Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Wildes Wald- und Felsental am Rheine
Die drei Rheintöchter, Siegfried
Die drei Rheintöchter
      Frau Sonne sendet lichte Strahlen;
      Nacht liegt in der Tiefe:
      einst war sie hell,
      da heil und hehr
      des Vaters Gold noch in ihr glänzte.
      Rheingold! Klares Gold!
      Wie hell du einstens strahltest,
      hehrer Stern der Tiefe!
      Weialala leia, wallala leialala.
      Frau Sonne, sende uns den Helden,
      der das Gold uns wiedergäbe!
      Ließ' er es uns, sein lichtes Auge
      neideten dann wir nicht länger.
      Rheingold! Klares Gold!
      Wie froh du dann strahltest,
      freier Stern der Tiefe!
Woglinde
      Ich höre sein Horn.
Wellgunde
      Der Helde naht.
Flosshilde
      Laßt uns beraten!
(Sie tauchen alle drei schnell unter. Siegfried erscheint auf dem Abhange in vollen Waffen.)
Siegfried
      Ein Albe führte mich irr,
      daß ich die Fährte verlor:
      He, Schelm, in welchem Berge
      bargst du so schnell mir das Wild?
Die drei Rheintöchter (tauchen wieder auf und schwimmen im Reigen)
      Siegfried!
Flosshilde
      Was schiltst du so in den Grund?
Wellgunde
      Welchem Alben bist du gram?
Woglinde
      Hat dich ein Nicker geneckt?
Alle drei
      Sag es, Siegfried, sag es uns!
Siegfried
      Entzücktet ihr zu euch den zottigen Gesellen,
      der mir verschwand?
      Ist's euer Friedel,
      euch lustigen Frauen lass' ich ihn gern.
Woglinde
      Siegfried, was gibst du uns,
      wenn wir das Wild dir gönnen?
Siegfried
      Noch bin ich beutelos;
      so bittet, was ihr begehrt.
Wellgunde
      Ein goldner Ring ragt dir am Finger!
Die drei Mädchen
      Den gib uns!
Siegfried
      Einen Riesenwurm erschlug ich um den Reif:
      für eines schlechten Bären Tatzen
      böt ich ihn nun zum Tausch?
Woglinde
      Bist du so karg?
Wellgunde
      So geizig beim Kauf?
Flosshilde
      Freigebig solltest Frauen du sein.
Siegfried
      Verzehrt' ich an euch mein Gut,
      des zürnte mir wohl mein Weib.
Flosshilde
      Sie ist wohl schlimm?
Wellgunde
      Sie schlägt dich wohl?
Woglinde
      Ihre Hand fühlt schon der Held!
Siegfried
      Nun lacht nur lustig zu!
      In Harm lass' ich euch doch:
      denn giert ihr nach dem Ring,
      euch Nickern geh' ich ihn nie!
Flosshilde
      So schön!
Wellgunde
      So stark!
Woglinde
      So gehrenswert!
Alle drei
      Wie schade, daß er geizig ist!
(Lachend tauchen sie unter.)
Siegfried
      Was leid' ich doch das karge Lob?
      Lass' ich so mich schmähn?
      Kämen sie wieder zum Wasserrand,
      den Ring könnten sie haben.
      He! he, he! Ihr muntren Wasserminnen!
      Kommt rasch! Ich schenk' euch den Ring!
(Er hat den Ring vom Finger gezogen und hält ihn in die Höhe. Die drei Rheintöchter tauchen wieder auf. Sie sind ernst und feierlich.)
Flosshilde
      Behalt ihn, Held, und wahr ihn wohl,
      bis du das Unheil errätst –
Woglinde und Wellgunde
      Das in dem Ring du hegst.
Alle drei
      Froh fühlst du dich dann,
      befrein wir dich von dem Fluch.
Siegfried (steckt gelassen den Ring wieder an seinen Finger)
      So singet, was ihr wißt!
Alle drei
      Siegfried! Siegfried! Siegfried!
      Schlimmes wissen wir dir.
Wellgunde
      Zu deinem Unheil wahrst du den Reif!
Alle drei
      Aus des Rheines Gold ist der Ring geglüht.
Wellgunde
      Der ihn listig geschmiedet und schmählich verlor –
Alle drei
      Der verfluchte ihn, in fernster Zeit
      zu zeugen den Tod dem, der ihn trüg'.
Flosshilde
      Wie den Wurm du fälltest –
Wellgunde und Flosshilde
      So fällst auch du –
Alle drei
      Und heute noch;
      So heißen wir's dir
      tauschest den Ring du uns nicht –
Wellgunde und Flosshilde
      Im tiefen Rhein ihn zu bergen.
Alle drei
      Nur seine Flut sühnet den Fluch!
Siegfried
      Ihr listigen Frauen, laßt das sein!
      Traut' ich kaum eurem Schmeicheln,
      euer Drohen schreckt mich noch mindern
Alle drei
      Siegfried! Siegfried!
      Wir weisen dich wahr.
      Weiche, weiche dem Fluch!
      Ihn flochten nächtlich webende Nornen
      in des Urgesetzes Seil!
Siegfried
      Mein Schwert zerschwang einen Speer:
      des Urgesetzes ewiges Seil,
      flochten sie wilde Flüche hinein,
      Notung zerhaut es den Nornen!
      Wohl warnte mich einst
      vor dem Fluch ein Wurm,
      doch das Fürchten lehrt' er mich nicht!
(Er betrachtet den Ring.)
Der Welt Erbe gewänne mir ein Ring:
      für der Minne Gunst miss' ich ihn gern;
      ich geb' ihn euch, gönnt ihr mir Gunst.
      Doch bedroht ihr mir Leben und Leib:
      faßte er nicht eines Fingers Wert,
      den Reif entringt ihr mir nicht!
      Denn Leben und Leib,
      seht: – so – werf' ich sie weit von mir!
(Er hebt eine Erdscholle vom Boden auf, hält sie über seinem Haupte und wirft sie mit den letzten Worten hinter sich.)
Alle drei
      Kommt Schwestern!
      Schwindet dem Toren!
      So weise und stark verwähnt sich der Held,
      als gebunden und blind er doch ist.
      Eide schwor er – und achtet sie nicht!
      Runen weiß er – und rät sie nicht!
Flosshilde , dann Woglinde
      Ein hehrstes Gut ward ihm vergönnt.
Alle drei
      Daß er's verworfen, weiß er nicht.
Flosshilde
      Nur den Ring –
Wellgunde
      Der zum Tod ihm taugt –
Alle drei
      Den Reif nur will er sich wahren!
      Leb wohl, Siegfried!
      Ein stolzes Weib
      wird noch heute dich Argen beerben:
      sie beut uns bessres Gehör.
      Zu ihr! Zu ihr! Zu ihr!
Alle drei
      Weialala leia, wallala leialala.
Siegfried
      Im Wasser wie am Lande
      lernte nun ich Weiberart:
      wer nicht ihrem Schmeicheln traut,
      den schrecken sie mit Drohen;
      wer dem nun kühnlich trotzt,
      dem kommt dann ihr Keifen dran.
(Die Rheintöchter sind hier gänzlich verschwunden.)
Und doch, trüg' ich nicht Gutrun' Treu',
      der zieren Frauen eine
      hätt' ich mir frisch gezähmt!