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Sechstes Capitel.
Das Ende eines traurigen Jahres

Diese Katastrophen, welche die Familie Branican nach einander betroffen hatten, brachten Len Burker in eine Lage, die er nicht unberücksichtigt lassen konnte.

Wir haben nicht vergessen, wie bescheiden die Vermögensverhältnisse der Mrs. Branican gewesen sind, daß sie aber, die Universalerbin ihres reichen Onkels Edward Starter werden sollte. Stets in der ungeheuren Waldesgegend zurückgezogen, man möchte sagen, in dem entlegensten Theile von Tennessee, hatte sich dieser Sonderling verbeten, ihm irgend eine Mittheilung zu machen. Da er erst neunundfünfzig Jahre alt war, so konnte sein Vermögen wohl lange auf sich warten lassen.

Vielleicht hätte er seine Bestimmungen geändert, wenn er erfahren haben würde, daß Mrs. Branican, die einzige directe Verwandte, die ihm von seiner Familie übrig geblieben war, nach dem Tode ihres Kindes geistiger Umnachtung verfallen war. Aber er kannte dieses doppelte Unglück nicht; er hätte es übrigens auch nicht erfahren können, da er sich entschieden geweigert haben würde, irgend einen Brief anzunehmen. Len Burker hätte ihm zwar schreiben können, und Jane gab es ihm auch zu verstehen, aber er hieß sie schweigen, und sie hütete sich wohl, noch einmal die Rede darauf zu bringen.

Sein eigenes Interesse ließ ihn davon Abstand nehmen, und zwischen Interesse und Pflicht darf der Mensch nicht zögern, wäre dies nur einen Augenblick. Seine Lage wurde mit jedem Tag precärer, wenn er nicht noch einmal das Glück versuchen wollte.

Und in der That war seine Stellung eine ganz einfache: Stirbt Mrs. Branican kinderlos, so war ihre Cousine Jane die einzige Verwandte, die sie beerben konnte. Seit dem Tode des kleinen Wat sah Len Burker die Rechte seiner Frau auf das Erbe Edward Starter's, d. h. die seinigen, deutlich wachsen.

Kamen nicht alle Umstände zusammen, um ihm dieses große Vermögen zuzuführen? Nicht nur das Kind war todt, nicht nur Dolly war irrsinnig, sondern nach dem Ausspruche der Aerzte konnte sie nur die Rückkehr Johns heilen.

Und gerade jetzt beunruhigte das Schicksal des »Franklin« Alles in San-Diego. Wenn die Nachrichten noch einige Wochen ausblieben, John Branican nicht mehr zurückkehrte, das Haus Andrew nicht erfuhr, daß das Schiff in einem beliebigen Hafen angelegt habe, wenn weder der »Franklin« noch die Bemannung zurückkehrte, dann stand nichts mehr im Wege als die geisteskranke Dolly, daß das Vermögen der Familie Burker zufiel. Und was würde ein gewissenloser Mensch in einer solchen verzweifelten Lage nicht Alles versuchen, um nach dem Tode Eduard Starter's in den Besitz des Vermögens zu kommen?

Aber damit Mrs. Branican erbe, mußte sie ihren Onkel überleben. Len Burker hatte daher ein großes Interesse daran, daß das Leben der unglücklichen Frau bis zu dem Tage dauere, wo das Erbe Edward Starter's ihr zufallen würde. Er hatte jetzt nur mit zwei Dingen zu rechnen: Entweder, daß Dolly zu früh sterbe, oder daß Capitän John, nachdem er sich vielleicht längere Zeit auf irgend einer unbekannten Insel aufgehalten hatte, wieder heimkehre. Aber das Letztere war am wenigsten zu fürchten und der Untergang des »Franklin« fast schon mit Bestimmtheit anzunehmen.

So war die Lage Len Burker's, so war die Zukunft, der er entgegenging, und dies Alles in der Zeit, wo er sich fast von allen Geldmitteln entblößt sah.

Wenn sich das Gericht in seine Geschäfte gemischt hätte, so würde er sich wegen Betrugs zu verantworten gehabt haben. Ein Theil der Gelder, die ihm allzu Unvorsichtige anvertraut hatten, waren nicht mehr in seiner Casse. Schließlich begann man dieselben zurückzufordern, obwohl er die späteren Gelder immer wieder zur Auszahlung von Interessen der anderen verwendete. So konnte es nicht weitergehen. Der Ruin kam immer näher, aber noch mehr als der Ruin, seine Entlarvung und schließlich die Verhaftung wegen der schwersten Verdachtsgründe.

Mrs. Burker ahnte ohne Zweifel, daß die Lage ihres Mannes eine drohende war, obwohl sie es nicht dachte, daß er auch mit dem Gerichte in Berührung kommen könnte. Nun, dies machte sich aber in dem Prospect-House weniger bemerkbar, und zwar aus folgendem Grunde:

Seit Dolly während der Abwesenheit ihres Gatten in geistige Umnachtung gefallen war, mußte für sie ein Curator aufgestellt werden, und dazu paßte wegen der Verwandtschaft am besten Len Burker, der nun in der That ihr Vermögen verwaltete. Das Geld, welches der Capitän John zum Lebensunterhalte seiner Familie zurückgelassen hatte, stand ihm zur Verfügung und er benutzte es für seine persönlichen Bedürfnisse. Es war dies zwar nicht viel, denn die Abwesenheit des »Franklin« sollte nur fünf bis sechs Monate dauern, aber es war auch die Mitgift Dollys da, obwohl sie nur aus einigen Tausend Dollars bestand. Len Burker konnte mit Hilfe dieses Geldes Zeit gewinnen, und das war die Hauptsache für ihn.

Auch zögerte dieser Mann nicht, seine Stellung als Curator zu mißbrauchen. Er verwendete das Geld seiner Verwandten und Mündel, der Mrs. Branican, zu anderen Zwecken und schritt so auf seiner verbrecherischen Bahn immer weiter, die er, wenn es sein mußte, bis an das Ende verfolgen würde.

Uebrigens war die Rückkehr des Capitäns John immer weniger zu befürchten. Wochen verflossen und das Haus Andrew erhielt noch keine Nachricht von dem »Franklin«, der auch von Niemand in den letzten sechs Monaten gesehen worden war. Der August und der September verflossen. Weder in Calcutta, noch in Singapore konnten die Correspondenten die leiseste Andeutung erhalten, was aus dem Dreimaster geworden war. Jetzt sah man ihn nicht ohne Grund als verloren an, was allgemeine Trauer in San-Diego hervorrief. Wie war er untergegangen? Darüber gingen die Meinungen sehr auseinander, da man nur Vermuthungen aussprechen konnte. Seit jener Zeit hatten mehrere Handelsschiffe aus denselben Gründen die nämliche Route einschlagen müssen. Da sie aber nirgends ein Wrack oder sonst eine Spur vorfanden, so stellte man folgende sehr wahrscheinliche Hypothese auf: Der »Franklin« war in einem jener furchtbaren Stürme, die gewöhnlich in den Gewässern von Celebes oder von Java hausen, mit Mann und Maus untergegangen. Am 15. October 1875 waren schon sieben Monate verflossen, daß der »Franklin« San-Diego verlassen hatte, und Alles schien darauf hinzudeuten, daß er nie mehr zurückkehren würde. Um jene Zeit war diese Ueberzeugung so fest in der Stadt, daß Sammlungen zu Gunsten der armen Hinterlassenen veranstaltet wurden, da die Bemannung, Officiere wie Matrosen, dem Hafen von San-Diego angehörten; es geriethen daselbst Frauen, Kinder und Verwandte in Noth, denen geholfen werden mußte.

Diese Sammlungen wurden auf Anregung des Hauses Andrew veranstaltet, das sie auch mit einer bedeutenden Summe einleitete. Sowohl aus Interesse als auch aus Vorsicht wollte Len Burker sich ebenfalls an diesem mildthätigen Werke betheiligen. Die anderen Handelshäuser der Stadt, die Hausbesitzer und Privatiers folgten nach, so daß die Familien der verschollenen Mannschaft reichlich unterstützt werden konnten, was die traurigen Folgen dieses Seeunglückes ein wenig milderte.

Man kann sich denken, daß Mr. William Andrew es für seine moralische Pflicht hielt, Mrs. Branican, die dem geistigen Leben entrückt war, wenigstens in physischer Beziehung ein angenehmes Dasein zu bereiten. Er wußte, daß der Capitän John vor seiner Abreise genügende Mittel für den Lebensunterhalt der Familie für fünf bis sechs Monate zurückgelassen hatte. Aber da er dachte, daß diese Hilfsmittel jetzt auf die Neige gehen müßten, beschloß er, damit Dolly nicht ihren Verwandten zur Last falle, sich mit Len Burker darüber ins Einvernehmen zu setzen.

Am 17. October begab sich Mr. William Andrew, obwohl seine Gesundheit noch nicht ganz wiederhergestellt war, in das Prospect-House.

Aeußerlich hatte dieses Haus kein verändertes Aussehen, es müßte denn sein, daß die persischen Vorhänge des Erdgeschosses und des ersten Stockwerkes fest geschlossen waren. Man hätte dieses Haus für unbewohnt, verödet, für ein geheimnißvolles halten können.

Mr. William Andrew zog an der Thür die Glocke. Es kam Niemand. Es schien, als würde der Besuch weder gesehen noch gehört werden.

Ist denn jetzt gerade Niemand in dem Prospect-House?

Als er ein zweitesmal heftig an der Glocke zog, hörte man das Oeffnen einer Seitenthür.

Die Mulattin trat heraus, und als sie William Andrew erblickte, konnte sie nicht umhin, eine Handbewegung des Unwillens zu machen, die dieser aber nicht bemerkte.

Während die Mulattin sich der Thüre des Gartenzaunes langsam näherte, wartete Mr. William Andrew nicht erst, sondern fragte über die Einfriedigung hinüber:

»Ist denn Mrs. Branican nicht zu Hause?

– Sie ist ausgegangen ... Herr Andrew ... erwiderte Nô mit eigenthümlichem Zögern und deutlicher Furcht.

– Wo ist sie denn? fragte Mr. William Andrew, der durchaus eintreten wollte.

– Sie ist mit Mrs. Burker spazieren gegangen.

– Ich glaubte, daß man diese Spaziergänge aufgegeben habe, da sie dieselben aufregen und leicht zu einer Krisis führen könnten? ...

– Ja, ohne Zweifel, erwiderte Nô ... Aber seit einigen Tagen ... haben wir die Spaziergänge wieder aufgenommen ... Sie scheinen Mrs. Branican jetzt gut anzuschlagen ...

– Ich bedauere, daß man mich nicht davon in Kenntniß gesetzt hat, erwiderte Mr. William Andrew. Ist Mr. Burker zu Hause?

– Ich weiß nicht ...

– Sehen Sie nach, und wenn er zu Hause ist, so sagen Sie ihm, daß ich ihn zu sprechen wünsche.«

Bevor die Mulattin antworten konnte – und vielleicht wäre sie auch mit der Antwort sehr in Verlegenheit gekommen – ging die Thür des Erdgeschosses auf. Len Burker trat auf die Freitreppe, durchschritt den Garten und sagte indem er näher kam:

»Bitte einzutreten, Herr Andrew. Erlauben Sie mir in Abwesenheit Janes, die mit Dolly spazieren gegangen ist, Sie zu empfangen.«

Die Worte hatten nicht jenen kühlen Ton, der Len Burker sonst eigen war, sondern klangen etwas verlegen.

Nun, da Mr. William Andrew eigentlich hierhergekommen war, um mit Len Burker zu sprechen, so ging er durch die Gartenthür und setzte sich auf eine Gartenbank, ohne weiter das Anerbieten zu berücksichtigen, in den Salon des Erdgeschosses einzutreten. Len Burker redete zuerst und bestätigte, was die Mulattin gesagt hatte: Seit einigen Tagen habe Mrs. Branican die Spaziergänge in der Nähe des Prospect-House wieder aufgenommen, die ihr sehr gut anschlügen.

... indem sie entweder auf einer Bank saß oder am Arme Janes spazieren ging.

– Wird Dolly bald zurück sein? fragte Mr. William Andrew.

– Ich glaube nicht, daß Jane sie vor dem Diner heimführen wird,« erwiderte Len Burker.

Mr. William Andrew war dies unangenehm, da er wegen der Post wieder in seinem Bureau sein wollte. Auch forderte ihn Len Burker nicht auf, Mrs. Branican hier zu erwarten.

... daß Sammlungen zu Gunsten der armen Hinterlassenen veranstaltet wurden,

»Und Sie haben gar keine Besserung in dem Zustande Dollys bemerkt? hub er von Neuem an.

– Nein, unglücklicherweise, Herr Andrew, ist es zu befürchten, daß dies eine geistige Krankheit ist, die weder Zeit noch Pflege heilen kann.

– Wer weiß, Herr Burker, was den Menschen unmöglich erscheint, ist Gott möglich.«

Len Burker schüttelte mit dem Kopfe, wie wenn er kaum eine göttliche Einmischung in die weltlichen Dinge zulassen könnte.

»Was besonders bedauert werden muß, begann Mr. William Andrew, ist, daß wir kaum mehr auf die Heimkehr des Capitän John rechnen können. Man muß es daher dem reinen Zufalle überlassen, der vielleicht auf den geistigen Zustand Dollys von guten Folgen begleitet sein könnte. Sie wissen doch, Herr Burker, daß wir gar nicht mehr auf die Rückkehr des ›Franklin‹ hoffen können? ...

– Ich weiß es, Herr Andrew, und das ist ein neues und größeres Unglück. Und doch, ohne daß sich die göttliche Fügung hineinmische, bemerkte er mit ironischen Worten, die in diesem Augenblicke gar nicht am Platze waren, ist nach meiner Meinung die Rückkehr des Capitäns John noch nicht gänzlich ausgeschlossen.

– Sieben Monate sind verflossen ohne die geringste Nachricht von dem »Franklin«, bemerkte Mr. William Andrew, und da auch alle Erkundigungen, die ich einzog, zu keinem Resultate führten ...

– Aber nichts beweist, daß der »Franklin« im offenen Meere untergegangen ist. Hat er nicht Schiffbruch leiden können an den zahlreichen Klippen, an denen er vorübergefahren ist? ... Wer weiß, ob John und seine Matrosen sich nicht auf eine einsame Insel gerettet haben? ... Nun, wenn dem so ist, so werden solche entschlossene und energische Männer wohl wissen, was sie thun müssen, um in ihre Heimat zu gelangen ... Können sie sich nicht ein Boot aus den Trümmern ihres Schiffes bauen? ... Können nicht ihre Signale gesehen werden, wenn ein Schiff an ihrer Insel vorüberfährt? ... Gewiß muß günstiges Wetter sein, damit solche Eventualitäten eintreten können ... Nein ... ich verzweifle noch nicht an der Rückkehr Johns ... in einigen Monaten ... in einigen Wochen ... Wir haben zahlreiche Beispiele von Schiffbrüchigen, die man für sicher verloren hielt ... und die doch zurückgekehrt sind!«

Len Burker hatte diesmal mit einem seltenen Feuer gesprochen. Sein sonst so theilnahmsloses Gesicht hatte sich belebt, man hätte sagen können, daß, als er die Gründe für und wider auseinandersetzte, er nicht mit Mr. William Andrew, sondern mit sich selbst spreche, in seiner Angst, es könnte John, wenn auch nicht gerade auf dem »Franklin«, so doch auf einem anderen Schiffe wieder heimkehren. Das wäre freilich gerade das Gegentheil von dem gewesen, worauf er seine Zukunft setzte.

»Ja, erwiderte dann Mr. William Andrew, ich weiß es ... Es giebt einige wirklich wunderbare Rettungen ... Alles, was Sie, Herr Burker, mir jetzt gesagt haben, habe ich mir auch gedacht ... Aber es ist nicht möglich, nur die kleinste Hoffnung zu hegen ... Wie dem auch sei – und deshalb bin ich eben hierhergekommen – ich wünsche, daß Dolly Ihnen nicht zur Last falle ...

– Aber, Herr Andrew ...

– Nein, Herr Burker, und Sie werden mir erlauben zu bestimmen, daß der Gehalt des Capitän John zeitlebens seiner Frau ausbezahlt werde ...

– Ich danke Ihnen in ihrem Namen, erwiderte Len Burker. Dieser Edelmuth ...

– Ich glaube nur meine Pflicht zu thun, versetzte Mr. William Andrew, und da ich denke, daß das Geld, welches der Capitän John bei der Abfahrt hier zurückgelassen hat, wohl schon ganz wird ausgegeben sein ...

– In der That, Herr Andrew, erwiderte Len Burker. Aber Dolly ist nicht ohne Verwandte, und wir halten es für unsere Pflicht, ihr zu helfen ... Alles aus Liebe ...

– Ja, ich weiß, daß wir auf die Ergebung der Mrs. Burker rechnen können. Nichtsdestoweniger gestatten Sie mir, in einem gewissen Maße auch mein Scherflein beizutragen zur Unterstützung der Frau des Capitän John, seiner Witwe ... ach ...

– Wie es beliebt, Herr Andrew!

– Ich habe Ihnen, Herr Burker, einen Betrag mitgebracht, der gleich dem Gehalte der Monate ist, die seit der Abreise Johns verflossen sind, und Sie können dann als Curator jeden Monat bei meiner Cassa den Gehalt erheben ...

– Da Sie es denn gerade wünschen, erwiderte Len Burker.

– Haben Sie die Güte, mir eine Bestätigung über den Empfang der Summe zu geben, die ich Ihnen bringe ...

– Mit Vergnügen, Herr Andrew.«

Damit begab sich Len Burker in sein Zimmer, um die verlangte Bestätigung auszustellen.

Als er in den Garten zurückkehrte, bedauerte Mr. William Andrew wiederum, daß er Dolly nicht angetroffen habe, und daß er ihre Rückkehr nicht abwarten konnte, und dankte nochmals für die Pflege, die er und seine Frau der Unglücklichen angedeihen ließen. Es wäre selbstverständlich, daß er von Len Burker bei der geringsten Veränderung in dem Zustande Dollys benachrichtigt werde. Mr. William Andrew empfahl sich dann und wurde bis zu der Thür geleitet, wo er einen Augenblick stehen blieb, um zu sehen, ob er nicht Dolly mit Jane erblicke. Dann stieg er langsam nach San-Diego hinab.

Sobald er fort war, rief Len Burker die Mulattin und sagte:

»Weiß Jane, daß Herr Andrew hier gewesen ist?

– Wahrscheinlich, Len. Sie hat ihn fortgehen sehen, wie sie ihn hat kommen sehen.

– Wenn er wieder hierher kommen sollte – was freilich nicht so bald geschehen wird – so braucht er weder Jane noch Dolly zu sehen. Verstehst Du, Nô?

– Ich werde mir es merken, Len.

– Und wenn Jane darauf bestehen sollte ...

– O, wenn Du gesagt hast, ich will nicht, erwiderte Nô, so fällt es Jane nicht ein, gegen Deinen Willen zu kämpfen.

– Gut, aber wir müssen uns vor Ueberraschungen hüten! ... Der Zufall könnte eine Begegnung herbeiführen ... und in diesem Augenblicke ... das wäre eine Gefahr, Alles zu verlieren ...

– Wenn ich da bin, versetzte die Mulattin, so hast Du nichts zu fürchten ... In das Prospect-House wird Niemand kommen ... so lange ... so lange ... es uns beliebt!«

Und wirklich blieb durch zwei Monate das Haus fester denn je verschlossen. Jane und Dolly wurden nicht mehr gesehen, nicht einmal mehr in dem kleinen Garten. Man bemerkte sie weder in der Veranda, noch an den Fenstern des ersten Stockwerkes, die stets geschlossen waren.

Was die Mulattin anbelangt, so ging sie nur aus, um Einkäufe zu besorgen, und dies that sie nicht in Abwesenheit Len Burker's, so daß Dolly nie mit Jane im Hause allein war. Man könnte noch hinzufügen, daß Len Burker in den letzten Monaten des Jahres auch sehr selten in seine Kanzlei in der Fleet Street kam. Es vergingen oft Wochen, bevor er sie wieder einmal betrat, es sei denn, er hatte ein ganz neues Geschäft zu machen.

So näherte sich das Jahr 1875 seinem Ende, das der Familie Branican so verhängnißvoll geworden war: John verschollen, Dolly irrsinnig, ihr Kind in der Tiefe des Meeres!


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