Richard Wagner
Götterdämmerung
Richard Wagner

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Fünfte Szene

Brünnhilde, Hagen, Gunther

Brünnhilde
Welches Unholds List liegt hier verhohlen?
Welches Zaubrers Rat regte dies auf?
Wo ist nun mein Wissen gegen dies Wirrsal?
Wo sind meine Runen gegen dies Rätsel?
Ach Jammer! Jammer! Weh, ach Wehe!
All mein Wissen wies ich ihm zu!
In seiner Macht hält er die Magd;
in seinen Banden hält er die Beute,
die, jammernd ob ihrer Schmach,
jauchzend der Reiche verschenkt!
Wer bietet mir nun das Schwert,
mit dem ich die Bande zerschnitt?

Hagen
Vertraue mir, betrogne Frau!
Wer dich verriet, das räche ich.

Brünnhilde
An wem?

Hagen
An Siegfried, der dich betrog.

Brünnhilde
An Siegfried?... du?
Ein einziger Blick seines blitzenden Auges,
das selbst durch die Lügengestalt
leuchtend strahlte zu mir,
deinen besten Mut
machte er bangen!

Hagen
Doch meinem Speere
spart ihn sein Meineid!

Brünnhilde
Eid und Meineid, müßige Acht!
Nach Stärkrem späh,
deinen Speer zu waffnen,
willst du den Stärksten bestehn!

Hagen
Wohl kenn' ich Siegfrieds siegende Kraft,
wie schwer im Kampf er zu fällen;
drum raune nun du mir guten Rat,
wie doch der Recke mir wich'?

Brünnhilde
O Undank, schändlichster Lohn!
Nicht eine Kunst war mir bekannt,
die zum Heil nicht half seinem Leib!
Unwissend zähmt' ihn mein Zauberspiel,
das ihn vor Wunden nun gewahrt.

Hagen
So kann keine Wehr ihm schaden?

Brünnhilde
Im Kampfe nicht; doch
träfst du im Rücken ihn...
Niemals, das wußt' ich,
wich' er dem Feind,
nie reicht' er fliehend ihm den Rücken:
an ihm drum spart' ich den Segen.

Hagen
Und dort trifft ihn mein Speer!
Auf, Gunther, edler Gibichung!
Hier steht dein starkes Weib:
was hängst du dort in Harm?

Gunther
O Schmach! O Schande!
Wehe mir, dem jammervollsten Manne!

Hagen
In Schande liegst du;
leugn' ich das?

Brünnhilde (zu Gunther)
O feiger Mann! falscher Genoss'!
Hinter dem Helden hehltest du dich,
daß Preise des Ruhmes er dir erränge!
Tief wohl sank das teure Geschlecht,
das solche Zagen gezeugt!

Gunther
Betrüger ich – und betrogen!
Verräter ich – und verraten!
Zermalmt mir das Mark!
Zerbrecht mir die Brust!
Hilf, Hagen! Hilf meiner Ehre!
Hilf deiner Mutter,
die mich – auch ja gebar!

Hagen
Dir hilft kein Hirn,
dir hilft keine Hand:
dir hilft nur – Siegfrieds Tod!

Gunther
Siegfrieds Tod!

Hagen
Nur der sühnt deine Schmach!

Gunther
Blutbrüderschaft schwuren wir uns!

Hagen
Des Bundes Bruch söhne nun Blut!

Gunther
Brach er den Bund?

Hagen
Da er dich verriet!

Gunther
Verriet er mich?

Brünnhilde
Dich verriet er,
und mich verrietet ihr alle!
Wär' ich gerecht, alles Blut der Welt
büßte mir nicht eure Schuld!
Doch des einen Tod taugt mir für alle:
Siegfried falle zur Sühne für sich und euch!

Hagen (heimlich zu Gunther)
Er falle – dir zum Heil!
Ungeheure Macht wird dir,
gewinnst von ihm du den Ring,
den der Tod ihm wohl nur entreißt.

Gunther
Brünnhildes Ring?

Hagen
Des Nibelungen Reif.

Gunther
So wär' es Siegfrieds Ende!

Hagen
Uns allen frommt Sein Tod.

Gunther
Doch Gutrune, ach, der ich ihn gönnte!
Straften den Gatten wir so,
wie bestanden wir vor ihr?

Brünnhilde
Was riet mir mein Wissen?
Was wiesen mich Runen?
Im hilflosen Elend achtet mir's hell:
Gutrune heißt der Zauber,
der den Gatten mir entzückt!
Angst treffe sie!

Hagen (zu Gunther)
Muß sein Tod sie betrüben,
verhehlt sei ihr die Tat.
Auf muntres Jagen ziehen wir morgen:
der Edle braust uns voran,
ein Eber bracht' ihn da um.

Gunther und Brünnhilde
So soll es sein! Siegfried falle!
Sühn er die Schmach, die er mir schuf!
Des Eides Treue hat er getrogen:
mit seinem Blut büß er die Schuld!
Allrauner, rächender Gott!
Schwurwissender Eideshort!
Wotan! Wende dich her!
Weise die schrecklich heilige Schar,
hieher zu horchen dem Racheschwur!

Hagen
Sterb er dahin, der strahlende Held!
Mein ist der Hort, mir muß er gehören.
Drum sei der Reif ihm entrissen.
Alben-Vater, gefallner Fürst!
Nachthüter! Niblungenherr!
Alberich! Achte auf mich!
Weise von neuem der Niblungen Schar,
dir zu gehorchen, des Ringes Herrn!


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