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Viertes Kapitel.


Ist's Mitternacht? Ha, sieh'! die Gräber
Thun auf den schwarzen Schlund, zum Mondenlicht
Die luftgewebten Schattenbilder sendend.
Das Heer der Larven steigt aus Todtengrüften,
Phantome ziehen klagend durch die Luft,
Dem Hexenstab gehorsamt das Gesindel.

Anonymus.

Der neue Tag brachte auch wieder einen neuen Besuch. Simon trat zu Lene in die Küche, als sie mit Bereitung eines Heiltranks beschäftigt war. »Guten Morgen, Mutter!« flüsterte er, und setzte sich vertraulich auf die Ecke des Heerdes.

»Ein seltener Besuch,« versetzte Lene: »was bringt Euch zu mir?«

Simon warf seine Blicke forschend rund umher, rückte dann näher zu der Alten und begann mit gedämpfter Stimme: »Wir kennen uns, Frau Lene …«

»Leider!« erwiederte sie, und rührte heftiger im Kessel.

»Leider?« wiederholte Simon, boshaft lächelnd. »Hätte doch jede Kundschaft Euch so viel rothes Gold eingebracht als die meine!«

Lene sah ihm finster in die Augen und zuckte die Achseln.

Der Diener ließ sich aber nicht irre machen und fuhr fort: »Ich traue Euch übrigens Menschenverstand genug zu, um mir nicht etwa von Gewissensbissen, Seelenangst und Aehnlichem vorzuleiern. Damit seyd Ihr längst fertig, meine ich; und ob nun Hedwig …«

»Schweigt!« fiel ihm die Alte heftig in's Wort und schwang drohend den Schaumlöffel: »diesen Namen lass't aus dem Spiele, wenn Ihr nicht wollt, daß dieser Heiltrank sich in Gift verwandle durch Euere Lasterreden.«

»Ei, ei!« brummte Simon, sich vorsichtig zurückziehend … »Ihr müßt vergangene Nacht vom Blocksberge geträumt haben, da Ihr so unwirsch thut. Ich wußte ja nicht, daß Euer Gewissen eine junge Haut angesetzt hat, die verletzbar ist, wie das Häutchen vom Ei. Da getraue ich mir kaum, mit meinem Auftrage herauszurücken, so viel Vortheil er Euch böte.«

Lene hatte aber während seiner Rede schnell überlegt, daß sie zu unumwunden ihr wahres Gefühl geäußert habe, und daß es ihrem Schützling Schaden bringen könne, wenn sie nicht genau von allen Planen seiner Feinde unterrichtet würde! … sie zwang sich daher zu lächeln, rieb sich, wie verlegen, die Stirn und sprach dann sanfteren Tones zu dem Diener:

»Nichts für ungut, lieber Simon; … es geht mir hin und wieder allerlei durch den Kopf, daß ich oft die werthesten Bekannten zu kränken in Gefahr stehe. Seht, ich werde alt, habe schon gar viel erlebt, und wenn ich dann und wann an's Ende denke, wird mir wohl zu Zeiten etwas bange. Doch währt's nur kurze Zeit, und ich bin die Alte. Sprecht, Simon, sprecht! sagt an, was kann ich für Euch thun? Mein verdoppelter Eifer soll meine Grobheit von vorhin wieder gut machen.«

Simon's Gesicht wurde weit freundlicher. »So lass' ich mir's gefallen,« entgegnete er … »nun kann ich wieder Vertrauen zu Euch fassen. Ich vergebe Euch auch von ganzem Herzen, daß Ihr mich angefahren; denn ich kenne den Zustand, den Ihr mir beschrieben habt … von dem Bangewerden bei den Todesgedanken … aus eigener Erfahrung. Es geht mir wohl auch öfters also; jedoch, denke ich, ist es nur das schwache Fleisch, das vor dem Hinscheiden bebt … der Geist bleibt immer wacker!«

Beifällig nickte Lene. Simon fuhr fort:

»Wieder auf meinen Auftrag zu kommen, so ist es folgender: Ihr seyd in einem Verdacht gewesen, liebe Lene, der völlig grundlos erfunden worden. Der Scharwächter Geißmann hat ausgesprengt: als hättet Ihr des seligen Rathsherrn Wernher's Archimbald zu Euch genommen. Das wäre nun den Verwandten aus vielen Gründen nicht genehm. Man hat bei Euch Haussuchung gehalten, und blos einen ungestalteten Buben gefunden, dessen Heilung Ihr aus Barmherzigkeit versucht. Nicht wahr?«

»So ist's,« bekräftigte die Alte. »Der arme Schelm ist aus der Markgrafschaft, einer armen Wittwe Sohn, die selbst nichts zu nagen, noch zu beißen hat.«

»So?« fragte Simon, lauernd – »Gott wird Euch die Menschlichkeit vergelten und ein Paar Zoll von Euerm Sündenregister in die Hölle fallen lassen, wie der Schneider ein Wamms für seinen Buben … aber – ich wäre doch neugierig … könnte ich den Jungen nicht sehen?«

»Warum nicht?« versetzte Lene unbefangen: »er ist leider jetzt nicht daheim … doch« … sie warf einen forschenden Blick zum Küchenfenster hinaus in den Garten – »seht, als wie gerufen! dort humpelt er am Zaune vorüber in die Wiese. Ich habe ihn ausgeschickt, mir Spitzwegrich zu pflücken; man findet ihn jetzt im ersten Frühling am häufigsten. Seht! da könn't Ihr ihn ganz betrachten. Er steht am Zaune still und beguckt die ausbrechenden Knospen, der vorwitzige Junge!«

Simon streckte neugierig den Kopf zum Fenster hinaus und zog ihn nach kurzer Weile wieder zufrieden herein. »Nein! nein!« äußerte er beifällig: »nein! diese Mißgestalt ist Archimbald nicht, der, seine rothen Haare ausgenommen, die Einigen nicht gefallen, kein häßlicher Knabe war. – Nun also« … er ließ sich mit neuer Vertraulichkeit bei Lenen auf dem Heerde nieder … »nun also zu meinem Auftrage: Archimbald ist nicht mehr in Ulm; das ist sehr gut. Ihr könnt's Euch denken; ein Bastard bringt immer Unfug in eine Familie; allein, wer weiß, wo er sich herum treibt, in welche Hände er fallen könnte, vielleicht schon gefallen ist … Wer weiß, ob er nicht einmal zurückkehren und Stänkereien anfangen möchte. Ihr müßt nicht glauben, als ob man sich davor fürchtete … Gott bewahre! aber unangenehm ist es für die Blutsfreunde und ein Gaudium für alle böse Nachbarn, wenn sie sehen, daß ein Nebenkind im Stande ist, den ächten Erben zu schrauben und zu necken.«

»Wie könnte das aber geschehen,« fragte Lene, ihn mit durchdringendem Blicke anstarrend, »wenn nicht ein Grund vorhanden ist, auf den der Zurückkehrende fußen könnte?«

»Ich merke schon,« erwiederte Simon und betrachtete verlegen die blauen Zwickel an seinen grauen Strümpfen – »daß Ihr wißt, wovon die halbe Stadt munkelt, weil der plauderhafte Magister Kalander aus der Schule geschwatzt hat. Wie könnte Euch und Euerm Zauberspiegel auch etwas verborgen bleiben!«

»Weiter!« sprach die Alte.

»Das Testament also« … fuhr der Erzähler stockend fort, von dem so viel geplaudert wird, und das Kalander nach dem Willen des Seligen entworfen zu haben behauptet … der dem Archimbald darinnen einige Vortheile eingeräumt haben soll … ich will gestehen … es ist vorhanden.«

»Ich weiß,« versetzte Lene gleichgültig.

»Es ist ein unheimliches Stuck Pergament,« sprach Simon weiter und rückte ängstlich werdend näher an die horchende Hexenmeisterin. Der Magister brachte es ununterschrieben in's Haus … wäre es nur so geblieben! da brauchte man das Daseyn des Blattes nicht zu läugnen … es wäre ungültig an und für sich … allein … Ihr müßt mich nicht auslachen … Ihr wißt es auch wohl besser, als ich.«

»Weiter!« sprach die Alte wie oben.

»In der Stunde, als der selige Herr starb, war sein abscheidender Geist im Hause … ich sah ihn mit leiblichen Augen …«

»Ich weiß,« entgegnete Lene wie oben.

»Nicht wahr?« fragte Simon, die hellen Schweißtropfen auf der Stirn. »Nun seht, er saß am Tische, das Testament vor ihm, die Feder in der Hand, und als bei seiner Ankunft Herr Philipp das Blatt öffnete, war es unterschrieben.«

»Ihr versuchtet nun, das Pergament zu zerstören?« warf Lene ein.

»Herr Philipp ist ganz tiefsinnig darüber geworden. Mit eigenen Händen wagt er's nicht, die Schrift zu zerreißen oder zu zerschneiden; keinen fremden Händen, nicht einmal den meinigen, vertraut er sie an. Das Gerücht von dem Testament wird immer lauter, da einige weichherzige Seelen, über die plötzliche Entfernung des Buben aus unserem Hause Zeter und Wehe geschrieen haben. Sogar im Rathe ist hin und wieder davon gemunkelt worden, und kaum vermag der Vetter Thurneisen mit seiner gewaltigen Stimme dem Sturm zu wehren; er wird es aber vielleicht nicht immer können. Es ist uns daher – nämlich dem Herrn und mir – ein Mittel beigefallen, wie wir das Gewitter beschwören möchten. Was thut Archimbald auf der Welt? Wird er nicht, von allen Menschen als das Kind unerlaubter Liebe verachtet, ein kummervolles Leben führen? Würde er nicht durch seine mögliche Heimkehr Schande und Schimpf über die redliche Familie bringen, in die er durch einen gewissenlosen Vater eingeschwärzt worden? Würde er ihr nicht ein ewiges Brandmal aufdrücken, wenn es ihm gelänge, sich in ihren Schooß zu drängen? Dem Vortheile von Vielen muß der Einzelne weichen. Hier ist nun der Vortheil der Wernher'schen Sippschaft, daß der Knabe aufhöre zu leben, da nur mit seinem Leben die Schädlichkeit aufhört. Seinen Aufenthalt kennt man nicht; ist er nah'? ist er ferne? Gott allein mag's wissen, und die Vertrauten der Geheimnisse seiner Schöpfung. Darum sendet mich mein Herr zu Euch, bittet um Vergebung, wenn er Euch durch seinen nächtlichen Besuch, zu dem er durch den Thurneisen gezwungen worden, erzürnt haben sollte, und läßt fragen: ob es Euch nicht möglich wäre, den Aufenthalt des Knaben durch Euere magische Kunst zu ergründen, und ihm dann – weil Herr Philipp selbst gegen den in Unzucht erzeugten Bruder weder Dolch noch Gift anwenden möchte, um nicht sein eigenes Seelenheil aufs Spiel zu setzen – gegen fürstliche Belohnung ein schleuniges Ende durch Euern weit reichenden Zauber zu machen; auf eine Art, wie dasselbe am schnellsten herbeizuführen und am schmerzlosesten zu bewerkstelligen wäre.«

»Versteh' ich Euch?« fragte im Innern schaudernd die Alte.

»Ihr werdet doch?« erwiederte Simon ruhig. »Euch ist das eine Kleinigkeit. Die Kunst, durch einige Beschwörungsformeln den Tod in entfernte Gegenden und Körper zu senden, wird doch der erfahr'nen Streicherin nicht fremd seyn? Die Hofzauberer der blutdürstigen Königin Catharine von Frankreich brachten sie ja aus Wälschland mit vor geraumer Zeit, worauf die jüdischen Magiker sie bald in Deutschland einheimisch machten.«

»Ihr werdet mich doch wohl nicht meine Kunst lehren wollen?« fiel mit hochmüthigem Tone Magdalena ein. »Wäre es auch nur, um den leisen Zweifel an meiner Geschicklichkeit zu Paaren zu treiben! ich willige ein. Was soll aber dann werden?«

»Habt Ihr ihn tobt gebetet und gebannt,« versetzte Simon, so wird Euch der junge Herr fürstlich, wie schon gesagt, belohnen … in kurzer Frist wird er vorgeben, das längst besprochene Testament gefunden zu haben, wird es bei Rath niederlegen, und sich scheinbar bemühen, den Knaben aufzusuchen, wenn lange schon auf dessen Grabe das Gras gewachsen ist oder seinen Leib die Raubvögel verzehrt haben. Philipp hat dann gethan, was er konnte, und seine Habe wird ihm, da der schädliche Bastard nie wiederkehrt, nicht verkümmert werden.«

»Vortrefflich!« brummte die Hexenlene. »Topp! ich gehe den Handel ein. Doch mache ich zwei Bedingungen: Nur eines leichten und schnellen Todes soll der Bursche sterben.«

»Das ist des Herrn Wille!« erwiederte der Diener.

»Und zweitens,« sprach Lene weiter: »müssen Seelenmessen, für ihn gelesen werden in irgend einer katholischen Kirche der Umgegend. Sie haben besondere Kraft, was ihr Protestanten auch dawider einwenden mögt.«

»Es soll geschehen, auf mein Wort!« versetzte Simon.

»Nun so geht denn hin,« flüsterte ihm die Alte zu, »und sagt Euerm Herrn, daß ich ihn heute Abend zwischen zehn und eilf Uhr erwarte. Ihr könn't auch mitkommen. Ich sorge für Alles, was zu der Handlung gehört. Nur bringe Herr Philipp das besagte Testament mit. Es muß während der Zeremonie, da es in besonder'm übernatürlichen Bezug auf das Leben des Knaben stehen könnte, in meinen Händen seyn, um nicht meinem Zauber entgegen zu wirken.«

»Das Testament?« fragte Simon bedenklich.

»Ihr empfangt es unversehrt aus meiner Hand zurück,« entgegnete Magdalena, »sobald ein untrügliches Zeichen Euch des Knaben Ende verkündet hat.«

»Ich will's ausrichten,« sprach der Alte und nahm Abschied.

»Bringt auch einen vollen Geldseckel mit,« rief ihm Mutter Lene mit widerlichem Gelächter nach … »das Uebrige wird sich finden!« verriegelte darauf die Thüre, und ging mit sich zu Rathe, wie sie es anzustellen habe, um ihren Zweck am vollständigsten zu erreichen.

»Archimbald!« rief sie endlich dem Knaben zu, der, mit einem schweren Kräuterpack beladen, mühsam heran hinkte … »Archimbald! lass' jetzt ein vernünftiges und folgenreiches Wort mit Dir sprechen.«

Der Knabe horchte aufmerksam zu, und verstummte vor Schreck, als er von Lenen oberflächlich nur erfahren hatte, um was es sich handle.

»Siehst Du, armer Junge,« sprach seine Pflegerin und streichelte ihm mitleidig die zigeunerbraune Wange: »siehst Du, wie nothwendig es ist, Dich auf eine geraume Zeit hin als ein häßliches Scheusal herumwandeln zu lassen? Schurkerei auf Schurkerei, Mordplan auf Mordplan würden Dich verfolgen, und nur Deiner abscheulichen Verkleidung, wie dem Aberglauben Deiner Feinde, die mir dadurch in's Netz laufen, verdankst Du Deine Rettung. Mir ist es hohe Pflicht, dabei thätig mitzuwirken, und Du darfst keck das größte Vertrauen in mich setzen. Einst wird Dir's klar werden, warum ich diese Sorge für Dein Wohl hege. Ich hätte Dich auch jetzt nicht mit dem Anschlag Deiner Feinde, die Du ohnehin hassest und hassen mußt, bekannt gemacht, wenn ich Deiner nicht bedürfte, um die Täuschung, die ich den Elenden vorgaukeln will, lebendiger zu machen und das Siegel auf mein Werk zu drücken. Es gilt Dein Wohl. Versprichst Du mir zu thun, was ich Dir sage?«

Der Knabe versprach es mit Hand und Mund.

»So lau're aufmerksam,« fuhr Magdalene fort, »auf Deinem Lager, bis es in der Stadt eilf Uhr schlägt. Alsdann beginne ich hier unten das Zauberwerk. Horche genau zu, von oben, wenn Du drei dumpfe Schläge gehört haben wirst. Vernimmst Du dann aus meinem Munde den wiederholten Ruf: So fließe hin, du rothes Blut, und thaue mir den Rasen gut! so seufze laut und schwer: und stöhne vernehmlich: »Philipp! grausamer Bruder! ich sterbe! mein Blut über Dich!« Dann schweigst Du ganz stille und verbirgst Dich schnell unter ein Paar Schütten Stroh. Gut wird es seyn, wenn Du bei obigen Worten den Mund auf den Boden des Speichers legst; die Worte dringen deutlicher durch die schwache Decke in diese Stube. Jetzt geh', nimm den Brodkuchen dort aus der Asche, verzehre ihn, und lerne dabei die Worte, die ich, Dir aufgegeben, gut auswendig.«

Archimbald that, wie ihm befohlen, und bedauerte nichts, als daß ihm bei dem Possenspiele kein wichtigerer Dienst aufgetragen worden sey. Bald hatte er die Kunst weg, die aufgegebenen Worte meisterhaft gleich einem Sterbenden, jammernd vorzutragen, und mit wechselnder Neugier und Wuth im Busen erwartete der Unglückliche den Abend.

Dunkel und stürmisch sank derselbe nieder auf die Erde. Sturmwind fegte die Straßen und jagte auf den Kreuzwegen den Staub in hohen Säulen empor. Die kaum entknospeten laublosen Bäume des Waldes seufzten in der rauhen Umarmung des Orkans, die schwarzen Fichten schüttelten bebend ihr Trauerbehänge, und weithin über Forst und Flur, wie über der Donau angeschwollene Wellen, heulte die Windesbraut ihr wüstes Lied in eisigkalten Geisterstimmen. Schwarze Gebirge thürmten sich am wolkigen Firmament, bald zerrissen, bald wieder vereinigt von dem gewaltigen Luftzug; in bleichem Dämmerschein zog der Mond seine Bahn dahin am brausenden Himmel und erhellte mit falbem Licht die kämpfenden Nebelmassen. Alles floh unter's schirmende Dach, in das schützende Nest. In den Menschenwohnungen erloschen Feuer und Lampe, damit nicht ein unglücklicher Zufall zwei wüthende Elemente verbünde zum Verderben; nur in Lenens Hütte war's hell, und geschäftig anordnend, was nöthig, harrte die Gauklerin des versprochenen Besuchs.

Archimbald lag oben auf seinem Strohlager; allein die Neugier pochte immer dringender in dem Busen des lebhaften Knaben. Er konnte kein Auge schließen, obschon ihm Lene versprochen hatte, ihn zu wecken, ehe sie die Fremden herein ließe. Ungeduldig stieg er endlich auf und lauschte an der Dachlucke, um die Ankommenden zu erspähen; denn schon vor einer starken halben Stunde hatte der wimmernde Sturm die zerrissenen Glockenschläge der zehnten Stunde zu seinem Ohr herüber geweht. Nicht lange, so blinkte ein weißer Mantel durch die flirrende Nacht. »Philipp!« flüsterte in verbissenem Grimme, kaum sich selbst vernehmlich, der Knabe, und riß krampfhaft an dem Sparrwerke des Dachs: »Philipp und Simon! Die Niederträchtigen kommen, mich zu tödten! Doch Geduld!« knirschte er, wieder zu seinem Lager tappend, als er die Ankömmlinge unten klopfen gehört – und ein zweiter wortloser Racheschwur war zum Himmel gestiegen.

»Erwache!« rief halb leise die Alte die Stiege hinauf. »Sie sind da!«

»Ich bin wach!« entgegnete eben so leise der Knabe, und horchte, das Ohr auf den Boden gelegt, mit der gespanntesten Aufmerksamkeit, um etwas von der Verhandlung zu verstehen. Allein umsonst; die Decke war zu dicht, um das leise Gespräch zu vernehmen, und nirgends eine mitleidige Spalte, die dem Auge vergönnt hätte, sich mit den Geheimnissen der Versammlungen bekannt zu machen. Nur in undeutlichen Tönen unterschied Archimbald die Stimme des verhaßten Bruders … noch schwächer die des weit verhaßtern Simons. Seine Unruhe, seine Begierde, selbst zu hören, selbst zu sehen, hatte den höchsten Gipfel erreicht. Schnell war, auf alle Gefahr hin, sein Entschluß gefaßt. Still, wie der lauernde Wolf, düsselte er vom Lager auf, ließ seine schweren Holzsohlen auf dem Strohe zurück, schnallte, um behender zu seyn, den Stachelriemen vom Beine, und schlüpfte, baarfuß und geräuschlos, die steilen Sprossen herunter in die Küche. Gleich einem klugen Feldherrn auf den Rückzug bedacht, schob er das Fenster leise auf, das in den Garten führte, und kauerte sich endlich an der Stubenthüre nieder, wo sein scharfer Blick durch eine unmerkbare Ritze in das Innere dringen konnte und sein Ohr keine Sylbe des Gesprächs verlor.

Ein schwarz behangener Tisch stand in der Mitte der Stube. Eine Lampe an der Erde erhellte sie mäßig und beleuchtete einen aus Giftpilzen, besegneten Tannenreisern und Sargsplittern dicht gelegten magischen Kreis. Innerhalb demselben, hinter dem Tische, stand die Alte in einer verblichenen Kutte von gelbem Zeuge, ein schwarzes großes Tuch um Haupt und Brust geschlungen. Außerhalb des Kreises Philipp in den Mantel gehüllt; hinter ihm, nächst der Wand, gleich einem bösen Schatten, Simon.

»Mit Allem bin ich einverstanden,« sprach Philipp: »doch das Testament lass't aus dem Spiele.«

»Ich kann nicht!« entgegnete Lene. »Es ist vom Geiste des Seligen selbst geweiht, als Talisman für den Sohn. Er kann nicht sterben, wenn der Bann nicht gehindert wird.«

»Fordert Alles,« begann Philipp wieder: »nur dieses nicht. Ich gebe das Pergament nicht heraus.«

»Wie's Euch beliebt,« versetzte die Alte. »Dann ist unser ganzes Geschäft zu Ende, und ich bedau're, daß Ihr Euch in dem Unwetter heraus bemüht hab't.«

»Ich hoffe, es nicht umsonst gethan zu haben,« sprach Philipp und zog einen schweren Beutel. »Seh't, das sind eitel spanische Dublonen. Sie sind Euer, wenn Ihr ohne Aufschub thut, wie ich begehrte.«

»Und wenn Ihr mir alle Schätze der neuen Welt schenken wolltet … ich kann nicht!« brummte Magdalena. »Mein't Ihr denn, Ihr vermöchtet mit Euerm elenden gelben Bettel da die Welt der Geister zu zwingen? Geht heim; Euch ist nicht zu helfen.«

»Verfluchtes Weib!« flüsterte Philipp dem Diener zu. »Was soll ich thun?«

Simon zuckte die Achseln.

»Wenn ich wüßte« … begann Wernher auf's Neue … »wenn ich wüßte, daß es sicher …«

»Geht! geht!« fiel die Streicherin ein. »Ihr seyd ein mißtrauischer Krämer, der, weil er selbst dem Käufer verfälschte Waare anhängt, in jedem Winkel Betrügerei vermuthet. Geht! … lasst Euch zur Ader, damit's Euch helle werde im Gehirn, und bietet mir nicht so verschwenderisch Euere goldschweren Beutel an, mir, der Ihr nicht einmal auf ein Paar Augenblicke ein armseliges Pergament anvertrauen woll't, das ich Euch doch weder vorenthalten will, noch kann. Gute Nacht, Ihr Herren! Mich schläfert; kommt wohl nach Hause.«

Sie ergriff die Lampe und öffnete dem Besuch die Thüre zur Hausflur … Philipp stand unentschlossen. Simon aber faßte schnell die Hand der alten Rune und drückte die Thüre wieder zu. »Ein so geringes Hinderniß,« sprach er, »wird doch nicht das Ganze wieder rückgängig machen sollen. Die Meisterin muß wohl am besten wissen, was sie zu ihrem Werke nöthig hat; darum, edler Herr, dächte ich, Ihr machtet weiter keine Einwendung.«

»An dem Pergamente liegt so viel!« schaltete Philipp ein.

»Weiß es,« erwiederte Simon, »obschon ich nicht lesen, noch schreiben kann; allein Ihr hör't ja, Ihr erhaltet es unversehrt zurück.«

»Völlig unversehrt,« bestätigte Lene, »wenn Ihr nicht selbst den Gang des Zaubers stör't. In diesem Fall vernichtet sich der Talisman selbst vor Euern Augen, ohne eines Menschen Zuthun.«

»Da hör't Ihr es ja!« – redete Simon dem Gebieter zu: »Sogar alsdann wäre erst nichts verloren; die unglückselige Schrift käme doch einmal weg und der Teufel sollte sie nicht mehr bei Euch finden.«

»Du dringst darauf?« sprach endlich Philipp. »In Gottes Namen! Da, Frau Streicherin ist das Testament. Geht jetzt an's Werk und seyd fein geschwind. Es läuft mir ein Schauder durch die Glieder, wenn ich an die Arbeit gedenke, die wir hier vorhaben.«

»'s wird Euch nicht viele Mühe machen,« versetzte Mutter Lene, und deckte geschäftig den Tisch auf, um die Gegenstände hervorzunehmen und zu ordnen, die unter der schwarzen Decke verhüllt gewesen waren. – »Tretet in den Kreis, Ihr Herren, und merk't auf das, was ich Euch sage: Verschließt den Mund, so wie die Ohren. Nichts kümmere Euch von dem, was Ihr vielleicht hören dürftet, und Ihr sprecht ja nicht eher, bis ich Euch gefragt habe. Die Antwort sey alsdann so kurz als möglich. Merk't Euch wohl: wenn Ihr den Kreis verlasst oder durch unbesonnenes Reden meine Arbeit hindert, stör't Ihr den Zauber, daß er nicht mehr weiter wirken kann, und mög't Euch glücklich schätzen, wenn's ohne üblere Folgen abgehen sollte. Versprech't mir das.«

Die beiden Zuhörer gelobten es und traten in den Kreis. Mutter Lene ergriff eine auf dem Tische liegende abgezehrte Todtenhand, in deren, von einem blutrothen Leinwandstreif zusammen gehaltenen, Faust ein grünes fingerlanges Licht steckte, zündete den Docht desselben an der Lampe an, und reichte es dem Simon hin, es zu halten und damit der Handlung zu leuchten. Der alte Sünder ward bleich wie Schnee und wollte sich des Ansinnens erwehren: aber ein finsterer Seitenblick seines Herrn verursachte, daß er, von heimlichem Grauen durchbebt, die gräßliche Leuchte annahm, um damit den schauerlichen Bezirk der Beschwörung zu erhellen.

»Scheu't Euch nicht,« sprach die Alte, indem sie die Lampe auslöschte, um dem trüben Lichte der grünen Kerze allein Spielraum zu verschaffen: »es ist nicht die Hand eines verächtlichen Diebes, unter dem Galgen hervorgescharrt, deren sich Räuber bedienen, um unsichtbar in die Häuser schleichen und Schlösser erbrechen zu können; es ist die Hand eines Brudermörders, der seinen Jüngern erschlug, um das ganze väterliche Erbe zu genießen; dem zufolge ist in der weiten Welt nichts tauglicher zu dem, was wir vorhaben. Die Kerze, aus geschmeidigem Otternfett gegossen, gibt durch ihre dämmernde Helle unserer That die nöthige Unsichtbarkeit, obschon ihr Schimmer mir entdeckt in weiteste Ferne, was ich sehen will. In diese Schüssel, durch einen Bannspruch geweiht, lege ich dieß Pergament, das letzte Denkmal der Vaterliebe für einen in Unehren gezeugten Sohn; und nun lass't uns, bevor ich den Zauberspiegel enthülle, zur stillen Vorbereitung auf das, was folgen soll, schreiten.«

Sie warf sich auf beide Kniee nieder, streute in eine neben ihr glühende Kohlpfanne eine Hand voll Räucherwerk und legte dann den Kopf, in beiden Händen ruhend, auf den Tisch. Die Zuschauer blieben unbeweglich, wie Bildsäulen, im Kreise stehen. Das unstäte Hin- und Herflackern der fürchterlichen Lampe allein zeigte an, daß die Kälte der Furcht in Simons Adern riesele. Es war ein feierlicher Augenblick, der selbst dem lauschenden Archimbald das Blut schneller zum Herzen trieb. Tiefe Stille hielt den kleinen Raum umfangen, während der Sturm wüthend über die Haide fuhr.

Nach langer Pause erhob sich Mutter Lene mit den Geberden einer Begeisterten und enthüllte den runden Zauberspiegel. Um denselben her lagen mehrere seltsam gepaarte Dinge: eine kleine menschliche Figur von Wachs zusammen geknetet; ein junger Blüthenzweig; ein Ei; eine Muschel, in der sich ein wenig Milch befand; eine lange Nadel; ein Nagel und Hammer. Nach einer kurzen, undeutlich gesprochenen Beschwörungsformel fragte die Alte, in einem Tone, den Archimbald aus ihrem Munde noch nie gehört hatte:

»Zuerst verlangt Ihr zu wissen, wo sich der, den wir bannen wollen, befinde?«

Philipp nickte ein stummes Ja.

Lene rieb den Spiegel ab, drehte ihn unter seltsamen Geberden hin und her, sah hinein und sprach endlich:

»Ich sehe ihn … in Lumpen gehüllt, mit bloßen Füßen und blassem Angesicht. Sein röthliches Haar flattert um seine Schultern, wild wie die Mähne des Pferdes. Durch dichten Wald fördert er seine Schritte … Da steht er an der Pforte eines Bettelklosters und zieht den Glockenring. Er bittet um ein Almosen, oder um nothdürftige Brosamen, seinen Hunger zu stillen.«

Philipp sah starr vor sich hin. Aus Simons tückischen Blicken leuchtete Schadenfreude. Archimbald, ganz Auge, ganz Ohr, getraute sich kaum zu athmen.

»Die Gegend verschwindet,« fuhr die Alte fort. »Ich sehe jetzt das Innere des Klosters; das Spitalzimmer desselben. Viele, viele Kranke! im Hintergrunde des Saals liegt er auf dürftigem Lager, krank, elend und abgehärmt. Ein tobendes Fieber verzehrt seine Kräfte; ein alter Mönch steht ihm hilfreich bei, während alle Andere den jungen Ketzer fliehen. Das Bild wechselt nicht mehr … es zeigt also seine jetzige Lage. – Beharret Ihr noch auf Euerm Vorhaben? Wollt nicht der Natur es überlassen, ob er lebe oder sterbe?« – Philipp zauderte: Simon stieß ihn in die Seite. »Es werde vollendet, wie wir's vorhatten,« sprach nun, kaum hörbar, der unnatürliche Bruder. – Archimbalds Pulse pochten wie im Fieber.

»Nun denn!« rief Lene in heftiger Bewegung: so rufe ich den Knöchler auf, unsichtbar hier zu walten, in der Näh' und in der Ferne mir zu Wille zu seyn mit rascher That und aufzunagen ein verhaßtes Leben; doch die Blutschuld wälz' ich von mir ab; und auf Diese, die vor mir im Kreise stehen, geh' sie über unverkürzt! Die Kohlpfanne warf dicke Dampfwolken in die Höhe, die die ganze Stube mit Nebel umdüsterten, und unter dem Behänge des Tisches hervor rollte ein mit Moos bewachsener Todtenschädel in den Kreis. Die Zuschauer fuhren zusammen. Die Beschwörerin riß aber wild die auf der Tafel befindliche kleine Wachsfigur in die Höhe, berührte sie mit dem Pergament, das sie wieder in die Schüssel fallen ließ, sprach einige in unverständlicher Sprache abgefaßte Formeln über die Puppe, und rief endlich: »Dieß Gebild, gefeit und gebannt, ist das Conterfei desjenigen, der hier gerichtet werden soll. Was ihm geschieht, geschieht dem Ebenbilde auch im Augenblick. Erkennt Ihr's für des Knaben Archimbalds Bild und bleibt zum allerletzten Male auf Eurer Willensmeinung?«

»Wir erkennen es,« sprachen die Beiden einstimmig, »und bleiben bei dem, was wir beschlossen.«

»Wohlan!« fuhr Mutter Lene fort, und zerrte das verhüllende Tuch vom Haupte, daß ihr die greisen Haare wild und zerzaust über die Stirn fielen … »So geh' heim, Knäblein, suche dein frühzeitig Grab. Er liegt im Fieber darnieder,« sprach sie mit rollenden Augen … »soll er langsam an demselben verdorren zur Leiche? oder ihm das Herz brechen im Augenblick?«

»Der schlechte Ast dorre ab!« rief Simon in leidenschaftlichem Grimme.

»Er falle schnell und schmerzlos!« versetzte Philipp rasch.

»So sey's!« erwiederte Lene. »So ergreife ich statt der Nadel, die, langsam und nach und nach durch die Brust dieses Wachsbildes gestoßen, die Lebenskraft des Gebannten schleichend verzehrt, den Nagel und den schweren Hammer!« – Sie winkte dem leuchtenden Simon näher, und hielt den Nagel in die Flamme, um ihn heiß zu brennen. Ihre Lippen zuckten gichterisch; Gebete und Beschwörungen rollten aus ihrem Munde, und endlich … mit dem ersten Schlage der Geisterstunde warf sie das Bild auf den Tisch, hielt ihm den Nagel auf die Brust und rief mit gräßlicher Stimme:

Fahre hin, verhaßtes Leben!
Sey dem Grabe übergeben!

Sie ließ den Nagel stecken, schleuderte dann den jungen Blüthenzweig, das Ei und die Muschel voll Milch in die Kohlen und murmelte:

Wie der Erstling des Baumes, der Henne, der Kuh,
So falle, Erstling des Lebens, und schwinde auch du! –

ergriff dann den Hammer und rannte den Nagel mit drei gewaltigen Schlägen in die Brust des Bildes, rufend:

So fließe hin, du rothes Blut,
Und thaue mir den Rasen gut!

Archimbald, der, von der furchtbaren Scene gefesselt, vergessen hatte, bei Zeiten auf den Speicher zurückzukehren, und von Angst geschüttelt, sich kaum auf den Füßen erhalten konnte, fand mit Mühe die Sprache wieder, als jetzt die Reihe an ihn gekommen war, zu reden, und in banger Ahnung sich erhebend und leise an das offene Fenster zurückschreitend, stöhnte er tief ächzend, gleich einem Vergehenden, die fürchterlichen Worte: »Philipp, grausamer Bruder! ich sterbe! mein Blut über Dich!«

Zu gleicher Zeit spritzte aus dem Wachsbilde, durch einen geschickten Druck der Gauklerin, ein Strahl von einigen Blutstropfen in die Höhe. Angstvoll ließ Simon die Leuchte fallen, und Philipp stürzte halb sinnlos mit dem Schrei: »Archimbald, es ist geschehen!« aus dem Kreise, hinaus in die Küche, theils um Luft einzuathmen, theils um sich zu überzeugen, daß kein Blendwerk obwalte.

Archimbald, den Lärm vernehmend, hatte sich schnell zum Fenster hinaus geschwungen und hinter den Liebstöckelbusch geflüchtet. Auf seine Schultern sprang daselbst der heimkehrende Schwarzmann, und starrte mit seinem funkelnden Augenpaar den bebenden Philipp an, der in dem Sturm, welcher durch das offene Fenster eindrang, sich abzukühlen dachte.

»Teufelslarven um und um!« schrie er, aufgeschreckt durch einen entsetzlichen Knall in der Stube, und eilte dahin zurück. Ueberall Rauch und Dampf … die Leuchte noch brennend auf der Erde; eine helle flackernde Flamme in der Schüssel, noch gefräßig das Pergament verzehrend, das darin aufbewahrt worden war; Simon halb leblos am Boden … die Zauberin am Ofen knieend mit verhülltem Haupte und ängstlichem Zittern.

»Was ist geschehen?« rief er in die Verwüstung hinein: »Lene? verfluchte Hexenlene! wo ist das Testament?«

»Seht selbst!« ächzte Lene und wies auf das Verbrennende. »Ihr habt den Zauber gestört. Ein Blitz hat den Talisman vernichtet. Euer Bruder hat geendet; aber Gott behüte Euch vor übeln Folgen Eurer Unbesonnenheit.«

»Archimbald ist dahin,« stammelte Simon, aus seiner Betäubung erwachend und half sich empor. »Lass't immerhin das Pergament zum Teufel seyn; nun schadet es und nutzt nichts mehr! Lass't uns aber jetzt der Spukhöhle entrinnen, denn es hat mich niedergeschlagen wie das Wetter, als des Himmels Feuer in die Schale niederfuhr.«

Er warf dem Gebieter den Mantel über die Schulter und zog ihn nach der Thüre. »Vergeßt die Messen nicht für des Kindes arme Seele!« wimmerte ihnen die Alte nach. Philipp schüttelte mit dem Kopfe, ließ die Goldbörse hinter sich fallen, und er und Simon eilten, so schnell sie konnten, aus dem Bereiche der Hütte zu kommen.

Eine gute Viertelstunde blieb Lene ohne alle Bewegung auf ihrem Platze; dann stand sie auf, lugte sorgfältig durch alle Thüren und Fenster des Hauses, und nachdem sie sich überzeugt, daß kein Lauscher in der Nähe, verschloß sie Alles sorgfältig, horchte an der Speichertreppe auf Archimbalds Athmen, der für gut fand, den Schlafenden zu spielen, um ungestört die Bilder des Abends zum zweiten Male an sich vorübergehen zu lassen, – räumte dann alle Zauber- und Gauklergeräthschaften in's Laboratorium, und verschloß in ihrem eisernen Schatzkasten, der hinten im Hause unter altem Gerüll verborgen stand, das Testament, das sie durch ihren magischen Kunstgriff erobert und durch ein anderes zum Verbrennen hergerichtetes Pergament geschickt ersetzt hatte.


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