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Uferraum vor der Halle der Gibichungen
Hagen, Alberich
Alberich
      Schläfst du, Hagen, mein Sohn?
      Du schläfst und hörst mich nicht,
      den Ruh' und Schlaf verriet?
Hagen
      Ich höre dich, schlimmer Albe:
      was hast du meinem Schlaf zu sagen?
Alberich
      Gemahnt sei der Macht,
      der du gebietest,
      bist du so mutig,
      wie die Mutter dich mir gebar!
Hagen
      Gab mir die Mutter Mut,
      nicht mag ich ihr doch danken,
      daß deiner List sie erlag:
      frühalt, fahl und bleich,
      hass' ich die Frohen, freue mich nie!
Alberich
      Hagen, mein Sohn! Hasse die Frohen!
      Mich Lustfreien, Leidbelasteten
      liebst du so, wie du sollst!
      Bist du kräftig, kühn und klug:
      die wir bekämpfen mit nächtigem Krieg,
      schon gibt ihnen Not unser Neid.
      Der einst den Ring mir entriß,
      Wotan, der wütende Räuber,
      vom eignen Geschlechte ward er geschlagen
      an den Wälsung verlor er Macht und Gewalt;
      mit der Götter ganzer Sippe
      in Angst ersieht er sein Ende.
      Nicht ihn fürcht' ich mehr:
      fallen muß er mit allen!
      Schläfst du, Hagen, mein Sohn?
Hagen
      Der Ewigen Macht, wer erbte sie?
Alberich
      Ich – und du! Wir erben die Welt.
      Trüg' ich mich nicht in deiner Treu',
      teilst du meinen Gram und Grimm.
      Woraus Speer zerspellte der Wälsung,
      der Fafner, den Wurm, im Kampfe gefällt
      und kindisch den Reif sich errang.
      Jede Gewalt hat er gewonnen;
      Walhall und Nibelheim neigen sich ihm.
      An dem furchtlosen Helden
      erlahmt selbst mein Fluch:
      denn nicht kennt er des Ringes Wert,
      zu nichts nützt er die neidlichste Macht.
      Lachend in liebender Brunst,
      brennt er lebend dahin.
      Ihn zu verderben, taugt uns nun einzig!
      Schläfst du, Hagen, mein Sohn?
Hagen
      Zu seinem Verderben dient er mir schon.
Alberich
      Den goldnen Ring,
      den Reif gilt's zu erringen!
      Ein weises Weib lebt dem Wälsung zulieb:
      riet es ihm je des Rheines Töchtern,
      die in Wassers Tiefen einst mich betört,
      zurückzugeben den Ring,
      verloren ging' mir das Gold,
      keine List erlangte es je.
      Drum, ohne Zögern ziel auf den Reif!
      Dich Zaglosen zeugt' ich mir ja,
      daß wider Helden hart du mir hieltest.
      Zwar stark nicht genug, den Wurm zu bestehn,
      was allein dem Wälsung bestimmt,
      zu zähem Haß doch erzog ich Hagen,
      der soll mich nun rächen,
      den Ring gewinnen
      dem Wälsung und Wotan zum Hohn!
      Schwörst du mir's, Hagen, mein Sohn?
Hagen
      Den Ring soll ich haben:
      harre in Ruh'!
Alberich
      Schwörst du mir's, Hagen, mein Held?
Hagen
      Mir selbst schwör' ich's;
      schweige die Sorge!
Alberich
      Sei treu, Hagen, mein Sohn!
      Trauter Helde! – Sei treu!
      Sei treu! – Treu!
(Alberich ist gänzlich verschwunden.)