Jules Verne
Die Eissphinx. Erster Band
Jules Verne

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IV. Von den Kerguelen nach der Prinz Eduard-Insel

Vielleicht noch nie gestaltete sich der Anfang einer Seefahrt so glücklich! Und – ein ganz unerwarteter Umstand – statt daß ich bei einer unbegreiflichen Weigerung des Kapitän Len Guy noch einige Wochen in Christmas-Harbour festgelegen hätte, führte mich jetzt ein günstiger leichter Wind weit von der Inselgruppe und bei kaum bewegtem Meere mit der Geschwindigkeit von acht bis neun Meilen in der Stunde hinweg.

Das Innere der »Halbrane« entsprach ihrem Aeußern – überall, im Ruff wie im Volkslogis herrschte die peinliche Sauberkeit einer holländischen Galeote.

Am Vordertheil des Deckhauses, an der Backbordseite, befand sich die Cabine des Kapitän Len Guy, der durch ein aufschlagbares Glasfenster das Deck überwachen und seine Befehle den Wachposten, die zwischen Groß- und Fockmast standen, nöthigenfalls unmittelbar ertheilen konnte. Am Steuerbord wiederholte sich dieselbe Einrichtung für den Lieutenant. Beide verfügten über ein schmales Matratzenlager, einen mäßig großen Wandschrank und hatten in jeder Cabine einen im Fußboden befestigten Tisch und eine Schwebelampe, die über verschiedenen nautischen Instrumenten, einem Barometer, einem Quecksilber-Thermometer, einem Seechronometer und über einem Sextanten hing, der aus dem Ausschnitte seines eichnen Kastens nur herausgenommen wurde, wenn der Kapitän eine Höhenbeobachtung anstellen wollte.

Zwei andre Cabinen waren in das Hintertheil des Deckhauses eingebaut, das im mittleren Theil noch einen Raum hatte, worin zwischen Holzbänken mit beweglichen Rücklehnen die Speisetafel sich befand.

Eine dieser Cabinen war zu meiner Aufnahme eingerichtet. Sie wurde durch zwei Fenster erhellt, deren eines nach der Seite des Deckhauses, das andre nach dem Hintertheile des Schiffes zu lag. Hier stand der Steuermann am Rade des Ruders, worüber sich das untere Rundholz des Gaffelsegels bis einige Fuß über die Schanzkleidung des Sternes hinaus erstreckte.

Meine Cabine maß acht zu fünf Fuß. An die unvermeidliche Beschränkung auf einem Seeschiffe gewöhnt, brauchte ich weder mehr Raum, noch eine reichlichere Ausstattung desselben. Diese bestand hier aus einem Tische, einem Wandschranke, einem Rohrlehnstuhle, einer Toilette auf Eisenfüßen und einer Lagerstatt, über die sich wohl der weniger fügsame, magerste Passagier beklagt hätte. Jetzt handelte es sich ja aber nur um eine kurze Ueberfahrt, da mich die »Halbrane« an Tristan d'Acunha absetzen sollte. Ich bezog also die enge Cabine, die mich nur vier bis fünf Wochen lang beherbergen sollte.

Beim Fockmast und nahezu in der Mitte war die Küche angebracht, die außerdem durch kräftige Seisinge festgehalten wurde. Noch weiter nach vorn lag, mit einer kleinen Treppenkappe, die mit einer großen Wachsleinwanddecke verhüllte Luke, von der aus eine Leiter nach der Mannschaftswohnung und dem Zwischendeck hinabführte. Bei schlechtem Wetter wurde dieser Eingang hermetisch abgeschlossen, so daß auch kein übergenommenes Wasser eindringen konnte, wenn die Wogen sich an den Wangen des Fahrzeugs brachen.

Die acht Mann der Besatzung hießen: Martin Holt (Segelmeister); Hardie (Kalfatermeister); Rogers, Drap, Francis, Gratian, Burry und Stern (Matrosen von fünfundzwanzig bis fünfunddreißig Jahren). Alle Engländer von den Küsten des Aermel- und des St. Georges-Canals, waren sie tüchtige und erfahrene Seeleute und unter einer eisernen Hand von bemerkenswerth guter Disciplin.

Hier sei aber gleich hinzugefügt, daß der Mann mit außergewöhnlicher Energie, dem sie auf ein Wort, auf einen Wink gehorchten, nicht der Kapitän der »Halbrane« war, sondern deren zweiter Officier, der damals im zweiunddreißigsten Jahre stehende Lieutenant Jem West.

Ich habe bei meinen vielen Reisen über verschiedene Oceane nie einen so stählernen Charakter getroffen. Jem West war auf dem Meere geboren und hatte von Kindesbeinen an nirgends anders verweilt, als auf einem von seinem Vater geführten Frachtschiffe, auf dem überhaupt seine ganze Familie wohnte. So lange er lebte, hatte er nie andre Luft geathmet, als die des Canals, des Atlantischen oder des Stillen Weltmeers. Lag das Schiff still, so betrat er das Land auch nur nothgedrungen in dienstlichen Angelegenheiten, die mit Hafenbehörden oder Händlern zu erledigen waren. Mußte er von einem Schiff auf ein anderes übergehen, so trug er seinen Leinensack dahin, ließ aber dabei kein Wort fallen. Ein Seemann mit Leib und Seele, machte sein Beruf sein ganzes Leben aus. Segelte er nicht thatsächlich, so fuhr er doch in Gedanken umher. Nachdem er Schiffsjunge, Leichtmatrose und Vollmatrose gewesen war, wurde er Schiemann (d. i. Aufseher über Segel und Pumpen), dann Hochbootsmann und schließlich Lieutenant auf der »Halbrane«, wo er unter dem Commando des Kapitän Len Guy nun schon seit sechs Jahren die Stelle des zweiten Officiers einnahm.

Jem West hatte nicht einmal den Ehrgeiz, noch höher steigen zu wollen; ein Vermögen zu sammeln, lag nicht in seiner Absicht, so betrieb er auch weder den Einkauf noch den Verkauf von Frachtgut. Solches ordentlich zu verstauen – ja, denn eine sachgemäße Frachtvertheilung ist die erste Bedingung für gutes Segeln eines Schiffes. Im Uebrigen verstand sich Jem West wie kaum ein anderer auf alles, was zur Navigation gehört, auf die Herstellung der Takelage, die beste Ausnützung der Segelwirkung, das Manövrieren bei jeder Gangart, auf die Maßregeln beim Landen und beim Vorankergehen, auf den Kampf gegen Wind und Wetter, die Beobachtung der Länge und Breite, kurz, auf alles, was die wunderbare Maschine, die man ein Segelschiff nennt, anging.

Seinem Aeußern nach erschien der Lieutenant als mittelgroß, eher mager, ganz Nerv und Muskel, von kräftigen Gliedern, mit der Behendigkeit des Akrobaten; dazu hatte er das Seemanns-Auge, das sehr weit und ausnehmend scharf sieht, sonnengebräuntes Gesicht, kurzes, steifes Haar, bartlose Wangen und Kinn, regelmäßige Züge, einen Energie verrathenden Ausdruck und eine Unerschrockenheit und Körperkraft, die ihres Gleichen suchten.

Jem West sprach sehr wenig, und nur, wenn man ihn fragte. Er ertheilte seine Befehle mit klarer Stimme, in kurzen Worten, die er nicht wiederholte, doch so, daß er schon das erste Mal verstanden werden mußte und . . . die Leute verstanden ihn auch.

Ich mache ausdrücklich auf diesen Typus eines Officiers der Handelsflotte aufmerksam, der dem Kapitän Len Guy ebenso wie der Goëlette »Halbrane« mit Leib und Seele ergeben war. Es machte den Eindruck, als ob er eines der lebenswichtigen Organe seines Schiffes bildete, als ob diese Vereinigung von Holz, Eisen, Leinwand, Kupfer und Hanf ihre Lebensfähigkeit von ihm erhielte und als ob eine vollkommene Identität zwischen dem einen, dem Bauwerk des Menschen, und dem andern, dem Geschöpfe Gottes, bestände. Und wenn die »Halbrane« ein Herz hatte, dann klopfte es gewiß in der Brust Jem West's.

Zur Vervollständigung der Schilderung der Mannschaft führe ich hier noch den Schiffskoch an – einen Neger von der afrikanischen Küste, namens Endicott, der, jetzt dreißig Jahre alt, schon seit acht Jahren den Dienst als »Coy« oder Koch unter dem Befehl des Kapitän Len Guy versah. Der Hochbootsmann und er standen im besten Einvernehmen und schwatzten oft kameradschaftlich miteinander. Hurliguerly glaubte sich übrigens im Besitze mancher trefflichen Küchenrecepte, die Endicott zuweilen auszuführen suchte, ohne je damit bei seinen Tischgästen Aufsehen zu erregen.

Die »Halbrane« war unter den günstigsten Umständen abgefahren. Es herrschte eine lebhafte Kälte, denn unter dem achtundvierzigsten Grade südlicher Breite ist in diesen Theilen des Großen Oceans noch vollständiger Winter. Das Meer war aber ruhig und darüber wehte ein leichter, beständiger Ostsüdostwind. Wenn diese Witterung – wie zu erwarten und zu wünschen war – anhielt, so brauchten wir unsre Segelstellung voraussichtlich nicht ein einziges Mal zu verändern und hatten höchstens die Taue ein wenig nachzulassen, um bis nach Tristan d'Acunha hinauf zu gelangen.

Das Leben an Bord verlief sehr regelmäßig, sehr einfach und – was freilich nur auf dem Meere Geltung hat – in einer Eintönigkeit, die doch eines gewissen Reizes nicht entbehrte. Zu Schiffe zu sein, das ist die Ruhe in der Bewegung, das Schaukeln im Traume, und ich beklagte mich nicht über meine Isoliertheit. Höchstens hätte meine Neugierde gern über Eines Befriedigung verlangt: Warum mochte sich der Kapitän Len Guy bezüglich seiner anfänglichen, mich betreffenden Weigerung plötzlich eines andern besonnen haben? Den Lieutenant darüber zu fragen, wäre verlorene Mühe gewesen, und dieser kannte die Geheimnisse seines Vorgesetzten vielleicht auch gar nicht. Das hatte nichts zu thun mit seinem Dienste und er bekümmerte sich, wie bereits erwähnt, ja um nichts, was außerhalb seiner Dienstespflichten lag. Durch die einsilbigen Antworten Jem West's hätte ich auch im besten Falle nicht viel erfahren. Während der Mahlzeiten am Vormittage und am Abend wurden kaum zehn Worte gewechselt. Ich muß aber gestehen, daß ich den Blick des Kapitän Len Guy häufig starr auf meine Person gerichtet sah, als wollte der Mann mich nach etwas fragen. Es hatte den Anschein, als wünsche er von mir etwas zu erfahren, während im Gegentheil ich es war, der etwas von ihm erfahren wollte. Tatsächlich blieben wir, der eine wie der andre, stumm.

Hätt' ich das Verlangen empfunden, nur zu schwätzen, so braucht' ich mich nur an den Hochbootsmann zu wenden, der war ja immer bereit, »ein Garn zu spinnen«. Was hätte er mir aber besonders Interessantes sagen können? Er unterließ es übrigens nie, mir mit unveränderlicher Weitschweifigkeit Guten Tag und Gute Nacht zu sagen. Dann fragte er, ob ich mit dem Leben an Bord zufrieden sei . . . ob mir genügte, was die Cambüse (Küche) lieferte . . . oder ob ich wünschte, daß er bei diesem Mohrenkopf Endicott einmal gewisse Gerichte nach seinen Recepten bestellen solle u. dgl.

»Ich danke Ihnen, Hurliguerly,« antwortete ich eines Tages. »Ich bin mit dem gewöhnlichen Küchenzettel zufrieden . . . er bietet ja genug, und bei Ihrem Freunde im »Grünen Cormoran« bin ich auch nicht besser bedient worden.«

»Ah, dieser Teufel von Atkins! . . . Im Grunde übrigens ein braver Mann!«

»Das mein' ich auch.«

»Begreift es ein Mensch aber, Herr Jeorling, daß er, ein Amerikaner, sich sammt seiner Familie nach den Kerguelen verbannen konnte?«

»O . . . warum denn nicht?«

»Und daß er sich da glücklich fühlt?«

»Nun, ich finde das nicht so ungereimt, Hochbootsmann!«

»Na, wenn Atkins etwa mit mir tauschen wollte, da sollte er schön ankommen! – Ich schmeichle mir, das angenehmste Leben von der Welt zu führen!«

»Meinen Glückwunsch dazu, Hurliguerly!«

»Und glauben Sie mir, Herr Jeorling, wenn man seinen Seemannssack an Bord eines Schiffes wie der ›Halbrane‹ bringen konnte, so ist das ein Glücksfall, der einem im Leben nicht zweimal begegnet. Unser Kapitän spricht nicht viel, das ist wohl wahr, und unser Lieutenant gebraucht die Zunge noch weniger . . .«

»Das hab' ich auch bemerkt!« fiel ich ein.

». . . Thut aber nichts, Herr Jeorling, es sind doch zwei tüchtige Seeleute, das versichere ich Ihnen! Sie werden es bedauern, wenn Sie sich in Tristan d'Acunha ausschiffen . . .«

»Es freut mich, das von Ihnen zu hören, Hochbootsmann.«

»Und bei dem stehenden Südost, der uns in die Flanke bläst, sowie bei dem ruhigen Wasser, das sich nur etwas hebt, wenn es Pottfische oder Wale von unten her in Bewegung bringen, wird das nicht so lange dauern. Sie werden's ja sehen, Herr Jeorling, daß wir kaum zehn Tage brauchen, um die dreizehnhundert Meilen von den Kerguelen bis zu den Prinz Eduard-Inseln zu verschlingen, und höchstens fünfzehn Tage für die zweitausenddreihundert Meilen, die die letzteren von Tristan d'Acunha trennen.«

»Solche Prophezeihungen sind unnütz, Hochbootsmann. Zunächst müßte die Witterung so bleiben, wie bisher, und wer lügen will, braucht nur das Wetter vorherzusagen . . . Das ist ein altes Seemannssprichwort, das man nie vergessen soll!«

Diesmal traf die Vorhersage ein: das Wetter blieb beständig. Am Nachmittage des 18. August meldete die Wache unter 42 Grad 59 Minuten südlicher Breite und 47 Grad östlicher Länge vor Steuerbord die Bergspitzen der Crozetgruppe, deren Gipfel zwischen sechs- bis siebenhundert Toisen (1170 bis 1365 Meter) über das Meer aufsteigen.

Am nächsten Tage ließen wir die nur während der Fangzeit besuchten Inseln Possession und Schveine an Backbord liegen. Zur Zeit hatten diese als einzige Bewohner nur eine Menge von Vögeln, Heerden von Pinguinen, große Völker von Chionis, die ähnlich wie die Tauben fliegen und von den Walfängern deshalb »White-Pigeons« (Weiße Tauben) genannt worden sind. Ueber den phantastischen Schluchten des Crozetberges drängten sich in mächtigen, runzligen Massen die Gletscherströme hinab, und noch einige Stunden lang konnte ich die Umrisse des Berges erkennen. Dann verschwamm alles zu einem weißlichen Scheine, der sich am Horizonte hinzog und über den nur noch die schneebedeckten Gipfel der Gruppe emporragten.

Die Annäherung eines Landes hat immer ein besonderes Interesse. Mir kam da gelegentlich der Gedanke, daß der Kapitän Len Guy jetzt vielleicht das gegen seinen Fahrgast beobachtete Schweigen brechen würde. Er that es aber nicht.

Bewahrheiteten sich die Prophezeihungen des Hochbootsmanns, so konnten kaum drei Tage verstreichen, bis die Bergspitzen der Marion- und der Prinz Eduard-Insel im Nordwesten auftauchten, an denen übrigens nicht angelegt werden sollte. Erst bei Tristan d'Acunha wollte die »Halbrane« ihren Wasservorrath erneuern.

Ich erwartete also, daß die Einförmigkeit unserer Fahrt bis dahin von keinerlei Zwischenfall unterbrochen werden würde. Am Morgen des 20. aber, als Jem West nach der ersten Beobachtung des Stundenwinkels eben die Wache hatte, erschien zu meiner größten Verwunderung der Kapitän Len Guy auf dem Verdeck, ging längs des Deckhauses hin und stellte sich auf dem Hintertheile vor das Compaßhäuschen, dessen Scheibe er – wohl mehr aus Gewohnheit, als weil es jetzt gerade nöthig gewesen wäre – beobachtete.

Ich saß dicht am Hackbord, und wenn ich auch nicht sagen kann, ob der Kapitän mich bemerkt hatte oder nicht, so erregte doch meine Anwesenheit seine Aufmerksamkeit jedenfalls in keiner Weise.

Ich war entschlossen, mich um ihn nicht mehr zu bekümmern, als er es mir gegenüber that, und blieb also ruhig am Barkholz gelehnt.

Der Kapitän Len Guy machte einige Schritte, beugte sich über die Schanzkleidung hinaus und betrachtete den langen feinen Streifen Kielwasser, den die schlank gebaute und schnell dahingleitende Goëlette wie ein Band feiner Spitzen nach sich zog.

Hier konnte man nur von einer einzigen Person gehört werden – von dem Manne am Ruder – jetzt dem Matrosen Stern – der, die Hand an den Griffen des Steuerrades, die »Halbrane« immer in den richtigen Curs zurückbrachte, wenn sie, wie auf hohem Meer häufig, etwas davon abwich.

Immerhin schien es, als ob der Kapitän Len Guy darauf nicht im mindesten achtete, denn plötzlich näherte er sich mir und begann, wie immer mit Flüsterstimme:

»Herr Jeorling . . . ich hätte etwas mit Ihnen zu sprechen . . .«

»Bitte, Herr Kapitän, ich bin ganz Ohr.«

»Bisher that ich es nicht . . . offen gestanden, ich bin nicht zum Plaudern geschaffen . . . Und dann  . . . hätten Sie an meiner Unterhaltung Interesse genommen?«

»Sie thun Unrecht, daran zu zweifeln,« erwiderte ich, »Ihre Worte wären für mich gewiß stets hochinteressant gewesen.«

Ich glaube nicht, daß er hierin eine Ironie fand, mindestens verrieth er das nicht.

»Ich bin zu Ihren Diensten,« setzte ich hinzu.

Der Kapitän Len Guy schien zu zaudern, denn seine Haltung zeigte, daß er, auf dem Punkte zu reden, sich wieder fragte, ob er doch nicht besser schwiege.

»Herr Jeorling,« nahm er endlich das Wort, »haben Sie sich zu ergründen bemüht, warum ich bezüglich Ihrer Einschiffung zuletzt andern Sinnes wurde?«

»Versucht hab' ich's wohl, gelungen ist es mir nicht, Herr Kapitän. Vielleicht meinten Sie als Engländer, da Sie keinen Landsmann vor sich hatten, davon absehen zu können, ihm . . .«

»Nein, nein, Herr Jeorling; gerade weil Sie Amerikaner sind, kam ich zuletzt zu dem andern Entschlusse, Ihnen die Ueberfahrt auf der »Halbrane« anzubieten.«

»Weil ich Amerikaner bin? . . .« versetzte ich, durch dieses Geständniß überrascht.

»Und besonders . . . weil Sie aus Connecticut sind.«

»Ich verstehe Sie nicht . . .«

»Sie werden mich verstehen, wenn ich hinzufüge, daß es meiner Meinung nach, da Sie aus Connecticut sind und die Insel Nantucket besucht haben, möglich war, daß Sie die Familie Arthur Gordon Pym's kennen gelernt hätten.«

»Jenes Helden, dessen wunderbare Abenteuer unser großer Romandichter Edgar Poë geschildert hat?«

»Derselbe, Herr Jeorling . . . eine Schilderung, die er nach der Handschrift wiedergegeben hat, worin alle Einzelheiten jener außerordentlichen und unheilvollen Reise durch das Antarktische Meer aufgezeichnet sind!«

Ich fand hierauf keine Antwort und fragte mich heimlich, mit wem ich es hier zu thun habe.

»Sie haben meine Frage gehört,« fuhr der Kapitän Len Guy etwas drängender fort.

»Ja . . . gewiß . . . Herr Kapitän . . . ich weiß nur nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe.«

»So werd' ich sie in noch klareren Worten wiederholen, Herr Jeorling, denn ich wünsche darauf eine bestimmte Antwort.«

»Es wird mich sehr freuen, Sie befriedigen zu können.«

»Ich frage also, ob Sie in Connecticut mit der Familie Pym, die auf der Insel Nantucket wohnte und in verwandtschaftlicher Beziehung zu einem der geachtetsten Attorney's des Staates stand, etwa persönlich bekannt waren. Der Vater Arthur Pym's, ein Schiffslieferant, galt für einen der bedeutendsten Händler der Insel. Dessen Sohn nun wurde in die Abenteuer verwickelt, deren seltsame Verkettung Edgar Poë nach mündlicher Ueberlieferung des jungen Mannes geschildert hat.«

»Diese Verkettung hätte auch noch seltsamer ausfallen können, Herr Kapitän, da die ganze Erzählung ja der unerschöpflichen Phantasie unsers großen Dichters entsprungen ist. Das ganze ist ja die reine Erfindung . . .«

»Die reine Erfindung! . . .«

Auf jedes dieser drei Worte legte der Kapitän Len Guy, während er dreimal die Achseln zuckte, einen immer höhern Ton.

»Sie, Herr Jeorling,« fuhr er fort, »glauben also auch nicht . . .«

»Weder ich noch überhaupt jemand glaubt an eine thatsächliche Unterlage jener Schilderungen, und Sie, Kapitän Guy, sind der erste, von dem ich behaupten höre, daß sie kein Roman seien . . .«

»Hören Sie nur weiter, Herr Jeorling. Wenn jener ›Roman‹ – wie Sie ihn zu bezeichnen lieben – auch erst im letzten Jahre erschien, so ist er doch nicht minder wahr. Sind auch schon elf Jahre seit den darin berichteten Ereignissen verflossen, so beruhen diese doch auf Wahrheit, und man wartet noch immer auf die Lösung eines Räthsels, die vielleicht nie gefunden wird!«

Offenbar war der Kapitän Guy . . . übergeschnappt und stand unter dem Einflusse einer Krise, die seine geistigen Fähigkeiten verwirrte. Doch wenn er den Verstand verloren hatte, war zum Glück Jem West noch da, ihn in der Führung der Goëlette zu ersetzen. Ich konnte jenem wohl weiter zuhören, und da ich den Roman Edgar Poë's nach wiederholter Durchlesung gründlich kannte, war ich nur neugierig auf das, was der Kapitän darüber sagen würde.

»Ist es denn möglich, Herr Jeorling,« nahm er wieder das Wort, diesmal mit schärferer Betonung und einer Stimme, die eine gewisse nervöse Erregung deutlich genug verrieth, »daß Sie die Familie Pym nicht gekannt hätten, ihr weder in Providence noch auf Nantucket begegnet wären? . . .«

»Weder da, noch anderswo,« versicherte ich.

»Mag sein! Doch hüten Sie sich zu behaupten, daß es diese Familie nicht gegeben habe, daß Arthur Gordon Pym nur eine erfundene Persönlichkeit und seine ganze Fahrt ein Phantasiegebilde sei! . . . Ja, hüten Sie sich davor ebenso, wie vor der Ableugnung der Dogmen unserer heiligen Religion! . . . Wäre ein Mensch – und selbst Ihr Edgar Poë – imstande gewesen, so etwas zu erfinden, zu erschaffen? . . .«

Bei der zunehmenden Heftigkeit des Kapitän Guy hielt ich es für angezeigt, seine Monomanie zu respectieren und seine Worte ohne Widerspruch hinzunehmen.

»Jetzt, mein werther Herr,« faselte er weiter, »merken Sie wohl auf die Thatsachen, die ich anführen werde . . . sie sind an sich bewiesen und machen eine Discussion darüber unnöthig. Sie mögen daraus Schlüsse ziehen, wie es Ihnen beliebt . . . Ich hoffe aber, Sie werden es mich nicht beklagen lassen, Ihrem Wunsche, auf der ›Halbrane‹ mitzusegeln, entsprochen zu haben!«

Das war deutlich genug gesagt und ich machte ein Zeichen der Zustimmung. Thatsachen . . . Thatsachen, die einem halb außer Ordnung gerathenen Gehirn entstammten? . . . Das versprach merkwürdig zu werden.

»Als der Bericht Edgar Poë's im Jahre 1838 erschien, befand ich mich in New-York,« fuhr der Kapitän Len Guy fort. »Augenblicklich eilte ich da nach Baltimore, wo die Familie des Verfassers wohnte, dessen Großvater im Unabhängigkeitskriege als Generalquartiermeister gedient hatte. Sie geben, wie ich vermuthe, doch die Existenz der Familie Poë zu, wenn Sie auch die der Familie Pym ableugnen?«

Ich blieb stumm, da ich es vorzog, meinen Partner bei seinen abschweifenden Auslassungen nicht weiter zu unterbrechen.

»Ich erkundigte mich,« berichtete er weiter, »nach gewissen Einzelheiten über Edgar Poë's. Man bezeichnete mir seine Wohnung und ich begab mich dahin. Erste Enttäuschung! Er hatte Amerika damals schon verlassen, und ich konnte ihn nicht sehen . . .«

Mir erschien das als ein unglücklicher Zufall, denn in Anbetracht der wunderbaren Befähigung Edgar Poë's zum Studium der verschiedenen Geistesstörungen, hätte er in unserm Kapitän ein ganz vollendetes Muster gefunden.

»Bedauerlicher Weise,« fuhr der Capitän Len Guy fort, »war es mir, nach diesem Mißerfolg bezüglich Edgar Poë's, ebenso unmöglich, von Arthur Gordon Pym weitere Aufklärungen zu erhalten . . . Dieser kühne Pionier der antarktischen Gebiete war bereits todt . . . Wie es der amerikanische Dichter am Schlusse seines Berichtes mitgetheilt hatte, war Pym's Ableben der Allgemeinheit auch durch die Tagesblätter schon bekannt geworden.«

Was der Kapitän eben sagte, beruhte auf Wahrheit; in Uebereinstimmung mit allen Lesern des Romans hielt ich jene Erklärung nur für einen Kunstgriff, einen Tric des Dichters. Meiner Ansicht nach gab der Verfasser, der ein so hervorragendes Werk seiner Einbildungskraft nicht durch eine greifbare Lösung des Knotens schließen konnte und mochte, damit zu verstehen, daß der Inhalt der letzten drei Kapitel nicht auf Ueberlieferung Arthur Pym's selbst fußte, welch' letzterer sein Leben unter überraschenden und beklagenswerthen Umständen, die er der Öffentlichkeit vorenthielt, geschlossen hatte.

»Da Edgar Poë also,« sprach der Kapitän weiter, »abwesend und Arthur Pym schon todt war, hatte ich nur noch die eine Aufgabe, den Mann zu finden, der Arthurs Reisegefährte gewesen war, jenen Dirk Peters, der ihm bis zur letzten Eisbarre der höchsten Breiten folgte, von wo beide – wie, das weiß kein Mensch – zurückkehrten. Auch ob Arthur Pym und Dirk Peters den Rückweg zusammen gemacht hatten, verschwieg leider der Bericht, in dem sich auch an andern Stellen manche unaufgeklärte Punkte finden. Jedenfalls wies Edgar Poë aber darauf hin, daß der in Illinois wohnende Dirk Peters in der Lage sein werde, einige Mittheilung über die nicht unmittelbar überlieferten Capitel zu machen. Ich reiste nun sofort nach Illinois, wo ich in Springfield eintraf. Hier unterrichtete ich mich über den Gesuchten, einen Mestizen von indianischer Abkunft, der sich in dem Flecken Vandalia aufhielt. Dahin begab ich mich . . .«

»Ohne ihn zu finden?« konnte ich mich nicht enthalten, lächelnd einzuschieben.

»Zweite Enttäuschung: Er war nicht da, Herr Jeorling, oder er war, richtiger, nicht mehr da. Schon seit einer Reihe von Jahren hatte dieser Dirk Peters Illinois, sogar die Vereinigten Staaten verlassen, um . . . keiner weiß wohin, zu gehen. In Vandalia hab' ich aber doch Leute gesprochen, die ihn gekannt haben, bei denen er zuletzt wohnte . . . denen er seine Abenteuer erzählt hatte, ohne sich über deren schließlichen Ausgang zu verbreiten, über jenes Geheimnis, dessen einziger Besitzer er ist!«

Wie . . . jener Dirk Peters hatte gelebt . . . lebte noch? . . . Ich war nahe daran, mich von den so bestimmten Erklärungen des Befehlshabers der »Halbrane« gefangen nehmen zu lassen . . . Ja, noch einen Augenblick, und es wäre auch mit mir nicht mehr ganz richtig gewesen.

Welch tolle Geschichten wohnten doch im Gehirn des Kapitän Len Guy und zu welch tiefer Stufe geistiger Verkommenheit war er schon herabgesunken!

Er lebte in der Einbildung, eine Reise nach Illinois gemacht und in Vandalia Leute gesehen zu haben, die Dirk Peters gekannt hatten! – Daß dieser Mann verschwunden war, glaub' ich gern, weil er nie anderswo als im Gehirn des Romandichters existiert hatte.

Ich wollte aber dem Kapitän Len Guy nicht entgegentreten, um keine Verschlimmerung der jetzigen Krise zu veranlassen.

So gab ich mir den Anschein, alles zu glauben, was er vorbrachte, selbst als er hinzufügte:

»Es wird Ihnen nicht entgangen sein, Herr Jeorling, daß in dem Bericht von einer Flasche die Rede ist, einer Flasche mit einem versiegelten Schreiben, die der Kapitän der Goëlette, auf der Arthur Pym sich befand, am Fuße einer Bergspitze der Kerguelen niedergelegt hatte? . . .«

»Das wird in der That erwähnt,« bestätigte ich.

»Nun bei einer meiner letzten Fahrten habe ich nach der Stelle gesucht, wo die Flasche sein sollte . . . ich habe sie da, ebenso wie den Brief gefunden . . . und dieser Brief meldete, daß der Kapitän und sein Passagier nichts unversucht lassen würden, um die äußersten Grenzen des Südpolarmeers zu erreichen.«

»Wie . . . Sie haben jene Flasche gefunden? . . .« fragte ich lebhaft.

»Ja!«

»Und auch den Brief, den sie enthielt? . . .«

»Ja, natürlich!«

Ich sah den Kapitän Len Guy an. Wie gewisse Monomanen oder partiell Verrückte glaubte er offenbar an seine eigenen Erfindungen, und ich wollte schon den Brief von ihm zur Einsicht erbitten . . . unterließ das jedoch, da er fähig gewesen wäre, selbst einen solchen aufzusetzen.

»Es ist wirklich zu bedauern,« antwortete ich darauf, »daß Sie Dirk Peters nicht mehr in Vandalia getroffen haben! . . . Er hätte Ihnen gewiß mitgetheilt, unter welchen Verhältnissen Arthur Pym und er aus so großer Ferne zurückgekehrt waren. Erinnern Sie sich . . . im vorletzten Capitel . . . da sind Beide noch da. Ihr Boot schwankt vor einer dichten weißen Nebelwand . . . es taumelt in den Schlund des Katarakts gerade in dem Augenblick hinab, wo eine verschleierte Menschengestalt vor ihm auftaucht . . . dann folgt nichts weiter . . . nur zwei Linien mit Gedankenstrichen . . .«

»Ja gewiß, Herr Jeorling, ich beklage es auch, des Dirk Peters nicht haben habhaft werden zu können! Es wäre doch von so hohem Interesse gewesen, den Ausgang jener Abenteuer zu erfahren. Meiner Ansicht nach noch interessanter wär' es aber gewesen, etwas von dem Schicksal der Andern zu hören.«

»Der Andern? . . .« rief ich unwillkürlich. »Von wem sprechen Sie da?«

»Von dem Kapitän und der Mannschaft der englischen Goëlette, die Arthur Pym und Dirk Peters nach dem schrecklichen Schiffbruche des »Grampus« aufgenommen hatte und sie nachher durch das Polarmeer bis zur Insel Tsalal beförderte.«

»Herr Len Guy,« bemerkte ich, immer scheinbar überzeugt von der Wahrheit des Edgar Poë'schen Romans, »waren denn diese Leute, die einen bei dem Ueberfall der Goëlette, die andern bei dem künstlichen, durch die Bewohner von Tsalal herbeigeführten Einsturz, nicht alle ums Leben gekommen?«

»Wer weiß das, Herr Jeorling,« erwiderte der Kapitän Len Guy mit einer von innrer Erregung verschleierten Stimme; »wer weiß, ob nicht einige der Unglücklichen ebenso das Gemetzel wie den Einsturz überlebt haben, ob nicht einige oder mehrere den Eingebornen entkommen sind? . . .«

»Jedenfalls,« warf ich ein, »darf man kaum annehmen, daß die damit vielleicht Geretteten jetzt noch am Leben wären . . .«

»Und warum nicht?«

»Weil die Vorfälle, wovon wir sprechen, sich schon vor elf Jahren ereigneten.«

»Mein Herr Jeorling,« entgegnete der Kapitän Len Guy, »wenn es Arthur Pym und Dirk Peters gelang, jenseits der Insel Tsalal bis über den vierundachtzigsten Breitengrad vorzudringen, wenn sie Mittel und Wege gefunden hatten, inmitten der antarktischen Gebiete ihr Leben zu fristen, warum sollten ihre Begleiter, soweit sie den Aexten der Eingebornen entgingen und so glücklich waren, auf der Fahrt schon entdeckte, benachbarte Inseln zu erreichen . . . warum sollte es diesen Unglücklichen, meinen Landsleuten, nicht auch gelungen sein, dort weiter zu leben? . . . Warum sollten nicht einige davon noch heute auf ihre Erlösung harren?«

»Ihre Antheilnahme verführt Sie, Herr Kapitän,« antwortete ich als Versuch, ihn zu beruhigen. »Jedenfalls wäre es unmöglich . . .«

»Unmöglich, Herr!« fuhr er auf. »Wenn nun eine Thatsache vorläge, wenn ein nicht anzuzweifelndes Zeugniß die Welt zum Rettungswerke mahnte, wenn man einen handgreiflichen Beweis von der Existenz der Unglücklichen, an den Grenzen des Erdballs Verlassenen entdeckte, wem, der ihnen zu Hilfe zu eilen wagte, würde man ein ›Unmöglich!‹ entgegenschleudern?«

Hier wurde mir eine Antwort erspart, die der Kapitän doch nicht gehört hätte, denn er wendete sich mit leisem Seufzen nach Süden zu, als wollte er den fernen Horizont mit dem Blicke durchdringen.

Ich fragte mich nur, welche Erlebnisse bei dem Kapitän Len Guy wohl die jetzige Geistesverwirrung verschuldet haben möchten. War es nur ein bis zum Wahnsinn gesteigertes Gefühl allgemeiner Menschenliebe, daß er sich für die Schiffbrüchigen, die niemals Schiffbruch erlitten, weil sie überhaupt niemals existiert hatten, so warm interessierte?

Da trat der Kapitän Len Guy näher an mich heran, legte die Hand auf meine Schulter und flüsterte mir ins Ohr:

»Nein, Herr Jeorling, nein! Das letzte Wort über das, was die Mannschaft der ›Jane‹ angeht, ist noch nicht gesprochen!«

Hiermit ließ er mich stehen.

Die »Jane«, das war im Roman der Name der Goëlette, die Arthur Pym und Dirk Peters von den treibenden Trümmern des »Grampus« aufgefischt hatte, und jetzt zum ersten Male hatte der Kapitän Len Guy am Schlusse unseres Gesprächs diesen Namen genannt.

Aha, dachte ich da, Guy, so lautete auch der Name des Kapitäns der »Jane«, eines Schiffes englischer Nationalität, gleich dem seinen. Doch was beweist das und welche Schlüsse ließen sich daraus ableiten? Der Kapitän der »Jane« hat ja nie anders gelebt, als in der Phantasie Edgar Poë's, während der Kapitän der »Halbrane« wirklich und leibhaftig existiert. Beide haben mit einander nichts gemein als den Namen Guy, der in Großbritannien übrigens sehr verbreitet ist. Und doch, es wird ohne Zweifel so sein, die Uebereinstimmung der Namen wird das Gehirn unsers unglücklichen Kapitäns angegriffen haben, der sich einbildet, zur Familie des Befehlshabers der »Jane« zu gehören! . . . Ja, ja, das hat ihn dahin gebracht, wo er jetzt ist, und deshalb bewahrt er den nur erdichteten Schiffbrüchigen eine so weitgehende Theilnahme.

Es wäre interessant gewesen, zu wissen, ob Jem West hierüber auch unterrichtet war, ob sein Vorgesetzter ihn jemals von den »Thorheiten« unterhalten hatte, die er eben gegen mich offenbarte. Das war aber eine heikle Frage, da sie den geistigen Zustand des Kapitän Len Guy betraf. Ueberdies hatte jede Unterhaltung mit dem Lieutenant Schwierigkeiten und in diesem Falle sogar gewisse Gefahren . . .

Ich schlug mir das also aus dem Sinn, da ich ja ohnedies in Tristan d'Acunha ans Land gehen und mein Aufenthalt an Bord schon in einigen Tagen zu Ende sein sollte. In Wahrheit hätte ich mirs aber nie träumen lassen, jemals mit einem Manne zusammenzutreffen, der die Phantasiegebilde Edgar Poë's für baare Münze nehmen würde.

Am zweitnächsten Tage, dem 22. August, erkannten wir schon vom ersten Tagesgrauen an, nachdem wir die Insel Marion und ihren Vulcan, dessen Südspitze sich bis viertausend Fuß über das Meer erhebt, an Backbord hinter uns gelassen hatten, die ersten Linien der Prinz Eduard-Insel unter 46 Grad 55 Minuten südlicher Breite und 37 Grad 46 Minuten östlicher Länge. Diese Insel blieb uns an Steuerbord und zwölf Stunden später verschwommen ihre letzten Höhen wieder im Nebeldunst des Abends.

Am nächsten Tage schlug die »Halbrane« einen Curs nach Nordwesten und nach dem nördlichsten Parallelkreise der südlichen Halbkugel ein, den sie im Laufe dieser Fahrt berühren sollte.

 


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