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3.

Wer aber war der Fremde, den der Oberförster mit unter sein Dach nahm?

Ein armer alter Komödiant, dessen vielbewegter Lebensstrom jetzt nahe daran gewesen war, spurlos an einer Landstraße zu versiechen. Sigismund hieß er – ein längst erloschener und vergessener Stern am deutschen Theaterhimmel, hatte er seit langer Zeit ein Engagement nicht einmal bei der lumpigsten Schmiere, wie er sich ausdrückte, mehr finden können. Von aller Welt verlassen, heimathlos, dem bittersten Mangel verfallen, hatte er sich zuletzt aus weiter Ferne aufgemacht, eine Schwester aufzusuchen, die im sächsischen Erzgebirge verheirathet war, aber er wußte nicht, an welchem Orte. Er hatte aus Leidenschaft für das Theater in früher Jugend sein Elternhaus verlassen, seine Eltern hatten ihn deshalb verstoßen und waren gestorben ohne sich mit ihm ausgesöhnt zu haben. Seine Schwester hatte das bedeutende Vermögen der Eltern allein geerbt; sein Pflichttheil nur war ihm durch die Gerichte zugesendet worden, und er hatte sich danach um seine ganze Sippschaft nicht mehr gekümmert. Daher war ihm auch der Name des Wohnortes seiner Schwester unbekannt geblieben. Von der langen Wanderung und Entbehrungen aller Art erschöpft, war er an jenem Abend von Hunger und Frost überwältigt an der Landstraße zu Boden gesunken.

Karl sorgte für den Armen wie ein Bruder, und es gelang ihm bald, den entkräfteten Körper neu zu beleben und zu stärken. Der Name Sigismund war ihm aufgefallen – denn das war auch der Familienname der Kammerräthin. Er ließ sich von dem Komödianten das Bild seiner Schwester beschreiben, und dies paßte, wenn auch nicht mehr auf die Kammerräthin selbst, doch ganz auf ihre Tochter, von der aber der Kammerrath mehr als einmal gesagt hatte, daß sie der Mutter in ihren jungen Jahren auf das Haar gliche.

»Wie hieß der Mann Ihrer Schwester?« fragte Karl den alten Mimen weiter.

»Das weiß ich nicht«, antwortete dieser – »wie gesagt, ich habe mich um das hochmüthige Ding nicht weiter bekümmert. Jetzt freilich muß ich in einen sauren Apfel beißen – es ist der letzte Versuch, mein Leben zu retten –«

»Ich hoffe, er wird nicht vergebens sein«, tröstete Karl – »wie hieß Ihre Schwester?«

»Apollonia«, war die Antwort.

Das traf; Apollonia nannte sich die Kammerräthin. Vergnügt zündete sich Karl eine Cigarre an und sagte zu seinem Gaste:

»Ich denke, wir sind Ihrer Schwester auf der Spur – sagen Sie mir, wie hoch schätzen Sie das auf sie gekommene Vermögen?«

»Das weiß ich nicht ganz genau«, sagte der Schauspieler – »mein Pflichttheil betrug sechstausend Thaler, mithin hat sie vierundfünfzigtausend Thaler bekommen.«

»Sie wäre Ihnen also vierundzwanzigtausend Thaler schuldig«, erwiederte Karl, »wenn wir die so lange Zeit genossenen Zinsen des Kapitals nicht in Rechnung bringen. Mit diesem Gelde könnten Sie Ihre letzten Lebenstage ganz anständig hinbringen.«

»Ach ich mache gar keinen Anspruch auf das Geld, das sie mir auch in keinem Falle herauszahlen würde, da es ihr testamentarisch, also rechtlich zugefallen ist; sie soll mich nur bei sich aufnehmen, soll mir für die wenigen Tage, die ich noch zu leben habe, ein Asyl in ihrem Hause gewähren, damit ich mich nicht unter fremden Leuten herumzuschlagen brauche.«

»Das wird Ihnen sicher nicht abgeschlagen werden, Ihre Schwester müßte denn keinen Funken Gefühl haben. Ich hoffe, Sie bald in das ersehnte Asyl einführen zu können.« Hiermit schloß Karl diese Unterredung.

Am Nachmittag eilte er nach Schönthal und forderte Diana zu einem Spaziergange auf. Unterwegs forschte er sie aus, ob und was sie von einem Bruder ihrer Mutter wisse. Diana gab, wiewohl mit Widerstreben, zu, daß ihre Mutter allerdings einen Bruder gehabt habe, aber Niemand wisse, ob er noch lebe. Er sei aus der Art geschlagen und man habe keine Kunde, was aus ihm geworden. Karl ließ das Thema fallen und führte seine schöne Gefährtin dem Forsthause zu, damit, wie er vorgab, er ihren Rath hinsichtlich verschiedener Einrichtungen vernehme, die er darin noch vor ihrer Vermählung, die auf die Mitte des Januar festgesetzt war, zu treffen gedachte.

Der Invalide des Thespiswagens saß, in den Hauspelz seines Wirthes gehüllt, auf dem Sopha und blätterte in einem Buche, als Karl mit Dianen eintrat. Rasch erhob er sich – betroffen starrte er die junge Dame an, die ihm der Begleiter als die zukünftige Herrin dieses Hauses vorstellte.

»Mein Gast, Herr Schauspieler Sigismund« – sagte Karl zu Dianen. Ein seltsames Zucken ging über ihre Züge – sie machte eine stumme Verbeugung gegen den ihr Vorgestellten und wendete sich der kleinen Statue der Diana zu, welche über dem Schreibtisch ihres Verlobten stand.

»Kennen Sie die Dame?« fragte Karl den Mimen.

»Sie gleicht meiner Schwester wie ein Ei dem andern«, antwortete dieser – »doch kann sie es natürlich nicht sein.«

»Aber ihre Tochter!« erwiederte Karl bestimmt. – »Diana, begrüße doch Deinen Onkel, den ich so glücklich war in meinem Hause zu beherbergen.«

»Das Fräulein kann mich nicht kennen«, sagte Sigismund.

»Aber sie wird sich freuen, den Bruder ihrer Mutter kennen zu lernen«, fiel ihm Karl in die Rede.

»Allerdings«, bestätigte sie gezwungen – »wenn ich wirklich das Vergnügen habe« –

»So wahr es nicht zwei so reizende Töchter einer Apollonia Sigismund giebt, ist dieser Herr Dein Oheim«, sagte Karl und führte sie dem Schauspieler zu. Mit einem kalten Gruße nahm sie die ihr von diesem entgegengestreckte Hand an. Karls Antlitz röthete sich vor Unwillen, doch wehrte er seinem Ausbruche, als Diana sagte: »Verzeihen Sie, Onkel, wenn ich mich noch nicht recht darein finde, einen solchen Verwandten zu haben, ich bin eben von Jugend auf an den Gedanken nicht gewöhnt worden.«

»Vor der Hand lassen Sie es sich bei mir gefallen, Onkel«, schloß Karl, »ich werde Ihnen schon den Weg zum Schwesterherzen und in's Schwesterhaus bahnen.«

Bald verabschiedeten sich die Verlobten von dem Gaste. Diana sprach auf dem Heimwege ihre Verwunderung darüber aus, daß Karl »den Landstreicher« bei sich aufgenommen, und bat ihn, der Mutter ja nichts davon zu sagen, sondern zu sehen, wie er »den Bettler« mit guter Manier wieder loswerde – sie wollte gern von ihrem Nadelgelde ein Ansehnliches geben, ihm fortzuhelfen.

Karl blieb stehen – er ließ ihren Arm los und sah ihr mit ernstem Erstaunen in's Gesicht. – »Diana!« sagte er – »diese Sprache hätte ich nicht von Dir erwartet.«

»Aber, mein Gott, Karl!« erwiederte sie, »wie soll ich denn sprechen? Es thut mir leid, daß ich einen so nahen Verwandten nicht besser begrüßen, nicht mit ganzem Herzen willkommen heißen kann. Aber ich kann nichts dafür, daß er von Hause aus ein Taugenichts gewesen, zum Theater gelaufen und den Seinigen zum Skandal geworden. Das ist nicht meine Schuld, und eben so wenig kann ich dafür, daß meine Mutter nichts von ihm wissen mag, sich seiner schämt und nimmermehr ihn in ihr Haus aufnehmen würde. Auch kann ich ihr das nicht verargen, unser Haus würde seinen Ruf auf's Spiel setzen, die gute Gesellschaft würde sich von uns zurückziehen, wenn es bekannt würde, was für ein Sujet von Bruder die Kammerräthin in ihrem Hause hegte. Ich sage Dir, es ist das Beste, wir rüsten den Unglücklichen in aller Stille aus, daß er so bald wie möglich weiter kann.«

»Diana! Diana!« rief Karl – »unmöglich kann dies Alles aus Deinem Herzen kommen, ja unmöglich kann ich auch Deiner Mutter eine so unchristliche Gesinnung zutrauen, wie Du sie jetzt ausgesprochen!«

»Wir sind gewiß keine Unchristen,« sagte Diana; »es ist allgemein bekannt, wie viel meine Mutter den Armen Gutes thut, die es verdienen –«

»Verdienen!« rief Karl wieder – »verdienen! Wer darf Richter über die Unglücklichen sein? Wer hat ein Recht, sich bei Erfüllung seiner Menschenpflicht eine Unterscheidung zwischen würdig und unwürdig anzumaßen? Bedürftig – das ist das Wort, worauf es ankommt – und bedürftig der Hilfe, bedürftig der rettenden Schwesterliebe ist Dein Onkel im höchsten Grade!« Und er erzählte ihr, wie er ihn gefunden, und in sein Haus aufgenommen habe.

»Wir wollen die Sache dem Vater mittheilen,« sagte Diana – »der wird Mittel und Wege finden, dem Oheim zu helfen, ohne der Mutter wehzuthun.«

Dabei blieb es vor der Hand; aber Karl schied mit traurigem Herzen von seiner Braut. Es war schon die Dunkelheit hereingebrochen, als er in seiner Behausung anlangte. Vom Huthause herüber schimmerte das wohlbekannte Licht – er blickte lange danach und dachte – an Käthchen. Sein Gast war hinter ihm ans Fenster getreten, ohne daß er es bemerkte. Endlich redete ihn derselbe an: »Das Licht scheint in dem Hause zu sein, wo ich diese Nacht kampirt habe.«

Karl bejahete.

»Sie sind verstimmt, Herr Oberförster« – fuhr Sigismund fort – »machen Sie sich meinetwegen keine Ungelegenheit. Nach dem, was ich von meiner Nichte, Ihrer lieben Braut, gehört habe, ist meine Schwester noch die Alte. Ich habe meine Hoffnung auf ein Asyl bei ihr bereits aufgegeben. Vorhin stand ich auch wie Sie am Fenster hier und schaute nach dem Hause dort hinüber. Da dacht' ich der guten freundlichen Leute darin: sie sagten mir schon, daß sie mich gern bei sich behalten würden, wenn es dem Herrn Oberförster so recht wäre. Wissen Sie was, mein guter Herr?«

»Lieber Onkel!« fiel ihm Karl ins Wort – »vor der Hand sind Sie mein Gast, bis sich Ihre Schwester erklärt haben wird. Noch hoffe ich, sie wird Vernunft haben – sollte sie Ihnen aber das gewünschte Asyl verweigern, so bleiben Sie ganz bei mir.«

»Aber Sie müssen mit Ihrer Braut, mit Ihrer Frau leben – ich will nicht Unfrieden in Ihr Familienleben bringen. Wenn meine Schwester mir nur die Hälfte der jährlichen Zinsen meines Erbtheils, so weit es ihr zugefallen ist, zahlen wollte, so könnte ich bei den guten armen Leuten da drüben ruhig und gemächlich leben. O die würden mich pflegen, wie ihren nächsten Unverwandten. Und am Ende könnte ich da oben gar noch ein nützlicher Mensch werden, könnte noch den soliden Lebensplan meiner Jugend einigermaßen verwirklichen. Ehe mich nämlich das verfluchte Theaterfieber ergriff, wollte ich durchaus Bergmann werden. Die Grube da drüben liegt jetzt darnieder, wie mir der kranke Hutmann sagte; giebt mir nun die Schwester die Hälfte meiner Zinsen, so könnte ich die Grube wieder aufnehmen und mit dem Hutmann und noch einigen Leuten fortbauen.«

»Da machte ich mit Ihnen Compagnie,« sagte Karl – »aber vor der Hand bleiben Sie bei mir, es müßte Ihnen denn da drüben durchaus besser gefallen als in meiner Junggesellenwirthschaft. Ihre Schwester muß Ihnen gerecht werden – basta!« –

Es war acht Tage später. In einem Eßzimmer des Herrenhauses zu Schönthal fand ein ziemlich lebhafter Wortwechsel statt. Es genügt, wenn nur das Ende desselben hier wiedergegeben wird.

»Daß wir den armen Mann wieder ins Elend hinausstoßen, das geht gar nicht an!« sagte Karl zu dem Kammerrathe.

»Das soll auch nicht geschehen, Goldsohn!« erwiederte derselbe. »Wir wollen ihm ja ein Gewisses – zweihundert Thaler jährlich – aussetzen; da mag er sich eine Wohnung suchen, wo er will, nur nicht hier. Mir könnte es zwar wenig verschlagen, wenn er hier bliebe, aber meine Frau mag nun einmal nichts von ihm wissen, und ich kann's ihr weiter nicht verdenken; der Mensch hat seiner Familie nur Schande gemacht« –

»Dadurch, daß er seiner Neigung zum Theater gefolgt ist?« fiel Karl ein – »so haben auch Sie noch so krasse Vorurtheile? Seien wir aufrichtig gegen einander, Herr Kammerrath! Wenn Ihr Schwager nichts weiter verbrochen hat, als daß er Schauspieler geworden, so war es eine Ungerechtigkeit von seinen Eltern, ihn zu enterben, und Ihre Frau ist als Schwester verpflichtet, ihm sein Erbtheil, bis auf den Pflichttheil, den er bekommen, herauszuzahlen – von den beträchtlichen Zinsen des Kapitals gar nicht zu reden« –

»Ah pah! Ihr werdet wohl gar närrisch, Schwiegersohn in spe

»Wenn Ihre Frau das nicht will, so muß sie dem Verletzten wenigstens für den Rest seines Lebens ein sicheres und anständiges Unterkommen gewähren. Unter fremde Leute dürfen Sie den geistig Geknickten und körperlich Geschwächten nicht hinausstoßen!« erklärte Karl.

»Sehen Sie, wie weit Sie es bei meiner Frau bringen!« damit entließ ihn der Kammerrath.

Karl ging in das anstoßende Zimmer, zu seiner Verlobten. »Wirst Du mir die Mutter bitten helfen, dem verstoßenen Bruder gerecht zu werden?« fragte er sie.

»Aber – ich begreife nicht, Karl« – erwiederte sie – »was Du Dir mit dem Menschen zu schaffen machst! Wir wollen ihm ja ein Gewisses – eine Pension – geben, die er verzehren kann, wo er will! Warum willst Du ihn uns denn durchaus auf den Hals zwingen?«

»Ich will nichts als Gerechtigkeit für einen Gedrückten – nichts als dieses mir theure Haus von einer schweren Schuld befreien – Ihr sollt um Gottes willen Menschen und Christen sein! Komm mit zur Mutter!« mahnte Karl.

»Du bist schrecklich, Karl! Du setzest unser ganzes Glück an diese Grille,« sagte Diana. »Wenn Du aber durchaus darauf bestehst, so geh allein zur Mutter und laß mich bei dem ganzen Handel aus dem Spiele. Ich müßte die Ueberzeugung haben, daß Du mit Deiner Forderung im Rechte wärest, wenn ich sie gegen den Willen meiner Mutter unterstützen sollte. Du weißt, sie grollt mir ohnehin, daß ich nicht eine Wahl getroffen, die meinen Ansprüchen mehr entspräche –«

»Und Du?« fragte Karl mit zitternder Stimme.

»Karl!« brach sie schluchzend aus und fiel ihm um den Hals – »ich liebe Dich mehr wie mein Leben – ich bin und bleibe Dein, stoß mich nicht von Dir!«

»So komm!« drängte er – »hilf mir Deine Mutter zu ihrer Pflicht zurückführen!«

Sie riß sich von ihm los und warf sich jammernd auf ihre chaise longue.

Karl trat allein in das Zimmer der Kammerräthin. Was er mit ihr gesprochen, weiß ich nicht. Er verließ sie nach wenig Minuten – bleich wie ein Engel des Gerichts. Diana war nicht mehr in ihrem Zimmer, sie hatte sich zu dem Vater geflüchtet. Rasch trat Karl bei diesem ein, blieb aber an der offenen Thür stehen.

»Diana!« sagte er ruhig, »hast Du den Muth, Vater und Mutter um meinetwillen zu verlassen, Dich von allen Irrthümern Deiner Jugend loszusagen und auf das ungerechte Gut Deiner Mutter zu verzichten – willst Du mein treues, liebes Weib sein, auch wenn Deine Mutter – wie sie eben gethan – unserm Bunde flucht, so folge mir in mein Haus!«

Diana antwortete mit einer Ohnmacht.

»Ich erwarte binnen 3 Tagen eine Erklärung von ihr,« sagte Karl zu dem ganz verdutzten Kammerrath.

Statt dieser Erklärung erhielt er den dritten Tag ein Packet von dem Kammerrath zugesendet, in welchem sich eine Cessionsurkunde für dessen Schwager Sigismund über ein Kapital von 10,000 Thalern befand, das auf einem benachbarten Mühlengrundstücke stand. Mit dieser »Schenkung« glaubte der Kammerrath den Beschenkten wie den Oberförster vollkommen zufriedenzustellen. »Damit,« schrieb er an Karl, »kann der Schwager ganz anständig leben. Kommen Sie nun, Sie Hartkopf, versöhnen Sie sich mit Ihrer Braut und lassen Sie uns wieder die Alten zusammen sein.« –

Karl rief den alten Schauspieler herbei, überreichte ihm die Urkunde und fragte, ob er damit zufrieden sein wolle.

»O das ist ja weit mehr, als ich erwartete,« versetzte Sigismund freudig, »diese Summe macht mich ja ganz unabhängig, und wenn ich die Hälfte derselben gleich haben kann, um sie in den Grubenbau zu stecken – denn ich muß einen bestimmten Lebenszweck haben – so lebe ich mit den Zinsen der andern Hälfte ganz herrlich da drüben. Ich mag nichts weiter haben.«

»Gut; so gehe ich jetzt nach Schönthal, mich in Ihrem Namen zu bedanken.«

Karl ging. Das Herz war ihm unendlich schwer, und ward ihm schwerer mit jedem Schritt, der ihn dem Lehnhof näher brachte. Ihm war, als gehe er diesen Weg zum letztenmal. Der Kammerrath, bei dem er sich zuerst melden wollte, war ausgefahren – er suchte Diana auf – sie empfing ihn kühl und gezwungen.

»Verzeih« – sagte er – »wenn ich Dir weh gethan. Aber ich konnte nicht anders. Dein Onkel will mit der Abfindungssumme, die Dein Vater gewährt, zufrieden sein, da kann ich mich auch zufrieden geben. So laß nun alles gut sein – sieh, ich liebe Dich trotz Allem, was geschehen.«

Er wollte sie küssen, aber sie entzog sich ihm und sagte: »Ich werde mich nie gegen den Willen meiner Mutter mit einem Manne verbinden.«

Karl sah sie erstarrend an – »steht es so?« preßte er endlich heraus – »aber Dein Vater wünscht unsere Verbindung –«

»Die Mutter flucht ihr« – versetzte Diana – »sie sieht mein Unglück in ihr – und sie hat einen scharfen Verstand, der sie selten täuscht – auch der Vater sieht ein, daß wir zwei nicht recht zusammenpassen –«

»Genug!« sagte Karl – »Du hast mich nie geliebt.« –

»O Karl – Herr Oberförster – sagen Sie das nicht! Ich werde nie wieder einen Mann lieben wie Sie – aber unsere Sterne fliehen auseinander.« –

»Lassen Sie dergleichen Phrasen – Sie haben kein Herz! Schade um dieses herrliche Gefäß, daß es so inhaltsleer ist! Ich gehe mit blutendem Herzen, das schöne Bild aus meiner Brust zu reißen und das Andenken an die Götterstunden, die ich ihm danke, in ewige Nacht zu versenken. Werden Sie so glücklich, wie Sie es sein können. Adieu!«

Damit entfernte er sich.


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