar und Lilienhand!
Nun lenk nach Troja, mein Pilot,
Matrose, rudre gut dahin!
Vom Griechenstrand führt unser Boot
Der Lust, des Lebens Königin!

Des Himmels Grau wird blaß und blau,
Noch eine Stunde bis zum Tag!
An Bord! an Bord! o teure Frau,
Und fort mit raschem Ruderschlag!
Nach Troja nun! der Westwind gibt
Uns gute Fahrt, das Meer ist klar!
Geliebt wie nur ein Knabe liebt,
Geliebt für immer immerdar!

Endymion

Voll Gold hängt jeder Apfelbaum,
Arkadien tönt von Vogelsang,
Die Herden ruhn in Hürden kaum,
Die Ziege springt am Waldessaum,
Noch gestern sagt er süßen Traum
Und säumt gewiß auch heut nicht lang.
Aufgeh'nder Mond, o Göttin, du!
Halt über meinem Liebsten Wacht!
Du weißt ja, wessen ich gedacht
Und kennst ihn leicht am Purpurschuh,
Am Hirtenstab zum Herdentrieb,
Und sag, du kennst ihn doch, nicht wahr?!
O keine Taube ist so lieb
Und braun und lockig ist sein Haar.

Die Taube ruft mit holdem Schall
Ihren rotfüß'gen Freund nicht mehr,
Der graue Wolf streicht um den Stall,
Der Lilie singender Vasall
Schläft in dem Lilienkelch und all
Die blauen Höhn drohn schwarz umher.
O Mond am Himmel! Heil'ger du!
Steh hoch dort auf der Helice
Und schaust du ihn, nach dem ich seh,
Ja, siehst du seinen Purpurschuh,
Den Haselstock, das braune Haar,
Das Geißfell, das den Arm umschlingt,
Sag ihm, ich warte sein, wo klar
Das Schilflicht in der Hütte blinkt.

Kalt fällt der Tau, kein Vogelsang
Erschallt mehr in Arkadien hier,
Der kleine Faun verließ den Hang,
Und selbst der Asphodill schloß lang
Sein goldnes Tor; ich harre bang,
Mein Freund kommt nicht zurück zu mir.
O falscher Mond! Schon schwindest du!
Was kam er nicht? O sag den Grund,
Sag an, wo ist der rote Mund,
Der Schäferstab, der Purpurschuh?
Warum das Silberzelt und von
Dem Nebelflor warum verhüllt?
Ah! du hast wohl Endymion,
Den Mund du, der mit Sehnsucht füllt!

La bella Donna della mia mente

Ein Brand fraß in mein Fleisch sich tief,
Die Füße sind vom Wandern wund,
Der stets nur ihren Namen rief,
Kein Lied mehr singen kann mein Mund.

O Hänfling im Wildrosenstrauch,
Sing heller deine Melodei,
O Lerche du, sing lauter auch,
Mein süßes Lieb kommt hier vorbei.

Sie ist so schön, daß Aug' und Sinn
Kein Mann je zwingt und schöner nicht
Ist Königin noch Buhlerin,
Noch Wasser nachts im Mondenlicht.

Myrte umschlingt ihr blondes Haar,
(Der Blätter Grün auf ihrem Gold!)
Das mitgebundne Gras fürwahr
Im gelben Korn ist nicht so hold.

Die kleinen Lippen, die nur blühn
Zu Küssen, doch zu Klagen nie,
Wie Rosen nach dem Abendsprühn
Und wie Bachwasser zittern sie.

Ihr Hals ist weißer Honigklee,
Rosig erglüht in Sonnenlust,
Nicht süßer ist zu schauen je
Im Schlagen eines Hänflings Brust.

Weißkerniger Granate gleicht,
Zerschnitten, ihr tiefroter Mund.
Die Wangen sind gerötet leicht
Wie gegen Süd des Pfirsichs Rund.

Verschlungne Hände! Leib so zart,
Für Leid und Liebe ausersehn!
O Haus der Liebe! Unverwahrt,
O Blüte bleich, im Regenwehn!

Chanson

Eine milchweiße Taube, ein Ring von Gold
Sind Gaben geziem für dich,
Ein Strick und ein Baum, dran er hängen sollt',
Für deinen Getreuen, für mich.

Für dich ein Elfenbeinpalast
(Sieh die weißen Rosen, die holden)!
Für mich ein enges Bett zur Rast
(Weiß, o weiß sind die Schierlingsdolden)!

Für dich Jasmin und Myrte traut
(Rote Rosen sind schön zu schaun)!
Für mich Zypresse und Rautenkraut
(Rosmarin ist am schönsten traun)!

Für dich drei Werber um deine Hand
(Grünes Gras überm Totenschrein)!
Für mich drei Schritte auf dem Sand
(Pflanzt Lilien zuhäupten mir ein)!


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