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Die Schlafkönigin

Von

Helene Spieker

Der kleine Fritz lag im Bett, aber er konnte nicht einschlafen. Das war etwas ganz Ungewöhnliches. Sonst hatte er, nachdem Mutter mit ihm gebetet hatte, kaum noch Zeit »Amen – gute Nacht – schlaf schön« zu sagen, alles in einem Atem – da schlief er auch schon.

Aber heute wollte es nicht gehen. Unruhig warf er sich hin und her; irgendwo zwickte es ihn – er glaubte im Herzen, aber es war im Magen, da lagen zwölf wohlgezählte Pellkartoffeln, die drückten wie Wackersteine.

Zuerst fand es Fritz übrigens ganz interessant, ein bißchen länger wach zu liegen, – dann hatte man Zeit, über allerlei nachzudenken. Wichtig genug war es doch gewiß, einen Plan darüber zu machen, wo morgen die große Indianerschlacht, die er mit den Jungens aus seiner Klasse verabredet hatte, geschlagen werden sollte. Und dann, ob er wohl wirklich dem Hans das lange Stück Bindfaden, den Feuerstein und das alte Taschenmesser für den gelbgefleckten Salamander geben sollte? Das wollte überlegt sein. Das Taschenmesser hatte freilich nur noch eine Klinge und die war schartig, und der Bindfaden war zusammengeknotet, aber immerhin –

Da kam ihm plötzlich ein unangenehmer Gedanke; die Rechenstunde morgen in der Schule fiel ihm ein, zwei Aufgaben fehlten ihm noch.

Nein, jetzt wurde es langweilig, nun wollte er nicht mehr nachdenken, sondern schlafen. Wenn er die Augen recht fest zukniff, mußte es doch gehen. Aber auch das half nichts. Im Bettchen neben dem seinen hörte er die leisen regelmäßigen Atemzüge des Brüderchens, während er selbst den Kopf immer unruhiger in die Kissen hineinbohrte.

Nun wollte er noch einen letzten Versuch machen, und zwar mit Fluchen. Er knirschte mit den Zähnen, wie er es von dem betrunkenen Schuster aus der Kellerwohnung gehört hatte, und stieß ein wildes »potolok i poll« hervor. Mehrmals hintereinander. Das war Russisch und ein fürchterlicher Fluch.

Fritz hatte nämlich Freundschaft mit einem russischen Sprachlehrer, der oben im Hause wohnte, geschlossen, und ihn flehentlich gebeten, ihm einen schweren russischen Fluch zu lehren, mit dem er Schulfreunden imponieren wollte. So hatte der Russe ihm beigebracht: »potolok i poll« zu sagen und gehörig mit den Augen dabei zu rollen, und nun glaubte Fritz, fluchen zu können wie der wildeste Kosak, und war sehr stolz darauf.

Dem guten Russen war es natürlich gar nicht eingefallen, einen kleinen Jungen fluchen zu lehren, denn er wußte, daß das nicht recht ist; »potolok i poll« waren drei harmlose Worte und hießen »Stubendecke und Fußboden«. Aber das ahnte Fritz nicht, er fand, daß es schauerlich schön klang.

Als nun auch sein geliebter Kosakenfluch den Schlaf nicht herbeizwang, gab sich Fritz einer gelinden Verzweiflung hin, und wenn es für einen zehnjährigen Jungen nicht eine zu große Schande gewesen wäre, dann hätte er geweint. Die Tränen saßen ihm schon im Halse und stiegen in die Augen, aber nein! Herunterpurzeln sollten sie nicht! Er riß daher die Augen weit auf und richtete sie starr auf die gegenüberliegende Wand.

Der matte Schein der Nachtlampe, die wegen des kleinen Bruders brannte, fiel gerade auf ein Bild, das dort hing, und das Fritz sehr liebte. Es stellte ein Stück aus einem schönen grünen Walde vor, auf dessen Moosboden die herrlichsten bunten Blumen wuchsen, hochragender Fingerhut und stolze gelbe Königskerzen. Aber das Hübscheste auf dem Bilde war, daß unter einem großen feuerroten Fliegenpilz behaglich ein kleines Männchen saß, wie unter einem Regenschirm. Es trug ein verschossenes Wämslein und einen grauen Mantel, dessen spitze Kappe ihm den Kopf bedeckte, und hatte einen langen weißen Bart, der fast bis zur Erde niederreichte. Das war ein richtiges Waldmännchen, so wie sie sein müssen, Fritz wußte das wohl.

Aber, nanu! Was war denn da los?! Fritz sperrte die Augen noch weiter auf, um besser sehen zu können – nein, es war wirklich so: der Platz unter dem Pilz war leer – das Waldmännchen war verschwunden.

Fritz hatte sich noch nicht von seinem Erstaunen erholt, als ihn etwas am Arm zupfte, und wahrhaftig, da saß das graue Männlein aus dem Bilde auf seinem Bettrande. Aber seine Augen blickten nicht lustig und freundlich, wie sonst immer, sondern sahen Fritz halb zornig, halb traurig an.

»Ja,« sagte der Zwerg mit feiner Stimme, »und du wunderst dich noch, daß sie heute nicht zu dir kommt? Weißt du denn nicht, daß sie zu ungezogenen Kindern überhaupt nicht kommt?«

»Ich bin nicht ungezogen«, antwortete Fritz trotzig, aber es war ihm nicht wohl dabei, und sein Herz klopfte.

»Mir machst du nichts vor,« fuhr der andere unbeirrt fort, »ich weiß alles. Zwölf Pellkartoffeln und ein schlechtes Gewissen – au! Das muß drücken! Bin froh, daß ich's nicht bin! Warum hast du denn deine gute Mutter angelogen?«

»Sie fragte – und da sagte ich – und da« – stotterte Fritz verwirrt.

»Ja, sie fragte dich gestern abend, wieviel Pellkartoffeln du schon gegessen hättest, und du sagtest: ›fünf‹, und es waren doch schon zehn. Und daraufhin gab sie dir noch zwei. War's nicht so?« »Aber«, – wollte Fritz sich entschuldigen, jedoch der kleine Graue schnitt ihm das Wort ab.

»Du bist ein ungezogener Junge,« sagte er streng, »und deshalb ist sie auch heute nicht zu dir gekommen.«

»Wer denn?« fragte Fritz mehr neugierig als reuevoll. »Wer anders als die Schlafkönigin«, brummte das Waldmännchen. »Die Schlafkönigin?« Fritz machte große Augen und sah dabei sehr dumm aus.

»Das du ungezogen gewesen bist, ist um so mehr schade, als ich mir gerade heute etwas Hübsches für dich ausgedacht hatte,« fuhr der andere fort. »Jetzt geht es natürlich nicht.« Er machte ein bekümmertes Gesicht. »Wir kennen uns nun doch schon so viele Jahre, du und ich, und wir sind bisher immer gut miteinander ausgekommen, daß ich fast sagen kann, wir sind Freunde. (Fritz nickte stumm.) Da hatte ich gemeint, es würde dir Spaß machen, mal mitzukommen, wenn ich die Schlafkönigin besuche. Schade!«

»Kennst du sie?« fragte Fritz mit brennendem Interesse. »Natürlich«, antwortete das Waldmännchen stolz und strich sich den langen weißen Bart. »Ich bin sogar noch entfernt mit ihr verwandt durch den Waldkönig, der die Blumenfee geheiratet hat, aber das ist ein bißchen zu weitläufig, um es dir jetzt auseinanderzusetzen.«

»Wohnt sie weit von hier?« forschte Fritz atemlos. »Sehr weit, aber das schadet nichts. Nur daß du unartig gewesen bist, macht die Sache unmöglich. Denn das kannst du dir doch wohl selbst denken, daß eine so hohe Persönlichkeit wie die Schlafkönigin nichts mit Jungen zu tun haben will, die ihre Mutter belügen, um zwölf Pellkartoffeln essen zu können.«

»Nimm mich mit! Nimm mich mit!« bettelte Fritz mit glühenden Wangen. »Ich will dir ein schönes Taschenmesser, ein furchtbar langes Stück Bindfaden und einen Feuerstein, der prachtvolle Funken sprüht, geben; denn ich mache mir mehr aus der Schlafkönigin als aus Hans seinem ollen Salamander.« Daß der Bindfaden aus vielen Stücken zusammengeknotet, das Taschenmesser schartig war und man oft eine halbe Stunde lang auf den Feuerstein schlagen mußte, ehe ein Funke kam, verschwieg er wohlweislich. Der kleine graue Mann antwortete nicht, er schien in Gedanken versunken zu sein. Ich möchte dir ja gern den Gefallen tun,« sagte er endlich gutmütig, »aber es geht nur unter einer einzigen Bedingung. Nämlich, daß du mir heilig und fest versprichst, es deiner Mutter selbst zu sagen, daß du gelogen hast, und daß du es nie wieder tun willst, und –«

Aber da saß Fritz schon aufrecht im Bett, machte ein feierliches Gesicht und sagte langsam und ernsthaft: »Bei Gott, ohne jeden Kniff und Pfiff!« Dabei hielt er dem Waldmännchen beide Fäuste dicht unter die Nase, damit der sehen konnte, daß die Daumen steif in die Höhe standen. Wären sie eingekniffen gewesen, hätte der ganze Schwur natürlich nichts gegolten. Das weiß ja jeder Schuljunge.

Aber sei es, daß der Alte seine Schulzeit schon zu lange hinter sich hatte, um in solchen Sachen noch genau Bescheid zu wissen, oder ob ihm sonst welche Bedenken aufstiegen, jedenfalls wiegte er den Kopf hin und her, als sei er nicht ganz überzeugt, und fragte zweifelnd: »Ist es dir auch wirklich ernst?« Da schritt Fritz zum Äußersten. »Ich schwöre es, potolok i poll!« schrie er mit rollenden Augen. »Das verstehe ich nicht«, sagte das Waldmännchen.

»Glaub' ich wohl!« Fritz triumphierte. »Das ist Russisch und ein schrecklicher Fluch. Wer etwas dabei verspricht und dabei nicht hält, dem passiert etwas ganz Entsetzliches.«

»Dann genügt es«, sagte das Waldmännchen, das im Russischen nicht mehr bewandert war als Fritz, ernsthaft. »Nun komm!«

Das ließ sich Fritz nicht zweimal sagen, und er griff freudestrahlend nach seinen Strümpfen, um sich rasch anzuziehen.

Jedoch der kleine Graue wehrte ihm. »Nicht nötig«, sagte er, »ich nehme dich unter meinen Mantel.

Fritz mußte lachen bei dem Gedanken, daß das winzige Mäntelchen des Kleinen ihn, den großen Fritz bedecken sollte, aber ehe er es ahnte, flog ihm ein dunkles Etwas über den Kopf und hüllte den ganzen Jungen ein, so daß er weder sehen noch sich bewegen konnte. Dann war es ihm, als würde er durch die Luft getragen, weit, weit, lange, lange.

Plumps! Nun stand er endlich wieder auf den Füßen. Das gab einen ordentlichen Ruck, gerade wie vor ein paar Tagen, als er im Schlaf aus dem Bett gefallen war. Aber als er wieder um sich blicken konnte, war er gar nicht mehr in seinem Schlafzimmer, sondern mitten in einem wundervollen Walde, und es war nicht Nacht, sondern heller Tag, freilich schon gegen Abend, denn die untergehende Sonne schimmerte glutrot durch die Bäume.

Fritz wunderte sich nicht im geringsten über diese plötzliche Verwandlung; seit er das graue Männlein auf seinem Bettrand anstatt auf dem Bilde gefunden hatte, wunderte er sich über nichts mehr. Und darin hatte er recht.

Er sah sich nun sehr vergnügt und neugierig um, und plötzlich kam ihm der Wald so merkwürdig bekannt vor. Richtig, da waren ja die hohen gelben Königskerzen, der prächtige Fingerhut mit den vielen roten Glocken und die leuchtenden Fliegenpilze von dem Bilde daheim. Und neben ihm stand sein alter Freund, das Waldmännlein, und blinzelte ihm lustig zu.

»Nun sind wir in meiner Heimat,« sagte er, »hier herrscht der Waldkönig, der eine Art Vetter von mir ist. Nicht wahr, es ist schön hier?« »Famos!« schrie Fritz entzückt, und sprang einem Eichhörnchen nach, das vor ihnen flink über den Weg lief. Aber es floh nicht, sondern ließ sich von Fritz greifen und setzte sich ihm zutraulich auf die Schulter. Im Unterholz rauschte es: ein schlankes Reh trat hervor und leckte Fritz sanft die Hand, und ein mächtiger Hirsch mit stolzem Geweih schritt ihm zur Seite und äugte ihn freundlich an. Leise flüsterte der Abendwind in den Baumkronen.

Sie schritten auf dem grünen Moose dahin, und viele andere graue Männlein begegneten ihnen, die alle so aussahen, wie Fritzens Waldmännchen. Der nickte seinen Landsleuten fröhlich zu und bat sie, vorläufig den Waldkönig von ihm zu grüßen. Er käme nachher noch selber vor, nur müsse er erst Fritz zur Schlafkönigin begleiten, das hätte er versprochen.

Da erklärte Fritz, daran läge ihm nicht mehr viel, denn schöner als hier könnte es dort auch nicht sein, und es wäre ihm ganz recht, hier zu bleiben, denn ein Eichhörnchen und ein Reh hätte er sich so wie so längst gewünscht.

Aber das Waldmännchen sagte, das ginge nicht, weil er schon bei der Schlafkönigin angemeldet wäre, nahm Fritz bei der Hand und zog ihn mit sich fort. Im Vorbeigehen brach er von einer Edeltanne ein Stück Harz, das er in die Tasche steckte.

»Jetzt kommen wir gleich in das Reich der Blumenfee,« erzählte er, »hier ist die Grenze; aber wir dürfen ohne Paß und Zoll hinüber, weil doch die Blumenfee mit dem Waldkönig verheiratet ist – da ist alles eins. Dahinter liegt dann das Land der Schlafkönigin; auch dorthin kommen wir unangefochten, da die Blumenfee und die Schlafkönigin durch die rote Mohnblumenelfe ein bißchen miteinander verwandt sind, und es deshalb nicht so genau nehmen, besonders wenn ich dich führe« – er reckte seine kleine Gestalt stolz in die Höhe.

Der Wald lichtete sich, und von den Strahlen der scheidenden Sonne feurig umleuchtet, wanderten sie durch den herrlichen Garten, in dem die Blumenfee wohnte. Überall wiegten sich wunderschöne, farbenprächtige Riesenblumen auf schlanken Stielen ihnen entgegen, und in ihren Kelchen saßen die lieblichen Blumenelfen, spielten auf kleinen goldenen Harfen und sangen weiche, süße Lieder dazu.

»Das klingt fast so schön, wie wenn meine Mutter abends dem Brüderchen vorsingt, ›Sum, sum, der Sandmann geht um‹, aber ich glaube, Mutter singt doch noch besser«, sagte Fritz und faltete unwillkürlich die Hände, als wolle er sein Nachtgebet sprechen.

Je weiter sie gingen, je näher sie der Grenze des Reiches der Schlafkönigin kamen, desto leiser und müder wurde der Gesang der Elfen, und die Blumenkelche schlossen sich zu; es war, als ob alles schlafen gehen wollte.

Und dann waren sie im Reiche der Schlafkönigin, gerade als der letzte Schein der goldenen Sonne wie ein glänzendes Fünkchen hinter dem Horizont verschwand und weiche graue Dämmerschatten sich ausbreiteten. Eine große wundervolle Ruhe und Stille lag über allem.

Behutsam führte das kleine Männlein Fritz durch ein weites Feld von hochstengeligen Blumen, deren feuriges Rot noch in der Dämmerung zu leuchten schien.

»Das ist Mohn,« sagte Fritz, ganz stolz auf seine Kenntnisse, »den haben wir bei uns im Garten auch. Nur ist er da nicht so groß und riecht nicht so stark wie hier.«

Schnell zog das Waldmännlein das duftende Harzstück aus der Tasche, das er im Walde abgebrochen hatte, und gab es Fritz. »Rieche daran,« mahnte er, »sonst wird dir der Duft hier zu stark und du schläfst ein.«

Höher und höher, wie herrliche schlanke Säulen, ragten die Stengel der Mohnblumen in die Luft; sie rankten sich ineinander und bildeten blühende Wände und Kuppeln, und wenn man genau zusah, so bemerkte man, daß es ein wundervolles, über alle Maßen schönes Schloß war.

Darin lag die Schlafkönigin und schlief. Sie ruhte auf weichen dunklen Kissen, die ihr die Nachtfee, mit der sie eng befreundet war, über und über mit goldenen Sternen bestickt hatte, und ihre langen schwarzen Haare breiteten sich wie ein königlicher Mantel um sie her.

Ach, war sie schön! Ihr süßes liebliches Gesicht war weiß wie Schnee, nur die Lippen schimmerten brennend rot, und die schwarzen Augenwimpern lagen wie feingezeichnete Schatten auf den Wangen. Ihre Brust hob und senkte sich regelmäßig, sie atmete leise und ruhig.

Um das Lager der Schlafkönigin herum lagen wie eine Wache die drolligsten kleinen Murmeltiere in tiefem Schlaf.

Das Waldmännchen stand bewundernd und ehrerbietig vor seiner schönen schlafenden Freundin. Aber Fritz wurde die Sache auf die Dauer langweilig; er hatte sich die Schlafkönigin amüsanter gedacht.

»Eben ist die Sonne untergegangen und die schläft schon,« meinte er fast verächtlich, »gerade wie mein kleiner Bruder zu Hause.« Das Waldmännlein runzelte die Stirn und sah ihn streng an.

»Weißt du nicht, daß alle Leute, die nachts zu arbeiten haben, am Tage schlafen, um sich neue Kraft zu holen? Denke doch an den Bäcker bei euch im Hinterhause, oder den Nachtwächter, der euch gegenüber wohnt.« »Ja,« sagte Fritz, »aber ich meinte« –

Eben ging am dämmrigen Himmel der erste Stern auf. Mit einem Male waren plötzlich alle Murmeltiere auf den Beinen und rieben sich mit ihren kleinen Pfoten den Schlaf aus den Augen. Das sah so possierlich aus, daß Fritz laut lachen mußte.

Da öffnete auch die Schlafkönigin ihre wunderbaren, nachtdunklen Augen, richtete sich auf und sah Fritz freundlich an.

»Guten Tag«, sagte Fritz, obgleich er ja eigentlich »Gute Nacht« hätte sagen müssen, und streckte ihr treuherzig die Hand hin. Aber sie nahm sie nicht, sondern nickte ihm nur zu. »Wenn ich dich anrühre, schläfst du ein, und wir wollen uns doch erst ein wenig kennenlernen, denn bis jetzt habe ich dich ja nur im Schlafe gesehen. Aber dein Freund, das Waldmännchen, hat mir viel von dir erzählt.« »Ja,« fiel der ein, »und beinahe wäre doch aus dem Besuche heut nichts geworden, denn« – und er war im besten Begriff, die Geschichte von den zwölf Pellkartoffeln zu erzählen.

Jedoch Fritz, der glühend rot geworden war, kam ihm zuvor. »Aber ich habe bei ›potolok i poll‹ geschworen, es nicht wieder zu tun,« versicherte er eifrig.

Da gab sich das Waldmännchen zufrieden, und auch die Schlafkönigin sagte nur nachsichtig: »Ich weiß, ich weiß«, und ging nicht näher auf die Sache ein. Sie liebte es nicht, unnötige Worte zu machen.

Nun erhob sie sich von ihrem Lager, reckte ihre wunderschönen weißen Arme ein wenig und schüttelte ihr langwallendes, dunkles Gewand, das beim Liegen ein paar Falten bekommen hatte. Nachdem sie noch ein paar Mal verstohlen gegähnt hatte, was ihr allerliebst stand, sagte sie: »Es ist höchste Zeit an die Arbeit zu gehen, denn ich habe viel zu tun. Man bringe mir meine Flügel.«

Ein paar größere Murmeltiere stürzten diensteifrig davon.

»Fritz darf mich heute Nacht begleiten«, bestimmte die Schlafkönigin. »Und du?« wandte sie sich an das Waldmännchen.

Aber der lehnte dankend ab: er müsse noch bei seinem Vetter, dem Waldkönig, vorbeigehen; bei dessen kleinstem Kind solle er Pate stehen, und da wollte er sich gern mal erkundigen, was wohl als Patengeschenk erwünscht war.

Jetzt brachten die Murmeltiere ein Paar mächtige kohlschwarze Flügel angeschleppt, die die Schlafkönigin sich an den Schultern befestigte.

»Am Tage, wenn ich schlafe, lege ich sie immer ab,« erklärte sie, »denn sie drücken mich beim Liegen. – Meinen Kranz!« befahl sie wieder, und es wurde ihr auf goldener Platte ein Kranz von leuchtend roten Mohnblumen gereicht, den sie sich aufs Haupt setzte, dann drückte sie sich noch einen großen Strauß von Mohnblumen in den Arm, nahm die beiden Körbe mit den guten und bösen Träumen in die Hand, und nun war sie bereit.

Die Murmeltiere hatten sich in Reihen aufgestellt wie eine Ehrenkompagnie, sie präsentierten ganz militärisch mit Mohnblumenkapseln, wie mit kleinen Gewehren, und pfiffen einen Abschiedsmarsch.

»Gehab dich wohl«, sagte die Schlafkönigin zu dem Waldmännchen und erhob sich mit lautlosem Flügelschlag in die Lüfte.

Und Fritz befand sich plötzlich, ohne daß er wußte, wie ihm geschah, auf den mächtigen Schwingen einer riesigen Eule, die mit ihm hinter der Schlafkönigin herflog. Hui! das sauste durch die Luft! Es war nun schon ganz dunkel geworden, so daß man nichts mehr sehen konnte; nur die Augen der Eule funkelten durch die Finsternis. Aber Fritz fürchtete sich nicht; er schlang seinen Arm um den Hals der Eule, um sich festzuhalten, und da fiel ihm ein Bild aus seinem Märchenbuch daheim ein: wie Däumelinchen auf dem Rücken einer

Schwalbe durch die Luft fliegt. Daß er, der große Fritz, nun dasselbe erleben mußte, wie das kleine Däumelinchen! Ja, es passieren wunderliche Sachen in der Welt!

Endlich leuchtete unter ihnen ein heller Schein auf, und als sie näher kamen, war es eine große, große Stadt, in der noch viele Laternen auf den Straßen brannten, trotzdem es schon sehr spät war. Und auf das schönste Haus, das in der Mitte der Stadt lag, ein prächtiges Schloß, flogen sie zu.

Die Schlafkönigin setzte sich leicht auf eine Fensterbank und blickte in das erleuchtete Zimmer, und Fritz durfte auch hineingucken.

Drinnen saß ein hoher, stolzer Mann, in Purpur und Hermelin gekleidet, eine schimmernde Krone auf dem Kopfe und Szepter und Reichsapfel neben sich auf dem Tisch. Er blickte ernst und gütig und war noch eifrig mit Regieren beschäftigt.

»Der Kaiser«, flüsterte Fritz atemlos, und die Schlafkönigin nickte.

»Zu dem gehe ich immer zuerst,« erzählte sie leise, »nicht weil er mein vornehmster Kunde ist, nein, ich habe alle guten Menschen gleich lieb, hoch und niedrig, sondern weil er mich am nötigsten hat, denn das Wohl und Wehe vieler Tausenden ruht auf seinem Herzen. Glaubst du, daß es leicht ist, Kaiser zu sein, wenn man es mit dem Regieren ernst nimmt? Sieh, wie die Krone seine Stirn drückt, wie schwer der Purpur auf seinen Schultern liegt.«

Sie klopfte energisch an die Scheiben, und als der Kaiser aufsah, nickte sie ihm zu, wie einem guten Freunde. Da lächelte er freundlich, öffnete das Fenster und sagte: »Gleich, gleich! Ein kleines bißchen muß ich noch regieren, dann bin ich für heute fertig.«

Aber davon wollte die Schlafkönigin nichts wissen. »Denk an die große Parade morgen,« sagte sie, »da mußt du frisch sein. Geh' zu Bett.« Es klang süß überredend, als ob eine liebe Mutter zu ihrem Kind spricht. Dabei legte sie ihm die größte und schönste von ihren Mohnblumen auf den Tisch und daneben den herrlichsten Traum, den sie hatte; der glänzte wie ein Edelstein.

Nun half es nichts mehr. der Kaiser mußte plötzlich herzhaft gähnen und sich vor Müdigkeit so gewaltig recken, daß ihm dabei fast die Krone vom Kopfe fiel. Er konnte nur noch eben seine Regierungsbücher zusammenpacken, Krone, Szepter und Reichsapfel auf den Stuhl vor der Tür legen, damit sie das Mädchen dort am anderen Morgen zum Putzen abholen konnte und rasch ins Bett springen – da schlief er auch schon und lächelte glücklich im Traum.

Befriedigt flog die Schlafkönigin weiter und Fritz hinter ihr her.

Aus dem Fenster eines ärmlichen kleinen Hauses schimmerte noch Licht. Eine Mutter saß dort mit verweinten Augen am Bett ihres kranken Kindes. Sie hatte es so über alle Maßen lieb und wußte doch, daß sie es verlieren sollte.

»Wenn es schlafen kann, ist es gerettet, aber sonst –« hatte der Doktor gesagt beim Weggehen – und das Kind schlief nicht, sondern warf sich vom Fieber geschüttelt in den Kissen hin und her. Die Mutter weinte lauter, und ein kleiner Vogel im Käfig in der Ecke piepste erschreckt auf.

»Rasch, rasch«, drängte Fritz die Schlafkönigin, aber schon hatte sie eine ihrer roten Blumen auf das Bettchen des Kindes gelegt. Und plötzlich wurde es ruhiger, leicht und sanft atmete die kleine Brust – es schlief, und die Mutter stürzte mit einem erstickten Freudenschrei in die Knie. Da fuhr ihr die Schlafkönigin mit ihrer weißen Hand leise übers Gesicht, und ein wohltätiger Schlummer schloß die tränenmüden Augen.

Ja, die Schlafkönigin hatte recht gehabt, wenn sie sagte, daß sie viel zu tun hätte, und Fritz wunderte sich jetzt nicht mehr, daß sie am Tage schlafen mußte, um sich auszuruhen.

So viel gute Kinder gab es zu besuchen und mit schönen Träumen zu beschenken, so viel braven Arbeitern, fleißigen Hausfrauen mußte mit den Mohnblumen der erquickende Schlaf gebracht werden. An manchen Fernstern freilich eilten sie auch vorbei, ohne sich darum zu kümmern. Dahinter lagen die unartigen Kinder, die naschten, logen und ungehorsam waren, denen höchstens im Vorbeifliegen ein häßliches, verhutzeltes Träumchen, das sie ängstigte, aufs Bett geworfen wurde, dahinter wohnten die bösen Menschen, die betrogen und die Tiere quälten, die Geizigen, die Geld zusammenscharrten, ohne den Armen etwas abzugeben, und viele andere schlimme Leute. Die bekamen keine Blumen von der Schlafkönigin, sondern das böse Gewissen setzte sich ihnen statt dessen auf das Herz, grinste sie zähnefletschend an und drückte noch schwerer als zwölf Pellkartoffeln. Ja, das kannte Fritz!

Aber nicht überall kam die gute Schlafkönigin gelegen.

Da wohnte hoch oben in einem Dachkämmerchen ein armer Dichter, dem sie sehr gewogen war und dem sie manchen Abend liebreich geholfen hatte, das Leid und die Enttäuschungen des Tages in sanftem Schlummer zu vergessen.

Heute jedoch streckte er ihr abwehrend und fröhlich lachend die Hände entgegen, als er ihr liebes, schönes Gesicht an seinem kleinen Fenster erblickte.

»Vielen Dank für den Besuch,« sagte er, »aber ich habe heute wirklich keine Zeit.« Seine Augen leuchteten. »Ich erwarte einen hohen Gast,« fuhr er fort, »in meinem Kopfe klingelt es –, ein Märchen hat sich angemeldet, und die uneingeladen kommen, das sind die vornehmsten. Ich muß versuchen es festzuhalten. Vielleicht bringt es mir endlich, endlich Anerkennung und Glück mit. Ach, du weißt ja, wie nötig ich beides habe.«

Die Schlafkönigin nickte verständnisvoll, nahm die Mohnblume, die sie schon für ihn in Bereitschaft gehabt hatte, wieder an sich und warf dem Dichter nur auf gut Glück ein paar hübsche, bunte Träume ins Zimmer; vielleicht halfen sie ihm, das Märchen festzuhalten, daß zu ihm kommen wollte. –

»Ich will mir die Hausnummer merken,« sagte Fritz, »und wenn sein Märchen gedruckt ist, will ich es mir zu Weihnachten wünschen.« »Das ist ein guter Gedanke«, lobte die Schlafkönigin.

Die Straße, durch die sie jetzt flogen, erschien Fritz mit einem Male seltsam bekannt.

»Da wohnt mein Freund Hans,« rief er erfreut, auf ein hübsches Haus deutend, »weißt du, der mit dem gelbgefleckten Salamander: Wollen wir ihm eine Blume und einen hübschen Traum bringen? Dann erzähle ich ihm morgen früh in der Schule, daß er das mir zu verdanken hat, und dafür muß er mir die beiden Rechenaufgaben machen, die mir noch fehlen.«

Die Schlafkönigin schien zu zögern; unschlüssig kramte sie in ihrem Traumkörben.

Da sah Fritz plötzlich in dem Terrarium, das am Fenster stand, den Salamander steif und tot auf dem Rücken daliegen, so daß man seinen schwarzen Bauch sehen konnte, und zornig schrie er: »Das ist gemein! Der ist gewiß gestern schon krank gewesen, deshalb wollte ihn mir Hans auch nicht zeigen. Und dabei wollte er mir doch das Taschenmesser, den Bindfaden und den Feuerstein dafür abluchsen! So'n Schubjack!« Und ehe die Schlafkönigin es hindern konnte, hatte er rasch den allergreulichsten Traum, den sie noch im Korbe hatte, herausgerissen und seinem hinterlistigen Freunde an den Kopf geworfen. Da stöhnte Hans angstvoll auf.

»Du bist naseweis,« sagte die Schlafkönigin ärgerlich und gab Fritz einen kleinen Klaps auf die Finger. »Wenn du unartig bist, nehme ich dich nicht weiter mit.«

»Meinetwegen«, brummte Fritz trotzig. Der schmähliche Betrug von Hans hatte ihm die Laune ganz verdorben, und als sie nun weiterflogen, gefiel er sich darin, die gute Schlafkönigin mit ungezogenen Bemerkungen zu ärgern.

»Der gib nur keine von deinen schönen Blumen, das ist eine dumme Gans,« nörgelte er, als sie in einem zierlichen Stübchen ein liebliches, blondes, junges Mädchen in ihrem weißen Himmelbett liegen sahen. »Ich kenne sie wohl, sie ist die Freundin meiner großen Schwester. Früher war sie riesig nett, und wir haben viel Ulk zusammen gemacht. Aber jetzt ist sie albern geworden. Sie bekümmert sich gar nicht mehr um mich, besonders wenn mein Vetter, der lange Referendar da ist. Nein, ich mag sie nicht mehr.«

Aber die Schlafkönigin hörte gar nicht auf seine Worte, sonst hätte sie ihm gewiß eins auf den Mund gegeben. Sie schaute liebevoll auf das junge, glückstrahlende Gesichtchen in dem weißen Kissen, dessen Augen weit offen mit seligem Ausdruck in die Ferne blickten. Das Mädchen hielt ein Bild in der Hand, das sie zuweilen an ihre unschuldigen Lippen führte. »Morgen will er zur Mutter kommen, morgen bin ich seine Braut«, flüsterte sie. »O, wie habe ich ihn lieb, wie bin ich so glückselig!«

»Schenk ihr keine Blume«, zeterte Fritz von neuem.

»Nein,« sagte die Schlafkönigin weich, »die soll nicht schlafen. Sie würde mir zürnen, wenn ich ihr heute die Glücksstunden abkürzen wollte. – Aber dich, mein Junge,« fuhr die Schlafkönigin fort, »werde ich jetzt zu Hause absetzen. Eigentlich müßte ich dir ja böse sein, denn du bist wirklich in der letzten Zeit nicht sehr artig gewesen. Aber das hübsche Bild, das ich eben sah, hat mich so beglückt, daß ich Gnade vor Recht ergehen lassen und annehmen will,« – hier lächelte sie schelmisch und spitzbübisch – »du wärest sehr, sehr müde und wüßtest daher nicht mehr so recht, was du sprichst.«

Und da standen sie auch schon vor dem Hause, in dem Fritz und seine Eltern wohnten.

Die Schlafkönigin trug noch eine letzte wundervolle Mohnblume im Arm.

Sie hielt sie in die Höhe. »Wem im Hause soll ich sie schenken?« fragte sie.

»Mir natürlich«, antwortete Fritz in gewohnter Bescheidenheit, und wollte nach der Blume greifen. Aber plötzlich hielt er inne. Es war ihm etwas eingefallen.

»Nein,« sagte er rasch, »ich will sie nicht; bringe sie lieber der armen, kranken Nähmarie, die ganz oben im Hause wohnt. Die hustet Tag und Nacht, und sagt immer: Wenn ich doch nur einmal eine Nacht ordentlich schlafen könnte.«

Da sah die Schlafkönigin den kleinen Fritz mit ihrem allersüßesten Lächeln an. »Nun hab ich dich wieder sehr lieb«, sagte sie herzlich, klopfte ihm freundlich auf die Schulter und küßte ihn mitten auf den Mund.

Sie konnte freilich nicht wissen, wie sehr Fritz jeder Art von Zärtlichkeit, besonders wenn sie von weiblicher Seite kam, abgeneigt war, so sehr, daß seine große Schwester mal aus Spaß einen Kuß von ihm auf ihren Weihnachtswunschzettel geschrieben hatte.

Nein, sich küssen lassen, ging gegen Fritzens Mannesehre, und wenn es von der Schlafkönigin in höchster Person war. Er schüttelte sich denn auch und sagte ziemlich ungnädig: »Laß doch sein!«

»Nein,« antwortete sie, und plötzlich war es Mutters lachende Stimme, »laß nicht sein! Junge, Junge, du schläfst ja wie ein Murmeltier! Wie willst du denn noch zur Schule fertig werden?!«

Er blinzelte mit den Augen, machte sie aber gleich wieder zu. Nein, daß war doch entschieden das allermerkwürdigste von all den seltsamen Abenteuern dieser Nacht, daß er nun plötzlich wieder in seinem Bett lag, ohne zu wissen, wie er hineingekommen war, und daß statt der Schlafkönigin, mit der er eben noch gesprochen hatte, die Mutter vor ihm stand. In seinem Kopfe drehte es sich wie ein Mühlrad.

»Mutter,« murmelte er halblaut, »du mußt mir das Märchen von dem Dichter zu Weihnachten schenken, und der Hans ist furchtbar gemein; der hat mich mit dem Salamander beschummeln wollen.«

»Ich glaube, du träumst noch«, sagte die Mutter lachend, und fuhr ihm mit einem nassen Schwamm über das Gesicht, da machte Fritz die Augen auf und sprang aus dem Bett. Sein erster Blick galt dem Waldbild an der Wand. Richtig, da saß das graue Männchen wieder ruhig unter seinem Pilz, als ob es nie fortgewesen wäre. Aber es schien Fritz, als ob es ihn ernst und fest ansehe, und da fiel ihm das Versprechen ein, das er dem Waldmännchen gegeben hatte.

»Du, Mutter,« sagte er, und schnürte mit Feuereifer seine Stiefel zu, um nicht aufgucken zu brauchen, »ich hatte gestern Abend doch schon zehn Pellkartoffeln gegessen, und nicht erst fünf, als du mich fragtest.«

Die gute Mutter nickte. »Ich weiß es«, antwortete sie. »Dörthe hatte sie gezählt und es mir nachher gesagt. Aber ich wollte gern, daß du es mir selber beichten solltest. Wenn es dir wirklich leid tut, dann wollen wir nicht weiter davon reden.«

Da fiel dem Fritz ein Stein vom Herzen, und in überwallender Dankbarkeit sagte er zu seiner Mutter: »Ich will dir was schenken, willst du lieber das Taschenmesser oder den Feuerstein haben?«

Aber Mutter dankte aufrichtig für beides und sagte, sie wäre schon mit dem Versprechen zufrieden, daß Fritz nie wieder lügen wollte. Und das gab er ihr feierlich »potolok i poll!«

Dann kam ihm plötzlich ein anderer Gedanke. »Was macht die Schneidermarie, Mutter?« fragte er eifrig. »Hat sie heut nacht geschlafen?« »Wie kommst du denn darauf?« fragte die Mutter erstaunt. »Ja, es geht ihr besser; nach langer Zeit hat sie heute nacht zum erstenmal wieder ordentlich geschlafen. Sie hat es Dörthe erzählt, als die ihr vorhin die Milch hinaufbrachte.«

Fritz wurde ganz rot vor Freude machte ein geheimnisvolles Gesicht und wollte eben anfangen, der Mutter sein Abenteuer mit der Schlafkönigin zu erzählen, da war es ihm, als ob das Waldmännchen auf dem Bilde leicht seinen Finger auf den Mund legte, als wollte es sagen: »Laß das lieber zwischen uns Männern bleiben, die großen Menschen sind oft so wunderlich in solchen Sachen; sie glauben es womöglich gar nicht einmal.«

Da behielt Fritz sein Geheimnis für sich.

Nur mir hat er es mal anvertraut, und weil es doch eigentlich ein recht merkwürdiges Erlebnis ist, dachte ich, es würde euch Spaß machen, auch davon zu hören, und deshalb habe ich es euch nun erzählt. Ich habe aber vorher Fritz um Erlaubnis gefragt.

Das beste wird freilich sein, ihr behaltet es für euch und sprecht nicht weiter darüber, denn die Schlafkönigin mag es nicht gern, wenn viel von ihr geredet wird; sie wirkt lieber in der Stille.

Aber wenn sie heute abend zu euch kommt und euch ein schönes Träumchen schenkt, dann könnt ihr sie vom kleinen Fritz grüßen. Und von mir auch.


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