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Einleitender Brief vom Verfasser von Waverley

an

Herrn Clutterbuck,
Hauptmann im königlichen Infanterieregiment.

Lieber Herr Hauptmann!

Zu meinem Bedauern habe ich aus Ihrem letzten werthen Schreiben ersehen, daß Sie die vielfachen Auslassungen und Veränderungen mißbilligen, welche ich in dem Manuscript Ihres Freundes, des Benedictiners, habe machen müssen, und ich benütze gern die Gelegenheit, in diesem Briefe an Sie meine Rechtfertigung vor Denjenigen auszusprechen, welche mir mehr Ehre erwiesen haben, als ich verdiene.

Ich gebe zu, daß meine Weglassungen zahlreich gewesen sind und Lücken in der Geschichte lassen, welche, wie mein Drucker versichert, beinahe bis zu vier Bänden angeschwollen sein würde. Dabei sehe ich recht wohl, daß in Folge der mir von Ihnen gestatteten Stutzfreiheit einige Theile der Erzählung in Bausch und Bogen ohne die nöthigen Einzelheiten gegeben sind. Allein am Ende ist es eben doch besser, daß ein Wandrer über einen Graben zu schreiten als durch einen Morast zu waten habe, besser, daß der Leser sich hin zu denkt, was er leicht errathen kann, als daß er sich durch Seiten voll langweiliger Auseinandersetzung hindurch arbeitet. Ich habe zum Beispiel die ganze Partie des Weißen Fräuleins sammt den Versen, durch welche sie so geschickt gehoben wird, in dem Manuscript gestrichen. Und Sie werden zugeben, daß dem Geschmack des Publikums der sagenhafte Aberglaube wenig zusagt, welcher abwechselnd die Luft und der Schrecken unserer Vorfahren war. Eben so ist Vieles ausgelassen, was die Begeisterung der Mutter Magdalene und des Abtes für die alte Religion in ein helleres Licht setzt. Denn heutzutage haben wir keinen Sinn mehr für das, was einst in Europa die Gemüther aufs mächtigste anregte, sondern höchstens nur für das entgegengesetzte, siegreiche Prinzip der Reformation.

Sie bemerken richtig, daß in Folge dieser Auslassungen der Titel »der Abt« nicht mehr zu dem Werke paßt, und daß ein anderer hätte gewählt werden sollen. Denn der Abt, für welchen Ihnen der Benedictiner eine große Achtung eingeflößt zu haben scheint, spielt in dem Original eine viel bedeutendere Rolle, als hier. Ich gestehe meine Schuld in diesem Stücke, bemerke jedoch als mildernden Umstand, daß es allerdings leicht gewesen wäre, diesen Vorwurf zu beseitigen, daß ich aber durch die Wahl eines neuen Titels den nothwendigen Zusammenhang zwischen dieser Geschichte und der vorhergehenden, dem Kloster, beeinträchtigt haben würde, was ich nicht wollte, da ja doch die Zeit und die verschiedenen Personen dieselben geblieben sind.

Am Ende, Freund, ist es ja auch gar nicht so wichtig, wie ein Werk heißt, und um was es sich dreht, sobald es nur allgemein die Aufmerksamkeit fesselt. Die Beschaffenheit des Weines (könnten wir sie nur verbürgen) mag nach dem alten Sprichwort den Busch unnöthig oder unwichtig machen.

Ich wünsche Ihnen Glück, daß Sie es mit der Klugheit nicht unverträglich gefunden haben, sich ein Tilburg anzuschaffen, und ich gebe der Farbe desselben und der Livree Ihres Bedienten (dunkelgrün und molkenfarb) meinen Beifall. Sie sprechen von der Vollendung Ihres beschreibenden Gedichtes »die Ruinen von Kennaquhair, mit Anmerkungen von einem Alterthumsforscher.« Daraus schließe ich, daß Sie sich nun auch ein Pferd fest angeschafft haben. Ich verbleibe, mich allen Freunden empfehlend,

ganz der Ihrige u. s. w.    u. s. w.

Der Verfasser von Waverley.


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