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XI.
Warnungen

527.  Willst du die Lebensführung oder Mentalität einer Frau ändern, so schau ihr auf den Körper, wenn du das Entscheidende sagst. Aber langweile sie um des Himmels willen nicht mit Begründungen.

528.  Wenn einer, dem du etwas Banales erzählst, plötzlich tut, als verbisse er sich ein Lachen, so hast du keinen gewöhnlichen Schmeichler vor dir, sondern einen boshaften Heuchler.

529.  Halte dich stets davor zurück, dort negativ zu schließen, wo du noch keine Erfahrungen gemacht hast.

530.  Vornehme Herrschaften pflegen mit ihren Dienern und Chauffeuren mehrere Dutzend Coups verabredet zu haben. Bist du einmal auf einen hineingefallen, wird es dir kaum gelingen, dort jemals wieder Achtung zu erringen.

531.  Es gibt in jeder Stadt Hotels, deren Personal mit Berufsverbrechern zusammen arbeitet. (Stelle vor dem Schlafengehen einen Stuhl an die Tür und eine Wasserkaraffe auf dessen Rand.)

532.  Ein falscher Name wirkt suggestiver als verändertes Aussehen, das bei näherer Betrachtung doch meist auffällt. Zudem ist das Gedächtnis für Physiognomien in der Regel so schlecht, daß durch die Maske hindurch fast niemand erkannt wird, sondern nur die Maske. Dann aber ist es nicht mehr schwer, zu identifizieren.

533.  Sprenge Beziehungen zwischen Menschen nur dann, wenn du einen für dich brauchst. Tust du es für einen Anderen, kann es dir sehr übel bekommen.

534.  Spiele nie den Dämonischen. Es würde dir sicherlich glücken, hinterher aber sehr schaden. Das Dämonische besitzt im Leben kein reales Äquivalent. Du würdest also unweigerlich von den Tatsachen im Stich gelassen werden. Bist du überhaupt, wer du sein sollst, so wirst du ohnedies bald in den Ruf des Dämonischen gelangen. Das wird dir umso mehr nützen, als man es nicht kontrollieren kann, aber doch nicht aufhört, auf seine Emanation zu warten.

535.  Fürchte dich vor dem Zufall. Er kann furchtbar sein. Und ist häufiger, als man zu wissen pflegt. Der beste Schutz gegen ihn ist, stets auf ihn gefaßt zu sein und in voller Form.

536.  Zeige dich nie mit einem Mädchen, das aussieht, als wäre es erst zwölf Jahre alt; aber sorglos mit einer Zwölfjährigen, die aussieht wie eine Siebzehnjährige. Der Schein ist immer alles.

537.  Um auf den Schein pfeifen zu können, mußt du Millionär sein, aber damit rechnen, daß du es dann nicht lange bleibst.

538.  Begegnest du jemandem, der ganz unbekümmert um das lebt, was die Umwelt zu seinen Worten und Handlungen sich denken könnte, so hast du entweder einen bewußten Selbstmörder vor dir oder einen, um den es zumindest schade ist. Meide ihn wie die Pest, wenn du nicht zugrunde gehen willst.

539.  Verspotte niemanden. Ganz im Grunde versteht kein Mensch einen Spaß, den man sich mit ihm macht.

540.  Wiederhole dich nicht. Hast du um drei Uhr etwas stupend Geistreiches gesagt, in der folgenden Stunde es aber zweimal wiederholt, neigt jeder dazu, dich für einen Dummkopf zu halten.

541.  Handelt es sich um einen Dritten, so darfst du jedem das Unwahrscheinlichste aufbinden. Ist dieser Dritte aber dessen Feind, so kann es dir das Genick brechen.

542.  Wenn du die Fähigkeit, entsprechend der gewordenen Situation rasch zu disponieren, nicht in dir entwickeln kannst, laß ab von jeder Libertinage.

543.  Wenn du nicht dort aufzuhören weißt, wo die Geschmacklosigkeit beginnt und die gewöhnliche Gier nach Geld, wirst du bald mit Recht im Gefängnis sitzen.

544.  Dein Ehrgeiz, Schwieriges, ja unmöglich Scheinendes zu vollbringen, muß Grenzen haben: die des vernünftigen Vorteils und deiner Gesundheit.

545.  Stellst du deine Gesundheit aufs Spiel, so ist dein Einsatz fast immer viel zu hoch.

546.  Sei nicht mehr als ein Großindustrieller ohne Bureau. Gehst du darüber hinaus, so machst du im Grunde bloß Dummheiten.

547.  Unternimm nichts, solange Musik zu hören ist. Ihre Wirkung ist schlecht. Nur bei Jazz wage dich vor. Er lockert.

548.  Männer, welche schon einmal Bankrott gemacht haben, neigen dazu, das Verlorene durch einen einzigen Coup wieder einzubringen. Laß dich mit ihnen nur dann ein, wenn du imstande bist, ihre Tollkühnheit niederzuhalten.

549.  Verwende nicht als Schachzug, schon einmal falliert zu haben. Man wird es dir ja kaum verargen, aber man denkt daran.

550.  Veranstalte keine großen Gesellschaften. Du magst in der Wahl deiner Gäste und im Arrangement noch so vorsichtig sein, es wird immer mit einem Mißklang enden. Ist nichts weiter passiert, als daß einer ein Glas Wein in das Klavier entleerte, so kannst du zufrieden sein.

551.  Veranstalte nur Diners zu Vieren. Oder zu zweit. Nie zu dritt.

552.  Nimm immer an, daß derjenige, mit dem du sprichst, kaum daß du ihn verlassen hast, alles, was du ihm sagtest, entstellt weitererzählt.

553.  Prozessiere nie. Das ist nichts für jemanden, der nur auf sein gutes Recht sich berufen kann.

554.  Wenn du im Unrecht bist, so hast du bei einem Prozeß doch immer die Chance, ihn zu gewinnen. Auch du.

555.  Beherrschst du mehrere Dialekte, so verbirg das. Man erwirbt sie nur im Umgang mit dem niedern Volk. Daß man mit diesem darum sich noch nicht gemein gemacht haben muß, wird für unwahrscheinlich gehalten. Und das ist es auch.

556.  Laß dich nicht von einer plötzlichen Freude überrumpeln.


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