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Gewidmet

ist dies Buch dem Andenken an die Tage unter den Fichten des Tallac, wo ich beim Lagerfeuer dieses Epos hörte.

Eine liebe Erinnerung rollt jetzt das Bild vor mir auf, klar, lebend klar: Ich sehe sie, wie sie da saßen, der eine klein und schmächtig, der andere groß und stark, Führer und Gefährte, rauhe Männer des Gebirges. Sie haben mir diese Geschichte erzählt in abgerissenen Stücken, in zerhackten Sätzen. Spärlich waren ihre Worte, und auf dem Papier würden sie inhaltslos und nichtssagend erscheinen. Und doch – wie klangen ihre Worte, wenn sich ihre Lippen mit zischenden Zwischenlauten bewegten! Wie ausdrucksvoll klangen die Töne, fast wie die Äußerungen eines Tieres! Und wie bewegten sich dabei ihre Hände, und wie glänzten ihre stahlgrauen Augen! Diese Ausdrucksmittel verrieten mir mehr von der Geschichte als das gesprochene Wort.

Sie hatten an jenem Abend ein höheres Thema, das man aus ihren Äußerungen erraten mußte; und wie ich den rauheren Worten des Jägers lauschte, schlug es an mein Ohr gleich dem Gesang des Nachtvogels beim Unwetter, mitten im glitzernden Glimmer sah ich das Funkeln von Gold, denn sie erzählten eine Geschichte von bergentsprossener Kraft, die versiegt, wenn sie die Ebene erreicht. Sie sprachen vom riesigen Mammutbaum aus dem Schoße eines winzigen Samenkorns, von der Lawine, die, im Keim nur eine Schneeflocke, auf dem Abhang schwillt und wächst, um unten in der Ebene zu vergehen. Sie sprachen vom Strom zu unsern Füßen, von seinem Ursprung, einem fadengleichen Rinnsal, weit dahinten auf der Seite des Tallac, und seinem Werden: ein Bächlein, ein Bach, ein Fluß, ein Strom, eine mächtige Wasserflut, die sich vom Bergland zur Ebene wälzt und dort ein Ende findet, so seltsam, daß es nur die Wissenden glauben können. Ja, ich habe ihn gesehen, er ist noch heute da – der Strom, der unablässig fließt und doch niemals die See erreicht.

So gebe ich die Geschichte wieder, wie ich sie erfahren habe, und doch gebe ich sie nicht so wieder, denn ihre Sprache läßt sich nicht niederschreiben: ich gebe nur eine matte Übertragung, matt, aber voll Hochachtung vor dem unbezwinglichen Mut der Bewohner des Gebirges, voll andächtigen Staunens vor dem gewaltigen Tier, das die Natur als einen Riesen der Kraft aufbaute, und voll Bewunderung vor dem schrecklichen Heldenkampf, in dem zum Schluß beide Kräfte miteinander ringen.


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