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Zwölftes Kapitel

Rückkehr nach England. Jennis Heirat

Birton und seine Freunde konnten nicht länger an sich halten: sie warfen sich Freind zu Füßen. »Ja,« sagte Birton, »ich glaube an Gott und an Sie.«

Man war bei dem Hause Parubas angelangt. Man speiste dort zu Nacht; nur Jenni konnte nichts genießen; er hielt sich abseits, in Tränen aufgelöst. Sein Vater kam, ihn zu trösten. »Ach,« sagte Jenni, »ich verdiene nicht, einen Vater wie Sie zu haben; ich sterbe vor Scham, von dieser abscheulichen Clive-Hart verführt worden zu sein: ich bin, wenn auch unschuldig, die Ursache des Todes der Primerose; als Sie vorhin von Vergiften sprachen, erfaßte mich ein Schauder. Ich glaubte die Clive-Hart zu sehen, wie sie der Primerose das entsetzliche Getränk anbot. O Himmel! O Gott! wie konnte mein Geist sich so verwirren und einem so schuldbeladenen Geschöpf folgen! Aber sie betrog mich: ich war blind; erst kurz bevor sie von den Wilden gefangen wurde, erfuhr ich die Wahrheit; in einer Regung des Zornes gestand sie mir beinahe ihr Verbrechen. Seit diesem Augenblick schauderte ich vor ihr; zu meiner Strafe steht das Bild der Primerose unaufhörlich vor meinen Augen; ich sehe sie, höre sie; sie sagt zu mir: ›Ich starb, weil ich dich liebte‹.«

Herr Freind hatte darauf ein gütiges Lächeln, dessen Grund Jenni nicht begreifen konnte. Sein Vater sagte ihm, daß nur ein tadelloses Leben vergangene Fehler wiedergutmachen könne. Er führte ihn zu Tisch zurück wie einen Menschen, den man aus den Fluten gerettet hat, in die er sich gestürzt hatte. Ich umarmte ihn, schmeichelte ihm, flößte ihm Mut ein: wir waren alle gerührt. Am andern Tag waren wir segelfertig, um nach England zurückzukehren, nachdem wir der ganzen Familie Parubas noch Geschenke gemacht hatten. In unsern Abschied mischten sich aufrichtige Tränen. Birton und seine Kameraden, die nie anders als leichtfertig gewesen waren, schienen schon vernünftig zu sein.

Wir waren auf hoher See, als Freind in meiner Gegenwart zu Jenni sagte: »Nun, mein Sohn, ist die Erinnerung an die schöne, tugendhafte und zärtliche Primerose dir immer noch teuer?« Jenni war außer sich bei diesen Worten. Vergebliche und ewige Reue durchdrang sein Herz; ich fürchtete, er wolle sich ins Meer stürzen. »Nun,« sagte Freind, »so tröste dich; Primerose lebt und liebt dich.«

Freind hatte wirklich sichere Nachrichten von seinem vertrauten Diener erhalten, der ihm mit allen Schiffen, die nach Maryland gingen, Briefe schickte. Herr Mead, der inzwischen so großen Ruhm wegen seiner Kenntnis aller Gifte erlangt hat, war so glücklich, die Primerose den Armen des Todes zu entreißen. Herr Freind ließ seinen Sohn diesen Brief lesen, den er selbst viele Male mit so großer Rührung gelesen hatte.

Jenni geriet aus einem Augenblick tiefster Verzweiflung in den des höchsten Glückes. Ich will Ihnen nicht die Wirkung dieser plötzlichen Wandlung schildern; je mehr sie mich selber ergriff, desto weniger vermag ich sie wiederzugeben. Es war der schönste Augenblick in Jennis Leben. Birton und seine Gefährten teilten diese reine Freude. Was soll ich Ihnen noch sagen? Der vortreffliche Freind war allen wie ein Vater. Die Hochzeit des schönen Jenni und der schönen Primerose wurde bei Doktor Mead gefeiert. Auch den völlig verwandelten Birton vermählten wir. Jenni und er sind heute die vortrefflichsten Menschen in England. Sie werden zugeben, daß ein Weiser Narren heilen kann.

 


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